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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BÄNDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839 ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 1

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE DES EUNUCHEN KAFÛR

Wisset, isset, meine Brüder, als ich mit acht Jahren den Dienst begann, da pflegte ich den Sklaven händlern jedes Jahr regelmäßig eine Lüge zu sagen, so daß sie miteinander in Streit gerieten, bis schließlich mein Herr mit mir die Geduld verlor, mich zum Makler führte und ihn ausrufen ließ: ,Wer will diesen Sklaven trotz seines Fehlers kaufen?' Da fragte man ihn: ,Worin besteht sein Fehler?' Und er erwiderte: ,Er sagt jedes Jahr eine Lüge.' Nun trat ein Kaufmann herzu und fragte den Makler: ,Wieviel ist für ihn mit seinem Fehler geboten?' ,Sechshundert Dirhems', erwiderte der; und jener fügte hinzu: ,Du sollst zwanzig Dirhems für dich selber haben. 'Daraufhin einigten sich der Käufer und der Sklavenhändler; dieser erhielt von jenem das Geld, und der Makler brachte mich in das Haus jenes Kaufmanns, nahm seinen Maklerlohn und ging davon. Der Kaufmann kleidete mich gebührend ein, und ich blieb den Rest des Jahres in seinen Diensten, bis das neue Jahr aufs glücklichste begann. Es war eine gesegnete Zeit, reich an Erzeugnissen der Erde, und die Kaufleute pflegten täglich im Hause eines der Ihren ein Festmahl abzuhalten, bis auch mein Herr an der Reihe war, sie in einem Blumengarten außerhalb der Stadt zu bewirten. So ging er also mit den anderen Kaufleuten nach dem Garten hinaus und nahm alles mit, dessen sie an Speisen und sonstigen Dingen bedurften; und dort saßen sie bei Schmaus und Wein bis Mittag; da aber brauchte mein Herr irgend etwas aus seinem Hause und sagte zu mir: ,Du Sklave, steig auf die Mauleselin, reite nach Haus und hole mir dies und das von deiner Herrin und kehre schnell zurück!' Ich gehorchte seinem Befehl und machte mich auf den Weg; doch als ich mich dem



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Hause näherte, begann ich zu weinen und Tränen zu vergießen, bis die Leute des Viertels, groß und klein, sich um mich sammelten. Als meines Herrn Frau und Töchter mein Geschrei hörten, öffneten sie die Tür und fragten mich, was es gäbe. Ich sprach zu ihnen: ,Mein Herr saß mit seinen Freunden unter einer alten Mauer, und die fiel auf sie! Wie ich sah, was ihnen widerfahren war, stieg ich auf das Maultier und bin in Eile hergekommen, es euch zu sagen.' Als meines Herrn Frau und Töchter das hörten, schrien sie auf, zerrissen sich die Gewänder und schlugen sich die Gesichter, während die Nachbarn sie umringten. Und die Frau meines Herrn warf die Einrichtung des Hauses um, eins übers andere, riß die Wandbretter herab und zerbrach die Fenster und Läden, beschmierte die Wände mit Lehm und blauer Farbe und rief: ,Heda, Kafûr! Komm, hilf mir und reiß hier den Schrank um, zerbrich die Gefäße und dies Porzellan und alles andere dazu!' So trat ich zu ihr und riß mit ihr die Wandbretter herunter samt allem, was darauf war; ich ging auch auf dem Dache herum und überhaupt in jede Ecke und zerstörte alles, zumal was in dem Hause an Porzellan und ähnlichem Gerät vorhanden war, bis ich alles, aber auch alles zerschlagen hatte. Dabei rief ich unablässig: ,Wehe! Mein Herr!' Dann zog meine Herrin aus, ohne Schleier vor dem Gesicht, nur mit einem Tuche auf dem Kopfe, und mit ihr gingen ihre Kinder, und sie sprachen zu mir: ,O Kafûr, geh du vor uns her und zeige uns, wo dein Herr tot unter der Mauer liegt, damit wir ihn unter den Trümmern herausziehen und ihn auf eine Bahre legen und ihn nach Hause tragen und ihm ein schönes Begräbnis angedeihen lassen!' Ich also zog vor ihnen her und rief derweilen: ,Wehe! Mein Herr!' Und sie folgten mir mit unverschleierten Gesichtern und unbedeckten Köpfen, und alle schrien: ,Wehe, wehe um den Mann!' Nun blieb niemand



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im Viertel, weder Mann noch Frau, weder jung noch alt, sondern alle zogen mit uns und schlugen sich wie wir die Gesichter und weinten bitterlich, und ich führte sie durch die ganze Stadt. Da fragten die Leute sie, was es gäbe, und sie erzählten ihnen, was sie von mir vernommen hatten, und alle riefen: ,Es gibt keine Majestät und es gibt keine Macht außer bei Allah!' Und einige von ihnen sagten: ,Er war ein einflußreicher Mann; also laßt uns zum Präfekten gehen und es ihm berichten.' Als sie dann zum Präfekten kamen und es ihm berichteten' — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 40. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Kafûr weiter erzählte: ,Als sie zum Präfekten kamen und es ihm berichteten, da stand er auf, stieg zu Pferde, nahm mit sich Erdarbeiter mit Spaten und Körben und folgte mir mit viel Volks; ich ging vor ihnen her und schlug mir ins Gesicht und schrie, und hinter mir klagten meine Herrin und ihre Kinder. Dann aber lief ich ihnen weit vorauf, indem ich schrie, mir Staub auf den Kopf streute und mir ins Gesicht schlug. Als ich nun in dem Garten ankam und mein Herr mich sah, wie ich mich schlug und rief: ,Wehe, meine Herrin Wehe! Wehe! Wehe! Wer soll jetzt noch Mitleid mit mir haben, da meine Herrin dahin ist? Hätte ich doch an ihrer Stelle mein Leben hingeben können!' Da stand er erstarrt und wurde bleich und fragte: ,Was ist dir, Kafûr? Was gibt es?' ,O mein Herr', rief ich, ,als du mich nach Hause sandtest und ich dort ankam, fand ich, daß die Saalwand eingestürzt war und meine Herrin und ihre Kinder alle bedeckte.' ,Ist deine Herrin nicht gerettet?' ,Nein, bei Allah, o mein Herr; nicht eine von ihnen ist gerettet; die erste, die starb, war meine Herrin, deine ältere Tochter!'



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,Und auch meine jüngere Tochter ist nicht gerettet?' ,Nein.' ,Und was ist aus der Mauleselin geworden, die ich zu reiten pflegte? Ist sie gerettet?' ,Nein, bei Allah, o mein Gebieter, die Mauern des Hauses und des Stalles haben alles, was im Hause war, begraben, sogar die Schafe, die Gänse und Hühner, und alles ist zu einem Haufen Fleisches geworden, und die Hunde haben es aufgefressen, nichts ist übriggeblieben.' ,Und ist nicht dein Herr, mein älterer Sohn, gerettet?' ,Nein, bei Allah! Keiner ist gerettet; jetzt ist von Haus und Bewohnern nichts mehr übrig, keine Spur; und die Schafe und Gänse und Hühner, die sind ja von den Katzen und Hunden gefressen.' Als mein Herr das hörte, da wurde das Licht vor seinen Augen zur Finsternis; er verlor so die Herrschaft über sich und seinen Verstand, daß er nicht mehr fest auf den Füßen stehen konnte: seine Glieder waren wie verrenkt und sein Rücken wie gebrochen. Und er zerriß seine Kleider und raufte sich den Bart, warf den Turban zu Boden und schlug sich immerfort das Gesicht, bis ihm das Blut hinablief; dabei rief er laut: ,Wehe, meine Kinder! Wehe, mein Weib! Wehe, meine Not! Wem ist je so etwas widerfahren, wie es mir widerfahren ist!' Auch die Kaufleute, seine Freunde, schrien wie er, weinten mit ihm und beklagten sein Elend; und auch sie zerrissen ihre Gewänder. Nun verließ mein Herr jenen Garten, indem er in seinem gewaltigen Schmerze sich das Gesicht mit solcher Gewalt schlug, daß er wankte wie vom Weine trunken. Während er nun mit den Kaufleuten aus dem Gartentor trat, da erblickten sic plötzlich eine große Staubwolke und vernahmen lautes Weinen und Klagen; und als sie die Kommenden genauer ansahen, siehe, da war es der Präfekt mit den Dienern und all dem Volk, das gekommen war, um zuzusehen; und meines Herrn Familie folgte ihnen, schreiend und klagend und immer jämmerlicher weinend. Und die ersten,



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die mein Herr traf, waren seine Frau und seine Kinder; und als er sie sah, da war er zuerst sprachlos, dann lachte er, hielt inne und sprach: ,Was ist mit euch allen? Was ist euch im Hause geschehen? Was ist euch zugestoßen?' Und als sie ihn sahen, da riefen sie: ,Allah sei Dank, du bist gerettet!' Sie warfen sich auf ihn, und seine Kinder hängten sich an ihn und schrien: ,Ach, unser Väterchen! Allah sei Dank, du bist gerettet, lieber Vater!' Seine Frau aber sprach zu ihm: ,Bist du wirklich am Leben? Gelobt sei Allah, der uns dein Gesicht wohlbehalten hat sehen lassen!' Starr vor Erstaunen und wie von Sinnen, daß sie ihn erblickte, fragte sie: ,Mein Gebieter, wie bist du gerettet worden, du mit deinen Freunden, den Kaufleuten?' Doch er fragte sie: ,Wie war es mit euch im Hause?' Sie antworteten: ,Wir alle sind wohl, gesund und heil, und uns ist im Hause nichts Schlimmes widerfahren, nur daß dein Sklave Kafûr zu uns kam, barhaupt, mit zerrissenen Kleidern, schreiend: ,Wehe, der Herr! Wehe, der Herr!' Da fragten wir ihn: ,Was gibt es, Kafûr?' Er antwortete: ,Eine Gartenmauer ist auf unsern Herrn und seine Freunde, die Kaufleute, gestürzt, und sie sind alle tot.' ,Bei Allah', sagte mein Herr, ,eben erst kam er zu mir und schrie: ,Wehe, meine Herrin und die Kinder der Herrin! Ach, meine Herrin und ihre Kinder sind alle tot!' Dann sah er sich nach mir um; und als er mich erblickte, mit dem zerrissenen Turban auf dem Kopfe, wie ich heulte und bitterlich weinte und mir Staub aufs Haupt warf, schrie er mich an. Ich trat zu ihm, und er rief: ,Weh dir, du Unglücks sklave! Du Hurensohn! O du verdammte Brut! Was für Unheil hast du da angerichtet? Bei Allah, ich ziehe dir das Fell vom Leibe und hacke dir das Fleisch von den Knochen!' Ich aber erwiderte: ,Bei Allah, du kannst mir nichts tun, denn du hast mich mit meinem Fehler gekauft, eben unter dieser Bedingung; und Zeugen,



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die dabei waren, können bestätigen, daß du mich mit meinem Fehler gekauft hast und daß du darum gewußt hast, nämlich, daß ich jedes Jahr eine Lüge sage. Dies ist nur eine halbe Lüge, aber am Ende des Jahres will ich dir die zweite Hälfte sagen, dann wird es eine ganze Lüge sein.' ,O Hund, Sohn eines Hundes!' rief mein Herr, , verfluchtester der Sklaven, ist dies alles nur eine halbe Lüge? Wahrlich, ist es doch ein ganzes Unheil! Geh von mir, du bist frei in Allahs Namen!' ,Bei Allah!' erwiderte ich, ,wenn du mich auch freigibst, so gebe doch ich dich nicht frei, ehe das Jahr zu Ende ist und ich dir die halbe Lüge gesagt habe, die noch aussteht. Wenn ich mit ihr fertig bin, so geh mit mir zum Sklavenmarkt und verkaufe mich, wie du mich gekauft hast, mit meinem Makel; aber du darfst mich nicht freigeben, denn ich kenne kein Handwerk, durch das ich mir meinen Lebensunterhalt verdienen kann; und diese meine Forderung an dich ist gesetzlich, die Rechtsgelehrten haben sie im Paragraphen von der Freilassung aufgeführt.' Während wir so miteinander sprachen, kam die ganze Volksmenge herbei, und die Leute des Stadtviertels, Frauen und Männer, traten herzu, um ihr Beileid auszusprechen; dazukam auch der Präfekt mit seinem Gefolge. Da trat mein Herr mit den anderen Kaufleuten auf sie zu, teilte ihnen das Geschehene mit und sagte, dies sei nur eine halbe Lüge; als sie das hörten, meinten sie, es sei doch eine sehr große Lüge, und sie waren sehr erstaunt. Dann verfluchten und schmähten sie mich, und ich stand lachend da und fragte: ,Wie kann mein Herr mich töten, da er mich doch mit diesem Fehler gekauft hate' Als mein Herr nach Hause ging, fand er das Ganze in Trümmern und hörte, daß ich es war, der den größten Teil davon zerschlagen hatte; und ich hatte ja die Dinge zerbrochen, die viel Geld wert waren. Seine Frau nämlich sagte zu ihm: ,Kafûr ist es, der



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die Geräte und das Porzellan zerbrochen hat.' Da stieg seine Wut noch mehr, und er schlug die Hände zusammen und rief: ,Bei Allah, in meinem Leben habe ich noch keinen solchen Hurensohn gesehen wie diesen Sklaven, und dabei sagt er, dies sei erst eine halbe Lüge! Was wäre wohl geschehen, wenn es eine ganze Lüge gewesen wäre?! Dann hätte er eine Stadt oder gar zwei zerstört.' Dann ging er in seiner Wut zum Präfekten, und der ließ mir ein schönes Prügelgericht verabreichen, bis ich die Besinnung verlor und ohnmächtig wurde. Da ließ mein Herr mich in meiner Ohnmacht und holte einen Barbier, der mich entmannte und die Wunde ausbrannte. Als ich dann wieder zu mir kam, fand ich mich als Eunuch vor, und mein Herr sagte zu mir: ,Wie du mir um die Dinge, die mir die liebsten waren, das Herz verbrannt hast, so habe ich dir das Herz verbrannt um das Glied, das dir das liebste war!' Dann nahm er mich und verkaufte mich um einen hohen Preis, da ich jetzt Eunuch war. Ich aber stiftete in einem fort in den Häusern, in die ich verkauft wurde, Unfug; ich kam durch Verkauf und Kauf von einem Emir zum andern, von einem Vornehmen zum andern, bis ich in das Schloß des Beherrschers der Gläubigen kam. Jetzt aber ist mein Geist gebrochen, und meine Kraft versagt, meine Hoden sind dahin!'

Als die beiden Sklaven diese Geschichte gehört hatten, lachten sie über ihn und sagten: ,Wahrlich, du bist ein Scheißkerl, der Sohn eines Scheißkerls. Du kannst doch ganz gemein lügen!' Dann sprachen sie zu dem dritten Sklaven: ,Erzähle uns deine Geschichte!' Der sprach zu ihnen:, Ihr Vettern, alles, was ihr gesagt habt, ist gar nichts; ich will euch erzählen, wie ich meine Hoden verlor, und wahrlich, ich verdiente, noch mehr als das zu verlieren, denn ich habe sowohl meine Herrin wie den Sohn meines Herrn gemißbraucht. Aber meine Geschichte



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ist lang, und dies ist nicht die Zeit, sie zu erzählen; denn der Morgen ist nahe, meine Herrn Vettern, und wenn der Morgen uns überrascht, solange wir diese Kiste noch bei uns haben, dann sind wir verraten und des Todes. Also auf mit dem Tor! Wenn wir es geöffnet haben und dann wieder in unserem Palast sind, so will ich euch erzählen, warum mir meine Hoden abgeschnitten sind.' Darauf kletterte er über die Mauer und öffnete die Tür; und sie traten ein und setzten die Laterne nieder und gruben zwischen vier Gräbern ein Loch, so lang und breit wie die Kiste. Kafûr schaufelte, und Sawâb warf mit dem Korb die Erde beiseite, bis sie einen halben Klafter tief gegraben hatten. Dann senkten sie die Kiste in die Grube und warfen die Erde wieder darüber, und schließlich verließen sie die Grabstätte, schlossen das Tor und verschwanden dem Ghânim ibn Aijûb aus den Augen. Und als alles ruhig und still war und er sich vergewissert hatte, daß er allein war, beschäftigte ihn der Gedanke, was wohl die Kiste enthalten mochte, und er sprach bei sich selber: ,Wenn ich nur wüßte, was in der Kiste ist!' Doch er wartete bis Tagesanbruch, bis der Morgen erschien und sein Licht erstrahlte; da aber stieg er alsbald von der Palme herab und kratzte die Erde mit den Händen weg, bis er die Kiste aufgedeckt und freigelegt hatte. Dann nahm er einen großen Stein und hämmerte an dem Schloß, bis es zerbrach. Nun hob er den Deckel auf und blickte hinein; und siehe da, in ihr lag eine schlafende Maid, die mit Bendsch betäubt war; sie lebte noch, denn ihre Brust hob und senkte sich. Schön und lieblich war sie anzuschauen, und sie trug Schmuck und goldenes Geschmeide und Halsketten aus Edelsteinen, die das Reich eines Sultans wert waren und die kein Geld bezahlen konnte. Als Ghânim ibn Aijûb sie erblickte, da wußte er, daß sie das Opfer eines Anschlags geworden und von jemandem betäubt



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war; sobald er sich dessen vergewissert hatte, nahm er sich ihrer an, zog sie aus der Kiste hervor und legte sie auf den Rücken. Als sie den Wind roch und die Luft ihr in Nase, Mund und Lungen drang, da nieste sie. Dann würgte und hustete sie, und aus ihrem Halse fiel eine Pille von kretischem Bendsch, so groß, daß ein Elefant, wenn er sie gerochen hätte, von einem zum anderen Abend in Schlaf versunken wäre. Und nun schlug sie die Augen auf und blickte sich um und sagte mit süßer Stimme und in anmutiger Rede: ,Wehe dir, Wind, du erfrischest den nicht, der den Trank entbehrte, und dem Erfrischten bist du kein traut Gefährte. Wo ist Zahr el-Bustân?' Doch als niemand ihr Antwort gab, wandte sie sich um und rief: ,He, Sabîha! Schadscharat ed-Durr! Nûr el-Huda! Nadschmat es-Subh! Seid ihr wach? Nuzha, Hulwa, Zarîfa, sprecht doch!' Aber niemand gab ihr Antwort, und so blickte sie sich im Kreise um und sagte: ,Weh mir! Ich bin auf dem Gräberfeld! O du, der du weißt, was der Menschen Brust enthält, und der du am Tage der Auferstehung Vergeltung übst an aller Welt, wer brachte mich aus den verborgenen Gemächern fort und legte mich zwischen die vier Gräber dort?' Während alledem stand Ghânim neben ihr; jetzt aber sprach er: ,O meine Herrin, denke nicht an des Schlosses und der Gemächer Pracht noch an die Grabesnacht! Hier ist dein Sklave in Liebe entbrannt, Ghânim ibn Aijûb genannt, den Er, der das Verborgene kennt, zu dir gesandt, daß er dich befreie von dieser Leiden Band und dich führe in deiner höchsten Wünsche Land!' Dann schwieg er. Als sie nun wußte, wie es um sie stand, rief sie: ,Ich bezeuge, daß es keinen Gott gibt außer Allah und daß Mohammed der Gesandte Allahs ist!' Darauf wandte sie sich Ghânim zu und bedeckte das Gesicht mit den Händen und sagte mit lieblichster Stimme: ,O gesegneter Jüngling, wer hat



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hierher gebracht? Siehe, ich bin jetzt zu mir gekommen.' ,O meine Herrin', erwiderte er, ,drei Eunuchen kamen mit dieser Kiste hierher'; dann erzählte er ihr alles, was ihm widerfahren war und wie der Abend ihn überfallen hatte und wie das die Ursache ihrer Rettung geworden war, da sie sonst hätte ersticken müssen. Und weiter fragte er sie, wie es um sie stehe und was ihr widerfahren sei; doch sie antwortete: ,O Jüngling, Dank sei Allah, der mich in die Hände eines Mannes gleich dir gab! Jetzt aber steh auf und lege mich in die Kiste zurück; und dann geh hin auf die Straße und miete den ersten Kamel- oder Maultiertreiber, den du findest, daß er diese Kiste auflade und mich in dein Haus überführe. Wenn ich erst dorthin, so wird alles gut sein; dann werde ich dir auch meine Geschichte erzählen und meine Erlebnisse kundtun; und dann wird dir durch mich Segen zuteil werden.' Da freute er sich und verließ die Grabstätte. Doch jetzt war die Sonne hell aufgegangen und hatte das All mit ihrem Lichte umfangen, und die Menschen waren unterwegs; da mietete er einen Maultiertreiber, brachte ihn zu dem Grabe und hob die Kiste, in der das Mädchen war, auf das Maultier. Schon glühte die Liebe zu ihr in seinem Herzen, und er zog in Freuden mit ihr dahin; denn sie war ein Mädchen, wert zehntausend Goldstücke, und trug Schmuck und Gewänder, die ein großes Vermögen wert waren. Kaum hatte er sein Haus erreicht, so nahm er auch schon die Kiste herunter und öffnete sie. — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 41. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Ghânim ibn Aijûb, als er mit der Kiste nach Hause kam, sie öffnete und die Maid heraussteigen ließ. Da schaute sie um sich und sah, daß es ein schönes Haus



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war, belegt mit Teppichen und in heiteren Farben gehalten und mit schöner Einrichtung; auch sah sie die aufgespeicherten Stoffe und die Ballen und alles andere, und da wußte sie, daß er ein wohlhabender Kaufmann war und ein Mann von großem Reichtum. Nun enthüllte sie ihr Gesicht und sah ihn an, und siehe, er war ein schöner Jüngling; beim ersten Anblick gewann sie ihn lieb, und sie sprach zu ihm: ,O mein Herr, bringe uns etwas zu essen!' Er antwortete: ,Ich stehe ganz zu deinen Diensten!' Dann ging er hinab in den Basar und kaufte ein geröstetes Lamm, eine Schüssel Süßigkeiten, Naschwerk, Wachskerzen und Wein und alles, was nötig war, dazu auch die Wohlgerüche. Mit alledem kehrte er in sein Haus zurück; und als die Maid ihn sah, da lachte sie und küßte ihn und umschlang seinen Hals. Und sie begann ihn zu streicheln, so daß seine Liebe noch stärker wurde und sein Herz ganz beherrschte. Dann aßen und tranken sie bis zum Abend; und beide waren in Liebe zueinander entbrannt, denn beide waren eines Alters und von gleicher Schönheit. Als nun die Nacht anbrach, stand Ghânim, der verstörte Sklave der Liebe, auf und zündete die Wachskerzen und Lampen an, bis der ganze Raum vom Lichte strahlte; auch holte er das Trinkgeschirr und bereitete den festlichen Tisch. Dann setzte er sich mit ihr nieder; er füllte ihr den Becher und reichte ihn ihr, und sie schenkte ein und reichte ihm zu trinken; dabei spielten sie und scherzten und sprachen Verse; und ihre Freude ward immer größer, und sie hingen in immer engerer Liebe zusammen - Preis sei Ihm, der die Herzen eint! So fuhren sie fort bis kurz vor Tagesanbruch; da aber wurden sie schläfrig, und sie legten sich nieder, jeder für sich, und schliefen, bis es heller Morgen ward. Nun stand Ghânim ibn Aijûb auf, ging auf den Markt und kaufte ein, wessen sie an Speise und Trank bedurften, Gemüse, Fleisch, Wein und alles



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andere, und trug es in sein Haus; dann setzte er sich mit ihr zum Essen nieder. Sie aßen, bis sie gesättigt waren; und danach trug er den Wein auf. So tranken und scherzten sie miteinander, bis ihre Wangen rot wurden und ihre Augen dunkler; und es verlangte Ghânim ibn Aijûb in der Seele danach, die Maid zu küssen und bei ihr zu ruhen, und deshalb sprach er: ,O meine Herrin, gewähre mir einen Kuß von deinem Munde; vielleicht wird er das Feuer meines Herzens löschen.' ,O Ghânim', erwiderte sie, ,warte, bis ich trunken bin und der Welt gestorben; dann stiehl mir einen Kuß, heimlich und so, daß ich es nicht merke!' Dann stand sie auf und legte ihr Obergewand ab, und setzte sich wieder in einem dünnen Hemd aus feinem Linnen und mit einem seidenen Kopftuch. Da entbrannte Ghânim in Leidenschaft, und er sagte zu ihr: ,Liebste Herrin, willst du mir nicht gewähren, um was ich dich bittet' ,Bei Allah', erwiderte sie, ,das steht dir nicht zu; denn auf der Schnur meiner Hose steht ein hartes Wort!' Da ward Ghânim ibn Aijûb gebrochenen Herzens; aber das Verlangen wuchs in ihm um so mehr, als ihm sein Wunsch versagt ward, und so sprach er diese Verse:

Ich bat, die mich mit Schmerz erfüllt,
Um einen Kuß, der Leiden stillt.
,Nein, nein', rief sie, ,auf ewig nein!'
Ich sprach zu ihr: ,Doch, es nuß sein!'
Sie drauf: ,Wenn ich will, nimm ihn hin,
In Ehren, wenn ich freundlich bin!'
Ich sprach: ,Gewaltsam!' Sie zu mir:
,Nur mit Verlaub geb ich ihn dir!' Nun fraget nicht, was dann geschehn,
Laßt mich Gott um Verzeihung flehn.
Und denket von mir, was ihr wollt:
Trotz dem Verdacht ist Liebe hold.
Und darum kümmre ich "sich nicht,
Ob jetzt ein Feind schweigt oder spricht.



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Dann ward seine Liebe noch stärker, und das Feuer loderte in seinem Herzen, während sie sich ihm versagte und sprach: ,Du darfst mir nicht nahen!' Doch beide fuhren fort mit dem Liebesspiele und dem Umtrunk; Ghânim ibn Aijûb versank im Meer der Liebesglut, doch sie ward härter und war immer mehr auf der Hut; und endlich kam die Nacht mit der Dunkelheit und breitete über beide den Saum von des Schlafes Kleid. Da stand Ghânim auf, zündete die Lampen und Kerzen an, räumte das Zimmer und stellte den Tisch beiseite. Dann ergriff er ihre Füße und küßte sie; die waren weich wie frische Butter, und er drückte sein Gesicht auf sie und sprach zu ihr: ,Liebste Herrin, habe Erbarmen! Gefangen nahm mich die Liebe zu dir; den Tod bringen deine Augen mir; und mein Herz wäre heil, wärest du nicht hier!' Dann weinte er ein wenig, doch sie sprach: ,O mein Herr und Licht meiner Augen! Bei Allah, ich liebe dich wahrlich, und ich vertraue dir; aber ich weiß, daß du mir nie nahen wirst.' ,Was steht denn im Wege?' fragte er, worauf sie antwortete: ,Ich will dir ja heute nacht meine Geschichte erzählen, damit du meine Weigerung hin nimmst.' Dann warf sie sich ihm entgegen und schlang ihre Arme um seinen Hals, küßte und liebkoste ihn und versprach ihm ihre Gunst; und immerfort spielten und scherzten sie, bis die Liebe zueinander fest in ihren Herzen wurzelte. So lebten sie einen ganzen Monat und verbrachten die Nacht stets auf einem Lager; doch sooft er sie um Liebesvereinigung bat, wies sie ihn ab. Aber die Liebe zueinander ward immer stärker in ihren Herzen, und sie konnten sich kaum noch enthalten. Endlich, eines Nachts, als er neben ihr lag und beide vom Weine trunken waren, griff Ghânim mit der Hand nach ihrem Leib und streichelte ihn; und er glitt tiefer hinab bis zum Nabel. Da erwachte sie und setzte sich auf und fühlte nach ihrer Hose, und da sie sie



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festgebunden fand, so schlief sie wieder ein. Doch bald darauf betastete er sie noch einmal, und seine Hand glitt hinunter nach der Schnur ihrer Hose; und er zog daran. Da erwachte sie von neuem und setzte sich auf. Auch Ghânim setzte sich neben ihr auf, und sie fragte ihn: ,Was willst dw' ,Ich will bei dir schlafen', erwiderte er, ,und wir wollen offen und ehrlich aneinander handeln.' Nun sprach sie: ,Ich will dir jetzt erklären, was mich angeht, damit du wissest, wie es um mich steht; dann wird mein Geheimnis dir offenbar und meine Weigerung dir klar.' ,So sei es!' erwiderte er. Darauf hob sie den Saum ihres Hemdes auf, zog ihr Hosenband hervor und sagte: ,Mein Lieber, lies, was hier auf dem Bande steht!' Ghânim nahm es in die Hand, schaute es an und sah in Gold gestickt diese Worte darauf: Ich bin dein und du bist mein, o Nachkomme des Propheten! Als er das las, da zog er die Hand zurück und sprach zu ihr: ,Offenbare mir, wer du bist!' ,Es sei!' erwiderte sie. ,Wisse, ich bin die Geliebte des Beherrschers der Gläubigen, und mein Name ist Kût el-Kulûb. Der Kalif ließ mich in seinem Palast aufziehen, und als ich erwachsen war, sah er, welcher Art ich war und wieviel Schönheit und Lieblichkeit mir der Schöpfer verliehen hatte. Da entbrannte er in großer Liebe zu mir, und er teilte mir ein eigenes Gemach zu, bestimmte zehn Sklavenmädchen zu meinem Dienst und gab mir dann all den Schmuck, den du an mir siehst. Eines Tages nun brach er in eine seiner Provinzen auf, und die Fürstin Zubaida kam zu einer der Sklavinnen in meinem Dienst und sagte zu ihr: ,Ich habe etwas von dir zu erbitten.' ,Was ist es, o meine Herrin?' fragte jene, und die Gemahlin des Kalifen erwiderte: ,Wenn deine Herrin Kût el-Kulûb im Schlafe liegt, so stecke ihr dies Stück Bendsch in die Nase oder wirf es ihr in ein Getränk, und du sollst so viel Geld von mir erhalten, daß du zufrieden bist.' ,Herzlich gern',



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antwortete die Sklavin und nahm das Stück Bendsch, erfreut über das Geld, und auch, weil sie früher zu den Sklavinnen der Zubaida gehört hatte. So ging sie hin und warf das Stück Bendsch in mein Getränk, und als es Nacht war, trank ich es aus; aber kaum befand sich das Gift in meinem Innern, da fiel ich zu Boden, und mein Kopf berührte meine Füße, und ich wußte nichts mehr von mir selbst, als daß ich in einer anderen Welt war. Als so ihre List gelungen war, ließ sie mich in diese Kiste legen und ließ insgeheim die Sklaven rufen und bestach sie; und ebenso machte sie es mit den Türhütern. Dann, in ebenjener Nacht, in der du auf dem Palmbaum saßest, ließ sie mich durch die Sklaven fortschaffen, und die machten mit mir, was du gesehen hast. So geschah meine Befreiung durch dich, und du brachtest mich in dies Haus und erwiesest mir lauter Gutes. Dies ist meine Geschichte und mein Erlebnis; aber ich weiß nicht, was während meiner Abwesenheit aus dem Kaufen geworden ist. Nun kennst du meinen Stand; doch mach meine Lage nicht bekannt!' Als Ghânim ibn Aijûb die Worte der Kût el-Kulûb vernahm und erfuhr, daß sie die Geliebte des Kaufen war, da wich er zurück; denn ihn befiel heilige Scheu vor der Kalifenmacht, und er setzte sich abseits von ihr in einem der Winkel des Raumes nieder. Er machte sich Vorwürfe und grübelte über seine Lage und suchte sein Herz zu beruhigen; denn er war in Not durch die Liebe zu einer, die er nicht besitzen konnte. Dann weinte er in seinem großen Liebesleid und klagte über die Ungerechtigkeit und die Tücke der Zeit -Preis sei Ihm geweiht, der die Herzen lenkt, so daß Liebe sich dem Geliebten schenkt! —

Und er sprach die Verse:



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Des Liebenden Herz verzehrt sich in Sehnsucht nach der Geliebten;
Und ihre herrliche Schönheit raubt ihm den Verstand.
Einst ward ich gefragt: ,Wie schmeckt die Liebe?' Ich gab zur Antwort:
Die Liebe ist süß, und doch knüpft sie an Leiden ihr Band.'

Da stand Kût el-Kulûb auf, umarmte ihn und küßte ihn; denn die Liebe zu ihm war fest gewurzelt in ihrem Herzen, so daß sie ihm ihr Innerstes enthüllte und alle Liebe, die sie empfand; und sie warf die Arme um Ghânims Nacken und küßte um immer und immer wieder. Er aber hielt sich zurück aus Scheu vor dem Kaufen. Dann sprachen sie lange miteinander, versunken im Meer ihrer gegenseitigen Liebe; und als der Tag anbrach, stand Ghânim auf und zog seine Kleider an. Er ging wie gewöhnlich in den Basar, kaufte alles, was er brauchte, und kehrte nach Hause zurück. Da fand er Kût el-Kulûb in Tränen; doch als sie ihn sah, hörte sie auf zu weinen und sagte lächelnd: ,Du hast mich trostlos gemacht, Geliebter meines Herzens. Bei Allah, diese Stunde, in der du fern warst von mir, war einem Jahre gleich, weil ich von dir getrennt war. Ich habe dir im Übermaß meiner verlangenden Liebe meine Lage erklärt; doch jetzt wohlan, vergiß, was vergangen ist, und stille dein Begehr an mir!' Er aber unterbrach sie: ,Ich nehme meine Zuflucht zu Allah! Das darf nie sein. Wie darf sich der Hund an des Löwen Stelle setzen? Was des Herrn ist, ist dem Sklaven verboten.' Und er wich von ihr und setzte sich abseits auf die Matte nieder. Doch ihre Liebe zu ihm wuchs dadurch, daß er sich von ihr zurückhielt. Dann setzte sie sich ihm zur Seite und trank und scherzte mit ihm, bis beide vom Weine trunken waren; nun verlangte sie leidenschaftlich danach, durch ihn verführt zu werden, und sang die Verse:

Das Herz des Liebenden ist fast ganz zerbrochen:
Bis wann soll diese Sprödigkeit dauern, bis wann?



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O, der du dich von mir wendest ohne mein Verschulden,
Auch die Gazellen schmiegen einander sich an.
Spröde und Fernsein und eine ewige Trennung -
All das ist mehr, als ein Mensch ertragen kann.

Da weinte Ghânim ibn Aijûb, und sie weinte ob seiner Tränen; und sie tranken weiter bis zur Nacht; da stand Ghânim auf und breitete zwei Lager hin, ein jedes an seiner Stelle. ,Für wen ist dies zweite Lager?' fragte Kat el-Kulûb, und er antwortete: ,Eins ist für mich, das andere für dich. Von dieser Nacht an dürfen wir nur noch in dieser Weise schlafen; denn alles, was des Herrn ist, das ist dem Sklaven verboten.' ,O mein Gebieter', rief sie, ,laß uns davon schweigen; denn alle Dinge kommen durch das Schicksal und Verhängnis.' Er aber weigerte sich, und das Feuer entbrannte in ihrem Herzen, und da ihr Verlangen wilder wurde, klammerte sie sich an ihn und rief: ,Bei Allah, wir wollen nur Seite an Seite schlafen!' ,Allah verhüte!' erwiderte er und besiegte ihren Willen und ruhte allein bis zum Morgen. Doch immer stärker ward in ihr der Liebe Macht, und immer heißer ward das Verlangen in ihr entfacht.

So lebten sie drei lange Monate; sooft sie sich ihm zu nähern suchte, hielt er sich von ihr zurück und sagte: ,Alles, was dem Herrn gehört, ist dem Knecht verboten.' Doch zu lang ward ihr das Hoffen und Harren auf Ghânim ihn Aijûb, den verstörten Liebesnarren, zu schwer wurden ihr die Qualen und Schmerzen, und da sprach sie aus bedrucktem Herzen diese Verse:

Wie lange, du Bild der Schönheit, willst du mich noch quälen?
Wer hat dir denn gesagt, du sollest von mir gehn?
Du hast die Reize all in dir so ganz umschlossen,
Und jede Lieblichkeit vereintest du so schön!
Du hast in jedem Herzen die Leidenschaft erwecke!;
Doch jedem Augenlide hast du den Schlummer geraubt.



