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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


19. Der Teufel streuer mit dem heiligen Michael um König Rudolfs von Strättlingen Seele.


Chronik von Einigen.

König Rudolf von Strättlingen hatte einmal einen merkwürdigen Traum. Dieser Traum bewog ihn, im Umkreis von Frutigen abwärts bis Thierachern zwölf Kirchen zu bauen und zu Amsoltingen ein Kloster zu stiften. Als aber darauf König Rudolf im Glauben, nun genug gethan zu haben, stolz und übermüthig ward, bestel ihn eine schwere Krankheit und er starb. Da erhob sich zwischen dem Teufel und den Erzengeln Gabriel, Michael und Raphael um seine Seele ein harter Kampf. Endlich sollte eine Waage das Schicksal derselben entscheiden. Dies geschah aber so; in die eine Schaale wurden König Rudolf's: gute Werke gelegt, in



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die andere die bösen. Da aber nun die letztere zu sinken drohte, drückte der heilige Michael die mit den guten Werken plötzlich mit der Hand nieder. Als solches der Teufel sah, hängte er sich schnell mit seinen Krallen unten an die andere Schaale an, in der König Rudolfs böse Werke lagen. Da aber dreuete ihm der heilige Michael mit seinem Schwerte *), also daß der Teufel die Schaale hald wieder los ließ und, da nun die mit den guten Werken fürgezogen, König Rudolf's Seele der Hölle entrissen war.

Der Kampf zwischen Engel und Teufel ist ein Grundzug ältester christlicher Tradition. In der Bibel schon, in der Epistel St. Juds, V. 9, streitet der Erzengel Michael mit dem Teufel um die Seele Mosis. Odin oder Freyja oder deren Boten, die Walkyrien, welche im nordischen Heidenthum die abgeschiedenen Seelen empfingen, wurden nach Einführung der christlichen Lehre, da sich unsere neubekehrten Vorfahren von ihren alten Göttern nicht so schnell trennen konnten, in ein der neuen Religion mehr angemessenes Gewand gekleidet und von nun an ward das Amt der Empfangnahme der Seelen der Dahingeschiedenen Engeln und Teufeln anvertraut. Die der Gottlosen empfing der Teufel, die der Frommen Engel, unter welchen der Erzengel Michael in dem Himmel der Christen, gleich Odin in Walhalla, die Hauptrolle spiele. Ganz auf ähnliche Art, wie schon der Teufel an die Stelle Odin's trat (S. die Erläuterung zum Wütisheer S. 38), ist also hier diese Gottheit durch den Erzengel Michael ersetzt.
Copyright: arpa, 2015.

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