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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


14. Die Rochelmore.


Jahn, der Kanton Bern deutschen Theils S. 328.

Auf den Alpen des berner Oberlandes tobt und lärmt ein gespenstisches Mutterschwein, die Rochelmore. fürchterlichem Geräusch und deutlichem Grunzen zieht sie durch die Lüfte, setzt die Schweine, welche in ihren Lagern bei den Sennhütten ruhig beisammen liegen, in Angst und Verwirrung , fährt wohl selbst den Leuten durch die Beine und feindet sie sonst noch auf mancherlei Art an.

Daß dem plötzlichen Unruhigwerden der Schweine, dieser prosaischen Beigabe der Alpenwirthschaft, wie sie Tschudi nennt, ähnliche äußere Natureinflüssen zu Grunde liegen, wie dem Rücken der Kühe, bedarf nach dem bei dieser Gelegenheit bereits Gesagten wohl keiner weiteren



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Erläuterung; daß aber diese Natureinflüsse sich in der Phantasie unsrer Alpbewohner zu einem gespenstischen Mutterschweine gestalteten, dürfte ein Rest der Vorstellungsweise heidnischer Zeit sein, in der das Schwein vielfach als Glaubenssymbol galt. So nannten sich zur Zeit, als das Christenthum die britischen Inseln überflutete und den Druidismus von denselben zu verdrängen begann, die Vorsteher dieser Lehre von ihrer Naturgöttin Ceridwen, die sie sich unter andern Gestalten auch als weiße Sau (Sen-Wen) dachten, Schweine, während die geringeren Mitglieder des Druidenordens den Namen Ferkel führten. Ferner war es nichts Seltenes, daß den Gottheiten Schweine als Opfer dargebracht wurden, so dem Odin und dem Frei oder Freir. Odin zur Zeit der Sonnenwende, im Monat Juni, weil dieser Gott, als er auf seiner Reise durch den Thierkreis sich ermüdet in einer Höhle zur Ruhe begeben hatte, von einem Eber getödtet wurde *); dem Frei oder Freir, der wie Odin in Dänemark und Thor in Norwegen und Island, die höchste Gottheit in Schweden war, dagegen um Mitte Winters **). Ist es aber nun einmal angenommener Grundsatz, daß die Basis aller superstitiösen Vorstellungen der Jetztzeit heidnische Götterlehre ist, so scheint



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es auch nicht allzugewagt, wenn man die Ursache, warum jene Naturerscheinung , welche die Schweine auf den Alpen in Angst und Verwirrung versetzt, sich zu einem gespenstischen Thiere dieser Gattung gestaltete, auf die Rolle zurückführt, welche im Glauben unsrer Voreltern diesen Vierfüßlern zugetheilt war.
Copyright: arpa, 2015.

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