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Märchen aus Finnland und dem Baltikum


Illustrationen von Ingeborg Ullrich

Märchen europäischer Völker


Von einem alten Mann und seinen drei Töchtern

Es war einmal ein Bauer. Der hatte eine einzige Tochter, die all sein Gut erben sollte. Einst ritten zu ihm, wer weiß von woher, drei Jünglinge. Die sagten zu dem Bauern: »Wenn wir das nächste Mal zu dir kommen, dann mußt du für uns alle drei eine Tochter haben, und wenn du keine hast, dann werden wir dich töten.« Was sollte er tun? Er hatte nur eine Tochter und wußte nicht, woher er noch zwei bekommen sollte. Der Bauer sorgte sich sehr, denn er war im Zweifel, was er anfangen sollte. Als er aber einmal in die Stadt fuhr, traf er einen alten Mann. Der sprach: »Nimm mich mit!« Der Bauer erwiderte: »Du kannst Platz nehmen«, und dann war er wieder still. Wie sie nun weiterfuhren, fragte der Greis: »Was bist du so traurig, und warum erzählst du dir nichts mit mir?« — »Weil ich vor Sorgen nichts erzählen kann.« — »Und was hast du für Sorgen, daß du mit mir nicht sprichst?« fragte der Alte. Da sagte der Bauer: »Es erschienen bei mir drei Jünglinge. Die wollten, ich sollte ihnen allen eine Tochter zur Frau geben. Ich habe aber nur eine, und sie sagten, morgen früh wollten sie wiederkommen. Wenn ich aber nicht für alle eine Tochter hätte, wollten sie mich töten.« — »Fürchte dich nur nicht! Ich will dir einen Rat geben. Sperr heute nacht in die Kammer eine Stute, ein Schwein und deine Tochter! Und am nächsten Morgen sollst du sehen, was du dort findest.« Der Bauer dankte dem Greis für seinen schönen Rat. Der Alte ging dann seines Wegs, und der Bauer fuhr in die Stadt, kaufte dort Getränke für die Hochzeit und fuhr wieder nach Hause. Am Abend sperrte er dann Stute, Schwein und Tochter in die Kammer. Als er am nächsten Morgen die Kammer wieder öffnete, sah er, daß drei Mädchen darinnen waren, eine sah so aus wie die andere. Niemand konnte sie unterscheiden, und alle drei nannten ihn Vater. —Die drei Jünglinge kamen herbeigeritten, und jeder führte eine Tochter heim, und dann fuhren sie von dannen. Wohin es ging, und wer sie waren, erfuhr er nicht.



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Als bereits einige Jahre verstrichen waren, bekam der Bauer Sehnsucht nach seiner Tochter. Er machte sich auf, sie zu suchen, wußte aber nicht, wohin er gehen sollte. Er hatte aber bemerkt, daß sie nach Norden gefahren waren. Daher suchte er auch in dieser Richtung. Er wanderte und wanderte, und schon war er sehr weit von seinem Hause entfernt, da fand er einen Mann, der Steine klopfte: »Gott grüß dich!« —»Danke. Wohin willst du?« — »Ich will meine Tochter suchen.« — »Nun, dann bin ich dein Schwiegersohn. Wir wollen zu mir gehen!«

Erging zu seinem Schwiegersohn. Alles war dort unsauber, alles besudelt, alle Töpfe und alle Tische. In der Stube lag lauter Mist. Dort gab sie ihm zu essen. Er wollte aber nichts, weil sie so unsauber war. Da dachte er bei sich: >Das ist hier meine Tochter, die das Schwein war.< Er nahm von ihnen Abschied und ging weiter, um die andere Tochter zu suchen. Da traf er auf seinem Wege einen Mann, der im Walde Baume fällte. Der sagte: »Wo willst du hin?« Er antwortete: »Ich will meine Tochter suchen«, und da erkannte er ihn. »Nur gut!« erwiderte er, »ich bin dein Schwiegersohn. Kennst du mich nicht mehr?« Er ging nun zu seiner Tochter. Wohin sich diese aber auch begab, überall lachte sie, überall wieherte sie. Da dachte er bei sich: >Das ist nicht meine Tochter, sondern die Stute.<

Er verabschiedete sich von ihnen und ging weiter. Da traf er auf einen Menschen, der pflügte. Sein Schwiegersohn erkannte ihn aber und fragte: »Wo willst du hin?« Er sagte: »Ich will meine Tochter suchen.« — »Nur gut!« erwiderte er, »ich bin dein Schwiegersohn. Wir wollen nach Hause gehen!« Als sie nun nach Hause kamen, begrüßte sie die Tochter gleich voller Freude. Denn dort war alles ruhig, schön und sauber. Dort blieb er gern zu Gaste. Dann kehrte er wieder heim, nahm seine Frau, und beide fuhren als Gäste zu ihrer Tochter.


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