Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Sagen aus dem Berner Oberland


Ausgewählt und herausgegeben von


Walter Menzi

1. bis 5. Tausend

Verlag Landschäftler A-G., Liestal


Tod und Tödin

Vor vierhundert Jahren ging ein sonderbares Mannli mit seinem Weib durch die Täler des Oberlandes. Das Mannli trug eine Sense über der Schulter und das Weib einen Besen; so wanderte das Paar von Wimmis durchs Diemtigtal der Grimmialp zu. «Wir wollen hinten anfangen und herauswischen!» antworteten sie auf die Frage, welches ihr Vorhaben sei. Sogleich fing im Diemtigtal der Sterbet an. Die Menschen niesten und sanken hin. Die Seuche war so gross, dass eine Kuh in einer einzigen Nacht an den neunten Erben fiel. Gar schwierig wurde die Wegschaffung der Gestorbenen, denn bald waren nicht mehr genug Lebendige da, um die Gräber zu schaufeln. Ein Mann fuhr die Toten von hinten bis in die Mitte des Tales und ein anderer auf den Kirchhof. Auf dem Wege nach der Kirche steht der «Brotstein>, wo die Männer ausruhten, indem sie zugleich Brot und Wein zu sich nahmen.

Das Volk um den Brienzersee hiess die Seuche «d'Schwinden»; es hatte sie in



Berner Oberland-Walter Menzi-061 Flip arpa

Gestalt eines blauen Wölkchens am Brienzergrat entstehen und niederschweben gesehen. In jener Gegend schritt der Tod mit seiner Frau, der Tödin, durchs Habkerntal nach Grindelwald, Lauterbrunnen und ins Sefinental hinein, und vom Diemtigtal her schwang er die Sense nach den Tälern der Saane und Simme hinüber. Niemand kannte ein helfendes Kräutlein gegen die Krankheit, doch sagte man ein frommes «Helf dir Gott!» sobald jemand niesen musste und der «Schwinden» verfiel. Daher rührt die Sitte, Niesenden im Berner Oberland noch jetzt ein «Helf dir Gott!» zuzurufen.

Jeder Not ist ein Ende gesetzt! Eines Tages, als in den Lütschinentälern nur noch wenige Menschen verschont geblieben waren, rief in Grindelwald von einem Felsen herab ein Bergmännchen den Spruch: «Bruchit Astränzen und Bimpinäll, so stärbet ihr denn nid so schnäll!» Meisterwurz und Bibernelle, das waren die rechten Mittel, und sie wurden eifrig angewandt. Nicht lange ging es, bis die Kraft des Todes und der Tödin erlahmte; beide begaben sich ausser Landes, woher sie gekommen waren.



Berner Oberland-Walter Menzi-062 Flip arpa

Als nach dem Erglimmen der Pest Umschau gehalten wurde, sah man erst, wie menschenleer das Berner Oberland nun geworden war. In der innern Bäuerten des Diemtigtales lebte noch eine einzige Weibsperson, zu der später ein Bettler kam. Von diesen beiden Menschen wurde die Gegend wieder bevölkert.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt