Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

ALPENSAGEN


UND SENNENGESCHICHTEN AUS DER SCHWEIZ


NACHERZÄHLT VON C. ENGLERT-FAYE

BUCHCLUB EX LIBRIS ZURICH


DIE SCHLANGENKÖNIGIN

Vor vielen hundert Jahren hütete einst ein Mädchen die Kühe. Während das Vieh friedlich graste, schaute die junge Hirtin so wie im Haibtraum auf der Weide herum, und wußte selber nicht recht, was sie suchte oder dachte. Aber auf einmal gewahrte sie auf einer Felsplatte eine schöne, schwarze, silberglitzernde Schlange in der Sonne liegen mit einem goldenen Krönlein auf dem Kopf, darin die Edelsteine wie der Regenbogen funkelten. Die war am Verschmachten und rührte sich kaum, als das Kind hinzutrat. Mitleidigen Herzens reichte es ihr seinen Milchkrug dar. Die kranke Schlange lappte begierig von der Milch und erholte sich alsbald, so daß sie davonkriechen konnte.

Unlang trat ein junger, armer Hirte, dem das Mädchen im Stillen zugetan war, vor ihren Vater und bat ihn, daß er ihm seine Tochter zur Frau gebe. Der alte Bauer aber war ein hablicher Mann, und meinte besser zu sein als der arme Hirte: «Wenn du erst einmal so viel Vieh zu besorgen hast wie ich, dann kannst du wiederkommen und freien, meine Tochter ist nicht für dich und deinesgleichen!» sagte er und wies ihm die Türe. Aber von jenem Tage an kam alle Nacht ein feuriger Lindwurm, schlug Hirten und Vieh und verwüstete Wunn und Weide. Was übrig war, befiel eine Seuche, Stück um Stück stand um, und bald hatte der Bauer seine ganze Habe verloren. Da kam der Hirt wieder und sprach: «Jetzt haben wir beide gleichviel, gib mir jetzt deine Tochter zur Frau, wie du versprochen hast.» Der Alte war gottfroh, daß überhaupt noch wer das Mädchen begehrte, und er sagte lieber heute ja als morgen. Am Hochzeitstage, als die Braut den Bräutigam erwartend sich eben zum Kirchgang schmückte, kam aufs Mal eine gewaltige Schlange in ihr Gemach, darauf eine wunderschöne Jungfrau saß, weißer als Schnee und mit Wangen wie



Alpensagen-100 Flip arpa

Rosen. Die sprach: «Fürchte dich nicht, ich bin die Schlangenkönigin. Ich komme, dir zu danken, daß du mich in der Not mit Milch gelabt hast», und sie nahm die goldene Krone mit den Strahisteinen von ihrem Haupt und legte sie dem Mädchen in den Schoß. Dann entschwanden Schlange und Jungfrau, woher sie gekommen. Die Braut aber hob die Krone auf und hatte lauter Glück und Segen davon ihr Leben lang. Das Kleinod hinterblieb den wohlgeratenen Kindern und erbte sich als schönster Schatz des Hauses fort, solange das Geschlecht bestand.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt