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Vo chlyne Lüte


ZWERGENSAGEN FEEN- UND FÄNGGENGESCHICHTEN AUS DER SCHWEIZ


NEU MITGETEILT VON C.ENGLERT-FAYE


MIT BILDERN VON BERTA TAPPOLET

TROXLER-VERLAG BERN


Von einer bösen Fänggin

Im Maiensäß auf der Matasa, einer einsamen Waldwiese am Hochwang, wartete ein Älpler einen ganzen Winter lang ganz allein sein Vieh. I)a geschah es, daß von Zeit zu Zeit eine Fänggin in die Hütte kam. Das Weiblein gefiel dem Manne zwar gar nicht. Es war klein und verhutzelt, struppig wie ein Tannengrotzli, mit langem Flachshaar wie Baum flechten und stechenden Äuglein und spitzen Zähnen. Und wenn es dem Manne so mit dem Gaste auch nicht recht geheuer war, er fürchtete sich nicht; denn er hatte einen großen, starken Hund bei sich. Und die Fänggin klagte und jammerte denn auch beständig, der Hund mache ihr Angst, und er solle ihn doch gut anbinden. «Nein », sagte der Mann, das tu ich nicht, und dann hab ich auch keinen Strick zur Hand.» — «Wenn's. nur das ist, was fehlt», rief das Weiblein, griff sich in den Schopf und gab dem Manne eines ihrer Haare, beinahe so lang wie ein Pferdezügel. I )er Senne nahm das Haar und ging mit dem Hund hinter den Ofen, band ihn aber nicht an, sondern hieß ihn nur mit leiser Stimme, sich niederlegen und stille liegen bleiben. Aber wie der Mann wieder hinter dein Ofen hervortrat, da sah er, wie das wilde Weiblein blitzgeschwind an den Wänden hinauf lief, über die Gestelle hin und her sprang, mit den Zähnen bleckend, und ehe er sich's versah, war die Fänggin mit schrillem Gekreisch an ihm heraufgesprungen und packte mit ihren Krallen ihn an der Kehle. I )er Älpler, ein starker Marin, wehrte sich aus Leibeskräften und rief seinem Hunde. Der kam mit einem Satz hinter dem Ofen hervorgeschossen und riß das Weiblein seinem Herrn vorn Leibe. Da fuhr es wie's \Vetter zum Fenster hinaus, der Hund hinterdrein, die Matten ab ins Tobel hinunter. Erst am andern Tage kam der Hund zurück, ganz blutig und keuchend und jappend, so erschöpft war das Tier.



Vo Chline Luete-095 Flip arpa

Das Fänggenweiblein ist niemehr dahin gekommen, und seither hat auch niemand mehr Fänggen im Gelände gesehen. Als aber der Mann nach einiger Zeit wieder einmal hinter den Ofen schaute, da fand er an Stelle des Haares eine schwere Halskette, die einem Stier eben recht gewesen wäre.


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