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Isländische Märchen


Illustrationen von Angelika Winkler

Märchen europäischer Völker


Eine Pfarrerstochter mit einem Huldren verheiratet

Ein Pfarrer irgendwo hatte eine heiratsfähige Tochter. Einmal war die Rede von den Huldrenleuten oder Elben; da sagte die Pfarrerstochter: »Das gälte mir gleich, ob ich einen Elbenmann bekäm, wär's nur ein hübscher Kerl!«Der Pfarrer gab seiner Tochter eins auf den Mund und sagte, sie schwätze Unsinn.

Kurz danach sah ein Kind des Pfarrhofs einen Mann an die Haustür reiten, absteigen, hineingehen und die Pfarrerstochter bei der Hand nehmen, sie hinausführen, sie auf das Pferd setzen und mit ihr davonreiten. Sie wurde dann an allen nur erdenkbaren Orten gesucht, aber



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nirgends gefunden. —Dann wird erzählt, wie drei Winter später der Schafhirt, der schon lange beim Pfarrer war und der die Tochter ins Herz geschlossen hatte, sich mit der ganzen Herde verirrte, in ein Schneegestöber kam und alle Schafe verlor. Er selbst kam zuletzt an eine Bauernhoftür, die er nur undeutlich erkannte. Ein starker Mann stand vorn an der Tür und bot ihm Quartier an. Der Knecht sagte, er wolle es nehmen, jammerte aber sehr über die verlorenen Schafe. Der Bauer meinte, die würden sich schon wiederfinden, und führte den Gast hinauf in die geheizte Wohnstube. Dort sah er einen alten Mann und eine alte Frau, und zwei Kinder spielten auf dem Boden. Dann erblickte er auch die Pfarrerstochter, und sie schien ihm die Frau des Bauern zu sein, der ihm das Quartier geboten hatte. Er wurde aufs beste bewirtet und zuletzt in den Hausraum unter der Wohnstube geführt.

Dort kam die Pfarrerstochter zu ihm, bat ihn, sie nicht zu verraten und ihrer Mutter einige Schmucksachen in einem ledernen Beutel zu überbringen und ihr zu sagen, daß sie hier jeden Abend ihre Gebete sprechen dürfe. Da fragte sie der Knecht, ob sie denn auch jemals in die Kirche komme. Sie sagte, da komme sie ebensooft hin wie er selbst, sie habe da den vordersten Platz an der Kanzel, und ihr Mann sitze zunächst dem Altare. Da fragte der Schafhirt, wie dies denn möglich sei, da sie doch keiner bemerke. Sie sagte, das komme daher, daß sie immer schon vor dem Segen die Kirche verließen. Indessen bat sie inständig, dies alles niemand zu sagen und nur der Mutter den Beutel zu geben, sonst würde er großes Unglück davon haben.

Er versprach das, und am Morgen brachte ihm der Bauer all sein Vieh zurück, das er in der Nacht zum Heu hineingetrieben hatte. Auf Irrwegen kam er mit seinen Schafen wieder heim, doch war der Weg diesmal nicht sehr weit.

Aber er hielt da sein Versprechen nicht besser, als daß er alles sofort haarklein erzählte, was er auf seiner Fahrt erfahren hatte. Der Pfarrer aber faßte den Entschluß, seine Gemeinde zu warnen, daß sie sich nicht wundern möchten, wenn er am nächsten Sonntag den Segen eher spräche als gewöhnlich; denn er wollte auf diese Weise versuchen, seine Tochter wiederzugewinnen.

Es wird berichtet, daß ihm das auch geglückt sei, aber auf ihre innigen Bitten habe er sie wieder loslassen müssen, da sie sagte, es würde nur schlimmes Unheil daraus entstehen. Auch sei ihr Mann zu ihr so



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freundlich, daß es ihr der größte Schmerz sein würde, seine Liebe zu missen. Aus dem Schafhirten aber soll ein sehr unglücklicher Mensch geworden sein.


Copyright: arpa, 2015.

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