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Kapitel 

VOLKSMÄRCHEN DER KABYLEN

I. BAND


WEISHEIT

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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EINBANDZEICHNUNG VON VON F. H. EMCKE


18. Das Märchenzeitalter und die Agelitlh

In einer alten Zeit, die bald der Schöpfung folgte, waren die Menschen nicht geführt von den weisen alten Männern, sondern von dem Agelith (Plur.: igelithen). Es war das die glückliche Zeit der Erde, in der die Märchen sich ereigneten, von denen wir Kabylen so gerne erzählen. Diese Märchen sind nicht wahr. Wahr an ihnen ist aber alles, was geschildert wird. Wahr sind nicht die Ereignisse, sondern wahr sind Zustände. Das ist die lange vergangene Zeit gewesen, in der die Agelith die Menschen belehrten und regierten. Wie diese Agelith aber unter die Menschen kamen, darüber erzählen die Großväter



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eine Geschichte, die kein Märchen, sondern wahre Begebenheit ist.

Ein Mann und eine Frau waren verheiratet. Sie hatten bald einen Sohn und dann lange Zeit keine Kinder. Dann aber, als der Sohn schon erwachsen war, gebar die Mutter in schneller Folge noch sieben kleine Knaben. Der Vater starb, die Mutter starb, der älteste Sohn starb. Die sieben kleinen Knaben waren nun ganz allein und verlassen, und niemand kümmerte sich um sie.

In der Nachbarschaft hatte nun eine alte Frau ihr Haus. Die alte Frau hatte keinen Mann, keine Kinder, keine Verwandte. Sie sah die sieben kleinen Kinder, sie sah, daß es sehr schöne und starke Knaben waren, die aber umkommen mußten, weil sich niemand um sie kümmerte. Die alte Frau sagte: "Diese armen Kinder sind schlimm daran. Ich will sie zu mir nehmen und erziehen. Sie mögen dann später Holz sammeln und Holz verkaufen und so ihr tägliches Brot verdienen." Die alte Frau ging also hinüber, holte die kleinen Kinder zu sich und versorgte, speiste, kleidete und erzog sie. Es waren sieben schöne und starke Kinder.

Im Hause der alten Frau wohnte ein Mann, der war schon seit einigen Jahren mit einer jungen und schönen Frau verheiratet. Sie wurde aber nicht Mutter. Und keine Kinder haben ist bei den Kabylen die größte Schande. Frauen, die ihren Männern keine Kinder schenken, senden die Männer oft fort, um andere Frauen zu nehmen; und das fürchtete die junge Frau.

Diese junge Frau sah die sieben schönen und starken Knaben nun immer auf der Straße vor dem Hause spielen, und sie sagte sich: "Diese Kinder werden meinen Mann immer mehr daran erinnern, daß ich ihm noch keine Kinder geschenkt habe. Ich werde deshalb diese Kinder von hier fortbringen." Eines Tages bereitete die junge Frau also Essen, steckte es in die Tasche und rief die sieben Knaben. Sie sagte zu den sieben Knaben: "Seht, hier habe ich Essen. Wir wollen zusammen in den Wald gehen. Abends kommen wir dann wieder zurück."

Die Frau ging nun mit den Kindern in den Wald. Die Frau führte sie dahin, wo der Wald ganz dicht und ohne Wege ist. Unter einem großen Baume zog sie das Essen heraus und sagte: "Nun eßt, und dann schlaft ein wenig, und dann gehen wir wieder heim. Ich gehe jetzt umher und sammle einige Wurzeln. Wenn ihr gegessen und geschlafen habt, werde ich wieder bei euch sein und euch den Heimweg führen."



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Dann ging die junge Frau und lief, sobald die Kinder sie nicht mehr sehen konnten, so schnell wie möglich nach Hause.

Die sieben Knaben aßen das, was die junge Frau ihnen zurückgelassen hatte, auf, dann legten sie sich nieder und schliefen ein. Sie schliefen lange, da der Weg durch den Wald sie ermüdet hatte. Als sie erwachten, war es Nacht. Sie legten sich nun dichter nebeneinander und sagten zueinander: "Die junge Frau wird uns schon abholen." Zwei Nächte und zwei Tage warteten sie so im Walde. Dann sagten sie: "Wir wollen uns den Heimweg allein suchen." Die sieben Knaben begannen also den Heimweg.

