Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Isländische Märchen


Illustrationen von Angelika Winkler

Märchen europäischer Völker


Das Loch der Riesin

Westlich von Sandsbygd geht ein großes Loch in die Erde hinab, das Loch der Riesin genannt, denn es wohnt eine Riesin darin. Einmal stieg ein Mann aus dem Dorf auf den Grund des Loches, um die Riesin aufzusuchen. Die Fahrt verlief gut, und er sah dort eine übergroße Alte stehen und Gold in einer Mühle mahlen; ein kleines Kind saß drinnen bei ihr und spielte mit einer Goldrolle. Die Alte war blind, und deshalb wagte sich der Mann so still vorwärts zur Mühle und nahm von dem Golde, das sie mahlte, an sich. Die Riesin sah und hörte nichts von ihm, aber merkte doch an sich, daß sich etwas Böses zutragen müsse, und sagte deshalb: »Entweder ist das die Maus, die herumläuft, oder der Dieb, der stiehlt - oder geht mir Alten das Mahlen nicht recht.« Der Mann ging nun mit dem Golde weg von ihr, nahm dem Kinde die Goldrolle und schlug es auf den Kopf, das jämmerlich zu weinen begann. Als die Riesin dies hörte, ahnte ihr Böses, und sie sprang auf die Füße, tastete nun in der ganzen Höhle nach ihm, aber fand niemanden, denn der Mann war längst aus der Höhle hinaus, war auf das Pferd gestiegen und jagte mit verhängten Zügeln schleunigst heim mit dem Golde.

Die Riesin rief daher so laut wie möglich nach ihrer Nachbarin, erzählte ihr von ihrem Unfall und bat sie, ihr den Dieb fangen zu helfen. Sie war nicht faul zu Fuß, ihm nachzurennen, schritt über den Teich so gewaltig, daß die Fußspuren heute noch im Felsen gesehen werden, je eine auf jeder Seite des Teiches; sie werden die Spuren der Riesin genannt. Er war so weit entkommen, daß ein tüchtiges Stück Wegs zwischen ihnen lag. Als er zum Wolismoor kam, da war die Riesin ihm so nahe gekommen, daß sie den Schwanz des Pferdes erreichen und packen konnte, und sie ließ ihn nicht los, sondern hielt das Roß in der Bewegung auf; der Mann spornte das Roß so hart, daß es einen Sprung vorwärts machte, aber der Schwanz riß ab, weil die Riesin sich fest auf den Beinen hielt und Kraft hatte, zu widerstehen; das Roß fiel und der Mann kopfüber von ihm -da sah man die Kirche, und der Mann war gerettet. Die Riesin, die da keine Gewalt über ihn hatte, mußte umkehren.



Bd-06-262_Maerchen von den Faeroeern Flip arpa

Noch immer hört man über dem Riesinnenloch, wie die alte blinde Riesin in der tiefen Höhle Gold mahlt.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt