Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Märchen aus Dänemark Norwegen und Schweden

Märchen europäischer Völker


Wohlgetan und schlecht gelohnt

Es war einmal ein Mann, der wollte in den Wald fahren, um Holz zu holen. Da begegnete ihm ein Bär. »Gib mir dein Pferd her, sonst schlage ich im Sommer alle deine Schafe tot«, sagte der Bär.

»Ach Gott erbarm!«sagte der Mann, »ich habe kein Stückchen Holz mehr im Hause; du mußt mich doch mit einer Fuhre Brennholz nach Hause fahren lassen, sonst werden wir noch völlig totfrieren; ich will dir morgen das Pferd bringen.«

Ja, das durfte er dann, darüber einigten sie sich; aber falls er nicht



Bd-05-124_Maerchen aus Norwegen Flip arpa

wiederkäme, solle er im Sommer alle Schafe verlieren, sagte der Bär.

Der Mann lud das Holz auf und fuhr langsam nach Hause; aber er freute sich gar nicht besonders über diesen Vertrag, das kann man verstehen. Da begegnete ihm ein Fuchs.

»Warum bist du denn so trübsinnig?« fragte der Fuchs.

»Ach, mir ist dort oben der Bär begegnet«, sagte der Mann, »und dem habe ich versprechen müssen, daß er morgen um diese Zeit mein Pferd haben soll; denn bekäme er es nicht, sagte er, so wolle er im Sommer alle meine Schafe zerreißen.«

»Pah, gibt's nichts Schlimmeres?« sagte der Fuchs. »Willst du mir deinen fettesten Bock geben, so will ich dich schon davon befreien.«

Ja, das versprach er, und das wollte er auch halten, sagte der Mann.

»Wenn du morgen mit deinem Pferd zu dem Bären kommst«, sagte der Fuchs, »dann werde ich oben auf dem Geröll jodeln, und wenn der Bär dich fragt, was das ist, dann mußt du nur sagen, es ist Peter der Schütze, der beste Schütze der Welt, und danach wirst du dir selber helfen müssen.«

Am nächsten Tag zog der Mann aus, und als er den Bären traf, fing es oben auf dem Geröll zu jodeln an.

»Scht, was ist das?« sagte der Bär.

»Ach, das ist Peter der Schütze, der beste Schütze der Welt«, sagte der Mann. »Ich kenne ihn an seiner Stimme.«

»Hast du einen Bären hier oben gesehen, Erich?« rief es im Wald.

»Sag nein!« sagte der Bär.

»Nein, ich habe keinen Bären gesehen«, sagte Erich.

»Was ist denn das, was neben deinem Schlitten steht?« rief es im Wald. — »Sag, es ist ein alter Kienstamm«, flüsterte der Bär.

»Oh, es ist nur ein alter Kienstamm«, sagte Erich.

»Solche Kienstämme pflegen wir bei uns auf den Schlitten zu wälzen«, rief es oben im Wald, »schaffst du es nicht allein, so will ich zu dir kommen und dir helfen.«

»Sag, du kannst dir schon selber helfen, und wälze mich auf den Schlitten«, sagte der Bär.

»Nein, danke, ich kann mir schon selber helfen«, sagte der Mann und wälzte den Bären auf den Schlitten.



Bd-05-125_Maerchen aus Norwegen Flip arpa

»Solche Kienstämme pflegen wir bei uns festzubinden«, rief es da oben im Wald. »Willst du Hilfe haben?« fragte es.

»Sag, du hilfst dir schon selber und binde mich fest!« sagte der Bär.

»Nein, danke, ich kann mir schon selber helfen«, sagte der Mann und machte sich daran, den Bären mit allen Stricken, die er hatte, festzubinden, so daß er nicht einmal eine Tatze rühren konnte.

»In solche Kienstämme pflegen wir bei uns die Axt zu hauen, wenn wir sie festgebunden haben«, rief es im Wald, »dann können wir an den großen Abhängen besser steuern.«

»Tue, als ob du die Axt in mich haust!« flüsterte der Bär.

Da nahm der Mann die Axt und spaltete dem Bären den Schädel, daß er auf der Stelle tot war; und er und der Fuchs waren Freunde und vertrugen sich gut, aber als sie in die Nähe des Hofes kamen, sagte der Fuchs:

»Ich hätte schon Lust, mit dir hineinzugehen, aber ich mag deine Hunde nicht. Ich werde hier auf dich warten. Hole du jetzt den Bock; nimm aber einen, der fett ist.«Ja, das versprach der Mann und dankte für die Hilfe. Als er das Pferd in den Stall gebracht hatte, ging er zum Schafstall hin.

»Wo willst du hin?«fragte seine Frau.

»Ach, ich will in den Schaf stall und einen fetten Bock für den guten Fuchs holen, der unser Pferd gerettet hat«, sagte der Mann, »denn das habe ich ihm versprochen.«

»Der Henker soll dem diebischen Fuchs einen Bock geben«, sagte die Frau. »Das Pferd haben wir ja und den Bären dazu, und der Fuchs hat uns wohl schon mehr Gänse gestohlen, als der Bock wert ist, und wenn er es nicht getan hat, so kann er es noch tun«, sagte sie. »Nein, nimm ein paar von den schärfsten Hunden in deinen Sack und hetze die auf ihn, dann werden wir vielleicht den schlimmen Dieb loswerden«, sagte die Frau.

Das schien nun dem Mann ein guter Rat, und er nahm zwei scharfe rote Hunde, steckte sie in den Sack und zog damit los.

»Hast du den Bock?«fragte der Fuchs.

»Ja, komm und nimm ihn«, sagte der Mann; er machte das Sackband auf und hetzte die Hunde auf ihn.

»Huch!«sagte der Fuchs und machte einen Sprung; »es ist wahr, was



Bd-05-126_Maerchen aus Norwegen Flip arpa

ein altes Sprichwort sagt: wohigetan wird schlecht gelohnt, und nun sehe ich, daß es auch wahr ist; je enger die Verwandtschaft, desto ärger die Feindschaft«, sagte er - denn er spürte, daß die roten Hunde hinter ihm her waren.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt