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Märchen aus Dänemark Norwegen und Schweden

Märchen europäischer Völker


Der Pfarrer und der Küster

Es war einmal ein Pfarrer, der war so ein Grobian, daß er von weitem, wenn ihm jemand auf der Landstraße entgegengefahren kam, zu schreien anfing: »Aus dem Weg, aus dem Weg! Hier kommt der Pfarrer persönlich!«

Einmal, als er daherfuhr und sich wieder so gebärdete, begegnete er dem König. »Aus dem Weg, aus dem Weg!« schrie er schon von weitem. Aber der König fuhr, wie es ihm paßte, und diesmal mußte der Pfarrer sein Pferd zur Seite führen, und als der König Seite an Seite mit ihm war, sagte er: »Morgen sollst du dich auf dem Königsschloß einfinden, und kannst du nicht drei Fragen beantworten, die ich dir stellen will, so sollst du wegen deines Hochmuts Rock und Kragen verlieren.«

Das war eine andere Art, als der Pfarrer gewohnt war. Schreien und Brüllen und sich schlimmer als schlimm gebärden, das konnte er wohl; aber Frage und Antwort war nicht seine Sache. Da ging er zum Küster, von dem gesagt wurde, daß er besser in den Priesterrock passe als der Pfarrer selbst. Zu dem sagte er, er habe keine Lust hinzugehen, »denn ein Narr kann mehr fragen, als zehn Weise antworten



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können«, sagte er, und so bekam er den Küster dazu, an seiner Stelle zu gehen.

Ja, der Küster ging und kam zum Königshof mit des Pfarrers Rock und Krause angetan. Der König empfing ihn auf dem Söller mit Krone und Zepter und war so prächtig, daß er nur so leuchtete und glitzerte. »Na, bist du da?« sagte der König. Ja, er sei da, allerdings. »Nun sag mir zuerst«, sagte der König, »wie weit ist es von Osten bis Westen?«

»Das ist eine Tagesreise«, antwortete der Küster.

»Wieso das?« sagte der König.

»Ja doch, die Sonne geht im Osten auf und im Westen unter, und das schafft sie gut in einem Tag«, sagte der Küster.

»Nun gut«, sagte der König. »Aber sag mir jetzt, wieviel meinst du wohl, daß ich wert bin, so wie du mich hier siehst?«

»Ach, Christus wurde auf dreißig Silberlinge geschätzt, da darf ich dich wohl nicht höher als neunundzwanzig einsetzen«, sagte der Küster.

»Na, na!« sagte der König. »Aber weil du nun in allen Dingen so klug bist, so sag mir, was ich jetzt denke?«

»Ach, du denkst wohl, es ist der Pfarrer, der vor dir steht, aber Gott straf' mich, wenn du dich da nicht irrst, denn es ist der Küster«, sagte er.

»Na, da sollst du doch gleich -nach Hause fahren, und sei du Pfarrer und laß ihn Küster werden«, sagte der König, und so geschah es auch.


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