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Märchen

aus Polen Ungarn und der Slowakei

Märchen europäischer Völker


Die hölzerne Kuh

Vor Zeiten lebte einmal eine Königstochter, die um keinen Preis der Welt lachen wollte. Nicht einmal für ihre Freier hatte sie ein Lächeln übrig, und dabei hätte sie auf jeden Finger leicht zehn Bewerber finden können, so schön und so reich war sie. Die Eltern wußten sich keinen Rat mehr mit ihr. Schließlich ließen sie im ganzen Land verkünden, daß sie den, der sie zum Lachen brächte, mit Gold aufwiegen wollten. Da strömten die Spaßmacher aus allen Himmelsrichtungen herbei: doch sie alle mußten wieder mit Spott und Schande von hinnen ziehen. Bald versuchte es keiner mehr.

Der Herr König persönlich saß voller Sorgen bei seiner Tochter, um sie ein wenig zu erheitern, als plötzlich die Tür aufging und jemand seinen Wuschelkopf in die Stube steckte: »Bitte untertänigst fragen zu dürfen, ob Herr König zu Hause sind?«

»Ja, wer bist du denn, und was willst du hier, du Galgenstrick?« schrie ihn der König an.

»Bitte untertänigst, ich komme, um mir mein Recht bestätigen zu lassen!«

»Was für ein Recht, zum Teufel? Gibt es bei euch zu Hause keinen Dorfschulzen oder Richter?«

Und der König hätte den sauberen Gast sicher davongejagt, wenn da nicht das bisher so ernste Fräulein Tochter zum ersten Mal seit drei Tagen den Mund aufgetan hätte, um zu erklären, so einfach ginge das nicht, der König sei schließlich auch dazu König, daß er jeden anhöre und niemanden abweise.

»He, du dort!« rief sie, »erzähl uns, wo dich der Schuh drückt!«

»Eben, eben, deshalb bin ich ja schließlich gekommen«, sagte nun Jakob, denn er war es, Jakob, der Kuhhirt aus dem Dorf.



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Dann nahm er die Schaffeilmütze von seinem Wuschelkopf, hängte sie an seinen Schäferstock, und so wie er war, im Hemd mit seinem Gürtel, in seinen groben Leinenhosen und in Bundschuhen trat er vor den König und sein Töchterchen hin und trug seine Sache vor, einfach und unverblümt, wie er es eben verstand. Der Herr König hörte jetzt zu, weil auch sein Töchterchen zuhörte, die ja sonst jeden hinauswerfen ließ, sobald er nur den Mund auftat.

Es war im Dorf ausgetrommelt worden, daß ein jeder, ob er nun eine Kuh besaß oder nicht, dem Kuhhirten zahlen müsse, damit Gleichheit und Gerechtigkeit herrsche.

>Zum Teufel mit so einer Gleichheit und Gerechtigkeit<, dachte sich da der Herr Krajec, >was soll mir das, da ich doch gar keine Kuh habe, ja nicht einmal ein armseliges Kälbchen? Warte nur, Gevatter, mit dir werde ich schon fertig! Es fällt mir auch nicht im Traum ein, dir für nichts und wieder nichts gebratene Tauben ins Maul zu stopfen!< Er schnitzte aus Holz eine Kuh und ließ sie vom Hirten auf die Wiese führen. Er ermahnte ihn auch noch, er solle sie gut hüten und sie am Abend wie die anderen Kühe nach Hause bringen.

»Das könnte dir so passen«, überlegte der Kuhhirt und kratzte sich hinter den Ohren. Übernehmen mußte er sie freilich, bekam er doch auch für sie bezahlt. So blieb ihm nichts anderes übrig, als die hölzerne Kuh schön brav auf seinem Buckel hinter der Herde herzutragen und sie jeden Abend dem Herrn Krajec wieder nach Hause zu bringen.

