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Isländische Märchen


Illustrationen von Angelika Winkler

Märchen europäischer Völker


Die drei Schwestern

Es lebten einmal ein Bauer und seine Frau in ihrer Hütte, und sie hatten drei Töchter. Die ältere hieß Signy, die zweite Vigny und die jüngste hieß Helga. Diese wurde ihren Schwestern sehr nachgesetzt und mußte darum immer in der Asche liegen. Einmal ging in der Hütte das Feuer aus. Da ward Signy fortgeschickt, um Feuer zu holen. Sie kam an einer Frau vorbei, die Brot buk, und sagte:

»Es backe die Frau ihr Brot,
Sie backe es schlecht.
Und jedes andre Werk soll ihr noch schlechter gelingen,
Aber ich will Feuer haben.«


***
Da antwortet die Frau am Backofen:
»So werde dein eines Auge
So groß wie mein größtes Brot.
Und geh du nur weiter!«


***
Signy ging weiter und kam nun zu einer Frau, die ein Gewebe webte, und Signy sagte:



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»Es webe die Frau ihr Tuch,
Aber sie webe es schlecht.
Und jedes andre Werk soll ihr noch schlechter gelingen,
Aber ich will Feuer haben.«


***
Darauf sagte die Frau am Webstuhl:
»Niemals sollst du Feuer bekommen.
Aber es werde die Nase an dir
So groß wie mein Webeschiff.
Und geh du nur weiter!«


***
Signy ging weiter, und sie kam nun zu einer Frau, die einen Saum säumte, und Signy sprach:
»Es säume die Frau den Saum,
Aber sie säume ihn schlecht.
Und jedes andre Werk soll ihr noch schlechter gelingen,
Aber ich will Feuer haben.«


***
Darauf antwortete die Frau:
»Niemals sollst du Feuer bekommen.
Aber es werde dein anderes Auge
So klein wie mein kleinstes Nadelöhr.
Und fahr du nun heim!«


***
So kam Signy unverrichteter Dinge nach Hause und brachte kein Feuer mit, und die Eltern waren entsetzt über ihre Häßlichkeit. Sie schickten nun die zweite Tochter Vigny aus, um Feuer zu holen. Aber ihr erging es nicht besser, und es verlief alles genauso wie das erstemal. Schließlich machte sich Helga auf den Weg, und wie sie zu der Frau kam, die Brot buk, da sagte sie freundlich:
»Es backe die Frau ihr Brot
Und sie backe es gut.
Und jedes andre Werk soll ihr noch besser gelingen,
Aber ich will Feuer haben.«



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***
Da sagte die Frau am Backofen:
»Gerne sollst du es haben,
Aber geh nur weiter.«


***
Da ging Helga weiter und kam zu einer Frau, die ein Gewebe webte, und Helga sagte zu ihr:
»Es webe die Frau ihr Tuch
Und sie webe es gut.
Und jedes andre Werk soll ihr noch besser gelingen,
Aber ich will Feuer haben.«


***
Da sagte die Frau am Webstuhl:
»Gerne sollst du es haben,
Aber geh du nur weiter.«


***
Da ging Helga weiter und kam zu einer Frau, die einen Saum säumte, und Helga sprach:
»Es säume die Frau den Saum,
Und sie säume ihn gut.
Und jedes andre Werk soll ihr noch besser gelingen,
Aber ich will Feuer haben.«


***
Da gab ihr die Frau das Feuer und zugleich auch einen Kasten. Den sollte sie daheim sorgfältig verstecken und erst am Hochzeitstage aufmachen. Und die Frau sagte ferner, daß Helga sie und die beiden andern Frauen, die ihre Schwestern seien, durch ihre Freundlichkeit von einem schweren Fluche erlöst habe. Und zum Lohne würde ihr Bruder, der ein mächtiger König sei, dereinst kommen und sie heiraten.

Nun ging Helga mit dem Feuer heim, aber sie ward daheim noch schlechter als sonst behandelt. Es ging nun ein Jahr dahin, ohne daß sich etwas Besonderes ereignet hätte. Da kam eines Tages ein wunderschöner König zu der Hütte des Bauern und fragte den Alten nach seinen Töchtern. Der Mann führte die beiden ältesten Mädchen, Signy und Vigny, zu dem König in die Stube. Aber der König war über ihre



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Häßlichkeit so entsetzt, daß er sie zum Zimmer hinauswies. Dann fragte er nach der jüngsten Tochter, und wie sehr auch der Bauer sich sträubte, er mußte sie hereinrufen. Helga aber hatte den Kasten geöffnet und herrliche Kleider darin gefunden und kam nun in fürstlichem Gewande herein. Da setzte der König sie auf sein Knie und erklärte sie für seine Braut.


Copyright: arpa, 2015.

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