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Märchen aus Dänemark Norwegen und Schweden

Märchen europäischer Völker


Die Prinzessin auf dem Glasberg

Da lebte einmal vor vielen vielen Jahren ein mächtiger König, der nebenher auch ein großer Jäger war. Nichts liebte er mehr, als draußen in den Wäldern mit seinen Männern vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein zu jagen. Mit Pfeil und Bogen erlegte er so manches wilde Tier, denn davon gab es zu jenen Zeiten sehr viele in den Wäldern. Seine Jäger priesen ihn laut, sie sagten, niemals habe es wohl auf der Welt einen größeren Nimrod gegeben als ihren tapferen König. Der fühlte sich geschmeichelt, wenn sie so sprachen, und er schwor, daß er nie von einer Jagd ohne Beute heimkehren wolle.

Aber eines Tages geschah es dann doch, daß er vom Morgengrauen bis tief in die Dämmerung hinein draußen blieb, ohne auf irgendein Tier zu stoßen, das zu jagen gelohnt hätte. Da, als sie schon den Heimweg angetreten hatten, sah er, wie etwas sich zwischen den Bäumen bewegte. Sofort befahl er die Verfolgung, und als er und seine Leute näher und näher an das Fliehende herangekommen waren, erkannten sie einen seltsam ausschauenden Zwerg mit wirrem



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langem Bart und Haar; wirr, stachlig sah er aus wie ein Heuschober. Er war nur mit einem über die Schultern gelegten Bärenfell bekleidet. Der König befahl seinen Leuten, dieses merkwürdige Männchen nicht zu töten, sondern es einzufangen und ins königliche Schloß mitzunehmen.

Es war Brauch, daß der König und sein Gefolge jedesmal, wenn sie vom Jagen heimkehrten, den Abend festlich begingen. Als nun nach dem Essen das Trinkhorn kreiste, unterhielten sich alle von den Abenteuern des verflossenen Tages. Aber in dieser Nacht merkten die Männer, daß ihr König nicht so heiter war wie sonst und daß er viel zuviel trank. Deutlich spürten alle, daß er schlechter Laune war.

Schließlich fragte er laut: »Konnte bisher je von mir gesagt werden, daß ich mit leeren Händen von der Jagd zurückkäme?« »Wer könnte das behaupten! Nie bist du ohne Beute heimgekehrt!« riefen alle zugleich voller Entrüstung.

»Du bist der größte aller Jäger! Heute hast du sogar einen Zwerg, etwas ganz Seltenes eingefangen«, meinte einer von ihnen. »Ist das nicht viel wertvoller als ein Eber oder ein Bär?«

»Hast du schon einmal gehört, daß sonst irgendwer einen solchen Gefangenen gemacht hat?«fragte ein anderer. Nun begannen die Männer sich einander vorm König in Schmeicheleien zu überbieten. »Ich habe nichts weiter als so einen komischen Kerl gefangen«, sagte der König, »und was sollte der mir schon nützen?«

»Warum ihn nicht so unterbringen, daß jeder ihn besichtigen und daran erkennen kann, was für ein mächtiger Jäger du bist?« meinte einer der Leute.

»Das ist ein guter Gedanke«, erwiderte darauf der König und leerte sein Horn bis zum letzten Tropfen. »Ich will für ihn einen Käfig oder eine kleine Hütte einrichten und ihn darin hinter Schloß und Riegel halten. Wehe, wenn irgend jemand es einmal wagen sollte, ihn herauszulassen! Er wird mit dem Tode bestraft, und wäre es selbst mein eigener Sohn.« Bei diesen Worten schlug der König mit der Faust auf den Tisch, damit seine Leute auch überzeugt wären, daß er unweigerlich zu seinem Schwur stehen werde. Verblüfft sahen diese sich an. Nie hatten sie ihren König so sprechen hören.



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Am nächsten Tag fiel dem Herrscher wieder ein, was er in der vorigen Nacht gesagt hatte. Er befahl einigen Handwerkern, eine kleine Hütte aus Baumstämmen zusammenzuschlagen. Es gab darin keinerlei Fenster, sondern nur eine kleine runde Öffnung, durch die dem fremdartigen kleinen Mann Nahrung gereicht werden konnte. Die Tür hatte sowohl Schloß wie auch Riegel, und den Schlüssel dazu trug der König selber bei sich.

Als die Hütte fertig war, wurde der Zwerg darin eingesperrt, und es bestand für ihn keinerlei Aussicht, je zu entkommen, denn davor wurden bei Tag und Nacht zwei Wachen aufgestellt. Der König und seine Leute gingen dann und wann zu der Hütte, um sich das kleine Geschöpf anzuschauen. Auch so mancher Reisende hielt an und guckte durch die Öffnung, um einen Blick auf den fremdartigen Zwerg werfen zu können. Aber nie hörte jemand ihn klagen oder auch nur ein einziges Wort von sich geben.

So verging die Zeit, und eines Tages kam ein Bote von einem anderen König, um Hilfe gegen einen grausamen Feind zu erbitten, der sein Land zu verwüsten drohte. Der König, der Abenteuer sehr liebte, rief sogleich seine Krieger zusammen und erklärte ihnen, daß es gelte, in den Krieg zu ziehen. Als sein Schiff Segel gesetzt hatte, rief er die Königin zu sich und sprach: »Nun lege ich das Ergehen von Volk und Land in deine Hand, und ich weiß, daß ich mich dabei wie stets und bei allem auf dich verlassen kann. Aber auf etwas mußt du nun ganz besonders achten. Passe ja gut auf den Zwerg auf, während ich fort bin! Hüte du selber den Schlüssel zu seiner Hütte!« Und mit diesen Worten bändigte er ihr diesen aus. Sie nahm ihn und befestigte ihn bei den anderen Schlüsseln an dem großen Schlüsselbund, das sie stets an ihrem Gürtel trug. Und sie versicherte ihm, er könne gewiß sein, daß der Zwerg sorglich bewacht werde.

Sie begleitete ihn noch zum Schiff und winkte zum Abschied so lange, bis die Flotte am fernen Horizont verschwand.

Der König und die Königin hatten nur ein einziges Kind, einen kleinen Sohn, den sie über alles liebten. Er war ein hübsches fröhliches Kerlchen, das besonders gern auf seinem Pony ritt oder in den königlichen Gärten spielte, die sich rund um das Schloß hinzogen.



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Eines Tages spielte er nahe der Zwergenhütte mit einem goldenen Apfel. Er warf immerzu den Apfel hoch in die Luft und fing ihn wieder auf. Dann entdeckte er, daß es noch viel mehr Spaß machte, den Ball gegen die Hüttenwand zu werfen und aufzufangen. Dabei geschah es nun überraschend, daß der Ball genau die Öffnung traf und in die Hütte hineinfiel. Doch fast im gleichen Augenblick warf ihn das Zwerglein dem Knaben wieder nach draußen. >Oh, das ist aber mal ein hübsches Spiel<, dachte der kleine Prinz und warf den goldenen Apfel wieder durchs Loch hinein. Und sofort wurde er von dem Männlein zurückgeworfen, und der Prinz fing ihn draußen auf, ehe er zu Boden fallen konnte.

Wieviel Spaß machte ihm jetzt das Spiel! Doch schon im nächsten Augenblick wechselte seine Freude in Kummer, denn mit einem Male warf der Zwerg ihm den Apfel nicht mehr zu.

»Wirf mir meinen goldenen Apfel her! Wirf meinen goldenen Apfel heraus!« rief der Prinz. Aber der Zwerg stand nur vor der Öffnung in der Wand, sprach kein Wort und starrte den Prinzen regungslos an.

»Das ist aber nicht recht von dir, daß du meinen kostbaren Apfel behältst«, rief der kleine Junge und schluchzte.

»Ist es etwa recht von deinem Vater, mich hier wie ein Tier eingesperrt zu halten?«fragte der Zwerg. »Ich sage dir, nie wirst du deinen goldenen Apfel wiederbekommen, wenn du mich nicht freiläßt.«

»Oh, mein schöner, mein herrlicher goldener Apfel, ich muß ihn wiederhaben, ich muß ihn wiederhaben!«rief der Prinz. »Aber wie kann ich dich denn herauslassen? Da ist ja ein Schloß und ein Riegel an der Tür, und ich habe keinen Schlüssel.«

»Höre, was ich dir sage, aber komm näher an die Öffnung, damit die Wächter uns nicht hören können.«

Der Prinz trat dicht heran, und der Zwerg sprach zu ihm: »Geh zu deiner Mutter und bitte sie, dir die Haare zu kämmen. Während sie dabei ist, lehne deinen Kopf an ihren Schoß, so daß du genau sehen kannst, an welcher Stelle sie den Schlüssel aufbewahrt, und dann mache ihn von ihrem Schlüsselbunde los! Versteck ihn unter deinen Kleidern und komm rasch hergelaufen! Sobald du siehst, daß die



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Wachen gerade kehrtmachen, kannst du aufschließen und nachher genauso wieder abschließen und alles wie vorher richten.«

»Nein, nein, das kann ich nicht, das wäre nicht recht«, sagte der Prinz.

»Ja meinst du denn, daß es recht ist, mich hier gefangenzuhalten? Aber wie du willst, wenn du deinen goldenen Apfel nicht wiederhaben magst, bleibt eben alles genauso, wie es ist.«

Der kleine Prinz wollte aber seinen goldenen Apfel nicht verlieren, und außerdem dachte er, es wäre doch wirklich nicht so schlimm, den armen Zwerg, der so lange Zeit schon eingesperrt war, frei zu lassen.

Er lief zu seiner Mutter hinein und bat sie, ihm die Haare zu kämmen, die beim Spielen ganz zerzaust worden waren. Er fand den Schlüssel an ihrem Bund, hakte ihn leise ab und verbarg ihn unter seinem Wams. Kaum hatte seine Mutter ihm die Haare geordnet, lief er hinaus; und da die Wachen in lebhafte Unterhaltung über ein Schachspiel vertieft waren, konnte er sich an die Hütte heranschleichen. Er zog den großen Schlüssel unter seinem Wams hervor und schloß auf. Dann schob er den Riegel zurück, und der Zwerg schlüpfte heraus. Er gab dem Prinzen seinen goldenen Apfel und sagte: »Habe Dank, Prinz! Ich werde niemals vergessen, was du für mich getan hast. Vielleicht kommt einmal die Zeit, in der du meine Hilfe brauchst. Du mußt nur sehr stark an mich denken und, sei versichert, ich werde sofort zu dir kommen und alles, was ich nur vermag, für dich tun, um dir zu helfen. Bis dahin lebe wohl!«Und schon eilte das Zwerglein dem Walde zu.

Es gelang dem Prinzen, den Schlüssel unbemerkt dahin zurückzubringen, woher er ihn genommen hatte, und er hoffte, es würde noch einige Zeit dauern, bis man die Flucht des Zwerges entdeckte. Aber mit dem goldenen Apfel zu spielen, das machte ihm nun gar keine Freude mehr.

Es dauerte gar nicht lange, und es wurde bemerkt, daß der Zwerg entkommen war. Als ein Diener wie gewöhnlich mit dem Essen zu der Hütte des Männleins ging, war niemand mehr da, dieses entgegenzunehmen. Er rief laut: »Kleiner Mann! Kleiner Mann!« und klopfte an die Tür, aber er bekam keinerlei Antwort. Es waren drinnen



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keine Schritte zu hören. Er bekam es mit der Angst, daß der Mann nicht mehr drinnen wäre oder ihm etwas zugestoßen sei. Deswegen lief er eiligst zur Königin, um ihr zu berichten: er fürchte, der kleine Mann wäre entflohen.

»Unmöglich«, lächelte die Königin, »hier an meinem Bund ist der Schlüssel, und draußen stehen die Wachen. Hab keine Sorge! Wir wollen gleich einmal nachsehen, was mit ihm geschehen ist.« Sie hieß den Diener, ihr zur Hütte des Zwerges zu folgen, und ein paar kräftige Knechte schlossen sich noch an. Die Königin öffnete die Tür, und sie schauten alle hinein. Da war nichts mehr von dem Zwerg zu sehen.

Nun wurde die Königin sehr zornig. Sie rief alle Dienerschaft zusammen, teilte sie in Gruppen ein und sandte sie in den verschiedensten Richtungen waldwärts, um nach dem kleinen Mann zu suchen. Aber alle kehrten zurück, ohne die geringste Spur von ihm entdeckt zu haben. Nach mehreren Tagen ständigen Suchens mußten sie aufgeben und kehrten zu ihren täglichen Pflichten zurück.

Bald darauf erhielt die Königin Nachricht, daß ihr Mann dem anderen König erfolgreich geholfen habe, dessen Feind aus dem Lande zu vertreiben, und nun seine Heimkehr jeden Tag vor sich gehen könne. Im Grunde hätte die Königin über diese gute Nachricht sehr erfreut sein müssen, aber sie war schwer bedrückt von dem Gedanken, was wohl geschehen werde, sobald der König das geheimnisvolle Verschwinden des Zwerges erführe. Als sie hörte, daß das Schiff des Königs sich der Küste nähere, nahm sie ihren kleinen Sohn an die Hand und ging mit ihm zum Hafen hinunter, um den Gatten willkommen zu heißen. Da hatte sich schon eine große Menschenmenge angesammelt, die auch ihren siegreichen König begrüßen wollte.

Der König kam an Land, winkte dem Volke freundlich zu und küßte Königin und Sohn. Dann fragte er die Königin, ob im Lande alles in Ordnung sei. Sie antwortete, ja, alles sei in Ordnung. Dann fragte der König noch, was denn der Zwerg mache. Die Königin wurde auf der Stelle schneeweiß und mußte nun berichten, was sich ereignet hatte. Sie erzählte, daß niemand schuldig sei, daß sie stets den Schlüssel an ihrem Bund gehabt habe und die Wächter jederzeit ihrer



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Pflicht nachgekommen seien. Sie könne sich einfach nicht vorstellen, wie es geschehen sei.

»Oh, das werden wir schon sehen«, war alles, was der König antwortete.

Am folgenden Tag mußte ein jeder zum Kreuzverhör in die große Halle kommen. Auch der kleine Prinz mußte sich, wie alle anderen, einfinden.

»Aber selbstverständlich weißt du ja nichts von der ganzen Sache, nicht wahr?« sagte der König zu ihm. Zuerst gab der Knabe keine Antwort, dann aber bekannte er offen:

»Selbst wenn ich deswegen sterben muß, ich kann nicht lügen. Ich war es, der den kleinen Mann frei ließ, und niemand außer mir ist dafür verantwortlich.«

Die Königin und ebenso der König wurden jählings weiß wie Leinen. Alles war totenstill, liebte doch jeder den kleinen Prinzen. Schließlich sprach der König: »Niemals soll von mir gesagt werden, daß ich mein Wort nicht halte. Ich habe gesagt, derjenige müsse sterben, der dem Zwerg zur Flucht verhelfe, und wäre es mein eigener Sohn. So geschehe es also.«

Er rief zwei Diener und befahl ihnen, den Knaben in den Wald zu führen und dort zu töten. »Und bringt mir sein Herz, damit ich sehe, daß ihr meinen Befehl ausgeführt habt!«

Die zwei Männer mußten gehorchen, so ungern sie auch diesen Auftrag ausführten. Sie nahmen den kleinen Prinzen zwischen sich und verließen das Schloß. Sie gingen in den Wald, um dem Befehl des Königs nachzukommen, aber von Zeit zu Zeit hielten sie immer wieder einmal an; sie brachte es einfach nicht übers Herz, den kleinen Jungen zu töten. Tiefer und tiefer kamen sie in den Wald, ohne noch ein einziges Wort zu sprechen. Zuletzt sahen sie einen Schweinehirten, der seine Herde entlangtrieb, und da sagte einer der Männer zu dem anderen:

»Laß uns zu dem hingehen und ihm eins der Schweine abkaufen. Wir können es töten und sein Herz herausnehmen, um es dem König vorzuweisen, während wir den Prinzen freilassen.«

»Das ist ein guter Gedanke«, sagte der andere.

Sie gingen zu dem Schweinehirten, kauften von ihm ein Schwein, töteten



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das Tier und nahmen sein Herz heraus. Dann wandten sie sich zu dem Prinzen und sagten: »Nun lauf schnell fort, junger Prinz! Wir mögen den Befehl des Königs nicht ausführen. Aber du darfst dich in deines Vaters Königreich nie wieder sehen lassen. Du mußt weit weg wandern, damit hier keine Seele es erfahren kann, daß du noch am Leben bist. Uns kannst du trauen, wir verraten nichts; wenn man es je erführe, würden auch wir einen Kopf kürzer gemacht werden, weil wir dem König nicht gehorcht haben.«

Der kleine Prinz bedankte sich bei den gutherzigen Dienern und wandte sich rasch dem tiefsten Walde zu, während die beiden zum Schloß des Vaters zurückkehrten. Er wanderte immerzu und immerzu. Der dichte Wald schien nie zu enden. Zu essen hatte er nichts als Beeren und einige Nüsse, die an den Haselsträuchern hingen. Die Nacht kam, er kroch dicht an eine große alte Kiefer heran und schlief auf dem Moosboden. So wanderte er volle zwei Tage lang durch den schier endlosen Wald. Mitunter hatte er rechte Furcht, daß die wilden Tiere ihn finden und in Stücke reißen würden; aber glücklicherweise schien es, als nähmen diese gar keine Notiz von dem Jungen. Eines Tages gelangte er an einen ziemlich großen Hügel, auf dem mehrere hohe Bäume wuchsen. >Ich will hinaufgehen und auf einen dieser hohen Bäume klettern, um Ausschau zu halten, ob nicht irgendein Weg zu entdecken ist, der aus dem Wald hinausführt<, dachte er. Also kletterte er auf die höchste Kiefer, und als er deren Gipfel erreicht hatte, konnte er die Gegend weithin überblicken. In ziemlicher Entfernung sah er etwas, das wie ein großes, von Wällen umgebenes Schloß wirkte. >Dorthin muß ich gehen<, dachte er.

So machte er sich also in Richtung des Schlosses auf den Weg. Er wanderte fort und fort, und schließlich kam er aus dem Wald heraus. Als er an einem Feld vorüberging, sah er einen kleinen Jungen, der zwei Kühe hütete. Der Junge schien etwa in seinem Alter zu sein. Er trug einfache bäuerliche Kleidung. Der Prinz schaute an seinen eigenen Kleidern herab: sie waren, das muß man zugeben, ein bißchen mitgenommen, sahen aber doch noch recht ordentlich aus. Sein samtenes Wams, mit Peizwerk eingefaßt, verlieh ihm ein reiches Aussehen, wenn auch seine silberfarbenen Strümpfe bereits voller Löcher waren. >Ich kann nicht so vornehme Kleider anhaben, wenn



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ich versuchen will, auf dem Schloß irgendeine Arbeit zu bekommen<, überlegte er.

»Hallo, du!« rief er zu dem andern hinüber. Der Bauernjunge machte kugeirunde Augen, als er einen so vornehm angezogenen

Knaben sah. Der Mund blieb ihm vor Staunen offen.

