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Märchen aus England Schottland und Irland


Illustrationen


von Antje Schönau

Märchen europäischer Völker


Der Brunnen am Ende der Welt

Es war einmal eine Zeit, und es war eine sehr schöne Zeit, obgleich es nicht meine Zeit noch deine Zeit, noch irgend jemandes Zeit war, da lebte ein Mädchen, dessen Mutter gestorben war und dessen Vater wieder geheiratet hatte. Und die Stiefmutter haßte es, weil es viel schöner als sie selbst war, und behandelte es sehr grausam. Sie ließ es alle Mägdearbeit tun und gönnte ihm kein Ausruhen. Zuletzt dachte die Stiefmutter sich noch etwas aus, um es ein für allemal loszuwerden. Sie gab ihm ein Sieb und sagte: »Geh und fülle es im Brunnen am Ende der Welt und bringe es vollgefüllt nach Hause, sonst wird es dir schlecht ergehen.« Denn sie glaubte, es würde ihr nie gelingen, den Brunnen am Ende der Welt zu finden, und wenn es ihr doch gelang, wie sollte sie ein Sieb voll Wasser nach Hause bringen?

Nun machte sich das Mädchen auf den Weg und fragte jeden, den es traf, wo der Brunnen am Ende der Welt sei. Doch niemand konnte es ihr sagen, und sie wußte nicht mehr, was tun, als ein sonderbares kleines, altes, gekrümmtes Weiblein ihm sagte, wo er stünde und wie es hinkäme.

Das Mädchen richtete sich danach und kam auch zuletzt bei dem Brunnen an. Doch als sie das Sieb in das kalte, eiskalte Wasser tauchte, rann es hindurch. Sie versuchte es wieder und wieder, aber jedesmal war es das gleiche, und zuletzt saß sie verzweifelt da und weinte, als sollte ihr das Herz brechen.

Plötzlich hörte sie eine quakende Stimme. Sie blickte auf und sah einen großen Frosch, der sie mit seinen Glotzaugen ansah und fragte:

»Was hast du, liebes Mädchen?«

»Ach, du guter Frosch«, antwortete sie, »meine Stiefmutter hat mich auf diesen weiten Weg bis hierher geschickt, damit ich das Sieb mit Wasser aus dem Brunnen am Ende der Welt hole, und es gelingt mir nicht, es darin festzuhalten.«

»Nun«, sagte der Frosch, »wenn du mir versprichst, eine Nacht hindurch zu tun, was ich will, dann sage ich dir, wie du es füllen kannst.«



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Das Mädchen versprach es, und der Frosch sagte:

»Stopf es mit Moos und beschmier es mit Sand,
dann trägst du es sicher bis hin in dein Land«,

und dann kam ein Hupf, ein Sprung, ein Plumps, und er verschwand im Brunnen am Ende der Welt.

Also suchte das Mädchen etwas Moos, polsterte das Sieb damit aus, streute darauf Sand, tauchte es nun wieder in den Brunnen am Ende der Welt und begab sich auf den Heimweg.

Da steckte der Frosch noch einmal seinen Kopf aus dem Brunnen und rief ihr nach: »Vergiß nicht dein Versprechen!«

»Nein, nein«, antwortete das Mädchen, denn es dachte: >Was kann ein Frosch mir schon viel tun?<

Sie kehrte also zu ihrer Stiefmutter zurück und brachte das Sieb voll Wasser aus dem Brunnen am Ende der Welt. Die Stiefmutter war überaus böse, ließ es sich aber nicht merken.

An demselben Abend hörten sie an der Tür drunten ein Tapp-Tapp, und eine Stimme rief herauf:


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