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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


44. Der unnatürliche Sohn.


Nach dem Wanderer in der Schweiz.

In einem der Seitenthäler des berner Oberlandes lebte ein alter, frommer Mann, der von Gott mit Geld und Gut, aber auch mit vielen Kindern gesegnet war. Er hatte acht



Schw.Sagebuch-084 Flip arpa

Töchter und einen Sohn. Dieser einzige Sohn aber war es, der ihm statt Freude zu bringen, nichts als Kummer und Sorgen machte. Mit wilden Gesellen schweifte er Tag und Nacht umher und achtete weder der Ermahnungen des Vaters noch der Thränen der Schwestern. Da sagte der Vater eines Tages zu seinen Töchtern: "Da aus euerm Bruder, den ich als meinen Erben einsetzen wollte und der, wenn ich einst todt, für euch sorgen sollte, ein Verschwender geworden ist, der meine ganze Hinterlassenschaft verprassen würde, muß ich auf andere Art für euch sorgen. Ich habe daher unter den Söhnen unserer Nachbarn mir Eidame erwählt , und ich will euch eine Aussteuer geben, damit ihr nicht leer aus dem Hause zieht. Bereitet euch auf morgen; morgen soll euer aller Hochzeitstag sein."

Als sie nun am andern Tage mit ihren Erwählten am Hochzeitsahle faßen, sprang plötzlich die-Thüre auf und-der Bruder, der seit Tagen nicht mehr daheim gewesen, trat ein und rief: Was verprasst ihr da mein Erbe?" und lästerte die Anwesenden. Seinem Vater aber schrie er zu: Du hast mich um mein Erbe betrogen, ich bin dein Sohn nicht mehr, hast du mich verstoßen, kann ich dich auch verstoßen!" und stieß mit diesen Worten den Alten zurück, daß dieser ohnmächtig zu Boden stürzte. Der unnatürliche Sohn aber entfloh zur Thüre hinaus. Da um die Mitternachtsstunde, als der tods getroffene Alte auf seinem Bette lag, ertönte plötzlich durch das Alpenthal ein schrecklicher Donner. Eine Lawine war vom nahen Gletscherberge gefallen. Da richtete sich der sterbende Greis nochmals von seinem Lager auf und sprach: Gott hat meinen Sohn gerichtet, sei er seiner Seele gnädig!"worauf er zurücksank und erblich. Der unnatürliche Sohn aber irrt von jener Stunde an, ein zu ewiger Buße verdammter Geist, auf den Gletschern jenes Thales umher.


Copyright: arpa, 2015.

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