Und der Prinz sagte:

»Gefallen dir meine Kleider?« Der Junge lächelte scheu: »Die sind einfach großartig.«

»Willst du sie gegen deine vertauschen?«fragte der Prinz.

»Du machst dich über mich lustig«, antwortete der Junge.

»Nein, ich meine es wirklich so. Magst du mit mir tauschen?«

»Oh, wie gerne!« sagte der Junge.

So tauschten sie also ihre Kleider. Und obgleich seine neuen Kleider zerrisen und gar nicht sehr sauber waren, freute sich der Prinz, sie zu haben. Er verabschiedete sich von dem Bauernjungen und wanderte auf das Schloß zu. Als er es schließlich erreichte, erfuhr er, daß es ein Königsschloß war, und er fragte, ob man irgendwelche Arbeit für ihn habe. Man antwortete ihm: »Wir würden noch einen Schafhirten gebrauchen, falls du das Handwerk verstehst.«Und der Prinz sagte ja, denn er dachte, das wäre wohl eine Arbeit, die er verrichten könne. So blieb er auf dem Königsschloß als einer der königlichen Schafhirten.

Jahre vergingen, und er wurde ein starker und schöner Jüngling. Hier und da kehrten seine Gedanken in seine frühe Kindheit zurück, und dann träumte er von großen Taten, die er doch nie würde ausführen dürfen. Doch die meiste Zeit hatte er viel zuviel zu tun, um noch an das Einst zurückzudenken, in dem er ein verwöhnter kleiner Prinz gewesen war.

Die Frau des Königs, in dessen Diensten der Prinz stand, starb und ließ ihren Gatten mit einer kleinen Tochter zurück. Der junge Schafhirt hatte sie oft in den Gärten und auf den Feldern in der Nähe des Schlosses spielen sehen. Er dachte -wie jeder, der sie sah -, sie wäre das süßeste kleine Mädchen, das es überhaupt gäbe. Sie hatte auch für den armen Jungen, der die königliche Herde hütete, stets ein freundliches Lächeln. Als sie heranwuchs, sprach ein jeder ebenso von ihrer Klugheit wie von ihrer Güte und Schönheit. Und jeder



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meinte, der Prinz, der sie einmal zur Frau bekäme, wäre glücklich zu preisen.

Als die Prinzessin sechzehn Jahre alt war, kamen Ritter, Prinzen und selbst Könige von nah und fern auf das Schloß, um die Hand der Prinzessin zu gewinnen. Aber sie verweigerte sie allen. Trotzdem blieben ihre Freier, die die Hoffnung nicht aufgaben, im Schloß. Und täglich kamen neue Freier hinzu. Bald waren es derart viel, daß der König nicht mehr wußte, was er mit ihnen allen anfangen sollte. Endlich verlor er die Geduld, ging zur Prinzessin und sagte: »Meine liebe Tochter, wenn du keinen dieser Prinzen wählen willst, dann werde ich es für dich tun. Aber tadle mich dann nicht, wenn es nicht der ist, den du selber dir gewünscht hast.« »O nein, nein! Tu das nicht!« rief die Prinzessin aus. »Wenn du darauf bestehst, daß ich einen von ihnen heiraten soll, so habe ich eine weit bessere Idee. Ich will die Gewißheit haben, daß mein Gatte der tapferste und edelste von allen Rittern ist. Damit ich das feststellen kann, muß er es fertigbringen, in voller Rüstung den Glasberg, der nahe beim Schlosse liegt, hinaufzureiten und einen goldenen Apfel aus meiner Hand entgegenzunehmen. Nur denjenigen, der diese Probe besteht, will ich heiraten und keinen anderen.« Als er das hörte, war der König sehr froh und meinte, seine Tochter habe gut und klug gesprochen.

Und nun mußte alles für den großen Wettkampf vorbereitet werden. Der König hatte im eigenen Lande wie in vielen anderen Ländern bekanntmachen lassen, daß derjenige Ritter die Prinzessin heiraten dürfe, dem es gelänge, in voller Rüstung den Glasberg hinaufzureiten.

Am Tage des Wettkampfes trug die Prinzessin ihre schönsten Kleider. Sie trug ein scharlachrotes, mit Hermelin eingefaßtes Gewand und auf dem Haupt eine goldene Krone. Es war ein wunderschönes Bild, wie sie auf dem Gipfel des Glasberges, einen goldenen Apfel in der Hand, auf schimmerndem Throne saß.

Drunten auf dem Feld versammelten sich die Bewerber. Sie hatten herrliche Pferde bestiegen, und ihre Rüstungen glänzten im Sonnenschein. Viel neugieriges Volk war von nah und fern herbeigeströmt, um das wunderbare Schauspiel mitzuerleben.