Nachher kamen der Herbst und die Fröste, und dem Kuhhirten begannen die Finger zu frieren. Auf der Wiese war weit und breit kein Holz zu finden. Da nahm er am Ende die hölzerne Kuh, schlug sie mit der Axt in Stücke, machte daraus ein Feuer und wärmte sich.

»Wo ist meine Kuh?« rief der alte Krajec am Abend, als die Kuh nicht heimkehrte.

»Wo sie ist? Damit Ihr es genau wißt, ich habe sie auf dem Feld erschlagen«, sagte der Kuhhirt.



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»Na warte nur, Jakob, das wird dich teuer zu stehen kommen!« Der Kuhhirt zuckte nur mit den Achseln, irgendwie wird es schon werden, dachte er sich. Der alte Krajec aber lief schnurstracks zum Herrn Dorfrichter: »Herr Richter«, sprach er, »ich hatte eine Kuh. Für diese Kuh habe ich bezahlt, wie Ihr befohlen habt, und Jakob hat sie auch brav mit den anderen Kühen den ganzen Sommer über auf die Weide geführt. Heute aber hat er die Kuh auf dem Feld geschlachtet, aber er hat mir nicht einmal ein Ohr von ihr heimgebracht. Nun, was sagt Ihr dazu?«

»Je nun, mein lieber Herr Krajec, darauf kann ich nur eines sagen: Kuh für Kuh!«

Alsbald wurde der Büttel ausgeschickt, der dem Kuhhirten auf trug, seine eigene Kuh dem hohen Gericht vorzuführen.

»Ach, edler Herr Büttel, unwürdig ist sie, ganz und gar unwürdig, vor dem hohen Gericht zu erscheinen. Richtet bitte aus, man möge sich doch ein wenig gedulden, bis ich sie gebürstet und gestriegelt habe!«

Damit tat der Kuhhirt den Büttel ab, und weil er wußte, woher der Wind wehte, dachte er sich: >Wehe, wenn man so einem hohen Herrn Richter in die Hände fällt. Mit meinem Kälblein werdet ihr euch nicht die Bäuche füllen. Ich will euch einen anderen Braten unter die Nase stecken!<

Er führte die Kuh auf die Tenne und schlachtete sie. Das Fleisch hing er mit Haken an die Balken, um es am nächsten Tag zu verkaufen, die Haut aber zog er über vier hölzerne Stelzen, weil die Kuh des Krajecja auch nur auf hölzernen Beinen gestanden hatte. Da ließ nun der Richter einen Beschluß verkünden, daß jeder, der es wagen sollte, vom Kuhhirten auch nur für einen Kreuzer etwas zu kaufen, das Fleisch mitsamt dem Geld verlieren solle, und außerdem werde man ihn auch noch ins Gefängnis sperren. So bekam der arme Kuhhirt nichts für seine Kuh, denn die Leute hatten Angst, gegen das Gebot des Richters zu handeln. Freilich fanden sich auch etliche, die davor nicht zurückschreckten. Und so tat auch der Hund aus dem Pfarrhaus mitsamt seiner munteren Meute. Sie stellten sich in der



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Scheune unter den Balken hin, starrten das Fleisch an, wedelten mit den Schweifen und leckten sich die Mäuler.

»Aha«, sagte der Kuhhirt, »ihr möchtet gern einkaufen, doch ihr habt kein Geld, nicht wahr? Das tut nichts, bei mir habt ihr Kredit, Hauptsache, ihr seid bereit, die Schuld anzuerkennen und sie zu bezahlen, wenn ich das Geld holen komme.«

Mit diesen Worten nahm er ein ganzes Schulterstück vom Balken. Die Meute bleckte die Zähne.

»Aha«, sagte er, »ihr könnt es wohl gar nicht mehr erwarten, daß ich es euch gebe? Gut so, wir sind also handelseinig, ja?«

Er warf ihnen das Stück hin, und der Hund aus dem Pfarrhaus schlug als erster die Zähne hinein. Da ließen sich die übrigen auch nicht bitten.

