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Märchen aus Frankreich den Niederlanden und der Schweiz

Märchen europäischer Völker


Der Soldat aus Paris

Es war einmal ein Soldat, welcher seinen Dienst verlassen hatte; er bat eine alte Frau, ihn für die Nacht zu beherbergen, und sie tat es gern. Am andern Morgen fragte sie ihn, woher er käme. »Von Paris, gute Frau«, antwortete er. Die gute Frau verstand aber »vom Paradies«, und so rief sie erfreut: »Vom Paradies? Habt Ihr meinen guten Mann gesehen?« »Wie heißt er denn?« »Hans, wie Ihr.« »Ja, gute Frau, er ist im Paradies und er hat dort eine Schenke.« »Ist er reich?« »Nicht sehr. Er muß den Apfelwein literweise verkaufen, um eine neue Tonne zu kaufen. Er besitzt nicht einmal ein Hemd. Sobald ein Eisenbahnzug kommt, macht er den Gepäckträger.« »Eisenbahn?«fragte die Frau erstaunt. »Gibt es denn im Paradies eine Eisenbahn?« »Ja, gute Frau, und Pferde und Wagen. Morgen früh werde ich dorthin zurückkehren.« »Würdet Ihr wohl meinem guten Mann Hemden und Geld mitnehmen?« »Das will ich gern«, sagte der Soldat, und sie gab ihm ein Dutzend neuer Hemden und eintausendfünfhundert Franken und noch fünfzehn Franken obendrein für die Besorgung. Sobald der Soldat fort war, kam der Sohn der guten Frau, welcher Priester war, heimgeritten. Seine Mutter sprach zu ihm: »Mein lieber Junge, wenn du nur ein wenig früher gekommen wärst, hättest du einen Mann gesehen, der gradewegs aus dem Paradies kam. Er war deinem Vater begegnet, welcher leider gar nicht reich ist, er hat eine Schenke und keine Hemden mehr. Ich habe dem Mann Hemden und Geld gegeben, damit er es ihm mitnimmt.« »Wie ist der Mann gekleidet?«fragte der Priester. »Als Soldat.«



Bd-09-017_Maerchen aus Frankreich Flip arpa

Sofort stieg der Priester zu Pferde und verfolgte den Soldaten, um ihm Geld und Hemden wieder abzunehmen. Am Rand eines Waldes erblickte er einen Mann, der dürre Reiser sammelte. Es war der Soldat, aber er hatte sein Kleid gewechselt und sich einen Schnurrbart umgehängt.

»Habt Ihr keinen Soldaten hier gesehen?« fragte ihn der Priester. »Doch«, antwortete der Mann. »Es lief soeben einer vorbei. Er muß dort hinten noch zwischen den Bäumen sein.« Da der Priester nicht zwischen den Bäumen reiten konnte, bat er den Mann: »Haltet mein Pferd, ich gebe Euch ein gutes Trinkgeld, wenn ich zurückkomme.« Darauf eilte er in den Wald hinein, um den Soldaten zu suchen. Der Soldat aber kehrte sein Gewand um, stieg zu Pferd und enteilte in vollem Galopp. Als sich der Priester umwandte, erkannte er sein Pferd und rief dem Soldaten zu, er solle halten. Aber der Soldat hörte nicht darauf, peitschte sein Roß und trieb es zu noch schnellerem Lauf an. Als der Priester zu Fuß wieder zu Hause ankam, sagte seine Mutter zu ihm: »Was hast du mit dem Pferd gemacht?« »Ach«, erwiderte er, »ich habe es dem Soldaten gegeben, damit er schneller ins Paradies kommt.«


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