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Isländische Märchen


Illustrationen von Angelika Winkler

Märchen europäischer Völker


Das Mädchen von Galtalaek

Einmal hatten Achter ein Mädchen aus Galtalaek im Bezirke Landsveit geraubt. Sie verbanden ihr die Augen und schleppten sie einen Tag lang mit fort. Am nächsten Tage aber konnte sie den Hekla erkennen und schloß daraus, daß sie am Flusse Kaldakwisl aufwärts gebracht wurde. Nach drei Tagen kamen sie zu der Wohnung der Achter. Es waren ihrer vierzehn im ganzen. Einer, der der älteste war, war ihr Hauptmann und zugleich ihr Pfarrer. Einige von den Achtern waren aus bewohnten Gegenden geflohen, einige aber waren durchaus Gebirgsmänner. Sie stellten dem Mädchen nun frei, welchen von ihnen sie heiraten wolle. Sie aber wählte keinen von ihnen, und es zwang sie auch niemand dazu. Aber sie behielten sie bei sich, damit sie für das Essen und die Bedienung sorge. Sie hatten schon früher zwei Mädchen gestohlen, aber die waren beide jetzt tot.

Alle vier Jahre reisten sie nach einem Handelsplatz, und dann ging auch ihr alter Hauptmann mit ihnen, sonst aber nicht. Er ritt dann auf einem großen, schnellen, graugescheckten Pferd. Zwei oder vier von den Achtern blieben dann immer daheim. Außerdem machten sie in jedem Herbst eine dreitägige Reise nach Schlachtvieh. Sie blieben immer bei diesen Gewohnheiten, aber ihren Wohnort verlegten sie öfters, damit man sie nicht so leicht finden könne. Der alte Hauptmann tat alles, um dem Mädchen den Aufenthalt angenehm zu machen, aber es gefiel ihr



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niemals dort bei den Achtern. Er bat sie, sich wenigstens, solange er lebte, zufrieden zu geben, und sagte, er werde schon dafür sorgen, daß sie nach seinem Tode in die bewohnte Gegend zurückkäme.

Als das Mädchen nun zwölf Jahre bei ihnen gewesen war, kam es ihr vor, als ob der Alte doch recht lange am Leben bliebe. Einmal im Herbst war das Wetter ganz besonders schön. Da machte es dem alten Hauptmann Vergnügen, diesmal mit den andern auf seinem Grauscheck mitzureiten. Sie ließen das Mädchen allein zurück, denn sie hatten keine Angst, daß sie sie hintergehen könne. Sie blieben eine ganze Woche fort und waren matt und müde, als sie heimkehrten.

Aber inzwischen hatte das Mädchen eine Menge Brennholz herbeigebracht und auf dem Hofplatz abgelagert. Und als die Achter nun zu Bett gegangen und eingeschlafen waren, trug sie das Holz in den Hausgang und baute große Haufen davon vor alle Fenster. Dann steckte sie alles in Brand und ging nicht eher fort, als bis alles lichterloh brannte. Dann sattelte sie den Grauschek im Stall, führte ihn am Zügel heraus und schwang sich auf seinen Rücken. Aber sie konnte ihn nicht von der Stelle bringen, bis sie auch noch Hut und Mantel des alten Hauptmanns genommen hatte. Als sie aufbrach, ritt sie noch einmal am Feuer vorbei. Indem stürzten zwei Männer aus den Flammen hervor. Der eine brach sogleich tot zusammen, der andere aber kam noch zwei bis drei Klafter durch das Feuer hindurch und sank dann um; dies war der alte Hauptmann. Da fiel sein Blick auf das Mädchen, und er sah ihr weinend nach, wie sie auf dem Grauschek davonritt.

Sie hielt nun auf ihrer Reise nicht an, bevor sie in ihre Heimat kam. Aber über ihre Tat wurde übel geurteilt. Sie war nirgendwo gern gesehen und hatte auch wenig Glück noch in ihrem Leben.


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