Märchen aus England Schottland und Irland
Illustrationen
von Antje Schönau
Märchen europäischer Völker
Mister Fox
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einige Zeit im Landhaus ihres Vaters wohnte. Niemand wußte, wer Mister Fox war, doch war er mutig und anscheinend sehr reich. Jedenfalls zog Lady Mary ihn allen anderen Bewerbern vor. Und schließlich beschlossen sie, zu heiraten. Lady Mary fragte Mister Fox, wo sie wohnen würden, und er beschrieb ihr sein Schloß, wie es aussah und wo es stand, doch seltsamerweise lud er weder sie noch ihre Brüder ein, ihn zu besuchen und es sich mal anzusehen.
Eines Tages, es war kurz vor der Hochzeit, als ihre Brüder nicht daheim und Mister Fox ein oder zwei Tage geschäftlich verreist war, machte Lady Mary sich auf den Weg zu Mister Foxens Schloß. Nach vielem Suchen fand sie es auch, und es war ein schöner, stolzer Bau mit hohen Wällen und einem tiefen Graben. Und als sie an das Tor kam, stand darüber zu lesen:
»Sei kühn, sei kühn.« |
»Sei kühn, sei kühn, doch nicht zu kühn.« |
»Sei kühn, sei kühn, doch nicht zu kühn: In Herzblut endet sonst dein Müh'n.« |
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und aus der Halle hinauslaufen - wen sah sie durch das Fenster geradewegs auf das Schloß zukommen und ein wunderschönes junges Mädchen zur Eingangstür mit sich zerren?: den Mister Fox! Lady Mary rannte die Treppe hinunter und konnte sich eben noch hinter einem Faß verstecken, als Mister Fox mit der armen jungen Frau, die sehr verängstigt schien, hereintrat. Gerade als er nahe an Lady Mary vorüberging, sah er an der Hand des jungen Mädchens, das er mit sich schleppte, einen großen Diamantring blitzen und wollte ihn schnell abreißen. Aber er saß fest und ließ sich nicht abziehen, soviel auch Mister Fox riß und zerrte. Da zog er blitzschnell sein Schwert und hieb dem armen jungen Mädchen mit einem Schlag die ganze Hand ab. Die abgeschlagene Hand sprang hoch und fiel dann ausgerechnet in Lady Marys Schoß. Mister Fox schaute zwar ringsum, kam aber nicht auf den Gedanken, hinter das Faß zu sehen, und ging zunächst, die junge Frau hinter sich herziehend, die Treppe hinauf und in das Blutzimmer. Als Lady Mary ihn sich durch die Galerie entfernen hörte, huschte sie leise zur Tür, schlüpfte hinaus und lief, so schnell ihre Füße sie tragen konnten, nach Hause.
Nun war es so, daß gerade am nächsten Tag der Heiratskontrakt zwischen Lady Mary und Mister Fox unterzeichnet werden sollte, weshalb vorher ein prächtiges Mahl stattfand. Und als Mister Fox bei Tisch Lady Mary gegenüber Platz nahm, sah er sie an und sagte: »Wie blaß bist du heute, mein Liebling?«
»Ach«, antwortete sie, »heute nacht, kurz vor Morgengrauen, ging es mir sehr schlecht, denn ich hatte einen furchtbaren Traum.«
»Meist geht das Gegenteil von dem in Erfüllung, was man träumt«, sagte Mister Fox, »doch erzähle uns deinen Traum, damit deine süße Stimme die Zeit bis zu unserer endgültigen Vereinigung überbrückt.«
»Ich träumte«, so begann Lady Mary, »ich wäre gestern morgen auf dem Weg in dein Schloß gewesen und hätte es mitten in einem Wald gefunden, von hohen Wällen und tiefen Gräben umgeben, und über dem Tor hätte gestanden:
>Sei kühn, sei kühn.<«
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»Und als ich dann vor dem Eingang innehielt, las ich dort:
>Sei kühn, sei kühn, doch nicht zu kühn.<« |
>Sei kühn, sei kühn, doch nicht zu kühn: In Herzblut endet sonst dein Müh'n.<« |
»Weder ist es so, noch war es so. Und Gott verhüte, daß es je so sei«, sagte Mister Fox.
»Ich träumte, daß ich schnell die Galerie zurücklief und gerade, als ich die Treppe hinuntereilte, Ihr, Mister Fox, auf den Eingang zukamt und eine arme junge Dame, die mir schön und reich schien, mit Euch zogt.«
»Weder ist es so, noch war es so. Und Gott verhüte, daß es je so sei«, sagte Mister Fox.
»Ich raste hinunter und konnte mich eben noch hinter einem Faß verstecken, als Ihr, Mister Fox, das Fräulein am Arm zerrend, eintratet. Und als Ihr an mir vorübergingt, Mister Fox, glaubte ich zu erkennen, wie Ihr dem Fräulein einen Diamantring vom Finger ziehen wolltet, und als das nicht gelang -ach, Mister Fox, wie schrecklich war dieser Traum! —, zogt Ihr Euer Schwert und hacktet der Bemitleidenswerten einfach die Hand ab, um den Ring zu bekommen.«
»Weder ist es so, noch war es so. Und Gott verhüte, daß es je so sein möge.« Und er wollte gleich etwas Belangloses hinzufügen, als er entsetzt von seinem Sitz aufsprang. Denn Lady Mary schrie laut:
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»Aber es ist so, und es war so. Hier seht ihr alle die Hand mit dem Ring!«Und mit einem Ruck zog sie die abgeschlagene Hand, die sie verborgen bei sich getragen hatte, hervor und hielt sie vor Mister Fox hoch. Da rissen ihre Brüder und Freunde ihre Schwerter aus der Scheide und zerstückelten den Unmenschen und warfen die tausend Teile den wilden Tieren zum Fraß vor.
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