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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


37. Der verwandelte Sattler Franz.


Von Aly mitgetheilt. Wanderer in der Schweiz.

Im Kanton Bern, nicht weit von der Hauptstadt, wohnte ein Sattler, der schlimme Franz oder auch wohl der Sattler-Fran ; genannt. Seine Schlauheit bestand im Betrügen, und darin hatte eres wirklich zu einer seltenen Meisterschaft gebracht. Wer mit ihm zu thun hatte, war, wie die Leute sagten, schon im Sacke oder er steckte ihn hinein bis über die Ohren.

Am meisten trieb der Franz sein böses Spiel mittels Gewerbes und Handels. Sein Fabrikat war sehr gut verziert und in allen Farben, aber von der schlechtesten Art; das Lederzeug hielt kaum vom Morgen bis zum Abend. Das gusen-die Leute ,-welche einmal bei ihm gekauft hatten, sehr wohl, allein die meisten waren gezwungen, wieder zu ihm zurückzukehren, weil sie ihm schuldeten. Wäre den Betheiligten blos ein einfacher Schaden daraus erwachsen, so hätten sie diesen geduldig hinnehmen können; denn Lebenserfahrungen wollen auch bezahlt sein, allein es gab Unglück verschiedener Art und war bedeutendes. Zugvieh wurde verwundet, sogar getödtet, weil an steilen Abhängen das Geschirr zerriß.

Alles das war aber noch nichts und ließ sich verschmerzen; aber da kam eines Tages des Bischofs Hofkaplan aus dem Wallis über den Grimsel geritten; Sattel und Zeug seines Maulthiers hatte er ebenfalls beim Sattler-Franz gekauft. Er gelangte glücklich und wohlbehalten bis an die glatte oder sogenannte helle (schlüpsrige) Platte, da strauchelte sein Thier ein wenig, jedoch ohne zu fallen. Im nämlichen Augenblick zerrissen aber der Sattelgurt und die Steigbügelriemen; ; der arme geistliche Herr stürzte in die Tiefe, brach Arme, Hals und Bein, und sein Tod folgte so schnell auf



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den Fall, daß er nur noch Zeit hatte, seine Seele Gott empfehlen und den schlimmen Franz zu verwünschen.

Dieser lachte, als am zweiten Tage darauf die Mage Mähre nach Bern kam und sagte: "der hochwürdige Herr sei ein schlechter Reiter gewesen; er büße nur die eigene Schuld, er hätte an der gefährlichen Stelle absteigen sollen," — und dergleichen jämmerliches Zeug mehr. — Aber schon umkreiste ihn das Strafgericht! Am dritten Tage, Abends, als er aus der Schenke nach Hause ging, wehte ein furchtbarer Sturmwind. Es war ein Brausen und Zischen, ein Heulen und Brüllen, daß man hätte meinen sollen, die Hölle habe alle Furien losgelassen. Dem Fran; wurde es unheimlich zu Muthe; er blickte ängstlich umher und er mochte wohl eine leise Ahnung von dem, was ihm bevorstand; haben, Denn kaum war er vor feinem Hause angelangt, so fiel ihm, während er nach dem Dache hinaufblickte, ein Ziegelstück auf den Kopf, welches ihn so stark verwundete, daß er um die Mitternachtsstunde starb.

Seit jener Zeit spuckt er als Fuchs im Lande herum und hat seine Freude daran, die Landleute auf den entlegenen Höfen necken, ihnen, besonders im Winter, das Pferdegeschirr oder sonstiges Lederzeug aus den Stallungen fortzuschleppen und in den Höhlen und Schluchten der Hochwälder verbergen,

Man sagt, der Unglückliche könne nur durch einen ganz ehrlichen Sattler erlöst werden; warum dies bisher nicht geschehen, weiß man nicht.

Das in der Sage häufig vorkommende Herunterfallen von Ziegelsteinen vom Dache, wodurch Verfluchte und der Hölle Verfallene getödtet werden, stellt sich der Volksglaube als vom Teufel selbst herrührend vor. Dies erlaubt in dieser Vorstellung nichts



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Anderes zu sehen, als eine modernere Version der steineschleudernden Riesen und Teufel, von denen in der Erläuterung zu No. 17 die Rede war.
Copyright: arpa, 2015.

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