Die sieben Knaben gingen den ganzen Tag über durch den Wald. Und als es Nacht war, gingen sie weiter und weiter, immer in der falschen Richtung. In der Dunkelheit der Nacht fiel aber der jüngste der sieben Knaben in das Loch, in dem ein Löwe und eine Löwin gewohnt und sieben jungen Löwen das Leben gegeben hatten. Der Löwe und die Löwin waren gestorben, und es lebten nur noch die Jungen. Zwischen die jungen Löwen fiel der jüngste Bruder. Er war müde und schlief zwischen ihnen ein. Die sechs Brüder merkten aber im Dunkel der Nacht nicht, daß sie ihren jüngsten Bruder verloren hatten. Die sechs Brüder gingen immer weiter.

Am andern Morgen erwachte der jüngste Bruder. Er sah die sieben jungen Löwen um sich herum liegen und sagte: "Wer seid ihr, was macht ihr?" Die jungen Löwen sagten: "Wir haben unseren Vater und unsere Mutter verloren. Wir sind nun ganz allein und wissen nicht, wie wir uns ernähren sollen." Der jüngste Bruder sagte: "Das ist eine schlechte Sache, ich will sehen, was ich für euch finde." Dann stieg er aus dem Loch und suchte nach toten Tieren. Er fing auch kleine Tiere und brachte sie den jungen Löwen, und diese aßen alles, was der Jüngste ihnen brachte. Der Jüngste selbst aß, was er fand. Er ernährte die jungen Löwen und sich, so gut er konnte, und so wuchs er mit ihnen auf und wurde stark.

Inzwischen hatten die sechs Brüder am andern Morgen entdeckt, daß sie ihren jüngsten Bruder verloren hatten. Sie gingen nun im Walde hin und her und suchten überall nach ihrem Bruder. Sie suchten neun Monate lang nach ihrem Bruder. Dann endlich fanden sie ihn in der Grube bei den sieben Löwen. Sie kamen gerade mit dem Anbruch der Nacht an die Grube. Sie sahen den Bruder und sagten: "So lange haben wir nun nach dir gesucht! Wo warst du, wie kamst du abhanden? Was sind dies für wilde Tiere?" Der jüngste Bruder sagte: "Dies sind keine wilden Tiere. Das sind meine



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lieben Freunde. Ich fiel damals in ihre Wohnung und bin dann bei ihnen geblieben. Nun will ich auch nicht mehr von ihnen gehen, denn wir haben einander lieb. Ich bitte euch, bleibt ihr auch bei uns. Denn nur so werde ich mich ganz glücklich fühlen. Wo sollen wir in dem großen Walde sonst hinwandern? Und wie soll ich meine lieben Freunde hier verlassen, ohne daß sie sterben ?" Darauf blieben die sieben Knaben bei den sieben jungen Löwen und ernährten sie und sich mit allem, was der Wald hervorbrachte.

Eines Tages kam eine große Löwin durch den Wald. Sie kam an die Grube, in der die sieben jungen Löwen mit den sieben Knaben lebten. Die große Löwin brüllte, daß der Wald erzitterte. Von der anderen Seite kam ein großer Panther. Der Panther kam auch an die Grube, in der die sieben Knaben mit den sieben jungen Löwen lebten. Der Panther brüllte, daß die Erde erzitterte. Die Löwin und der Panther wollten sich auf die sieben Knaben stürzen, um sie zu vernichten.

Da sprangen die sieben jungen Löwen heraus und sagten: "Ehe ihr diese sieben Knaben verzehrt, tötet lieber uns. Diese sieben Knaben haben uns, als wir ganz klein und ohne Vater und Mutter waren, ernährt, haben für uns gesorgt wie Vater und Mutter. Und ohne diese sieben Knaben wären wir längst gestorben." Als die Löwin und der Panther das hörten, liefen sie schnell fort. Der eine brachte einen Stier, der andere einen Widder. Die Tiere legten sie den sieben Knaben hin und sagten: "Habt Dank! Habt Dank! Habt Dank! Nehmt und eßt. Wir werden für euch sorgen wie für unsere eigenen Kinder; denn ihr habt für unsere Kinder gesorgt."

Von nun an lebten die Knaben in inniger Freundschaft mit allen wilden Tieren. Sie aßen, was diese aßen. Sie wohnten, wie diese wohnten. Sie hatten keine Kleider wie die Menschen. Sie bekamen nach und nach ein Fell, das zog sich von den Händen herauf über den ganzen Körper, die Beine und den Kopf. Sie wurden aber immer größer und stärker. Das ging so viele Jahre, bis sie erwachsen waren.

Eines Tages nun gingen die sieben Burschen durch den Wald und kamen an einen See. Der eine von ihnen beugte sich nieder, steckte den Finger in das Wasser, führte die Tropfen zum Munde und versuchte das Wasser hier und da. Dann sagte er: "An dieser Stelle ist das Wasser gut. Hier laßt uns baden." Danach streifte er die zottige Tierhaut vom Leibe, legte sie am Boden nieder und stieg an der Stelle, an der er das Wasser gut befunden hatte, in den See. Die sechs Brüder taten wie er. Alle sieben badeten. Nach dem Bade kamen



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sie wieder an das Land, streiften die Häute wieder über und liefen zu den Felsen und dem Berg, in dessen Höhle sie wohnten.

Die sieben Brüder kamen nun alle Tage zu dem See und badeten. Sie versuchten mit dem Finger immer erst, welche Stelle des Wassers gut war, und da badeten sie dann. Eines Tages kamen nun vier Jäger in den Wald. Sie sahen aus der Ferne die sieben zottigen Burschen. Sie erschraken. Drei der Jäger erschraken sehr. Sie sagten: "Kommt schnell, das sind wilde Tiere." Der vierte Jäger sagte: "Diese Art habe ich noch nicht gesehen. Ich muß sie näher betrachten." Die drei Jäger liefen so schnell sie konnten fort und nach Hause. Der vierte Jäger folgte aber den sieben zottigen Burschen in der Entfernung. Er sah, wie sie den Finger in das Wasser steckten und kosteten, wo das Wasser gut sei, wie sie dann ihre zottigen Felle abstreiften und in das Wasser stiegen und badeten.

Am anderen Morgen kam einer der Jäger ganz früh zu der Stelle zurück und baute sich aus Zweigen in dem Baume über der Stelle, an der die sieben Burschen gestern gebadet hatten, ein Versteck wie ein Gurbi. Dahinein verkroch er sich. Nach einiger Zeit kamen die zottigen sieben Burschen, versuchten mit den Fingern das Wasser, wo es gut war, streiften dann vom Handgelenk an die Felle ab, legten die Felle am Ufer nieder und stiegen zum Bade in das Wasser. Da sah der Jäger, wie schön und stark die sieben Jünglinge waren und daß sie an Körper und Wuchs alle Menschen übertrafen.

Sobald die sieben Burschen gebadet hatten, stiegen sie wieder an das Ufer, zogen die Felle über und kehrten in den Wald zurück. Der Jäger kletterte nun von seinem Baum. Er eilte in das Dorf und suchte eine alte kluge Frau auf. Er sagte zu der Frau: "Ich war im Walde an einem See. Es kamen sieben zottige, mit Fell bedeckte Geschöpfe. Sie versuchten das Wasser, wo es gut war. Sie streiften dann die Felle ab und waren so schöne und starke Jünglinge, wie sie sonst in der Welt nicht vorhanden sind. Sie badeten im See, streiften die Felle wieder über und liefen in den Wald. Wenn ich Brüder hätte wie diese, wäre ich glücklich. Sage mir, was sind das für Wesen? Und wenn du es nicht weißt, so sage mir, wie ich es in Erfahrung bringen kann." Die alte Frau sagte: "Was dies für Geschöpfe sind, kann ich dir nicht sagen. Ob es gute oder böse Geschöpfe sind, weiß ich nicht. Denn ich habe von solchen Wesen noch nie gehört, und in allem, was wir von der Schöpfung kennen, ist nichts davon gesagt. Sage mir aber, ob sie sprechen." Der Jäger sagte: "Sie sprechen wie du und ich. Sie lachen und scherzen und



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sind untereinander sehr freundlich." Die alte Frau sagte: "So folge ihnen, wenn sie morgen wieder zum See kommen und gebadet haben und sieh, ob du finden kannst, wo und wie sie wohnen." Der Jäger sagte: "Das will ich tun."