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Als alle bereit waren, stießen die Herolde in ihre Trompeten, und die Ritter gaben ihren Pferden die Sporen, um den Glasberg zu bezwingen. Doch sowie die Pferdehufe das glatte Eis berührten, glitten sie wieder zurück, und die Reiter purzelten herunter. Das war ein ohrenbetäubendes Krachen von Pferdehufen auf dem Glas und vom Klappern der aufschlagenden Rüstungen. Das Stöhnen der gestürzten Ritter und das wilde Schnauben ihrer Pferde mischte sich mit den erregten Schreien der Zuschauer.

Der Lärm war so groß, daß ihn auch der junge Schafhirt hören konnte, der draußen im Hügelgelände seine Schafe hütete. Und er dachte bei sich: >Ich bin ja auch ein Prinz. Warum darf ich mich nicht an dem Wettkampf beteiligen und die Prinzessin gewinne? Wenn damals nicht der Zwerg gewesen wäre, könnte ich jetzt gut einer der Freier sein.< So dachte er. Und im gleichen Augenblick hörte er Schritte.

Er blickte auf, und vor ihm stand der kleine Zwergenmann.

»Guten Morgen. Warum bist du so traurig?«fragte der Zwerg. »Was, du bist es?«rief der junge Schafhirte erstaunt aus. »Wenn das damals mit dir nicht gewesen wäre, könnte ich jetzt auch am Glasberg sein und versuchen, die schöne Prinzessin zu gewinnen. Nun aber habe ich weder Rüstung noch Pferd.«

»Ach, dem kann leicht abgeholfen werden«, war des kleinen Mannes Antwort. »Dafür wollen wir schon sorgen. Folge mir nur, und du wirst erhalten, was du dir wünschst.« Und der Zwerg führte den Schäfer in den Wald. Er hielt inne vor einem mächtigen Felsen, der wie ein Wall vor ihnen lag. Dreimal klopfte er gegen den Felsen, und dieser öffnete sich, als ob eine Tür aufginge. Er nahm den Schäfer am Arm und führte ihn durch einen dunklen Gang, der bald in eine weite Höhle mündete, mit Wänden aus Silber und Gold. Sie gingen in eine andere Höhle, wo der Zwerg innehielt und dem Schäfer eine Ecke zeigte, in der ein prächtiges graues Pferd stand, das mit silbernem Geschirr an der Wand festgebunden war. Neben dem Pferd hing die herrlichste Rüstung, dazu Helm, Schwert und Schild, alles stählern glänzend. Harnisch und Waffen schimmerten matt im gedämpften Licht der Höhle.

In die Ecke zeigend, sagte der Zwerg:



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»Schau dir's an, junger Mann, all diese Sachen sind für dich! Lege die Rüstung an, besteige das Pferd und zieh in den Wettkampf! Und während du fort bist, will ich gern auf deine Herde achten.«

Nun, es dauerte nicht lange, da hatte der junge Mann die Rüstung genommen und war schnell von Kopf bis Fuß geharnischt. Er gürtete das Schwert um, hob den Schild und führte das Pferd aus der Höhle. Endlich war der Augenblick gekommen, an dem der junge Prinz seinen Platz unter denen einnehmen durfte, zu denen er gehörte. Er sprang so schnell auf sein Pferd, daß der Harnisch klirrte. Er fühlte sich frei wie die Luft, als er dem Zwerglein einen Abschiedsgruß zuwinkte und wie ein Blitz aus dem Wald herausschoß, auf den Glasberg zu.

Auf dem Feld unterhalb des Berges waren die Bewerber gerade so weit, ihre Versuche für diesen Tag aufzugeben, denn obgleich alle ihr Bestes getan hatten, war es doch keinem gelungen, mehr als ein paar Fuß den Berg hinaufzukommen, ehe sie wieder abglitten und ihre Pferde sich überschlugen. So mancher tapfere Ritter war mit gebrochenem Arm oder Bein hinweggetragen worden, aber gern hätte er um der lieblichen Prinzessin auf dem Glasberg willen noch viel mehr gewagt.

Gerade als der König den Herolden das Zeichen geben wollte, das Ende des Kampfes zu vermelden, sah er einen fremden Reiter in vollem Galopp aus dem Walde sprengen. Der Neugekommene ritt vor den König und grüßte ihn mit erhobenem Schwert. Dann wandte er sein Roß und gab ihm die Sporen. Wie ein Pfeil schoß er den Glasberg hinauf. Alle beobachteten ihn mit angehaltenem Atem, aber zu ihrer Überraschung wandte er sein Pferd jäh wieder abwärts, ehe er den Gipfel erreicht hatte, während Funken von den Hufen seines Pferdes stoben. Und schon verschwand er in derselben Richtung, aus der er gekommen war. Ein bewunderndes Murmeln ging durch die Menge, und der König rief voller Begeisterung aus: »Das ist wahrhaftig ein großer Reiter!«Jeder war überzeugt, daß es auf der ganzen Welt kein herrlicheres Pferd und keinen kühneren Ritter geben könne, desgleichen die Prinzessin.

