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Vo chlyne Lüte


ZWERGENSAGEN FEEN- UND FÄNGGENGESCHICHTEN AUS DER SCHWEIZ


NEU MITGETEILT VON C.ENGLERT-FAYE


MIT BILDERN VON BERTA TAPPOLET

TROXLER-VERLAG BERN


Des Erdmännchens Geschenke

In einem Tale hinten im Jura lebte einmal ein hablicher Müller mit seiner Frau. Die lag schon viele Jahre krank und war so siech, daß kein Doktor ihr mehr helfen konnte. Sie hatten einen Knaben, der ebenso freundlich und gutherzig war als der Vater habgierig und hart. In der Gegend hausten an den Halden und Hängen der Berge noch viele Zwerglein, die oft zu Tal kamen und den Leuten allerlei Gutes



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taten. Sie halfen schaffen in Haus und Hof und griffen zu r im Stall und auf dem Feld oder hüteten das Vieh.

Einmal, als böse Teurung T r. übers Land kam und aller Orten bittere Not an Brot war, kam eines ein Zwergenmännlein vor die Tal mühle und begehrte ein wenig Mehl. Der Müller aber schnarzte es barsch an und schickte es ohne Gabe fort. Das jammerte den Buben. Heimlich schlich er zum vollen Kasten, füllte des Männleins Säcklein mit dem feinsten Semmelmehl und steckte es ihm ungesehen durch die Gartenhecke zu.

Als im Frühjahr der Knabe des Vaters Herde auf die Weide trieb, da stand auf einmal das Zwerglein vor ihm, dem er das Mehl gegeben, und lud ihn zu einem Fest der Zwerge in den Berg. Der Knabe ging mit. Durch einen hohlen Baum schloffen sie in die Höhle, und je weiter sie gingen, desto größer und schöner wurde es. Zuletzt kamen sie auf ein weites, ebenes Feld, darauf eine Menge Fruchtbäume standen. Hier war alles Gezwerg des Landes zu Schmaus und Kurzweil versammelt. Es wimmelte und wuselte aller Orten von dem Völklein. Das Zwerglein, das den Knaben hergebracht, bat ihn zu Tische. Sie aßen und tranken nach Herzensbegehr und hatten es ein Weilchen lustig. Bald aber verschwanden die andern Erdleutchen, und der Knabe und das Männlein waren allein. Da brach der Zwerg von einem der Bäume einen prächtigen Apfel, goldgelb mit roten Backen. «Der ist für deine Mutter», sprach er, «sie soll ihn alsbald essen.» Dann nahm er von einem andern Baum eine große, schöne Nuß. «Die ist für deinen Vater», sagte er, «denn es war ja doch sein



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Mehl, das du mir dazumal gabst, als ich Not litt.» Und zuletzt löste der Wicht eine Schnur von schimmernden Perlen von seinem Halse, hing sie dem Buben um und sagte: «Und hier ist ein kleines Andenken für dich, zum Dank, daß du mir in meiner Bedrängnis geholfen hast. Aber hör jetzt, was ich dir sage, und tue also: Wenn du wieder hinauf an den Tag kommst, so lege dich nieder und ruhe aus; denn du hast eine weite Reise gemacht, viel weiter, als du wohl denken magst.»

Kaum gesagt, so stand der Knabe schon oben vor dem hohlen Baum, und so müde und matt war er in allen Gliedern, daß er sich ins Gras legte und lange tief und fest schlief. Als er endlich heimkam, da waren seine Eltern in großer Angst; denn die Herde war ohne ihn nach Hause gekommen, und er war volle sieben Tage ausgeblieben. Jetzt teilte der Knabe die Geschenke des Zwerges aus. Die Mutter aß den Apfel und war vom Tage an gesund. Und als der Vater die Nuß auftat, fielen statt der Kerne zwei leuchtende Edelsteine heraus.


Copyright: arpa, 2015.

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