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Die schönsten Sagen des Berner Oberlandes


Erzählt für Jung und Alt von


Otto Eberhard

Mit 54 Zeichnungen von Fritz Buchser

Hans Feuz-Verlag Bern /Leipzig


Die Heilquelle im Heustrich

Im Kandertal, am Fuße des Niesens, stand vor Zeiten eine kleine Hütte, darinnen ein armer Bauer und seine Frau wohnten. Die waren beide von einfach frommer Art, zufrieden mit dem, was sie hatten, und bei all dem fröhlich und vergnügt, also daß der Mann, wenn er auf dem Felde seine Arbeit tat, immerfort sang und jauchzte.

Eines Morgens aber fühlte er sich, kaum aufgestanden, recht matt und müde. Ihm schien, als hätte sich auf einmal ein schwerer Nebel auf sein Gemüt gelegt, und statt zu arbeiten, schlich er von nun an tage- und wochenlang mit blassem Gesicht im Hause umher. Er war krank geworden, ass nicht, trank nicht, und alles, was ihn bisher gefreut , ward ihm zuwider. Seine Frau, darüber sehr betrübt, tröstete den Armen mit freundlichen Worten und wandte auch bald dieses, bald jenes Mittel an, auf daß er wieder gesund werde. Vergeblich. Der Mann ward immer hinfälliger, dergestalt daß er sich am Ende nicht mehr auf den Beinen zu halten vermochte und das Bett hüten mußte.

Eines Tages nun, wie ihn die gute Frau also leiden sah, da wollte ihr fast das Herz brechen. In ihrem Jammer eilte sie hin in den nahen Wald, warf sich hier auf die Knie und dat Gott in heißem Flehen, doch die Leiden von ihrem Manne zu nehmen und ihn wieder gesund zu machen.

Und siehe da! Kaum hatte die Frau ihr Gebet beendet, da war ihr, als ob es plötzlich licht werde im dunklen Tannenwald. Sie blickte auf und gewahrte ein paar Schritte vor sich ein anmutiges Zwerglein mit langem weißem Bart, ein golden Krönlein auf dem Haupt und ein Herrscherstäbchen in der Hand. Und über dem freundlich lächelnden Männchen schwebte, von den Edelsteinen des Krönleins ausgehend, ein strahlend Licht in den Farben des Regenbogens.

Das Zwerglein sprach:

Fürchtet euch nicht, gute Frau, ich bin der König der Zwerge des Riesenreiches und gekommen, euch zu helfen. Sehet dort oben



Sagen-Oberlandes048 Flip arpa

jenes Gebüsch. Dort fließt seit Jahrhunderten ein Quell, der bis Setzt den Menschen unbekannt geblieben. Steiget hinauf, schöpfet daraus und gebt eurem Manne zu trinken. Nicht lange, und er wird euch wieder gesund sein wie zuvor.

Das Zaubermännchen verschwand. Die Frau aber erhob sich, ging hin und fand auch wirklich unter dem Gebüsch ein freundlich sprudelndes Wässerlein, aus dem sie schöpfte und ihrem Manne von nun an fleißig zu trinken gab. Der Kranke genas auch bald, ward wieder fröhlich, und Glück und Sonnenschein kehrten in die Hütte zurück.

An der Stelle aber, wo damals die Hütte gestanden, bauten die Menschen lange danach ein großes Haus, das Heustrichbad, und gar viele Kranke eilten jedes Jahr hin, dort von dem gleichen heilkräftigen Wässerlein zu trinken und wie jener Bauer davon zu genesen.


Copyright: arpa, 2015.

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