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Sagen aus dem Berner Oberland


Ausgewählt und herausgegeben von


Walter Menzi

1. bis 5. Tausend

Verlag Landschäftler A-G., Liestal


Martinsloch und Martinsdruck

Eiger und Mettenberg werden die beiden einander gegenüberstehenden Riesenwächter des Grindelwaldner Eismeeres genannt; zwischen ihnen leckt die perlmutterglänzende Zunge des Untern Gletschers an den grünsaftigen Matten von Grindelwald. Vor vielen hundert Jahren, zur Zeit der wunderwirkenden Heiligen, wie anders sah da die Gegend aus! Der vom Eiger niederschwingende Kalligrat setzte sich damals bis zum Mettenberg



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hinüber fort, als eine schwindlig steile Mauer, hinter der sich im Gletschertal ein mächtiger See voller schwimmender Eisblöcke angesammelt hatte. Nicht selten schwoll der See zu bedeutender Höhe; dann rollten seine brüllenden Wellen nach Grindelwald hinunter, Weg und Steg, Wiesengründe und Heimstätten verheerend.

Des bedrohten Dorfes erbarmte sich der heilige Martin und er beschloss, den Wasserdrachen für immer aus seinem Talwinkel zu bannen. Wuchtig stemmte sich der Wundertäter gegen den Mettenberg, indem er gleichzeitig mit seinem Stocke den Eiger zurückstiess. Auf diese Weise wurde das Tal erweitert und der gefahrvolle See zur Entleerung gezwungen. Beim Stemmen presste sich des Heiligen Rücken, sechsmal so gross wie ein gewöhnlicher Menschenrücken, tief in den Felsen des Mettenberges. Und mit dem Stocke stiess St. Martin so gewaltig gegen den Eiger, dass der Kalligrat durchstochen wurde, mir nichts, dir nichts, als wäre er eine frische Butterballe gewesen.

Wann genau dies geschehen, niemand zu Grindelwald wird es noch wissen. Indes



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erinnern die Namen «Martinsdruck» für die Rückenhöhlung am Mettenberg und Martinsloch» für das helle Fenster des Kalligrates bedeutsam an die seltene Tat. Zweimal im Jahr, um den Martinitag und im Januar, scheint die Sonne durch das Loch auf die Grindelwaldner nieder; auch dies geschieht gewiss zum Andenken an den heiligen Riesen.


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