Am anderen Tage versteckte der Jäger sich wieder in der Nähe der Stelle, an der die sieben zottigen Jünglinge zum Baden im See aus dem Walde kamen. Nachdem die sieben Jünglinge gebadet hatten, gingen sie heim, und der Jäger folgte ihnen. Sie gingen weit durch den Wald, bis sie an einen Berg kamen. Sie gingen in den Berg hinein, da, wo eine Grotte zwischen der Erde und dem Felsen ausgescharrt war. Nachdem der Jäger das gesehen hatte, kehrte er wieder heim und sagte der alten Frau, was er gesehen habe.

Die alte Frau sagte: "Ich will mit meiner jungen Tochter ein gutes Essen kochen. Das wollen wir morgen, wenn die sieben zottigen Burschen zum Baden weggegangen sind, in ihre Grotte stellen. Wenn sie dann den Kuskus und das gekochte Fleisch essen, sind es Menschen. Wenn sie das nicht essen, sind es Tiere." Die alte Frau bereitete mit ihrer Tochter zwei große Holzschüsseln voll Kuskus und kochte zwei Schafe. Am andern Tage gingen die alte Frau, die junge Tochter und der Jäger hin zu der Grotte und traten hinein. Sie sahen, daß die Grotte sehr sorgfältig geglättete Wände hatte, und daß in den Seitenkammern sieben Betten standen. Es war eine solche Grotte, wie sie in späteren Zeiten, als die Menschen die Religion kennen lernten, die Heiligen bewohnten, um in der Abgeschlossenheit die Reinheit zu erlangen.

Die Alte, deren junge Tochter und der Jäger stellten das Essen hin und gingen dann fort. Nach einiger Zeit kamen die sieben zottigen Jünglinge. Sie sahen die zwei Schüsseln mit Kuskus und die Töpfe mit den gekochten Schafen. Sie hatten sich eine Kuh erlegt, die wollten sie essen. Die Kuh trugen sie herein. Sie traten an die Schüsseln und Töpfe und sagten: "Wer hat das hierhergestellt? Was ist das?" Die sieben Brüder versuchten den Kuskus. Sie sagten: "Das ist ausgezeichnet." Sie warfen die Kuh beiseite und begannen gemeinsam den Kuskus und den gekochten Hammel zu essen. Nachdem sie alles aufgegessen hatten, waren sie noch hungrig. Sie mochten aber nun, nachdem sie das Gekochte genossen hatten, nicht mehr das rohe Kuhfleisch genießen. Am andern Tage wollten sie wieder zum Bade gehen. Der Jüngste sagte aber: "Geht heute allein; ich will sehen, wer uns dies Essen gebracht hat. Denn der das gestern brachte, wird sich heute die Schüsseln und Töpfe wieder



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abholen wollen." Die sechs Brüder gingen; der Jüngste blieb daheim und versteckte sich in einem Nebenraum. Inzwischen sagte die Alte zu dem Jäger: "Komm, wir wollen heute hingehen und sehen, ob die sieben zottigen Geschöpfe unser Essen genossen haben oder nicht." Die alte Frau, das junge Mädchen und der Jäger nahmen wieder zwei Schalen mit Kuskus und zwei Töpfe mit gekochtem Fleisch mit und machten sich auf den Weg. Sie kamen an die Grotte. Sie sahen, daß die Schalen und Töpfe von gestern gewaschen und die Schalen mit Goldbrocken, wie sie in den Felsen gebrochen werden, bedeckt waren. Das junge Mädchen nahm einige Goldstücke in die Hand und rief: "O, wie schön." Da sprang der Jüngste aus dem Verstecke hervor, hielt ihre Hand, mit der sie das Gold gefaßt hatte, und sagte: "Was für eine Art bist du ?" Das junge Mädchen erschrak und sagte: "Tue mir nichts, ich bin ein Mädchen." Der zottige Jüngste sagte: "Weshalb soll ich dir etwas tun? Du bist das schönste Geschöpf, das ich je sah. Du bist ein so schönes Geschöpf, daß ich dir wünsche, alle deiner Art möchten schneller aufwachsen und länger leben als die Männer."

So ist es bis heute geblieben. Mädchen wachsen schneller als die Burschen, und die Frauen leben länger als die Männer. Der Jüngste schenkte dem Mädchen, der alten Frau und dem Jäger die Goldbrocken, die auf den Schüsseln lagen. Alle drei gingen nach Hause.

Als sie in dem Dorfe ankamen, sagte der Jäger zu der alten Frau: "Wie kann ich es nun machen, daß diese sieben Jünglinge als meine Brüder in mein Haus kommen." Die alte Frau sagte: "Ich will sogleich mit meiner jungen Tochter Kleider für die sieben Jünglinge weben. Sobald sie fertig sind, gehen wir zu der Stelle, an der sie baden und graben da eine Grube, in der du dich versteckst. Sowie sie ihre Felle abgestreift haben und ins Wasser gestiegen sind, ergreife ihre Fellkleider und laufe mit ihnen hierher in das Dorf. Sie werden dir nachlaufen und dich um ihre Fellkleider bitten. Sieh dich aber gar nicht um! Bringe die Felle hierher und bring ihnen dann die Kleider, die ich mit meiner Tochter weben werde." Der Jäger sagte: "So werden wir es machen."

Die alte Frau und ihre junge Tochter webten die Kleider für die sieben zottigen Burschen. Als sie fertig waren, machte der Jäger sich wieder auf den Weg und ging an den See. Er grub nahe der Stelle, an der die sieben Brüder ihre Felle hinzulegen pflegten, eine Grube und versteckte sich darin. Nach einiger Zeit kamen die zottigen sieben Brüder. Sie traten an den See, führten den Finger ins



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Wasser und in den Mund, sahen so, welches Wasser gut sei und streiften dann die Felle ab. Dann stiegen die sieben Brüder in das Wasser, um zu baden.

Als alle sieben Brüder in das Wasser gestiegen waren, sprang der Jäger aus seinem Versteck hervor, ergriff die sieben Felle und lief mit ihnen fort, dem Rande des Waldes und dem Dorfe zu. Die sieben Jünglinge sahen es. Sie sprangen aus dem Wasser und liefen hinter dem Jäger her. Sie riefen: "Laß uns unsere Haut. Wir sind nackt. Wir haben sonst nichts." Der Jäger sah und hörte nicht rückwärts. Er lief, was er nur laufen konnte und kam so in das Dorf. Die sieben schönen Brüder blieben aber unter einem Baum nahe dem Dorfe stehen und versteckten ihre Nacktheit hinter dem Baumstamm. Sie riefen immerfort: "Bring uns unsere Felle wieder. Wir sind nackt und haben sonst nichts."

Der Jäger warf im Hause der alten Frau aber die Felle hin, ergriff die Kleider, die die Alte und ihre Tochter gewebt hatten, und kehrte zurück zu dem Baume, unter dem die sieben Brüder standen. Er sagte: "Ich habe gesehen, daß ihr Menschen seid wie wir. Tragt also auch Kleider wie wir. Hier sind sie. Zieht sie an, so seid ihr nicht mehr nackt. Ich aber bitte euch als meine Brüder mit in meinem Hause zu wohnen."

Die sieben Brüder zogen die Kleider an. Sie kamen mit dem Jäger in das Dorf. Alle Leute sagten: "Das sind die schönsten und stärksten Jünglinge, die wir gesehen haben." Die sieben Jünglinge wohnten nun bei dem Jäger. Sie waren die ersten Agelith, die die Menschen unter sich hatten. Eines Tages zogen die sieben Jünglinge von dannen und kehrten mit der Schwester der Wuarssen zurück. Sie gaben sie dem Jäger zur Frau. Das taten sie aus Dankbarkeit. Wer eine Schwester der Wuarssen heiratet, ist ein glücklicher Mann. Der Jäger ward so der achte Agelith.

Nachher kamen noch vier weitere Agelith dazu. So wurden es zwölf, und diese zwölf ersten Agelith führten die Menschen zu einem glücklichen und zufriedenen Leben. Die sieben ersten sind bekannt unter dem Ausspruch suhawan [sieben erste] ichalkan [geschaffen] d'ilreran [Loch unter der Erde]. Sie waren über alle Beschreibung tapfer. Sie führten die Strafe für die schlechten Menschen über der Erde ein. Sie vernichteten viele wilde Tiere. Sie führten die Menschen.

Als es die alten Agelith nicht mehr gab, sandte Gott (als Ersatz für sie) die Heiligen. Jene Zeit aber, in der die Agelith die Menschen führten, ist es, von der die Märchen erzählen.


Copyright: arpa, 2015.

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