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Märchen aus Italien Spanien und Portugal


Illustrationen


von Sabine Wilharm

Märchen europäischer Völker


Die Geschichte vom tölpelhaften Mann

Es war einmal eine Frau, die war verheiratet mit einem sehr tölpelhaften Mann; und wenn er allein zu Hause war, so brachte er bald alles in Unordnung; und wenn er auf den Markt ging, so war er nicht imstande, vernünftig zu verkaufen oder einzukaufen. Eines Tages schickte ihn seine Frau auf den Markt, um einen Stoff zu verkaufen, und sie sagte zu ihm: »Verkauf ihn nicht einem Mann oder einer Frau, die viel reden, denn die betrügen dich nur.«

Er ging also auf den Markt, doch da redeten sie ihm alle zuviel, und er sagte jedesmal:

»Ihr bekommt ihn nicht, denn Ihr redet viel.«

Und auf diese Weise verkaufte er den Stoff nicht. Er ging damit nach Hause zurück, kam an einer Kapelle vorbei und trat ein, um zu den Heiligen zu beten. Da hörte er draußen ein Festgeläut, er ließ den Stoff liegen und ging auf das Fest; als er zurückkehrte, war sein Stoff gestohlen. Da wandte er sich an den Heiligen und sagte zu ihm:

»Aha, du hast mir den Stoff abgekauft und wolltest nur nicht auf den Markt gehen, um keine nassen Füße zu bekommen! Nun gib mir auch das Geld dafür.«

Da der Heilige ihm das Geld nicht hinlegte, wurde der Mann böse auf ihn, gab ihm einen Schlag mit der Faust und stieß ihn vom Altar hinunter. Im selben Augenblick fielen fünf Heller von den Almosen, die man dem Heiligen gespendet hatte, herunter, und der Mann sagte:

»Gut, das ist die Bezahlung für den Stoff.«

Er nahm die fünf Heller, ließ den Heiligen, wo er war, und ging dann weg. Als er zu Hause ankam, gab er seiner Frau die fünf Heller und erzählte ihr, was er erlebt hatte.

Später, als wieder Jahrmarkt war, schickte ihn die Frau fort, um zwei Dutzend Nadeln zu holen. Der Mann kam vom Jahrmarkt zurück, und die Frau fragte ihn nach den Nadeln.



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»Ja, weißt du, die Nadeln . . .; ich traf da einen Wagen mit Mist, dessen Ochsen störrisch wurden; da habe ich die Seitenbretter des Wagens angefaßt; nun konnte ich die Nadeln nicht mehr festhalten und warf sie in den Wagen und konnte sie nachher in dem Mist nicht wiederfinden.«

»Gott im Himmel, Mann! Du bist verrückt; so etwas steckt man doch in seine Jacke.«

»Ja, ja, ganz recht; das nächte Mal werde ich es so machen.« Bald darauf schickte die Frau ihn zum Schmied, um Haken für das Ochsenjoch zu holen. Er nahm sie, steckte sie in seinen Anzug und machte ihn damit ganz entzwei. Die Frau beschimpfte ihn: »Mann, bist du verrückt; hast du wirklich die Jacke damit zerrissen?« »Ja! Wie sollte ich es denn sonst machen?«

»So was trägt man doch in einem Bündel auf der Schulter.«

»Ja, ja, ganz recht; so werde ich es das nächste Mal machen.«

Nun schickte die Frau ihn los, ein Ferkel zu kaufen, er kaufte das Ferkel; packte es am Hals und warf es über die Schulter. Als er zu Hause mit dem Ferkel ankam, war es erstickt.

Da sagte die Frau:

»Mann, in Gottes Namen! Was hast du nur gemacht! Du hast das Ferkel erstickt!«

»Wie soll man es denn anders machen?«

»Na hör mal; das führt man doch an einem Strick und treibt es mit einem Stock an.«

»Ja, ja, ganz recht; das nächste Mal werde ich es so machen.« Ein anderes Mal schickte ihn die Frau wieder auf den Jahrmarkt, um einen Krug zu kaufen. Er nahm den Krug, band einen Strick herum und zog ihn auf der Erde hinter sich her. Als er nach Hause kam, hing nur noch der Henkel an der Schnur. Als die Frau den Henkel des Kruges sah, sagte sie:

»Mein Gott! Du bringst mich noch ins Grab! Du kommst mir nicht wieder zum Jahrmarkt.«

»Ja, ja, dann geh du nur; ich kann ja hierbleiben.«

Da ging die Frau nun auf den Markt, und vorher ermahnte sie ihn: »Hör einmal, Mann: du läßt die Ziegen nicht an das Maisfeld heran; du gehst auch nicht in den Keller und läßt das Faß auslaufen; du gehst auch nicht an den Napf, in dem Rauschgelb ist (aber in Wirklichkeit



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war Zucker darin), denn wenn du davon ißt, stirbst du; paß gut auf die Henne mit den Küken auf, damit ihr nichts passiert!« Die Frau ging auf den Markt; kaum war sie aus dem Haus gegangen, da holte er sich ein gutes Stück vom Schinken und briet es (um es zu essen, natürlich, der arme Narr!); dann holte er ein Glas Wein und verlor dabei den Stöpsel für das Faß; da steckte er statt dessen seinen Finger hinein und blieb so beim Faß stehen. In diesem Augenblick erschien ein Hund, und er rief ihn herbei und steckte seinen Schwanz in das Loch des Fasses, um es dicht zu machen. Nun wollte er endlich das Fleisch essen und sein Gläschen Wein trinken; da rief man nach ihm, weil die Ziegen in das Maisfeld gegangen waren; er lief in den Keller und rief den Hund; der rannte auf und davon und ließ das Faß auslaufen. Als der Mann wieder ins Haus zurückkehrte und den Wein im Keller laufen sah, nahm er die Mehlsäcke und verschüttete das Mehl auf den Boden, damit die Frau den verschütteten Wein nicht sehen sollte. Inzwischen war der Fuchs angekommen und hatte die Henne aufgefressen; da fing nun unser Mann zu weinen an.

»Herrgott! Was für Pech hab ich doch! Was soll ich nun jetzt tun!« Da machte er sich an den Zuckernapf und aß davon, weil er sterben wollte, denn er glaubte, es sei Rauschgelb. Und da es so süß schmeckte, aß er alles auf. Dann ging er an eine Kiste und fand ein Stück Honig; auch das aß er auf, weil er glaubte, daß er dann noch eher sterben und nicht die Schelte der Frau hören würde, wenn sie zurückkäme. Aber allmählich merkte er, daß er daran gar nicht starb. Da ergriff er eine Keule zum Flachsschlagen und begann sie in die Luft zu schleudern, um sich mit ihr zu töten; und als er sie nun in der Luft sah, floh er in die andere Ecke. Als er merkte, daß er an allem nicht starb, ging er an das Hühnernest, um die Eier auszubrüten; und da saß er nun: »Gluck, gluck. . .«

So fand ihn dann die Frau: »O Mann!«

»Gluck, gluck. .«

So sah sie ihn, wie er die Eier ausbrütete; sie schalt ihn sehr und sagte zu ihm:

»Geh weg da, mein lieber Narr.«

Und dann schlossen sie Frieden miteinander, und sie verzieh ihm.


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