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Ich Heiß, einst wurde, von dir, vom Zweige die Frucht gepflücket;
Doch jetzt, ein Dornenzweig, zeigst du dich mir entlaubt.
Ich kenne die Zeit, da waren Gazellen das Wild; doch was sehe
Ich nun bei dir? Sie machen jetzt auf den Jäger Jagd!
Das Wunderbarste von allein, was ich von dir verkünde,
Ist dies: ich schmachte, du aber gibst auf mein Stöhnen nicht acht.
Versage mir nur deine Nähe: ich kann dich dir nicht gönnen,
Wie sollte mich da nicht Missgunst gegen mich beseelen?
Und immer werde ich rufen, solang ich am Leben bleibe:
Wie lange, du Bild der Schönheit, willst du mich noch quäle,,?

Und lange lebten sie so weiter, da die Furcht den Ghânim von ihr fernhielt.

Lassen wir nun Ghânim ibn Aijûb, den verstörten Sklaven der Liebe, und wenden wir uns zur Fürstin Zubaida! Sie wurde, als sie in des Kaufen Abwesenheit also an Kût el-Kulûb gehandelt hatte, besorgt, und sie sprach bei sich selber: ,Was soll ich dem Kaufen sagen, wenn er zurückkehrt und nach ihr fragt? Welche Antwort kann ich ihm geben?' Und sie rief eine alte Frau aus ihrer Umgebung und enthüllte der ihr Geheimnis und fragte sie: ,Wie soll ich handeln, nun Kût el-Kulûb eines so unzeitigen Todes gestorben ist?' ,Wisse, meine Herrin', sprach die Alte, als sie alles begriffen hatte, ,die Zeit der Rückkehr des Kaufen ist nahe; schicke also nach einem Zimmermann und befiehl ihm, dir eine Holzfigur von der Gestalt einer Leiche zu machen. Wir wollen dann in der Mitte des Palastes ein Grab für sie graben und sie darein versenken; darüber laß du eine Bethalle bauen, und wir wollen darin Kerzen und Lampen anzünden, und alle Leute des Palastes sollen schwarze Kleidung tragen. Ferner befiehl deinen Sklavinnen und Eunuchen, daß sie, sobald sie die Rückkehr des Kaufen erfahren, Stroh über den Boden des Vestibüls streuen; und wenn der Beherrscher der Gläubigen eintritt und fragt, was es gebe, so laß sie sagen:



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,Kût el-Kulûb ist tot! Möge Gott dich einst um ihretwillen reichlich belohnen! Da unsre Herrin sie so sehr schätzte, hat sie sie in ihrem eigenen Palast begraben.' Wenn er das hört, so wird er weinen, und es wird ihm Schmerz bereiten; und er wird um sie den Koran lesen lassen, und er wird nachts an ihrem Grabe wachen. Und sollte er bei sich selber sagen: Meine Base Zubaida hat in ihrer Eifersucht den Tod Kût el'-Kulûbs herbeigeführt - oder sollte ihn die Sehnsucht so überwältigen, daß er befiehlt, sie wieder aus dem Grabe zu nehmen, so fürchte dich nicht davor; denn wenn sie nachgraben, werden sie jene Figur erblicken, die einem Menschen gleicht und die in kostbare Leichentücher gehüllt ist. Will der Kalif die Laken abnehmen lassen, um sie zu sehen, so hindere du ihn daran und sage: ,Der Anblick ihrer Nacktheit ist nicht erlaubt.' Dann wird er glauben, daß sie tot ist, und er wird die Figur an ihre Stelle legen lassen und dir danken für das, was du getan hast; und so Allah der Erhabene will, wirst du vor dieser Gefahr gerettet.' Als die Fürstin Zubaida ihre Worte vernommen hatte, glaubte sie, daß dies das Richtige sei, und gab ihr ein Ehrengewand und eine große Summe Geldes; und sie befahl ihr, alles zu tun, was sie gesagt hatte. Da machte sich die Alte sofort ans Werk und ließ den Zimmerer für sie die Figur so herstellen, wie sie gesagt hatte; und als sie fertig war, brachte sie sie der Fürstin Zubaida; die ließ sie einhüllen und begraben, und dann ließ sie im Grabgebäude Kerzen und Lampen anzünden und Teppiche ausbreiten. Auch legte sie schwarze Kleidung an und befahl den Sklavinnen, das gleiche zu tun. Nun wurde es im Palast bekannt, daß Kût el-Kulûb gestorben sei. Nach einer Weile aber kehrte der Kalif von seiner Reise zurück, und er kam in den Palast und dachte an nichts als an Kût el-Kulûb. Da sah er all die Diener und Sklaven und Sklavinnen schwarz



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gekleidet, und ihm bebte das Herz; wie er dann zur Fürstin Zubaida eintrat, fand er auch sie in schwarzer Gewandung. Er fragte nach dem Grunde, und man gab ihm Nachricht vom Tode Kût el-Kulûbs; da sank er in Ohnmacht zu Boden. Doch als er wieder zu sich kam, fragte er nach ihrem Grabe, und die Fürstin Zubaida sprach zu ihm: ,Wisse, o Beherrscher der Gläubigen, ich habe sie, da ich sie so besonders schätzte, in meinem eigenen Palast begraben.' Sofort begab er sich im Reisegewand an das Grab der Kût el-Kulûb, um zu ihr zu wallfahrten. Und er fand die Teppiche gebreitet und die Kerzen und Lampen brennend. Als er das sah, da dankte er seiner Gemahlin für ihre gute Tat; doch er war ratlos, schwankend zwischen Unglauben und Glauben. Nachdem ihn also der Argwohn überwältigt hatte, gab er Befehl, das Grab zu öffnen und die Leiche herauszunehmen. Als er aber das Leichentuch sah und es aufheben wollte, um sie zu sehen, da hielt ihn die Furcht vor Allah dem Erhabenen zurück, und die Alte sagte: ,Legt sie wieder zurück!' Dann ließ er sofort Geistliche holen und Koranleser und ließ an ihrem Grabe lesen und saß daneben und weinte, bis er ohnmächtig ward; und so saß er an ihrem Grabe einen vollen Monat lang. — — «

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 42. Nacht anbrach, fuhr sie fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß der Kalif einen vollen Monat lang immerfort ihr Grab besuchte. Nun aber begab es sich, daß der Kalif zum Frauengemache ging, nachdem er die Emire und Wesire nach Haus entlassen hatte; dort legte er sich eine Weile zum Schlafen nieder. Zu seinen Häupten setzte sich eine Sklavin und fächelte ihm Kühlung zu, und zu seinen Füßen eine zweite, die sie rieb. Nachdem er von seinem Schlafe erwacht



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war, seine Augen geöffnet und wieder geschlossen hatte, hörte er, wie die Sklavin, die zu seinen Häupten saß, zu der anderen, die ihm zu Füßen saß, sagte: ,Heda, Chaizurân!' Die andere rief: ,Was willst du, Kadîb el-Bân?' ,Fürwahr', sagte die erste, ,unser Herr weiß nichts von allem, was geschehen ist; und er sitzt und wacht bei einem Grabe, darinnen nichts ist als eine Holzpuppe, das Werk eines Zimmermannes!' Da fragte die andere: ,Und Kût el-Kulûb - was ist mit ihr geschehen?' Die erste wiederum: ,Wisse, die Fürstin Zubaida sandte ihr durch eine Sklavin ein Stück Bendsch, um sie zu betäuben; und als das Gift wirkte, ließ sie sie in eine Kiste legen und schickte sie fort mit Sawâb, Kafûr und Buchait, denen sie befohlen hatte, sie bei dem Heiligengrab zu versenken.' Chaizurân rief: ,Wieso, Kadîb el-Bân, ist denn die Herrin Kût el-Kulûb nicht tot?' ,Nein, bei Allah', entgegnete sie, ,und möge ihre Jugend noch lange vor dem Tode bewahrt sein! Doch ich habe die Fürstin Zubaida sagen hören, sie sei bei einem jungen Kaufmann aus Damaskus, genannt Ghânim ihn Aijûb; und sie ist jetzt seit vier Monaten bei ihm, derweilen unser Herr weint und nachts an einem Grabe wacht, darinnen keine Leiche liegt.' Und in dieser Weise sprachen sie weiter, indes der Kalif auf ihre Worte lauschte. Als die beiden Sklavinnen zu reden aufhörten und er nun alles wußte, nämlich, daß dieses Grab eine Lüge und ein Betrug war und daß Kût el-Kulûb seit vier Monaten bei Ghânim ibn Aijûb weilte, da ergrimmte er gewaltig, und er stand auf und berief die Emire des Reiches; und mit ihnen kam der Wesir Dscha'far el-Barmeki und küßte den Boden vor ihm. Zornig rief der Kalif: ,Dscha'far, geh mit einer Schar Bewaffneter hinunter und frage nach dem Hause des Ghânim ibn Aijûb: fallt über das Haus her und bringt ihn her mit meiner Sklavin Kût el-Kulûb! Fürwahr, ich werde ihn bestrafen!' ,Ich



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höre und gehorche', sprach Dscha'far; dann brach er auf mit dem Präfekten und viel Volks, und sie begaben sich zum Hause Ghânims.

Der hatte gerade einen Topf voll Fleisch geholt, und er wollte die Hand ausstrecken, um zugleich mit Kût el-Kulûb davon zu essen. Die aber sah zufällig hinaus und erkannte das Unheil, das auf allen Seiten das Haus umringte; denn da waren der Wesir und der Präfekt und die Wächter und die Mamluken mit gezückten Schwertern und umgaben das Haus, wie das Weiße des Auges das Schwarze umgibt. Nun wußte sie, daß Kunde über sie ihren Herrn, den Kaufen, erreicht hatte; und sie war des Verderbens gewiß, ihre Farbe erblich, und ihre schönen Züge verzerrten sich. Alsbald blickte sie auf Ghânim und sprach zu ihm: ,O mein Geliebter, fliehe um dein Leben!' ,Was soll ich tun', fragte er, ,und wohin soll ich mich wenden, da doch all mein Geld und Gut in diesem Hause sind?' Aber sie erwiderte: ,Zögere nicht, damit du nicht zugleich mit dem Gelde auch das Leben verlierst!' ,O meine Geliebte und Licht meiner Augen', tiefer, ,was soll ich tun, um fortzukommen, da sie das Haus schon umringt haben?' Mit den Worten: ,Fürchte nichts!' zog sie ihm seine Kleider ab und legte ihm alte Gewänder an; und sie nahm den Topf, in dem das Fleisch war, tat ein Stück Brot sowie eine Schüssel mit Zukost dazu, legte das Ganze in einen Korb und setzte ihm den auf den Kopf und sagte: ,Geh hinaus in dieser Verkleidung und fürchte nicht für mich! denn ich weiß recht wohl, was ich von seiten des Kaufen in Händen habe.' Als Ghânim die Worte und den Rat der Kût el-Kulûb vernommen hatte, trat er hinaus unter die Leute, den Korb mit seinem Inhalte tragend; und der Allbehüter nahm sich seiner an, so daß er den Gefahren und Nöten entrann.



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Inzwischen aber war der Wesir Dscha'far bei dem Hause angekommen und vom Roß gestiegen; er trat in das Haus und sah Kût el-Kulûb, die sich schön gekleidet und geschmückt hatte; sie hatte auch eine Kiste mit Gold gefüllt und mit Edelsteinen und Juwelen und Kleinodien, mit allem, was nicht beschwert und doch von hohem Wert. Als nun Dscha'far zu ihr eintrat und sie ansah, stand sie auf, küßte den Boden vor ihm und sagte: ,O Herr, das Rohr trug ein ins Buch der Zeit, was Allah bestimmt hat seit Ewigkeit.' ,Bei Allah, meine Herrin', rief Dscha'far, ,es ist mir Befehl erteilt, Ghânim ibn Aijûb zu ergreifen'; doch sie erwiderte: ,Bester Herr, erbat seine Waren verladen und ist damit nach Damaskus aufgebrochen, und ich weiß nichts mehr von ihm; aber ich möchte, daß du mir diese Kiste in deine Obhut nimmst und sie fortschaffen lässest, bis du sie mir im Schlosse des Beherrschers der Gläubigen übergibst.' ,Ich höre und gehorche', sagte Dscha'far; dann nahm er die Kiste in Empfang und befahl, sie mit Kût el-Kulûb ins Schloß des Kaufen zubringen und das Mädchen mit aller Achtung zu behandeln. Nachdem sie dann das Haus Ghânims geplündert hatten, begaben sie sich zum Kaufen. Dort berichtete Dscha'far seinem Herrn alles, was geschehen war; der aber ließ Kût ei-Kulûb in ein dunkles Zimmer bringen und gab ihr eine alte Frau zu ihrem Dienst; denn er war überzeugt, daß Ghânim sie verführt und bei ihr geschlafen hätte. Darauf schrieb er dem Emir Mohammed ibn Sulaimân ez-Zaini, seinem Statthalter in Damaskus, einen Brief folgenden Inhalts: ,Sowie dieses Schreiben eintrifft, ergreife Ghânim ibn Aijûb und sende ihn Uns.' Als der Statthalter das Schreiben erhielt, küßte er es und legte es auf sein Haupt; und erließ in den Basaren verkünden: ,Wer plündern will, der gehe zum Hause des Ghânim ibn Aijûb.' So strömten sie dorthin und fanden die Mutter und die Schwester



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Ghânims bei einem Grabe, das sie mitten im Hause fur ihn errichtet hatten, sitzen und um ihn weinen; da ergriffen sie die beiden, plünderten das Haus, und ohne ihnen einen Grund zu sagen, schleppten sie sie vor den Sultan. Der fragte sie nach Ghânim, ihrem Sohn und Bruder, und beide erwiderten: ,Seit einem Jahre oder länger noch haben wir nichts mehr von ihm gehört.' Da ließ er sie wieder in ihr Haus bringen.

Lassen wir sie und wenden wir uns zu Ghânim ibn Aijûb, dem verstörten Sklaven der Liebe! Als ihm sein Reichtum geraubt war und ihm seine Lage zum Bewußtsein kam, da weinte er über sich, bis ihm fast das Herz brach. Und er wanderte aufs Geratewohl dahin bis zum Schluß des Tages; doch der Hunger quälte ihn, und er wurde müde vom Wandern. Als er nun in ein Dorf kam, ging er hinein und begab sich in eine Moschee; dort setzte er sich auf eine Matte, mit dem Rücken an die Moscheemauer gelehnt; aber bald sank er in der Qual seines Hungers und seiner Ermattung zu Boden. Und dort blieb er bis zum Morgen liegen; aber das Herz zitterte ihm vor Hunger, und da er schwitzte, so liefen ihm die Läuse über die Haut, sein Atem wurde stinkend und sein ganzes Aussehen verändert. Als nun die Bewohner jenes Dorfes zum Frühgebet kamen, fanden sie ihn dort, liegend in Qualen, hager vom Hunger und doch noch mit den Zeichen einstigen Reichtums. Und als dann das Gebet vorüber war, traten sie zu ihm, und da sie sahen, daß ihn fror und hungerte, so gaben sie ihm einen alten Mantel mit zerfetzten Ärmeln und sagten: ,O Fremdling, woher kommst du, und warum bist du so schwache' Da schlug er die Augen auf und weinte, aber er gab keine Antwort; einer von ihnen jedoch, der merkte, daß er hungrig war, ging hin und holte eine Schüssel mit Honig und zwei Brote. So aß Ghânim ein wenig, und sie saßen bei ihm bis Sonnenaufgang, und dann gingen sie



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an ihre Arbeit. In dieser Weise blieb er bei ihnen einen vollen Monat lang, während die Schwäche und die Krankheit in ihm immer noch zunahmen; die Leute weinten um ihn und hatten Mitleid und berieten sich über seine Lage. Dann kamen sie dahin überein, ihn ins Hospital nach Baghdad zu schicken. Während sie so berieten, siehe, da kamen zwei Bettlerinnen zu ihm: das waren seine Mutter und seine Schwester; und als er sie sah, da gab er ihnen das Brot, das ihm zu Häupten lag. Die beiden schliefen in jener Nacht zu seiner Seite, aber er kannte sie nicht. Am nächsten Tage kamen die Dorfbewohner zu ihm, brachten ihm ein Kamel und sagten zu dem Treiber: ,Setze diesen Kranken auf das Kamel, und wenn du ihn nach Baghdad gebracht hast, setze ihn ab am Tor des Hospitals; so wird man ihn vielleicht behandeln und heilen, und du sollst deinen Lohn erhalten.' ,Ich höre und gehorche', sagte der Treiber. Danach trugen sie Ghânim ibn Aijûb zur Moschee hinaus und legten ihn mitsamt der Matte, auf der er schlief, dem Kamel auf den Rücken; mit den anderen kamen auch seine Mutter und seine Schwester heraus, um ihn anzusehen, doch sie erkannten ihn nicht. Dann aber, als sie ihn lange und sorgsam betrachtet hatten, da sprachen sie: ,Wahrlich, er gleicht unserm Ghânim! Sollte er dieser Kranke sein?' Ghânim nun erwachte erst, als er merkte, daß er auf dem Kamele lag und mit Stricken festgebunden war, und da begann er zu weinen und zu klagen, und die Dorfbewohner sahen, wie auch seine Mutter und seine Schwester um ihn weinten, obgleich sie ihn nicht kannten. Dann zogen Mutter und Schwester weiter, bis sie nach Baghdad kamen; und auch der Treiber ging mit ihm dahin, bis er ihn am Tor des Hospitals niederlegte; dann nahm er sein Kamel und ging fort. Dort blieb Ghânim bis zum Morgen liegen; und als die Leute durch die Straßen zu gehen begannen, da erblickten



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sie ihn, der so dünn war wie ein Zahnstocher, und alle Leute sahen ihn sich an. Schließlich kam der Vorsteher des Basars, trieb die Leute davon und sagte: ,Ich will mir durch dies arme Geschöpf das Paradies gewinnen; denn wenn sie ihn in das Hospital aufnehmen, so werden sie ihn in einem einzigen Tage töten.' Dann ließ er ihn durch seine Sklaven in sein Haus tragen, ließ ihm ein neues Bett bereiten, neue Kissen darauf legen und sagte zu seiner Frau: ,Pflege ilm sorgsam!' und sie erwiderte: ,Herzlich gern!' Und sie schlug sich die Ärmel auf und wärmte Wasser und wusch ihm die Hände und Füße und den Leib. Und sie kleidete ihn in das Gewand einer ihrer Sklavinnen und gab ihm einen Becher Weins zu trinken und sprengte Rosenwasser über ihn. Da kam er wieder zu sich und klagte; und er dachte an seine geliebte Kût el-Kulûb, worauf sich der Gram ihm noch tiefer ins Herze grub.

Soweit Ghânim. Was aber Kût el-Kulûb angeht, so war sie, als der Kalif gegen sie ergrimmte - —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 43. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Kût el-Kulûb, als der Kalif gegen sie ergrimmte und sie in ein dunkles Zimmer bringen ließ, achtzig Tagelang darin blieb; und schließlich, als der Kalif eines Tages an jenem Ort vorbeikam, hörte er Kût el-Kulûb Verse sprechen und darauf diese Worte: ,O mein Liebling, o Ghânim! Wie gut bist du und wie keusch deine Seele! Du handeltest gut an einem, der schlecht an dir gehandelt hat, und du hütetest die Ehre dessen, der deine Ehre zunichte gemacht hat; du hast seine Frau beschützt, während er dich und die Deinen ins Elend gejagt hat. Aber wahrlich, du wirst mit dem Beherrscher der Gläubigen noch vor einem gerechten Richter stehen, und du



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wirst dein Recht von ihm erhalten an dem Tage, an dem der Herr in seiner Majestät und Allgewalt der Richter ist und die Engel die Zeugen sind.' Als der Kalif ihre klagenden Worte vernahm, da wußte er, daß ihr unrecht geschehen war; sofort kehrte er in seinen Palast zurück und schickte den Eunuchen Masrûr nach ihr aus. Sie trat mit gesenktem Kopf und weinenden Augen und betrübtem Herzen vor ihn hin; und er sprach zu ihr: ,O Kût el-Kulûb, ich erfahre, du beschuldigest mich der Tyrannei und Unterdrückung und behauptest, ich habe schlecht an einem gehandelt, der gut an mir gehandelt hatte. Wer hat meine Ehre behütet, während ich seine Ehre beschimpft hätte? Wer hat meine Frau beschützt, während ich die Seinen ins Elend gejagt hätte?' ,Es ist Ghânim ibn Aijûb', erwiderte sie; ,denn niemals ist er mir mit Unkeuschheit oder etwas Schlechtem genaht, das schwöre ich dir bei deiner Großmut, o Beherrscher der Gläubigen!' Da sprach der Kalif: ,Es gibt keine Majestät und es gibt keine Macht außer bei Allah! Erbitte dir eine Gnade, sie soll dir gewährt werden, Kût el-Kulûb.' Sie antwortete: ,Ich verlange von dir nur meinen geliebten Ghânim ibn Aijûb.' Sofort gewährte er ihre Bitte, und da sprach sie: ,O Beherrscher der Gläubigen, wenn ich um vor dich führe, willst du mich ihm dann schenken?' Er antwortete: ,Wenn er vor mich tritt, so will ich dich ihm schenken als das Geschenk eines Großherzigen, der seine Gabe nicht widerruft.' ,O Beherrscher der Gläubigen', sagte sie, ,laß mich hingehen und nach ihm suchen; vielleicht wird Gott mi eh mit ihm vereinen'; und er erwiderte: ,Tu, was dir gut dünkt!' Da ging sie erfreut von dannen, nahm tausend Golddinare mit sich und besuchte die Ältesten der Gemeinde und verteilte Almosen in Ghânims Namen. Am nächsten Tage ging sie in den Basar der Kaufleute und gab dem Vorsteher Geld mit dem Auftrage, es als milde



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Gabe an die Fremdlinge zu verteilen. Am darauffolgenden Freitag ging sie wiederum mit tausend Dinaren in den Basar, und sie trat in die Straße der Goldschmiede und Juweliere, rief den Vorsteher und gab ihm die tausend Dinare mit diesen Worten: ,Gib das als milde Gabe den Fremdlingen !'Da sah der Vorsteher, der Älteste des Basars, sie an und sprach: ,Herrin, willst du zu mir in mein Haus kommen und dir einen fremden Jüngling dort ansehen, der so schön und anmutig ist? 'Nun war der Fremde Ghânim ibn Aijûb, der verstörte Sklave der Liebe; doch der Vorsteher kannte ihn nicht und hielt ihn fur einen armen Schuldner, dem man seinen Reichtum genommen hatte, oder für einen Liebenden, der von seiner Geliebten getrennt war. Als sie seine Worte hörte, da klopfte ihr Herz, ihr Inneres erbebte, und sie sprach zu ihm: ,Schicke einen mit mir, daß er mich zu deinem Haus führe!' Da gab er ihr einen kleinen Knaben mit, der sie zu dem Hause führen sollte, in dem der Fremde wohnte, und sie dankte ihm dafür. Als sie nun zu dem Hause kam, trat sie ein und grüßte die Frau des Vorstehers; die erhob sich und küßte den Boden vor ihr, denn sie kannte sie. Dann sprach Kût el-Kulûb: ,Wo ist der Kranke, der hier bei dir wohnte' Da weinte die Frau und erwiderte: ,Hier ist er, Herrin! Bei Allah, er stammt von guten Leuten und trägt die Spuren des Wohlstandes. Das ist er dort auf dem Bette.' Kût el-Kulûb wandte sich um und sah ihn an; und es schien ihr fast, als ob er es wirklich sei, doch er war ganz unkenntlich und abgemagert und so dürr wie ein Zahnstocher, so daß sie im Zweifel war über ihn und nicht glauben konnte, daß er es war. Sie fühlte aber Mitleid mit ihm und sprach unter Tränen: ,Wahrlich, Fremdlinge sind unglücklich, auch wenn sie in ihrem eigenen Lande Fürsten waren.' So blieb sie im Zweifel über ihn und erkannte nicht, daß er Ghânim war. Da er ihr aber in der Seele



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leid tat, versah sie ihn mit Wein und Arznei und blieb eine Weile zu seinen Häupten sitzen; dann machte sie sich auf und kehrte in ihren Palast zurück. Nun erforschte sie einen Basar nach dem andern auf der Suche nach dem Geliebten.

Bald darauf kam der Vorsteher mit Ghânims Mutter und seiner Schwester Fitna zu Kût el-Kulûb und sprach zu ihr: ,O Fürstin der wohltätigen Frauen, heute ist eine Frau mit ihrer Tochter in unsere Stadt gekommen; beide sind schön von Angesicht und tragen deutlich die Spuren des Wohlstandes und Glückes an sich, doch sind sie in härene Gewänder gekleidet und haben jede einen Brotbeutel um den Hals hängen; ihre Augen sind voller Tränen und ihre Herzen voll Betrübnis. So habe ich sie zu dir gebracht, auf daß du ihnen eine Zuflucht gebest und sie vor dem Betteln bewahrest; denn sie sind kein Bettelvolk, und so Gott will, werden wir um ihretwillen das Paradies erlangen.' Sie rief: ,Bei Gott, guter Mann, du erweckst Sehnsucht in mir, sie zu sehen. Wo sind sie denn? Bringe sie mir sofort!' Da befahl erdem Eunuchen, sie hereinzuführen; so traten denn Fitna und ihre Mutter zu Kût el-Kulûb ein! Als diese sie erblickte und sah, daß beide von großer Schönheit waren, weinte sie um sie und sprach: ,Bei Allah, dies sind Frauen von Stande, und sie tragen deutliche Spuren des Reichtums.' ,O Herrin', sagte die Frau des Vorstehers, ,wir lieben die Armen und die Verlassenen um der Vergeltung willen; diesen Frauen haben vielleicht die Unterdrücker unrecht getan, haben ihnen ihren Reichtum genommen und ihre Häuser zerstört.' Da weinten die beiden Frauen bitterlich; denn sie dachten ihres einstigen Wohlstands und ihrer jetzigen Armut und Betrübnis; und ihre Gedanken verweilten bei Ghânim. Kût el-Kulûb aber weinte, weil sie weinten; und sie sprachen: ,Wir flehen zu Allah, daß er uns mit dem vereine, den wir suchen; das ist unser Sohn



