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ALPENSAGEN


UND SENNENGESCHICHTEN AUS DER SCHWEIZ


NACHERZÄHLT VON C. ENGLERT-FAYE

BUCHCLUB EX LIBRIS ZURICH


DER TIFOL ALS BAST

Im Wallis vor weiß Gott wie vile Jahru, — ich bi noch a I chleine Buob gsi, wa ich va discher altu Zähliata ghört hä, ist in ar schönu Alpu, wa d'Chie fast bis annu Büch im Chrüt gwattot und gnuog Milch und Nutz gigä Beint, oich an erzschlechte Senno, abar oich an grundbrave Hirt gsi. Hät der Hirt wellu betu, so hät der Senno, wenn er oich noch guoter Lünu gsin ist, gneitot und gschlafu; ist er abar lünige und eirichtige gsi, so hät er druber gspottet und gräsoniert. We der Hirt über d's Veeh gibetot und gigkrizgot hät, so hät der Senno gfluochot - d's Veeh gibriglot und alle Tiflu ubergä;



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we der Hirt am Morgu und Abu, vor am Bild old Chrizifix schyni Andacht verrichtot und dernach mit Wichwasser schich gsegnot hät, so ist der Senno wie d's Veeh ufgstannu und ga liggu ohni Chriz und Haggo - und hät du Hirt an Pfaff und dumme Tifol gscholtu, ja nu usgschoru, daß er's hät fast mießu verbergu und chum Zyt ghäbet hät, an guoti Meinig z'machu. Und we der Hirt hät wellu der Milch Sorg hä, damit d'Lit ihn Sach berchome - so hät der Senno ohni Borgu und Gwissu drangitribu; nummu guot essu und trichu, chochu und chiechlinu, d'Nidla obun ab näh, die best Sufi brüchu und darzuo nummu fülenzu wellu - a's wenn er nur Büch und kei Seel hätti. D'Chie lose fit uf du Bäro, d'Hiener nit uf du Fuchs, d'Hase fit uf du Hund; aber die dumme Lit lose-n-uf du Tifol, wenn er ne nett pfyfot und gygot und lockt. Ja, er hät sogar mit dum Beschu, Gott bhiet isch derfür, an Pakt gmacht, er welle mu schich mit Hüt und Haar ubergä, we der Tifol ihm nummu de Summer durch lä zuocho, was schyni Begierlichkeit wünsche. «Mießiggang ist aller Laster Afang!» All's Abmahnu vam bravu Hirt hät fit verfangu. Einest an am Abund hät der Senno die schrecklichstu Wünsch gita. D's Leida, Gott bhiet isch derfür, hät guoti Ohru, diz Mal hät er mu fit vergebu grieft und schyni Hüt angibotu. As fürchigs Wetter ist angangu: der Wind hät ahi Baigge und Türini angu nuf und zuo gschlagu und durch ahi Chieck gipfifot, a's wenn a Tschuppu Chatze rawotti; der Blitz hät Fir gschlagu und der Donner gchrachot, daß as Grüsu gsin ist, und gregnot hät's, a's we sus mit Zubru ilöschti. Da hät der Sturm uf einmal d'Hittutür angu nuf gschreckt - und - Jekos, Maria und Josef! hät der Hirt gschruwu - was ist das? Mitti in-er offunu Tür - ist as jungs und karjos gikleidots Wybsbild gstannu - und hinner ihr hät's so starch giblickt a' we's im baru Fir stiehndi - und druf hät's eis uf d's andra gidonot, daß der Bodu gezitrot hät. Derwyl der Hirt gibetot hät und