Was aber sollte Jakob mit dem übrigen Fleisch tun? Nichts leichter als das! >Ich will es<, dachte er sich, >kochen, dünsten, braten lassen und alle Nachbarn zum Schmaus einladen. Dann werden sie schon ein Auge zudrücken und mich auch der Reihe nach mit Frau und Kind bewirten. So kann ich den Winter gut überstehen.<

Als die Gäste um den Tisch saßen, nötigte er sie:

»Eßt nur, meine lieben Herren Nachbarn, eßt, als ob ihr zu Hause wärt, nehmt, als wäre es euer! Ich habe mich mit Fleisch versorgt, drum will ich nun auch euch versorgen.«

Die lieben Nachbarn aßen, tranken, bedankten sich und gingen. Und dann scherten sie sich nicht mehr um den Kuhhirten. So hatte er also vor den Nachbarn Ruhe, daheim aber sang die Frau Tag für Tag das gleiche Lied: »Leg mir etwas in den Kochtopf, weil du doch deine Kuh geschlachtet hast! Sieh doch die Kinder dort auf der Ofenbank, sie haben Hunger!«

So hatte der liebe Kuhhirt bald mehr Sorgen als Haare auf dem Kopf. Nach einiger Zeit besann er sich, daß er ja einen Schuldner im Pfarrhof hatte. Er ging hin und hielt Ausschau; er suchte den Hund auf dem ganzen Hof, im Holzschuppen, in der Scheune, im Stall, in allen Winkeln. Doch der brave Hund schien vom Erdboden verschwunden.



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« Gut denn, wenn du dich nicht blicken lassen willst«, sagte sich der Hirte, »muß ich wohl andere Saiten aufziehen. Damit du es weißt, ich werde vor deinem Herrn Klage gegen dich erheben!«

Kaum hatte er den Kopf durch die Tür in die Pfarrstube gesteckt, sah er den Hund, der auf einem Auge blind war, ausgestreckt faul unter dem Tisch liegen.

»Hier steckst du also, du blinder Hund!«rief er. »bezahlst du jetzt, was du mir schuldest?«

Am Tisch aber saß der Herr Pfarrer persönlich. Und nun müßt ihr wissen, daß auch dieser Pfarrer auf einem Auge blind und auf dem anderen kurzsichtig war. Er mußte also glauben, daß die Worte ihm gegolten hätten. Wie besessen stürzte er auf den Kuhhirten los: »Was, du wagst es, mich einen blinden Hund zu schimpfen? Weißt du denn nicht, wer ich bin? Und was bin ich dir schuldig, du Habenichts, du Haderlump?«

Eilends verschwand der Hirte aus der Tür der Pfarrstube. Hals über Kopf rannte er aus dem Haus, und der Hunger hinter ihm drein; ein Glück, daß er ihn nicht erwischen konnte.

Aber nicht genug, daß er wegen seiner gerechten Forderung mitsamt dem Hund aus dem Haus gejagt wurde: der Herr Pfarrer hätte den Kuhhirten wegen seiner Respektlosigkeit wohl noch ganz anders gezüchtigt, wenn dieser nicht Reißaus genommen hätte.

»Warte nur, du Galgenstrick!« schrie der Herr Pfarrer. »Du entwischst mir nicht!«

Und er begab sich unverzüglich vors Hohe Gericht und hörte nicht zu klagen auf, bis der Herr Amtmann den Kuhhirten zu hundert Stockhieben verurteilt hatte.

Der arme Kuhhirt erfuhr davon erst, als der Büttel mit sechs starken Gehilfen vor seiner Hütte erschien, um ihn unter Bewachung dem Gericht vorzuführen. Da blieb ihm nichts anderes übrig, als durch die Hintertür in die Felder und von den Feldern in die weite Welt zu entfliehen. Lange wanderte er so dahin, von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt. In einer Stadt hielt er dann einmal an, stützte sich auf seinen Hirtenstab und staunte, staunte: denn er hatte noch nie ein



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derart hohes Haus gesehen, und außerdem war dieses Haus auch noch grün!

>So etwas!<dachte er kopfschüttelnd. >Ob hier wohl ein so besonderer Kalk gedeiht, daß man die Häuser grün streicht?<Und die Fenster, die waren so groß wie zu Hause die Türen! Und eines über dem anderen. Wie hier die Hühner wohl auf ihre Stangen hinaufgelangen, wenn doch alles so hoch ist? Und wo gibt es hier Ställe für die Schweine und für die Kühe, wenn es nirgends ein ordentliches Tor gibt oder einen Hof oder sonst etwas!

Und da begannen die Leute, die sich um ihn zusammengerottet hatten, hinter seinem Rücken zu kichern, weil er staunend dastand wie die Kuh vorm neuen Tor und weil sie gehört hatten, was für einen Unsinn er da vor sich hinmurmelte.

»Was, du Dummkopf«, riefen sie ihm zu, »weißt du denn nicht, wo du bist? Du stehst doch vor dem königlichen Palast!« »Was sagt ihr? Nun, dann könnt ihr mir ja auch etwas über den König selber erzählen!«

Ach, da hättet ihr sie nun hören sollen, wie die lachten, weil hier ja bereits jedes kleine Kind wußte, daß der König versprochen hatte, jenen mit Gold aufzuwiegen, dem es gelänge, die Prinzessin zum Lachen zu bringen. Sie ließen ihn ratlos stehen und gingen von dannen.

>Mit Gold aufgewogen werden, das wäre gar nicht übel, zu Hause habe ich nichts, und die Kinder jammern!<dachte sich der Kuhhirt, und dann: >Nichts wie hinein ins Schloß!<

Das Tor war breit genug -doch was sollte das wieder bedeuten? Vor dem Tor ging ein Recke mit blankem Säbel auf und ab, die Klinge blitzte wie Feuer, so scharf war sie geschliffen, und unser Hirte hatte schon oft gehört, daß so ein Recke seinem Säbel nur zu sagen brauchte: »Säbel, schlag zu!« und sofort ist jedermann um einen Kopf kürzer. Ach nein, dieses Tor hätte er um keinen Preis der Welt durchschritten!

Das hieß freilich noch lange nicht, daß er sein Vorhaben aufgegeben hätte.



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Soll der Kerl sein Loch hier bewachen, dachte er sich, ein Vögelchen schlüpft überall durch!

Und er ging einfach um das Gebäude herum, es mußte ja irgendwo einen Hof oder einen Garten geben, dort würde er mühelos über den Zaun klettern können, und mochten dann auf dem Hof auch hundert Hunde sein, vor denen erschrickt ein tüchtiger Hirte nicht. Er braucht nur einmal durch die Zähne zu pfeifen, schon wedeln die Hunde mit den Schwänzen. Aber je weiter er ging, um so hoffnungsloser sah die Sache aus.

Denn es gab weit und breit keinen rechtschaffenen Zaun, wie das in einem Dorf zu sein hat, sondern nur Tore und wieder Tore, und auch hier standen überall sogar gleich zwei Recken mit blitzenden Säbeln. Dann aber, als Jakob schon sehr weit gegangen war, fand er hinter der zehnten Schildwache endlich eine unbewachte Mauer.

>Nun, auf irgendeine Weise werde ich schon zum Herrn König gelangen<, sagte er sich, und schon war er über die Mauer. Wirklich stand er nun in einem Garten, aber was für ein Garten war das? Stellt euch nur diesen Unsinn vor: nirgends auch nur die Spur von Petersilie oder Mohrrüben, wie sie ordentliche Hausfrauen brauchen, gar nichts weiter als Blumen und Rasen und Sträucher! Und wieviel Sand man da überall verstreut hatte! Den hätte unser ganzes Dorf nicht herbeischaffen können! Und wie schön man diesen unnützen Sand auch noch geglättet hatte!

