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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


50. Gemsballen machen kugelfest.


Johann Scheuchzer, Naturgeschichten des Schweizerlandes, sammt seiner Reise über die schweizerischen Gebürge. Zürich, 1746.

Von den Gemsen erzählen die Bergjäger, daß diese Thiere an den Tagen von besonderer Festigkeit und Ausdauer, wenn sie des Morgens nüchtern und vor Sonnenaufgang von derjenigen Gemswurz gesessen haben, welche blaue Blumen tragen. Kugelfest oder wenigstens nicht zu tödten seien sie aber dann, wenn sich in ihrem Magen die sogenannten Gemsballen befinden: daher diese Kugeln sorgfältig gesucht und von abergläubischen Soldaten gckauft und getragen werden.

Zu Anfang des 18. Jahrhunderts standen die Gemsballen, wahrscheinlich krankhafte Absonderungen unverdauter, vegetabilischer Stoffe,



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in dem Ruf, eine Menge heilsamer Kräfte zu besitzen, welchen sogar Gelehrte ihre Aufmerksamkeit schenkten. So schrieb ein gewisser Georg, Hieronimus Velschius, ein Augsburger Dr. med., eine Dissertatio de Aegagropolis, mit welchem Namen er die Gemsballen belegte. Von Andern wurden sie auch Bezoar Germanicum genannt, der Aehnlichkeit wegen, die ihre Wirkung mit der des Bezoarsteins haben sollte. Scheuchzer behauptet, daß die Gemsballen nicht in allen Gemsen sich vorfinden. So soll bei den Gemsen in dem Thal Maroz in dem Bündner-Lande, welche sich auf der mittäglichen Seite der Berge aufhalten, fast niemals eine aufgefunden worden sein, während bei denen auf der mitternächtlichen Seite dies durchgängig der Fall ist. Von der Gemswurz sagt noch Scheuchzer, da es keine andere Art als die gelbe gibt, so wird wahrscheinlich unter der blaublumigen eine aster alpinus Flore caeruleo, das sogenannte blaue Berg -Sternkraut, gemeint sein, deren es verschiedene Arten gibt.Um sich kugelfest zu machen, eine Kunst, die der Volkssage nach im I. 1611 von dem Henker zu Passau erfunden wurde und durch welche derselbe tausend feige Memmen zu muthigen Kriegern umgeschaffen haben soll, bediente man sich noch, außer der Gemsballen, der sogenannten Waffensalbe, der Wurzel Doranicum, des Nothhemdes *) und anderer Dinge mehr. Doch auch schon früher kannte man Aehnliches. Constantin M. ließ die Nägel, mit denen Christus an das Kreuz geheftet worden war, in seinen Helm und den Zaum seines Pferdes einschmieden, um die Gefahren des Krieges von sich abzuwenden. Das Gleiche sollte das Zeichen des Kreuzes bewirken, das zur Zeit der Kreuzzüge den Theilnehmern an diesen Unternehmungen aufgeheftet wurde. Aus dem griechischen Alterthum ist uns Achilles bekannt, welchen die Fluthen des Styz bis auf die eine Ferse unverwundbar gemacht hatten, an der ihn Thetis, seine Mutter , beim Eintauchen in diesen Fluß gehalten haben soll. Ovid erzählt in seinen Metamorphosen uhr. XII. Tab. 0 von Cygnus, dem Sohne Neptuns, welchen kein Pfeil verwunden konnte und Keyßler in seinen Antiq. select. Septentr. et Celt. p. 309 führt aus der Edda den nordischen Helden Baldr an, dem durch die Gunst der Göttin Frigg weder eiserne noch hölzerne Waffen Schaden zufügten. Nach letzterem schrieben die nordischen Völker auch dem Wasser die Kraft zu, unverwundbar zu machen. Sie sagten, ein junger Knabe, mit Wasser besprengt, stirbt nicht den Tod durch Waffen. Im deutschen Mythus endlich finden wir Siegfried, dessen Unverwundbarkeit das Blut des von ihm getödteten Drachen bewirkte.
Copyright: arpa, 2015.

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