Wenige Tage später bestimmte der König, daß ein zweiter Wettkampf abgehalten werden solle. Die Prinzessing zog wieder ihre



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schönsten Kleider an und begab sich, vom Hofstaat gefolgt, auf den Glasberg. Als sie auf dem Gipfel saß, fiel ihr Blick auf das Feld drunten und auf die dort versammelten Ritter, die mutig und froh ausschauten wie beim vorhergegangenen Mal. Neugekommene ersetzten jene, die von ihren Verletzungen noch nicht wieder geheilt waren. Doch der wunderbare Reiter vom letzten Mal, den die Prinzessin zu sehen gehofft hatte, war nicht unter ihnen.

Währenddessen saß der Schäfer auf dem Hügel und bewachte seine Herde. Er horchte auf den Lärm und fragte sich, ob denn der kleine Zwerg meine, er habe ihm genug geholfen, oder ob er ihm die Teilnahme auch an diesem Wettkampf möglich machen werde. Kaum war dieser Gedanke in ihm aufgetaucht, da hörte er Schritte und sah das bärtige Gesicht des Zwergleins vor sich.

»Wie bin ich froh, dich wiederzusehen«, rief der Prinz hochblickend aus. »Es ist ja schrecklich, untätig hier zu sitzen, nicht Pferd und Rüstung zu haben und sich zu den anderen Bewerbern gesellen zu können.« «

»Nichts einfacher als das«, sagte der kleine Mann, und wieder forderte er den Prinzen auf, ihm zu folgen.

Der Zwerg führte ihn wiederum zu dem Felsen und tat diesen auf. Indem er den jungen Prinzen beim Arm ergriff, führte er ihn durch den dunklen Gang, durchschritt die Höhle mit den silbernen und goldenen Wänden und hielt in der zweiten Höhle inne. Diesmal wies er auf eine andere Ecke, und da stand, an die Wand gebunden, ein schwarzer Hengst mit goldenem Geschirr. Und an der Wand hing eine Rüstung von glänzendem Silber und ein Schild, ganz aus Silber und mit Gold eingelegt. Auch der Helm war mit Gold eingelegt und mit kostbaren Federn geschmückt. Und ein Schwert hing da mit einem juwelenbesetzten goldenen Griff. Es waren Waffen, die eines mächtigen Königs oder Kaisers würdig schienen. Der kleine Mann wies auf alles das hin und sagte: »Hier dein Pferd und deine Waffen! Eile, lege die Rüstung an, besteige das Roß und reite! Diesmal bist du noch besser ausgestattet. Inzwischen achte ich auf deine Schafe.«

In einem Nichts an Zeit war der junge Prinz gerüstet. Das Schwert an der Seite, den Schild am Arm, den Helm auf dem Kopf, sah er



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wie ein strahlender junger König aus. Schnell führte er den Hengst aus der Höhle. Frei fühlte er sich wie ein Fisch im Wasser, wie ein Vogel in der Luft, als er in den Sattel sprang und durch den Wald davon jagte.

Am Fuß des Glasberges hatten die Bewerber alle Versuche, die steile Glasfläche hinaufzureiten, aufgegeben. Diesmal waren noch viel mehr mit gebrochenen Armen und Beinen hinweggetragen worden, doch der König hatte noch nicht das Zeichen zur Beendigung des Wettkampfes gegeben. Denn alle warteten darauf, ob der fremde Ritter wiederum in den Kampf eingreifen werde. Zuletzt war der König doch schon nahe daran, dem Herold das Zeichen zum Abbruch zu geben, als er einen fremden Ritter auf schwarzem Hengst aus dem Walde herausstürmen sah.

Ein jeder bestaunte den Ritter auf seinem herrlichen Pferd und fragte sich, was für ein mächtiger Prinz das wohl sein möge. Geradewegs ritt er auf den König zu, grüßte ihn mit dem Schwert, und alle erkannten nun den tapferen Reiter vom letzten Wettkampf. Dann gab der Fremde seinem Pferd blitzschnell die Sporen und schoß wie ein Pfeil bis auf den Gipfel des Berges hinauf. Er hielt vor der Prinzessin, stieg ab und beugte vor ihr das Knie. Sie erhob sich von ihrem Thron und reichte ihm den Apfel. Er nahm ihn, und ohne sie noch ein zweites Mal anzublicken, bestieg er schnell sein Roß und ritt wieder den Glasberg hinab. Feuer sprühte um die Hufe des Hengstes, so daß beide, Roß und Reiter, wie ein einziges Leuchten aufflammten, als sie herabritten und im Walde verschwanden.

