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Die schönsten Sagen des Berner Oberlandes


Erzählt für Jung und Alt von


Otto Eberhard

Mit 54 Zeichnungen von Fritz Buchser

Hans Feuz-Verlag Bern /Leipzig


Wie der Blausee seine Farbe erhielt

Auf halbem Wege zwischen Frutigen und Kandersteg liegt, in den Frieden des Waldes gebettet, der Blausee.

Er wird also genannt, weil sein Wasser wundersam blau gefärbt ist. Gleiten wir in einem Schifflein über seine stille Fläche, dann sieht unser Auge in der klaren Tiefe die Fischlein sich tummeln und erkennt hier und dort auch einige vermoderte Baumstämme, derweil die alten Bergtannen, die rings um das Seelein stehen, sich in den Fluten spiegeln.

Eine rührende Sage berichtet uns, in welcher Weise das Wässerlein seine Farbe erhalten hat.

Vor Zeiten wohnte in seiner Nähe ein Mägdlein, das sein Herz einem jungen Hirten geschenkt hatte. An den hellen Abenden nun, wenn des Mondes Licht um die schwarzen Wipfel der Tannen spielte und eine silberne Furche durch das Wasser zog, wanderten die beiden die kurze Strecke zum Seeleben, bestiegen einen Kahn und verträumten dort manch freundliche Stunde ihres jungen Lebens.

Da fiel der Hirte, als er einst mit einer Bürde Heu von den Flühen niederstieg, über eine Felswand zu Tode. Von der Zeit an war das Mägdlein untröstlich. mitternächtlicher Stunde schlich es sich oft zum Steltzen, ruderte hinaus bis zur Mitte und überließ sich hier seinem Schmerze, indem es den Himmel in heißem Flehen um die Wiedergabe des Geliebten bat oder haderte über sein grausames Schicksal. So verwirrten sich mählich des Kindes Sinne. Vergeblich mahnten die Eltern, die nächtlichen Besuche aufzugeben — eine geheimnisvolle Macht zog du Unglückliche immer wieder an den Ort zurück, wo sie früher so glücklich gewesen.

Eines Morgens fand man Schiff und Mägdlein auf des Seeleins Grunde. Das Wasser aber, das sich bisher kaum vom Wasser andrer Seen unterschieden, war plötzlich tiefblau geworden: es seien, also sagten die Leute, die Tränen des armen Mägdleins, die feinen blauen Augen entquollen.


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