Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Ein Kratten voll

Lauterbrunner Sagen


Gesammelt von Hans Michel


Das Rosswengli

Zur Aip Suis gehören auch die weiten Sausböden, obwohl sie schon jenseits der Wasserscheide auf einem hohen Fluhsatz über den grünen Gründen der Sausalp gelegen sind. Sie können eben nur von Suis aus bestossen werden. Hier oben heisst eine grosse Felsplatte, nach Saus hin abschüssig, das Rosswengli. Nur die ältesten Sennen der Gegend wissen um die Herkunft des Namens.

Vor einem Menschenalter, als noch der geruhsame Pferdeverkehr über die Passtrassen des Berner Oberlandes in der Blüte stand, da waren einige Fuhrhalter reiche Leute, und sie wetteiferten miteinander, die schönsten Pferde in Form und Farbe zu



LeuterbrunnenSagen-120 Flip arpa

ziehen. Es kam öfters vor, dass sie die edlen Tiere nicht vor dem fünften Altersjahr in die Stangen stellten, in der Absicht, starke und ausdauernde Züger zu bekommen, die gingen wie die Gemschi.

Sommerüber trieb man die schönen Jungtiere mit dem Rindvieh zu Alp. Aber in Gewitternächten, oder wenn gar Hagel fiel, da hatten die Sennen mit ihnen ihre liebe Not. Sie machten es nicht wie die Kühe, die zur Nachtzeit nie rücken, dem anbrausenden Unwetter die Hinterseite kehren und ruhig auf ihrem Standorte bleiben.

Ob ein Ross ausschlage und einem Hochgewitter standhalte, das weiss man ja erst, wenn die Haut in der Gerbi ist. Gehalte gab es damals keine. Konnten die Tiere in der Nacht. wenn der Himmel grollte, nicht rasch in Värriche getrieben werden, dann rannten sie davon wie zum Rohr hinaus.

Vergebens hatte einst ein Einsichtiger an der Alpeinung von Suis gemahnt, im Pferdeläger auf den Sausböden einen starken Pferch zu errichten.

In einer schwülen Hochsommernacht darauf suchte ein Unwetter Suis heim. Da oben, auf der höchsten Alp in weitem Umkreis, schlug in der pechschwarzen Finsternis ein Donnerschlag in den andern, die Flühe tönten ehem. Es rauschte, rasselte, knatterte, und die Hagelschiossen trommelten auf Stein und Wasen, wie wenn ein Felsenbruch zu Tale ginge.

Was nützte es, dass die Sennen hineinhasteten nach den Sausböden! Sie hörten die Herde im Toben der Elemente ihnen entgegen schnauben und stampfen mit dem Teufel um die Wette. Da halfen weder Gröbe



LeuterbrunnenSagen-121 Flip arpa

noch Güte; die Rosse rannten über die Fluh hinunter nach Saus, Fuchs und Scheck und Schimmel und Rapp, die edlen Tiere der freien Weite! Dumpf hörte man im Tosen die Aufschläge; es waren ihrer gar viele. Noch im Jahr darauf stiess der Adler aus den Höhen nieder, und schlich der Fuchs aus dem Hochwald her nach der Unglücksstätte, und lange Jahrzehnte hindurch bleichten Haufen von Knochen am Fusse vom Rosswengli.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt