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Schweizer Märchen Sagen und Fenggengeschichten


Neu mitgeteilt von Curt Englert-Faye

1984

ZBINDEN VERLAG BASEL


Der ungläubige Bauer

Allemal in der heiligen Nacht, da Christ als Kind allen Menschen zum Heil geboren ward, ist durch Gottes Gnade auch den sprachlosen Tieren die Gabe der menschlichen Rede ein Weilchen verliehen.

Nun war da ein Bauer, der meinte, er wisse alle Dinge besser, und wollte das durchaus nicht glauben; er glaube halt nur, was er selber sehe und höre, pflegte er zu sagen. Und so beschloß er denn, am Christabend unbemerkt in den Stall zu gehen, um zu belauschen, was seine Kühe da miteinander reden würden.

Er schlich sich also zu der Zeit auf die Heubühne an die Luke, durch die den Winter über das duftige Sommerheu in die Barren hinunter gestoßen wird, und guckte auf sein behaglich wiederkäuendes Vieh herunter. Und in der Tat, als um Mitternacht die letzten Töne des Glockengeläutes verklungen waren, und in der nahen Kirche die Feier der Christmesse begann, da fingen die Tiere miteinander zu reden an, und es sprach die erste Kuh: «Wo mag denn heute der Meister sein?» «O der, der hockt auf der Drüschchi oben», antwortete die andere. «Ja, ja, der weiß auch nicht, was für eine Arbeit ich diese Woche noch tun muß», sagte der große Zugstier. «Wie ist auch das möglich?» erwiderte eine andere Kuh, «der Herbst ist doch vorbei, und es gibt nichts mehr zu pflügen und zu eggen, auch das Holz ist schon aus dem Walde eingefahren.» Da sagte der Ochse: «Ja, es ist wie ich sage: in drei Tagen muß ich unsern Meister auf den Friedhof hinüber führen.» Als der Bauer das hörte, ließ er einen Schrei los und fiel in Ohnmacht.

Am andern Morgen früh fanden ihn die Knechte, als sie kamen, um das Vieh zu füttern. Sie schafften ihn zu Bett, und man holte gleich den Doktor. Aber nach drei Tagen lag er kalt und steif auf der Bahre.


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