>He<, dachte er sich, >da ist nicht zu spaßen, mit deinen verstaubten Schuhen kannst du hier unmöglich herumgehen.<

So ging er also über den Rasen und durch die Blumenbeete. Nicht zu glauben ist's, wie sich drei Kerle darüber aufregten, die bei den Blumen hockten und taten, als täten sie was, vielleicht klaubten oder pusteten sie gerade Staubkörnchen von den Blättern, wer weiß das schon? Wie Hunde kläfften sie von drei Seiten auf den Kuhhirten ein: »Du Lümmel, du Flegel, du wirst auf unseren Blumen herumtrampeln?«

Ja, sie hätten ihn mit ihren Knüppeln schön zugerichtet, wenn der Kuhhirte Jakob nicht zehnmal schnellere Beine gehabt hätte als diese



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drei Muttersöhnchen hier zusammengenommen. Wenn sie es rechts versuchten, wich er nach links aus und war fort. Versuchten sie es von drei Seiten, entwischte er ihnen nach der vierten. Er ließ die Verfolger mühelos weit hinter sich, und sobald er ihren Blicken entschwunden war, schlüpfte er durch ein Türchen aus dem Garten. Zum Glück wußte er gar nicht, daß er sich nun bereits auf dem königlichen Hofe befand. Nichts wie weiter! Aber was war das wieder für ein Hof? Nicht der kleinste Kehrichthaufen weit und breit! So sauber hielt daheim seine Frau nicht einmal die Stube. Irgendwo muß doch aus einem so großen Haus der Kehrricht hinkommen, nicht? Man wird ihn doch nicht in Schränken aufbewahren? Und, mit Verlaub, die Jauche, wohin schafft man sie? Die konnte man sicher nicht verstecken, als wäre sie eine Stecknadel! So begann er in allen Ecken und Winkeln den Kehricht und den Düngerhaufen zu suchen. Doch da wäre es ihm fast wieder schlecht ergangen. Plötzlich war er von fünf Kerlen umringt, die packten ihn beim Schopf und schrien: »Du Landstreicher, du dreckiger, was spionierst du hier im königlichen Schloß herum? Erschießt den Spion! An den Galgen mit ihm!«

Aber, aber, war das denn eine Art, einen Unschuldigen so mir nichts, dir nichts an den Galgen zu bringen?

»So hört doch, ihr guten Leute«, sprach er, »ihr habt wohl Tollkirschen gegessen, wie? Ich bin doch der Kuhhirt aus dem Dorf, und da hab ich mir gedacht, wenn du schon bei so einem großen Herrn wie einem Herrn König bist, mußt du doch nachsehen, was mit der Jauche geschieht. Und dann möchte ich zum Herrn König, damit ich sein Fräulein Tochter zum Lachen bringe.«

Sofort änderten die Kerle ihren Ton. Alle traten zur Seite, nur einer blieb bei ihm, gerade jener, der am vornehmsten gekleidet war.

»Nichts für ungut, braver Mann, es soll dir kein Leid zustoßen«, so begann er dem Kuhhirten zuzureden. »Und ich will dich auch«, fuhr er fort, »zum Herrn König bringen, wenn du mir den vierten Teil von dem versprichst, was du bekommst, wenn du die Prinzessin zum Lachen bringst.«



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»Warum nicht?« meinte der Kuhhirt. »Warte hier auf mich.« Da setzte sich der Mann hin, um zu warten, aber zuerst zeigte er dem Kuhhirten den richtigen Weg, und dann verriet er ihm auch noch, wie er an den drei Türwachen vorbeikommen könne.

