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Märchen aus Dänemark Norwegen und Schweden

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Torre Jeppe

Im Schiff einer Kirche saß jede Nacht ein Gespenst mit Namen Torre Jeppe. Es war ein vertrockneter Leichnam, der nicht verwesen konnte. Eines Abends waren drei Schneider an ihrer Arbeit in einem



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Bauernhof dort in der Nähe. Sie schwatzten und scherzten, und unter anderm fragten sie das Mädchen im Hause, die als gar nicht furchtsam bekannt war, was man ihr geben müsse, damit sie in die Kirche gehe und Torre Jeppe hole. Das traue sie sich wohl, war die Antwort, aber sie wolle für ihre Mühe ein Kleid aus handgewebter Wolle haben. Das solle sie gewiß bekommen, sagten die Schneider, denn sie glaubten nicht, daß das Mädchen eine solche Sache wagen werde. Aber sie nahm die Schneider beim Wort und ging wirklich. Als sie in die Kirche kam, nahm sie Torre Jeppe auf den Rücken, trug ihn heim und setzte ihn auf die Bank neben die Schneider. Die drückten sich ängstlich zur Seite, aber Torre Jeppe rückte ihnen nach und schaute sie mit seinen großen Augen an, daß sie fast den Verstand verloren. In ihrer Angst baten sie das Mädchen, sie solle sie um Gottes willen von dem Gespenst befreien. Sie wollten ihr gerne noch ein Kleid dazugeben, wenn sie nur den Toten wieder wegtragen wolle. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen, sondern nahm Torre Jeppe auf den Rücken und schleppte ihn wieder davon.

Als sie ihn wieder dorthin setzen wollte, wo sie ihn geholt hatte, wollte er sie nicht loslassen, sondern schlang seine Arme fest um ihren Hals. Sie bat ihn mehrmals vergebens: »Laß mich los, Torre Jeppe!« Schließlich sagte er: »Ich lasse dich nicht eher, bis du mir versprichst, daß du noch in dieser Nacht an den Steg am Bach gehen willst und dreimal fragen: >Anna Perstochter, verzeihst du Torre J eppe<?« Das Mädchen versprach nach seinen Worten zu tun, und sogleich ließ er sie los. Es war eine ganze Meile bis zum Bach, aber sie ging hin und fragte dreimal mit lauter Stimme, wie sie versprochen hatte: »Anna Perstochter, verzeihst du Torre Jeppe?« Als sie das zum drittenmal gerufen hatte, antwortete eine Frauenstimme aus dem Wasser: »Wenn Gott ihm verzeiht, so vergebe ich ihm auch!«

Als das Mädchen wieder in die Kirche kam, fragte Torre Jeppe eifrig: »Was hat sie gesagt?« —»Ja, wenn Gott euch verzeiht, so will sie euch auch verzeihen!« Da dankte Torre Jeppe ihr und sagte: »Komm wieder, bevor die Sonne aufgeht, da sollst du den Lohn bekommen für den Dienst, den du mir geleistet hast.« Das Mädchen kam bei Sonnenaufgang wieder, und da fand sie auf der Stelle, wo das Gespenst



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gesessen hatte, einen Scheffel Silbergeld. Dazu bekam sie noch von den Schneidern die zwei Kleider, die sie versprochen hatten. Aber Torre Jeppe ließ sich nie mehr sehen.


Copyright: arpa, 2015.

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