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mu vor Chlupf die Bei wie an Treta gigangu sind, ist der Senno mir und dir fit freidig wie an ar bikantu Persoh entgegu gigangu und hät scha frindlich in d'Hitta zum Fir zuo gfiehrt. Wesch dum Hirt gnochet hät, so ist mu z'chalt und z'heiß cho und ist ra us um Weg gflieht, so gschwind er hät mögu. Der Senno hät ra zwar immer Basi gseit, aber dem Hirt ist schier fir cho, a's we's der lebendig Tifol wäri, de so hübsch und reizundi Gstalt schi hät ghäbet, so hät schi doch as uheimlichs Gsicht und Oigu wie gliehendi Choie ghäbet, bsunderbar, we schi schich gegu du Hirt kehrt hät -. O armi Fleiga, die höllisch Spinna hät dich scho yngletschot und in ihr Wub gizogu, du bist ufehlbar verloru; so hät der Hirt z'ihm selber gideicht. — <(Will die hinacht hie blybu?» hät der Hirt gfrägt. «Was anderst», hät der Senno gantwortot. Hirt: «Aber wa ga schiafu?» Senno: «Das fräg, da, wa wier!» Hirt: «Da gan ich in d'Schyr ga schiafu.» Senno: «Und nimmst alle gsegnote Grimpol mit dir, uf das myni Basi fit vil hät.» Am Nachtag ist die Basi niene umha gsi, und vor der Hütta hät as Chrizifix und d's Wichwassergschirr glegu, dem der Senno d's heilig Grimpol gseit hät, der schyner Basi im Weg gsi ist. «Ja, ja», hät der Hirt z'ihm selber gideicht, «entweder ist schyni Basi a Hex oder der Tifol selber; de nummu sottigi chönnunt d's Heiliga und d's G'segnata nit lydu. Ja, ja, fir a churzi Zyt hät der Senno jez, was er wellu hät, aber darnah welti mu fit tüschu, bhiet mit Gott derfir!» —Von da ist schi ahi Abund uheimlich wie a Nachtgschiwwata in d'Hitta zum Senno ghuschot und am Morgu ebu so uheimlich verschwunnu. Us dum täglichu Biträgu vam Senno hät mu chännu gseh, was schyni Basi fer eini gsin ist. We mu der Hirt gseit hät, er selle schich doch bikehru, jez sy's noch Zyt; die Zyt rücke scho, wa schyni Hüt in die Gerwi mieße, so hät der Senno ihm ins Gsicht glachot und nu usgspottot, er selle mu mit sottigum Pfaffugschwez schwygu.



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Endli ist der letzt Tag van der Summerig oich cho. Am Vorabund häts aber es Hexuwetter gmacht, daß mu kei Hund hätti dörfu usjagu. «Weißt wer by nam sotti Wetter cho ist? Das schrecklich Wyb will ebu by sottigum Wetter verreißu! Und weißt, warum schi cho ist? Und was du versprochu häst? Mach di reißfertig!» — So ist dum Senno fircho, a's we ihm etlis das ins Ohr rünetti. Ebu da schi mit andre Beint wellu ab Alp fahru, ist plötzlich, was du ganzu Summer nie gsche ist, schyni Basi in d'Hitta cho. Dum Senno Beint die Bei angfangu schiottru und im Gsicht ist er äschubleich wordu, und der chalt Schweiß ist mu wie Erbis über z'Gsicht ynegitrolut - zum Hirt hät'sch gseit: «Mit dir hän i fit z'schaffu, du chaist ga - aber ich und der Senno hei noch mit andre z'redu, der blybt hie.» Und mit dische Wortu hät'sch nu am Arm ergriffu und ins Stubji gschreckt und hinter schich die Tür zuogschlagu. Im glychu Oigublick hät mu as gryslichs Gipolter und Ghammer und Weh- und Mordio-Gschrei g'hört. Der Hirt hät vor Chlupf schier kei Bei mache chönnu. Doch ist er endli zum Schlüssulloch van der Stubutür ga yngseh; — und, Jekos, Maria und Josef! was hät er da Erschrecklichs gseh! — Abbas, das ist nit zum sägu! — Am Bodu ist der Senno wie an gekrizigte Herrgott ufgnaglote gsi. Schyni besi Basi hät grytjundu uf ihm ghocket un mit am großu bluotigo Messer nu lebendig gschindtot. — Us ihrum Chopf hät mu dytlich Horu und us ihre Zewu Chiawe gseh ußa lotzu. Der Tifol hät d'Hüt wellu, die er mu so oft versprochu hät. So gäru der Hirt us Mitlydu - nu grettot hätti, so hät nu der Schrecku chraftlos gmacht, und vor Chlupf hät er die Port zuogschlagu und ist gliffu-n-und gliffu, bis er nimme hät ghört jammru und schriju, und wie er zrugglozzet hät, da hät die Basi die bluotig Hüt vam Senno grad ebu ufs Hittudach usgspreitot. Der Tifol tuot nit vergebu, er will schy Loh hä! Bhiet isch doch Gott derfir!


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