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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


7. Das Nachthuri im Kanton Luzern.


Wanderer in der Schweiz, IV. Jahrgang.

Auf dem Hundsaffen; welcher sich in nordöstlicher Richtung vom Rothsee, bei Luzern, bis Buchrain hinzieht, lebte einstens ein böses Weib, welches so unerträglich war, daß ihr Mann sie verließ, in den Krieg zog und auch bald in demselben von dem Tode ereilt wurde, wie er sich gewünscht hatte. Jetzt war sein böses Weib daheim wieder ledig und konnte sich nach einem andern Freier umsehen; es fand sich aber keiner, weil ein jeder ihre Bosheit kannte. Sie aber schrieb dies dem Umstand zu, daß sie zwei Mädchen aus der ersten Ehe besaß. Daher beschloß sie, sich derselben ;u entledigen . Einstmals im Winter, als es recht kalt war, nahm sie dieselben, unbemerkt von den Nachbarn, und führte sie weit von ihrer Wohnung hinweg tief in den Wald hinein, wo sie dieselben, trotz ihrem Flehen und Weinen, unerbittlich zurückließ. Nach Hause zurückgekehrt, fragte sie erst am andern Tage scheinbar unter großer Besorgniß, ob Niemand ihre Kinder gesehen hätte? Trotzdem daß die gutmüthigen Nachbarn Alles zum Wiederfinden der Kinder aufboten, fand man sie doch nicht, und so mußten sie in dem Walde vor Hunger und Frost elendiglich umkommen. Erst lange Zeit hernach fand ein Holzhauer die beiden Armen fest umschlossen in einer Decke von Schnee und EIS. Ihre Mutter aber, deren böse That man ahnete, fand immer noch keinen Mann. Da wurde sie, als der Winter wieder ankam, wghnsinnig, lief in den Wald hinaus, in welchem sic ihre Kinder ausgegesetzt hatte, rief in furchtbaren Tönen nach deren Namen und wühlte mit blutigen Fingern Eis und Schnee auf, um nach ihnen zu suchen. Dies trieb sie so lange, bis sie starb. Aber noch sieht man sie in dunklen und kalten Rächten in



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den Wäldern und Klüften jener Gegend herumirren; wenn aber die Zeit kommt, wo dichter Schnee die Fluren bedeckt und die Kinder der Armen in den Wald gehen, um sich Reisig für eine warme Stube zusammenzusuchen, hören dieselben oftmals ganz in ihrer Nähe bald ein Stöhnen, bald ein Aechzen, bald ein jammervolles Geschrei, und unter dem Rufe: "das Nachthuri kommt!" eilen sie erschreckt nach Hause.

Auch im Kanton Unterwalden ist ein Gespenst unter dem Namen das Nachthuri bekannt. S. Stalder, Idiotikon. B. S. 64.
Copyright: arpa, 2015.

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