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Schweizer Märchen Sagen und Fenggengeschichten


Neu mitgeteilt von Curt Englert-Faye

1984

ZBINDEN VERLAG BASEL


Der betrogene Doktor

Ein hungriger Wolf kam auf seinem Lauf nach Raub über eine magere Geiß und zerriß sie. Und so gefräßig biß er drein. daß ihm ein Bein in der Kehle stecken blieb. Wie er sich auch anstellte, er brachte es weder hinunter noch heraus. Er kam in solche Not, daß er glaubte, es sei sein Tod, und er schleppte sich jappend und röchelnd fort, um einen Arzt aufzusuchen. Endlich kam er zu einem Storch und sprach: «Ach, Herr Doktor, ihr seid ein geschickter Mann, helft mir von dem Übel, und ich will euch zum Lohne geben, was immer ihr fordern wollt.» Der Storch sagte: «Herr Wolf. tut euren Mund auf, so weit ihr könnt und streckt die Zunge flach. Ich will euch alsbald kurieren.» Und er steckte Kopf und Schnabel tief in des Wolfes Rachen und zog das Bein mit einem Ruck heraus. Wer war da froher als der Wolf! Da sprach der Storch: «Nun, Herr Wolf, alldieweil ihr mir euer Leben zu danken habt, so sollt ihr mir zum Lohne geben, was ihr mir gelobt habt, als ihr krank herkamt.» Der Wolf antwortete darauf: «Ei, mein guter Freund, was soll ich dir noch weiteres geben, hab ich dir doch soeben dein Leben geschenkt, denn das stand eine Weile ganz bei mir. Wie leicht hätte ich dir den Kopf abbeißen können. Aber des Dienstes wegen, den du mir leistetest, hab ich dir das Leben gelassen. Diese Gabe mag dir genug sein.» Sprachs und zottelte davon. Der Storch aber stand lange auf einem Beine stille mit offenem Schnabel da und schaute dem Wolfe nach.


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