Sagen aus dem Berner Oberland
Ausgewählt und herausgegeben von
Walter Menzi
1. bis 5. Tausend
Verlag Landschäftler A-G., Liestal
Die verhexten Schwestern
Ein Berner aus dem Oberland kehrte einst auf weiten Reisen in einem abgelegenen Häuschen ein, wo ihn ein uralter Mann gastfreundlich empfing. Nach mancherlei Gesprächen beim einfachen Mahl teilte der Greis dem Wanderer mit, dass er ein Landsmann aus dem Oberhasli sei und vor langen Zeiten die Heimat verlassen habe, von einem schweren Kummer getrieben. Ihm waren drei schöne Töchter verflucht worden, die seither auf hohen Haslerbergen als Spukgeister ihr Unwesen treiben. Das erste der Mädchen wurde auf den Gauligletscher gebannt, dort erscheint es, von einem Hündchen begleitet, den Sennen des Urbachtales: es wird das
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Gauliweibchen genannt. Das zweite irrt in der Gegend der Engstienaip zuhinterst im Gental und heisst darum das Engstlenfräulein. Das dritte, den Leuten unter dem Namen Geissmaidlein bekannt, lockt am Hasliberg Hirtenknaben und Sennen in seine Nähe, um sie zu einsamem Liebesspiel zu verführen. Einmal, als es mit einem hübschen, still gearteten Jüngling den Heuboden einer Scheune besteigen wollte, vergass es sich und ging die Leiter voran -da aber liess es unter dem Röckchen ein Paar Ziegenfüsse zeigen. Nun wusste der Knabe, was für einer Liebsten zu folgen er im Begriffe war. Noch fand er Zeit, von seinem Vorhaben abzustehen und bangen Herzens von dannen zu schleichen.
Wie die drei verhexten Mädchen entzaubert werden könnten - nur der Greis in der Fremde vermöchte es zu künden. Aber niemand kennt seinen Aufenthalt; vielleicht hat er sein Geheimnis längst mit ins Grab genommen. Unerlöst müssen die drei Schwestern Gauliweibchen, Engstlenfräulein und Geissmaidlein auch weiterhin die Wildnis der hohen Hasliberge bewohnen.
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