Frohen Mutes machte sich der Kuhhirt auf den Weg. Doch er wäre vor Schreck fast umgefallen, als ihn plötzlich die Wache mit Donnerstimme anschrie: »Halt, Kerl! Was willst du da?«

Er nahm allen Mut zusammen und antwortete jedesmal: »Ich gehe zur königlichen Fräulein Jungfer von wegen des Lachens!«

Da begann ihm die Wache jedesmal schönzutun, jede verlangte für sich den vierten Teil dessen, was er bekommen werde, wenn er's fertigbrächte, die Königstochter zum Lachen zu bringen.

»Und so bin ich nun also hier, Herr König«, sagte er jetzt. »Denn Jakob, der Kuhhirt aus unserem Dorf, ist kein anderer als ich, so wie ich hier stehe. Nun habe ich Euch wahrheitsgetreu berichtet, wie es mir ergangen ist, und ich bin glücklich, daß Euer Fräulein Tochter wenigstens hie und da bei meiner Erzählung mit einem Mundwinkel gelächelt hat.«

»Vortrefflich hast du das gemacht, mein Sohn«, sagte der Herr König und klopfte ihm auf die Schulter, »jetzt sage mir nur noch, was du als Belohnung für deine Erzählung haben willst!«

»Ich habe Euch doch schon am Anfang gesagt, daß ich nur gekommen bin, um mir mein Recht bestätigen zu lassen, mein Recht, Herr König, mein Recht sollt Ihr mir bestätigen, alles was recht ist: die mir vom hochlöblichen Gericht zugesprochenen Stockhiebe!«

»Jakob, Jakob«, sagte der König, »hör nur auf zu spaßen! Es ist mein voller Ernst, daß ich dich mit Gold aufwiegen lasse, da du doch meine Tochter erheitert hast.«

»Ach ja, Herr König, auch ich meine es ernst, daß Ihr mir, und zwar mit Unterschrift und Siegel, meine hundert Stockschläge bestätigen sollt, als mein Teil dafür, daß ich Euer Fräulein zum Lächeln gebracht habe. Denn ich will den Kerlen dort draußen, die mich jeweils um den vierten Teil meiner Belohnung erleichtern wollten, nichts schuldig bleiben.«



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»So ist's recht, so ist's recht, lieber Vater, bestätige es ihm!« rief die Königstochter, lachte hell auf und klatschte in die Hände. »Diese Erpresserbande hat so eine Lehre längst verdient!«

Und so geschah es auch. Der König bestätigte das Gerichtsurteil gegen den Spaßvogel Jakob, lautend auf hundert Stockschläge, mit Unterschrift und Siegel, zahlbar jedoch auf den Hosenboden jener vier Wachen, die den vierten Teil von seiner Entlohnung gefordert hatten, weil sie unseren Jakob sonst nicht zum König gelassen hätten. Und Jakob, der Kuhhirte aus dem Dorf, lachte sich ins Fäustchen, als man den Kerlen tüchtig den Hosenboden straffzog.

Dann aber wollte man den guten Jakob nicht mit leeren Händen heimziehen lassen. Der König gestattete ihm, seine Stallungen zu besichtigen und alles, was dazu gehörte, also auch - ich bitte tausendmal um Vergebung -den Misthaufen. Vierspännig fuhr Jakob durch die Felder. Dort am Waldesrand stand der königliche Stall, und darin die Herde, hundert prachtvolle Kühe! Nun sagte man ihm, daß er von heute an der Oberste Kuhhirte der königlichen Herden sein solle und daß er auch Frau und Kinder hinbringen dürfe. Jetzt ging es Jakob, seiner Frau und seinen Kindern sehr gut. Ja, der König ließ ihn unter den hundert Kühen die schönste für sich selbst aussuchen, und als das die Kinder sahen, klatschten sie vor Freude in die Hände, und auch unser Märchen ist nun zu Ende.


Copyright: arpa, 2015.

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