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und Bruder Ghânim ibn Aijûb.' Als Kût el-Kulûb diese Worte vernahm, da wußte sie, daß diese Frau da die Mutter ihres Geliebten sei und die andere seine Schwester, und sie weinte, bis sie in Ohnmacht sank. Als sie aber wieder zu sich kam, da wandte sie sich ihnen zu und sprach: ,Seid getrost, denn dieser Tag ist der erste eures Glücks und der letzte eures Unglücks! Seid nicht mehr traurig!' — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 44. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Kût el-Kulûb, als sie die beiden getröstet hatte, dem Vorsteher befahl, sie in sein Haus zu führen und seiner Frau zusagen, sie solle die beiden in das Bad bringen und sie in schöne Gewänder kleiden, für sie sorgen und ihnen alle Ehre erweisen; und sie gab ihm eine Summe Geldes. Am nächsten Tage ritt Kût el-Kulûb zu dem Hause des Vorstehers und trat zu seiner Frau ein; die erhob sich, küßte ihr die Hände und dankte ihr für ihre Güte. Und dort sah sie Ghânims Mutter und Schwester, die von der Frau des Vorstehers ins Bad geführt und neu gekleidet waren, so daß sich die Spuren ihres Standes deutlich zeigten. Sie setzte sich zu ihnen und sprach eine Weile mit ihnen; dann fragte sie nach dem kranken Jüngling, der in ihrem Hause war, und die Frau des Vorstehers erwiderte: ,Er ist noch unverändert.' Da sagte Kût el-Kulûb: ,Komm, laß uns gehn und ihn besuchen!' Nun standen sie auf sie und des Vorstehers Weib und Ghânims Mutter und Schwester, gingen zu ihm und setzten sich an sein Lager. Ghânim ihn Aijûb aber, der verstörte Sklave der Liebe, hörte sie plötzlich den Namen Kût el-Kulûbs nennen; da kehrte das Leben in ihn zurück, obgleich sein Leib so mager und seine Knochen so dürr waren; und er hob sein Haupt vom Kissen und rief: ,Kût el-Kulûb!'



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Da sah sie ihn an, erkannte ihn mit Gewißheit und schrie laut: ,Ja, mein Geliebter!' ,Komm dicht an mich heran!' sagte er, und sie erwiderte: ,Bist du wirklich Ghânim ibn Aijûhi' Er sprach: ,Ich bin es.' Da sank sie ohnmächtig zu Boden. Als Ghânims Mutter und seine Schwester Fitna die Worte der beiden gehört hatten, riefen sie: ,O Freude!' und auch sie fielen ohnmächtig hin. Als sie darauf alle wieder zu sich gekommen waren, rief Kût el-Kulûb: ,Preis sei Allah, der mich mit dir und deiner Mutter und deiner Schwester zusammengeführt hat!' Dann erzählte sie ihm alles, was zwischen ihr und dem Kaufen vorgefallen war, und sagte: ,Ich habe dem Beherrscher der Gläubigen die Wahrheit kundgetan, und er hat meinen Worten geglaubt und Gefallen an dir gefunden; und jetzt wünscht er dich zu sehen.' Und sie fügte hinzu: ,Er wird mich dir schenken!' Da war er hocherfreut; sie sagte noch: ,Geht nicht von hier fort, bis ich wiederkomme', stand flugs auf und begab sich in den Palast. Dort nun öffnete sie die Kiste, die sie aus Ghânims Hause mitgenommen hatte, holte Dinare heraus und gab sie dem Vorsteher mit den Worten: ,Nimm dies Geld und kaufe für jeden von ihnen vier vollständige Anzüge aus den feinsten Stoffen, und zwanzig Tücher und alles, dessen sie sonst noch bedürfen.' Dann ging sie mit den beiden Frauen und mit Ghânim zum Badehause, befahl Bäder für sie herzurichten und ließ ihnen, nachdem sie gebadet und die neuen Kleider angelegt hatten, Brühen und Galgantwasser und Apfelsaft bereiten. Und sie blieb drei Tage lang bei ihnen, gab ihnen Kükenfleisch und Brühen zu essen und Scherbet aus feinstem Zucker zu trinken. Nach drei Tagen kehrten ihre Lebensgeister wieder; da führte sie sie von neuem ins Bad. Als sie zurückgekommen waren und die Kleider gewechselt hatten, ließ sie sie in dem Hause des Vorstehers, ging in den Palast und bat



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um Erlaubnis, den Kaufen zu sprechen. Der erteilte ihr die Erlaubnis; da trat sie ein, küßte den Boden vor ihm und erzählte ihm alles, auch daß ihr Herr Ghânim ibn Aijûb, genannt der verstörte Sklave der Liebe, und seine Mutter und Schwester in Baghdad seien. Als der Kalif die Worte der Kût el-Kulûb vernommen hatte, rief er den Dienern zu: ,Bringt mir Ghânim sofort!' Da ging Dscha'far selbst, um ihn zu holen; Kût el-Kulûb aber eilte ihm voraus und ging zu Ghânim und tat ihm kund, daß der Kalif ausgeschickt habe, um ihn zu holen. Sie riet ihm, eine feine Sprache zu wählen, sein Herz zu stählen und mit lieblichen Worten zu erzählen. Und sie kleidete ihn in ein prächtiges Gewand und gab ihm viele Dinare und sagte: ,Sei freigebig gegen das Gefolge des Kalifen, wenn du zu ihm hineingehst.' Siehe, da kam auch schon Dscha'far auf seinem nubischen Maultier; Ghânim erhob sich, ging ihm entgegen, um ihn zu begrüßen, und küßte den Boden vor ihm. Nun war der Stern seines Glückes aufgegangen, und er strahlte hell; Dscha'far nahm ihn mit, und sie eilten, er und der Minister, bis sie zu dem Beherrscher der Gläubigen eintraten. Und als er vor ihm stand, da blickte er auf die Wesire und Emire, die Kämmerlinge und Statthalter, die Großen des Reiches und die Machtwalter. Da ersann Chânim liebliche Worte in gewählter Sprache, blickte den Kalifen an, neigte sein Haupt und sprach diese Verse:

Sei nur gegrüßt, o König von hocherhabener Würde,
Der du deiner Wohltat Gaben stets verteilest an alle!
Sie geben keinem andern als dir den Namen des Kaisers,
Dir, dein mächtigen Herrscher, dem Herrn der Ruhmeshalle.
Es legen die Könige, wenn sie dir grüßend nahen,
Der Kronen Edelsteine auf deine Schwelle hin,
Und wenn dann ihre Augen dein Antlitz nur erblicken,
So werfen sie sich zu Boden mit ehrfurchtsvollem Sinn.
O Majestät, du verleihest ihnen in deiner Gnade



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Hohe Ehrenstellen und deiner Herrschaft Macht.
Zu eng für deine Heere wurden Erde und Menschheit;
Drum schlage deine Zelte hoch in der Sterne Pracht.
Dich möge der Könige König erhalten in seiner Liebe:
Dein sei ein festes Herz und dein ein trefflicher Rat.
Du breitetest deine Gerechtigkeit über die ganze Erde,
Bis sie den Fernen gleichwie den Nahen umfasset hat.

Als er seine Verse beendet hatte, war der Kalif entzückt, denn ihm gefiel die Feinheit seiner Sprache und die Lieblichkeit seiner Rede — «

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 45. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß der Kalif, dem an Ghânim die feine Sprache der Dichtung und die Lieblichkeit seiner Rede gefiel, zu ihm sprach: ,Tritt nah zu mir her!' So trat jener nahe zu ihm, und da sagte der Kalif zu ihm: ,Erzähle mir deine Geschichte und berichte mir dein Schicksal!' Da setzte Ghânim sich und erzählte ihm, was ihm in Baghdad widerfahren war, wie er im Grabe geschlafen und, nachdem die drei Sklaven gegangen waren, die Kiste geöffnet hatte; kurz, er berichtete ihm alles von Anfang bis zu Ende - doch zum zweiten Male erzählen würde die Hörer nur quälen. Als nun der Kalif sich überzeugt hatte, daß er die Wahrheit sprach, verlieh er ihm ein Ehrengewand und machte ihn zu seinem Vertrauten; und er sprach zu ihm: ,Vergib mir meine Schuld!' Da vergab Ghânim ihm seine Schuld und sagte: ,O unser Herr und Sultan, wahrlich, dein Sklave und alles, was er besitzt, gehört seinem Herrn!' Des freute sich der Kalif, und dann gab er Befehl, ihm einen Palast anzuweisen, und er verlieh ihm Gehälter, Einkünfte und Schenkungen, die sich auf eine hohe Summe beliefen. Darauf ließ er ihn mit seiner Mutter und seiner Schwester dort einziehen;



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und als der Kalif vernahm, daß seine Schwester Fitna an Schönheit eine wahre ,fitna', das heißt eine Verführerin, sei, da erbat er sie von Ghânim zur Ehe, und der erwiderte: ,Sie ist deine Sklavin, wie ich dein Sklave bin!' Der Kalif aber dankte ihm und gab ihm hunderttausend Dinare; und er ließ die Zeugen und den Kadi kommen, und an einem und demselben Tage schrieben sie die Verträge für den Kaufen und Fitna und für Ghânim ibn Aijûb und Kût el-Kulûb; und er und Ghânim feierten ihre Hochzeit in einer und derselben Nacht. Als es dann Morgen wurde, befahl der Kalif, die Geschichte von dem, was Ghânim widerfahren war, von Anfang bis zu Ende aufzuzeichnen und sie in den königlichen Archiven aufzubewahren, auf daß die, so nach ihm kämen, sie lesen könnten und staunend sich erbauen an des Schicksals Wechselfällen, und auf Ihn, der Nacht und Tag erschuf, ihr Vertrauen stellen. — —

Und doch ist diese Geschichte nicht wunderbarer als


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