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Isländische Märchen


Illustrationen von Angelika Winkler

Märchen europäischer Völker


Dulurin

Einmal in alten Zeiten war Hungersnot auf den Färöern; ein großes Sterben war über die Schafe gekommen, das Korn war nicht reif und nichts war im Meere zu erfischen. In Wagar soll die Not am größten gewesen sein, denn es war lange her, daß sie etwas auf den guten Fischbänken westlich im Meere oder weiter draußen auf den Frühjahrsfischbänken gefangen hatten - nicht ein Bissen wurde gefangen -; sie versuchten auszurudern, kamen aber ganz leer nach Hause. Dort im Westen ging nun ein armer Mann schwermütig und kummergefesselt und klagte über seine Not; er hatte viele kleine Kinder, wußte sich aber keinen Rat, wie er sich einen Bissen verschaffen sollte, um ihn in den Mund der Kinder zu legen. Während er so in Trübsinn und Ratlosigkeit ging und über das Schicksal klagte, das so hart war, daß er seine Kinder verhungern lassen müsse und selbst verhungern solle, begegnete er einem Huldrenmann, der ihn fragte, warum er so schlechter Stimmung sei und was er für Sorgen habe. Der Wagmann gestand ihm nun, wie schlecht es mit ihm stehe. Der Hulder antwortete ihm, daß es seine Sünde sei, daß er solche Not leiden solle, denn der Fisch würde nicht ausgehen, wenn sie ihn nur zu finden vermöchten, und darum wolle er ihm nun sagen, wie man die Fischbank finden solle: »Fluß im Tal -Hügel auf Hardawöll, Bächlein auf der Zunge (Vorgebirge) —hier sollst du Fische fangen -Eisen gekaut und getreten - wer dort nichts fängt, ist todgeweiht.«

Aber als der Hulder das gesagt hatte, verschwand er plötzlich, ohne diese dunklen Worte und unbekannten Namen zu deuten. Doch prägte sich der Mann gut ein, was gesagt worden war, und begann darüber zu grübeln, und endlich glaubte er einigermaßen erraten zu haben, wo die Fischbank liegen könne; alte Leute im Dorf kannten die Namen und wußten ihm zu sagen, wo diese Zeichen zu finden seien. Aber nun galt es noch zu erfahren, warum der Hulder >Eisen gekaut und getreten gesagt hatte. Schließlich fiel ihm ein, daß gekautes Eisen das Mundstück an einem Zaum sein könnte und getretenes Eisen könnte ein Hufeisen sein; das nahm er und machte sich Angeln daraus. Als er nun damit fertig



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war, bemannten sie ein Boot zur Ausfahrt und fanden die Fischbank so, wie der Wagmann die Worte des Hulders gedeutet hatte. Er gab allen Bootmännern die Angeln, die er selber aus Mundstücken und Hufeisen geschmiedet hatte, und dann warfen sie aus. Sie waren auf die rechte Bank gekommen und hatten nicht länger als eine kleine Weile gesessen, so war das Boot bis zum Versinken voll von Fischen. Sie ruderten fröhlich von der Fischbank heim, die noch heutzutage Dulurin nach dem Hulder heißt; dorthin fahren die Leute noch immer. Auf der Heimfahrt ruderten die Wagmänner an einem Boote vorbei, das sie nicht kannten, und das war ein Hulderboot; der Vormann erhob sich vom Sitze und sagte zum Wagmann: »Ein Glückskind bist du, gut war es gedeutet, und gut war die Fischbank getroffen.» Das Boot verschwand da aus ihrem Gesichtskreis und wurde nicht mehr gesehen. Aber die Fischer aus Wagar waren froh, etwas zu haben, um es den Weibern und Kindern diesen Abend und später geben zu können.


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