Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


11. Der Todtenzug der grauen Zwerge.


Franz Kuenlin, Alpenblumen aus dem Greiser Land. S. 94.

Im Bur gerwald ob Muschels wohnte einst eine winzig kleine Art Menschen, die man die grauen Zwerge nannte, und die bald sichtbar, bald unsichtbar waren. Sie hielten sich meistentheils in den Klüften und Felsen auf, und ließen sich nur von Zeit zu Zeit sehen.

Ein alter Mann, Namens Hans Aeby, bewohnte ein entferntes Haus, genannt in der Gomma, am Saum des großen Waldes, welcher den Bürgern von Freiburg gehört. Seine ebenfalls sehr bejahrte Frau befand sich jener Zeit bei ihm. Sie hatten du ihrem Unterhalt bloß ein paar Geißen, von deren Milch sie lebten, wozu noch Käse und Brod oder Erdäpfel kamen. Es war an einem kalten, Swen Winterabende, da wurde vor dem Hause mit heller Stimme laut gerufen: "Hans Aeby, sag dem Appele, Appela sei todt."

Darauf hörte der Erschrockene ein leises Geräusch in einem Winkel seiner Stube; ein unsichtbarer Geist ging durch das Zimmer, weinte und schluchzte kaum vernehmbar, und bald darauf blieb Alles wieder still und ruhig. Hans Aeby, voll Kummer ob diesem Spucke, legte sich frühzeitg zu Bette. Um Mitternacht herum wachte er plötzlich auf. Die gleiche Silberstimme wie am Abend ließ sich hören, und klang gar entschlich bis zu seinen Ohren: "Hans Aeby, sag dem Appele , d 'Appela sei todt!" — Ersprang aus dem Bette und an's Fenster, das er schnell öffnete, aber er fuhr mit



Schw.Sagebuch-150 Flip arpa

Entsetzen zurück, denn auf der beschneiten Wiese, welche der Mond blaß beleuchtete, zogen zahlreiche Zwerge vorüber. Einige hatten kurze, schwarze Mäntel um; andere trugen Fackeln. Ihre Weiber schienen vermummt, wie die deutschen Bauersfrauen, die, wenn sie zur Leiche gehen, bis auf Nase und Augen mit weißen Tüchern nonnenartig verschleiert sind. Endlich kamen einige langsam dahin schreitend mit einem Sarge, unter dessen Last sie zu erliegen schienen. Alle erhoben ein düsteres Trauergewimmer, und dann verschwanden sie für und für im nahen Walde, in welchem die Klagetöne noch dumpf erschollen, und sich endlich ganz verloren.

Die Furcht hatte Hans Aeby beinahe versteinert; da wehete ihn die kalte Nordluft an; er schauderte zusammen; wie aus einem Grabe schien ein faulender Mordgestank in seine Geruchsnerven zu dringen. Erschloß das Fenster wieder zu, kroch halb erfroren in sein Federnest, in welchem seine Frau tüchtig schnarchte. Als er am andern Morgen durch das Meckern seiner hungernden Ziegen endlich aus seinem langen Schlafe geweckt wurde, stand ein Bote draußen, der zu ihm sagte: — "Gelobt sei Jesus Christus! Euer Schwager Jost, von der Gauglera, schickt mich zu Euch, und läßt Euch melden, in der letzten Nacht sei d 'Appela, Euere Schwiegermutter, plötzlich an einem Schlagflusse gestorben, und morgen werde man sie zu Rechthalten begraben."

Und so geschah es auch.

Appele und Spela von Appollonia. Appela ist hier der Schwiegermutter Name.
Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt