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ALPENSAGEN


UND SENNENGESCHICHTEN AUS DER SCHWEIZ


NACHERZÄHLT VON C. ENGLERT-FAYE

BUCHCLUB EX LIBRIS ZURICH


VO ME-N-A SCHLAUA BÜRLI

Eist amol as Bürli gsi, das het as Hus, as Wyb und as Küehli ka, aber ke Handbreit Boda derzua. 's Wyb hät gära gmolha und g'anket, und 's Küehli hät gära gfressa - und wohär neh und fit stehla? Aber 's Bürli weiß si' bald an Rot und lot sys Küehli mir nüt, dir nüt uf de Güeter von de Nochbura uf's Gschand goh. De Nachbura ist aber das bald verleidet, und sie göhnd us Töibi, bringen 's Küehli um und verstechen d'Hut, daß der Schelm sie fit könn gärba b. Wo dua am Obed 's Bürli 's Küehli heihola will, so findt 's das arm Tierli mustod im Gras ligga, und vo de Sticha i d'Hut ganz voll Bluet, und gäl und grüa vor Zorn schwört's, de Bura-n-amol a Suppa z'kocha, daß gwüß all dra gnua ha sötten.

Dua schleipft's 's Küehli hei, zücht em die verstocha Hut ab und träit sie am andere Morga zum Gärber. «Villicht», meint 's, «git er mer a par Batza derfür.» Der Gärber ist nit grad dehei, aber d'Gärberi het au' as bitzli vo der Hantierig verstanda, und sie lueget d'Hut a, seit aber bald: «Ja, Mandli, das ist a Rytera und ke Hut, ich cha der nüt derfür ge.» 's Bürli jomeret und seit, sie söll em sus eppas ge, der Gottswilla. D'Gärberi goht und holt em as Gütterli Brantwy und e paar dörri Biraschnitz. Wia dua's Bürli ißt und suft und schmatzget, kurzwylet der Gärberi ihr Buebi uf der Lauba duß. Uf der Lauba-n-ist au an alta Trog gstanda, und 's Buebi goht, hebt's Lid uf, schluft yhi und versteckt si dry. Das alls het 's Bürli gseh, denn d'Stubatür ist offa gsi, aber d'Gärberi het derwyl eppas büezt und nüt dervo gwahrnet. 's Bürli suft noch as Wyli a sym Brantwy, lueget aber i eim furt uf sella Trog, ob's Buebi wider ussakömm. 's Buebi ist aber nümma fürako, und 's Bürli seit bei em seib: «Der ist gwüß vertschiofa.» Beim Goh seit 's dua zer Gärberi: «Wottender mer fit dä Trog



Alpensagen-210 Flip arpa

dört uf der Lauba ge, ich tet an mangla zum Korn», und d'Gärberi lacht und seit: «Wenn der mit der alta Rustig dianet ist, so nun sie halt mit der.»

Do nimt 's Bürli de Trog gschwind uf de Buggel und goht mit em dervo und stift der Gärberi 's Buebi, denn das het im Trog hert gschlofa. 's Bürli goht as Wyli mit syner Burdi und kunt uf an Steg, der über 'nas tüfs Tobel füehrt; do schottlet 's am Trog und rüeft: «Ich wirf de Trog i d's Wasser.» Do erwacht der Bueb im Trog und hört 's und rüeft i der Angst: «Nei, nei! Ich bi' im Trog»; aber 's Bürli tuet fit derglychan-und rüeft: «Ich wirf de Trog i d's Wasser.» Der Bueb kunt scho i Todsängsta und rüeft noch amol: «Der Gottswilla, ich bi' im Trog», und do seit 's Bürli: «Los, Bueb im Trog: Dy Mueter het mer dä Trog gschenkt, und jetz ist er my, und ich ka mitem tua, was ich gära will; wenn d'mer aber hundert Taler ge witt, so will di uslo.» Der Bueb verspricht's, 's Bürli stellt ab, macht 's Lid uf, lot der Bueb us, goht mit em hei und kunt hundert Taler über. Munter kehrt 's druf heimetzua, und wia's uf desella Steg kunt, so stoht der Trog noch a's a lera do, und es nimt an und wirft an holops i's Tobel ahi und lacht: «Was bruch ich dia alt Rustig zu myna hundert Taler?»

Wia 's Bürli hei kunt, zeiget 's de Nachbura sy Hufa Taler und seit, es häi sie für die verstocha Hut überko, wyl so a durchsichtigi Hut eppas seltes sei: D'Bura losen und luegen, und dia hundert Silbertaler für an einzigi Hut stechen n'na unig in d'Auga, und noch und noch meinens', Küeh seien zwor nützligi Tier, aber so-n-an Hufa Geld für d'Hüt vom Tisch strycha, wär halt denk au' nit letz, und göhnd und metzgen d'Küeh und verlöchern d'Hüt, 's Bürli lacht si halba krank derbei; aber d's Lacha wär em bald verganga; denn wo d'Bura mit de verlöcherta Hüta zem Gärber kömmen und für die hundert Taler wacker usgiacht werden, so stygt 'na 's Bluet in Kopf, und fürigtaub kömmens' hei und reden ab, i der Nacht



Alpensagen-211 Flip arpa

zum Feister vo d's Bürlis Schlofkammera yha z'lenga und em de Garus z' ge. Aber 's Bürli het das erfahra, und am Obed seit 's zum Wybli: «Los, wottist fit so guet si und hinecht a's Feister z'ligga, ich ha as bitzli d' Struha, und do möcht mer de Luftzug eppa fit grad guet tua.» 's Wybli tuet em de Gfalla und leit si' a d's Feister. Um Mitternacht kömmen d'Bura, lengen zum Feister yna-n-und verstechen das arm Wyb, und hend gmeint, jetz seiens' dem Bürli abko. Aber dem Bürli ist noch wohl gsi unter der Bettdecki, und sobald d'Bura sind furt gsi, so nimt 's das tod Wyb, as Spinnrad und an Stuhl und trait die ganz Burdi mitta-n-uf d'Landstroß; dert setz 's d'Lych uf de Stuehl, stellt 's Rad vors' aha und richtet ara d'Händ, a's tets' spinna, und druf versteckt as si' j der Nehi und passet.

Jetz am Morga-n-ist an Her in ara Schesa im grösta Galopp uf der Landstroß gfahra ko, und wia-n-er d'Spinneri mitta-n-uf der Stroß sieht, so rüeft er: «Flüch, flüch!» Aber 's Wybli ist halt fit usgwicha, und vor der Her d'Roß z'ruckheba



Alpensagen-212 Flip arpa

ka, fahrt der Waga schon drüber us. Der Her, grüseli erschrocka, hebt a, stygt us und zücht 's Wybli under dem Waga-n-usse-n-und merkt, daß 's rnustod sei. Rotlos und bleich wia d'Wand stoht er do und luegt um, ob en niemed schi, daß er geschwindt dervofahra könn; aber im sella-n-Augablick kunt's Bürli füra und räsoniert mit dem Her wia wüetig, daß er em sys Wyb überfahra häi, und es werdi bym Gricht d'Azeig maha. Der guet Her meint, er häi scho de Galgastrick um de Hals und seit: «Lueg, Mandli, ich will der die ganz Schesa mit de zwe Rapa b, wenn d'mich nit bym Gricht azeigest.» 's Bürli seit: «No, das lot si höra, und mir sind Handels einig.» Der Her düselet z'fueß wyter, und 's Bürli stygt i d'Schesa-n-und fahrt großartig heirnetzua.

Wia 's dabei dur 's Dörfli fahrt, machen d'Bura d'Feister uf und luegen, was do ächt für an hoha Her gfahra köm. Aber wo sie 's Büri wia-n-en Graf i der Schesa sitza sehnd, do wüssens' nümma, wia 'na gschieht; z'erst meinens' gär, es sei der Geist vom Bürli, erst wia 's usstygt und 'na gueta Morga zuerüeft, glaubens', daß as der Hannes sei, und natina kömmen's zueha und wunderen, wia 's ächt zu der köstlicha Männi ko sei. 's Bürli verzellt 'na alls horklei. D'Bura losen und luegen, und z'letzt göhnds', tödten d'Wyber und stellen d'Lycha-n-uf der Landstroß nebet de Spinnräder uf und richten 'na d'Händ, gottversprich, as teten's spinna; fryli ist halt kei so närrscha Her gfahra ko, und d'Bura sind wider agfüehrt gsi.

Das ist de gueta Bura dänk afo z' räß gsi, und sie packen 's Mandli beim Kraga, binden's in an Sack und wend 's in a tüfi Gülla werfa. Vorher göhnds' aber noch mitnand hei und wend bym a Güterli Brantwy Guraschi fassa und lönd 's Manch im Sack ligga. Z'erst het's drin urne gsperzt, um ussa z'ko, 's het aber nüt gnützt. Do will 's der Zuefall, daß an Schwytryber a Hab Peru j derselbe Gegni vorbeitrybt; 's Bürli



Alpensagen-213 Flip arpa

im Sack hört an ko und rüeft überlut: «D'Königstochter gähr i fit!» Der Schwytryber hört's und dänkt: «Ich wort sie schon», und goht und bindet de Sack uf. 's Bürli kunt ussa, und wia der Schwytryber fröget, wia 's eigetli mit der Königstochter standi, so seit's, der König häi as viirars Töchterli, und zua dem Töchterli seien sovil Prinza zer Stubete ko, daß das schö Maiggi umügli' zu n-ara Wahl häi ko könna; do sei der König ertaubet und häi verkünda b, wer si siba Stund lang in an Sack spera löß, dä müeß 's Töchterli manna; es seib häi si' dua z'erst derzua abotta, es sei em aber z'lang worda. Wo der Schwytryber das hört, so seit er gschwindt: «Dia siba Stund g'halt ich scho us, sei so guet und pack mich in Sack yha und tue dem König brichta, ich will der gära die ganz Hab Ferli lot» 's Mandli seit: «Ich will em scho brichta», und bindt de Schwytryber in Sack und fahrt mit der Hab Ferli dervo. Mittlerwyl kömmen d'Bura und werfen de Schwytryber, der scho meint, sy Gspusa, d'Prinzässi, kömm, i d'Gülla-n-und göhnd wider hei.

No-n-ara Zyt goht's Bürli großartig dur' 's Dörfli und trybt syni Hab Peru vor em aha. Wia 's d'Bura sehnd, so machens' halt z'erst wider as unigs Paar Auga und druf kömmens' go wundera, wia 's Bürli ächt zu dena Ferli ko sei. 's Bürli verzellt: «Ich bi' i der Gülla tüf, tüf ahigsunka, und uf eimol bin ich stoh bliba; ich hantier und sperz a Wyl im Sack, bis der Bändel ufgoht; ich kumma-n-ussa us 'em Sack, und wo meinender, bin ich gsi - im Güllawasser meinender? Nei, beilyb, in ara wunderliebliga Gegni bin ich gsi, wo der Himmel noch amol so blau und d'Rosa noch amol so rot sind a's bi üs; ich ha gschwindt gmerkt, daß das d'Unterwelt ist, und bi' as Wyl spaziera ganga und ha mer's Häß vo der Sunna tröchna b. Wia ich so goh, siehni' uf ara Wiesa a Hab vom schönsta Veh; a par stolzi gäli Küeh mit wyßa Sternli uf der Stirna, mit breita gfärbeta Scheliriema und Schella dra wia chlyni Glöckli:



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wyter hani' gseh an Fasel properi Gaiß und Schof mit Gitzi und Lämmli und Schwy mit Peru. D'Schwy und Ferli hend mer am meista gfalla, und ich ha mer drum a Hab mit mer gno. Was der Weg j d'Unterwelt abelangt, so ist der dur' d'Gülla der flehst.)) Die stolza Küeh mit de breita gfärbeta Scheliriema machen d'Bura wider halba närrsch und z'letzt gar närrsch: sie werden einig, au' as Gängli i d'Unterwelt z' maha und Veh uffaz'hola. Dasmol wends' aber d'Sach gschyd afoh; ein söll vorusspringa, mahens' us, und merkt er, daß d'Unterwelt kunt, so söll er rüefa: «Sie kunt!» Rüeft er aber fit, so söll ma-n-en weidli ussazüha. Ma goht zer Gülla, der Woghais springt und —plump -drin lit er. Die andera meinen, das «plump» heißi «kunt», und springen no und ersufen. 's gschyd Bürli ist dua Erb vom ganza Dörfli worda und an rycha, rycha Ma gsi.


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