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Schweizer Märchen Sagen und Fenggengeschichten


Neu mitgeteilt von Curt Englert-Faye

1984

ZBINDEN VERLAG BASEL


Frau Ude

In jener uralten Zeit, in der in den Tälern des Berner Oberlandes noch die Sitte herrschte, daß sich die Jungfrauen von allen Jünglingen streng zurückzogen, kam zu jedem sich folgenden Menschengeschlechte aus dem wildesten Hochgebirg eine steinalte, graue, von den Jahren gebeugte Frau, die Frau Ude, die Gute hieß. Seit Menschen jenes Gelände bewohnten, hatte sie daselbst gehaust. Aber niemand kannte das Obdach, wo sich die Alte während der Zeit ihres Fernseins aufhielt. Frau Ude die Gute sah scharf und war an seltenen Künsten reich. Geschäftig trippelte sie von Hütte zu Hütte, lud alles Hausvolk an die Tür, griff den Mädchen an's Kinn, sah sie mit blinzelnden Luchsaugen an und endigte jedesmal mit dem Reimen:

Du, du, du, ja du!
Diesmal wieder Ruh! -
Hätt' ich keine funden mehr.
Litt ich siebenmal so schwer.

Dann nahm sie lächelnd das Mädchen bei der Hand. zu dem sie den Spruch gesagt, und trippelte weiter, und allemal ohne zu fragen, ohne zu zaudern geradehin nach dem Hause des reichsten und besten und schönsten der Junggesellen im Tal, und dem legte sie die Hand des Mädchens in die Rechte, sah ihn nickend an. und hinterließ im Herzen des Junggesellen eine innige Liebe zu dem Mädchen, das sie dergestalt ihm vorgeführt hatte. Und allemal war eine glückliche Ehe zwischen den beiden; das gesamte Talvolk jubelte. Jedermann lud sich zur Hochzeit ein, und niemals hat irgendein Vater, irgendeine Mutter die Wahl der Frau Ude für Sohn oder Tochter abgelehnt, denn jedesmal war das Mädchen als die Reinste unter den Reinen im ganzen Talgelände erfunden, der Jüngling als der Beste von den Besten.


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