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Kapitel 

VOLKSMÄRCHEN DER KABYLEN

I. BAND


WEISHEIT

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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EINBANDZEICHNUNG VON VON F. H. EMCKE


17. Das erste Sterben

Man erzählt aber unter den Kabylen mit großer Genauigkeit, daß das Sterben im Anfange nicht war. Wenn die Menschen müde des Lebens waren, legten sie sich hin, und ihre Seele ging von dannen, blieb oft lange fort, immer so lange, bis sie sich wieder erholt hatte,



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und kam dann zum Körper zurück. Das Sterben ist aber auf folgende Weise auf die Welt gekommen.

Ein Mann war einmal mit einer Frau verheiratet, und sie hatten einen kleinen Knaben, der war erst kürzlich geboren; er lag noch in der Wiege. Da trat Gott in das Haus und sagte zu der Frau: "Willst du, daß dein Sohn für immer stirbt, oder willst du, daß er für einige Zeit fortgeht und dann wiederkommt?" Die Frau hörte, was Gott ihr sagte. Einige Leute erzählen nun, die erste Mutter der Welt, die alte Zauberin, wäre zu der jungen Frau getreten und hätte ihr gesagt: "Wenn du den Wunsch aussprichst, daß das Kind für einige Zeit dich verlassen soll, so wird diese Zeit lange dauern, und du wirst dieses Kind nicht bald wiedersehen. Wenn du aber sagst, die Menschen sollen für immer sterben, so wirst du es bald wiedersehen." Einige Leute sagen, die erste Mutter der Welt hätte solche Worte der jungen Frau gesagt; andere berichten aber, die junge Frau wäre selbst mißtrauisch gewesen und hätte ohne die Mutter der Welt so gedacht.

Alle aber sagen, die junge Frau habe zu Gott gesagt: "Laß die Menschen sterben und nicht wiederkommen. Laß mich aber mein Kind bald wiedersehen." Darauf antwortete Gott: "Ich will deinen Wunsch erfüllen. Nimm von deinem Kinde Abschied. Denn nun soll dein Kind sterben. Du aber sollst, um dein Kind bald wiederzusehen, auch bald sterben." Da erschrak die junge Frau: "Ich bitte dich, Vater, so habe ich es nicht gemeint." Gott sagte: "Das erste Wort gilt."

Das Kind starb und bald nach ihm seine Mutter. Seitdem sterben die Menschen und kommen nicht zurück.


Copyright: arpa, 2015.

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