Die ganze Zeit hindurch hatte die Menge drunten am Fuß des Berges schweigend den wunderbaren Reiter bewundert. Nun plötzlich brach ein gewaltiges Tosen aus; laute Schreie, Hurrarufe. Und ohne einen Befehl abzuwarten, stießen die Herolde in ihre Trompeten. Der König erhob sich und verkündete laut, daß der kühne fremde Ritter den Preis gewonnen habe. Die Prinzessin selbst sagte kein einziges Wort, doch alle konnten ihr ansehen, wie sehr sie mit der Erklärung ihres Vaters einverstanden war. Aber etwas blieb nun noch zu tun, nämlich festzustellen, wer denn der fremde Prinz oder König sein könne. Doch alle Nachforschungen waren vergeblich, niemand hatte die geringste Ahnung, wer er war und woher er kam.



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Die Tage vergingen, aber niemand kam, um den Preis, die Hand der Prinzessin, zu fordern. Diese war sehr niedergedrückt. >Will er mich denn nicht zur Frau, dieser herrliche, dieser edle Ritter?<fragte sie sich im stillen. Vielleicht wollte er nur zeigen, was für ein großartiger Reiter er war. Sollte sie, die von allen so sehr bewunderte Prinzessin, von dem einzigen Mann verschmäht werden, der ihr doch alles bedeutete? Sie konnte nicht mehr schlafen und auch nicht mehr essen. Sie wurde blaß und schmal.

Der König wußte nicht, was tun. Zuletzt beschloß er, daß, wenn es nun einmal unmöglich zu erfahren schien, wer dieser geheimnisvolle fremde Ritter war, so wollte er ein Treffen aller jungen Männer des Landes, Hoch-wie Niedriggeborene, festsetzen. Sie sollten sich auf dem großen Platz vor der Schloßfront aufstellen, und die Prinzessin sollte einen auswählen, den sie heiraten würde.

Als man diesen Erlaß bekanntgab, war jeder Mann bereit zu kommen, und zwar ebenso um der schönen Prinzessin willen wie aus Anhänglichkeit für den König. Am Tage des Treffens war eine Riesenmenge zusammengeströmt, Prinzen und Ritter, Bürger und Bauern, und weit weg in einer Ecke stand die Dienerschaft des königlichen Schlosses.

Die Prinzessin ging von einem zum andern, schüttelte den Kopf und wurde trauriger und immer trauriger.

Der Mann, nach dem sie Ausschau hielt, schien nicht dazusein. Zuletzt kam sie in die Ecke, wo die Dienerschaft stand. Unter ihnen sah sie einen schönen jungen Schäfer in einem weiten Mantel und mit einem breitkrempigen Hut, der Tracht, die des Königs Schafhirten in jenen Tagen trugen. Als die Prinzessin ihn erblickte, ging sie auf ihn zu und nahm ihm den Hut vom Kopf, so daß sie sein Gesicht offen sehen konnte. Und dann schrie sie auf:

»Hier ist er endlich! Hier ist der Ritter, der auf den Glasberg ritt!«

Doch alle, die ringsum standen, begannen laut zu lachen. Denn war dieser Mann nicht schon seit vielen Jahren nur einer von den Schafhirten des Königs? Sie hielten es für einen rechten Spaß, daß dieser, den sie alle so gut kannten, der edle fremde Ritter und der Gewinner der Hand der Prinzessin sein sollte.



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Der König, der zu der Prinzessin getreten war, hörte das alles. Verzweifelt rang er die Hände und rief:

»Mein Kind, wen willst du dir da bloß zum Gatten erwählen?« Doch der Schäfer warf seinen Mantel ab - und da stand der Ritter, der den Kampf gewonnen hatte, im Glanz seiner Rüstung. Er lächelte und sprach:

»Seid nicht erschreckt, Majestät, ich bin ein Prinz aus edlem Hause.

Und mein Vater ist geradeso König wie Ihr.«

Dann erzählte er dem König die ganze Geschichte, wie er den Zwerg befreit hatte und aus seines Vaters Königreich hatte fliehen müssen. Nun konnte der König nichts mehr gegen eine Hochzeit seiner schönen Tochter mit einem Schäfer einwenden, der in Wirklichkeit ein Prinz war. Und nicht lange danach heirateten sie mit großer Feierlichkeit. Die Festlichkeiten dauerten eine volle Woche, und danach nahm der Prinz seine reizende Braut und fuhr mit ihr in das Königreich seines Vaters.

Als der alte König und die Königin erfuhren, daß ihr Sohn nicht getötet worden war, sondern nun mit einer jungen und schönen Braut heimkam, weinten sie beide vor Freude. Er wurde mit offenen Armen aufgenommen, und es gab ein endloses Feiern und Freuen am väterlichen Hofe.

Der junge Prinz wurde zum König zweier Reiche ausgerufen, denn beide, sein Vater und sein Schwiegervater, waren alt und wollten nicht länger regieren. So lebte der neue mächtige König und seine liebreizende Königin nun überaus glücklich nach alldem, was jetzt endlich hinter ihnen lag.


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