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Märchen aus Finnland und dem Baltikum


Illustrationen von Ingeborg Ullrich

Märchen europäischer Völker


Von des Kaufmanns Sohn und dem Schwan

Es lebte einst ein Mann. Der war Kaufmann und pflegte in die fernsten Länder zu fahren, um etwas zu verdienen. Einstens hatte der Kaufmann sein Schiff mit allerlei Waren beladen und fuhr über das Meer in



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ein fernes Land, um seine Waren zu verkaufen und viel Geld zu verdienen. Bei dieser Fahrt stand das Schiff plötzlich still, und obwohl die Seeleute sich noch so anstrengten, es ging nicht weiter. Der Kaufmann betrachtete sein Schiff. Da sah er, daß ein roter Hahn es festhielt. »Hahn, was hältst du mir mein Schiff fest?« fragte der Kaufmann. »Weil ich es will«, erwiderte der Hahn. »So laß es los, roter Hahn, ich will weiterfahren!« — »Das werde ich tun, wenn du mir etwas gibst.« —»Was kann ich dir denn geben, da ich nichts habe?« — »Ich will nicht das von dir, was du nicht bei dir hast, sondern zurückließest!« Der Kaufmann dachte sich nichts dabei und versprach es, und weil der rote Hahn es verlangte, unterschrieb er zwei Blätter mit seinem Blut, von denen er das eine dem Hahn gab, das andere für sich behielt. Auf der Stelle ließ der Hahn das Schiff los, und der Kaufmann fuhr weiter. Er kam in ein fernes Land, verkaufte dort seine Waren und kehrte mit einem guten Stück Geld nach Hause zurück. Aber welcher Schmerz ergriff ihn, als er bei seiner Rückkehr sah, daß ihm ein Sohn geboren war, den er Jonas hieß! Da erkannte der Kaufmann, daß es sein Sohn war, den er zu Hause zurückgelassen hatte. Den hatte er jetzt aus Unbedacht dem roten Hahn versprochen und verschrieben. Auf das Blatt, das er von dem Hahn erhalten hatte, vergoß der manches Mal heiße Tränen. Dann steckte er es in der Stube unter einen Balken.

Der Sohn des Kaufmanns wurde gut erzogen und wuchs schön heran. Und nach einigen Jahren war er schon ein kluges Kind. Oft fiel ihm die große Trauer seines Vaters auf, und wiederholt fragte er ihn: »Lieber Vater, weshalb bist du immer so traurig?« —»Ach, mein Kind, das macht eben das Alter. Was soll ich hier noch fröhlich sein?«

Der Knabe lernte weiter. Er war aber wild und ausgelassen, und überall, wo nur eine kleine Spalte oder ein Loch war, stöberte er herum. Einmal kroch er auch unter dem Balken entlang und stieß dabei ein verstaubtes Papier mit hervor. Damit lief er zum Vater, zeigte es ihm und fragte: »Was ist das für ein Schriftstück?« Das ergriff den Kaufmann noch mehr, und er wurde immer trauriger, und auf die Frage des Knaben erzählte er ihm die ganze Wahrheit. Hierauf nahm der Sohn Abschied von allen seinen Angehörigen, ließ alles zurück und ging in die Welt hinaus, um seinen richtigen Vater zu suchen, dem er verschrieben



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war. Er wanderte und wanderte einige Tage und gelangte an den Strand eines Meeres. Hier wurde er müde, legte sich nieder und dachte darüber nach, was er tun sollte. Während er so ruhte, flogen drei Schwäne herbei, legten am Meeresgestade ihre Federn ab und verwandelten sich in Jungfrauen. Dann gingen sie in das Meer, um zu baden. Das sah des Kaufmanns Sohn. Er ging zu den Federn der Jüngsten und legte sich darauf. Da er weich lag, schlief er ein. Als die Jungfrauen gebadet hatten, kehrten sie zurück, legten ihre Federn an und flogen davon. Nur die Jüngste fand ihr Federgewand nirgends. Sie suchte überall und sah endlich einen Menschen liegen. Obwohl sie nackt war, zwang die Not sie doch, an ihn heranzugehen und ihn zu wecken. »Schöner Knabe«, fragte sie, »hast du hier kein Federkleid gesehen, das ich abgelegt habe?« — »Hier ist es«, antwortete er, »du kannst es nehmen und dich damit bekleiden.«

Als das die Jungfrau getan hatte, fragte sie: »Wie heißt du?« —»Jonas«, erwiderte er. »Und was hat dich in diese Ferne, in eine von niemand sonst betretene Gegend geführt?« — »Wie kann ich das wissen? Mein Vater hat mich, als ich noch nicht geboren war, einem roten Hahn versprochen, und die Zeit wird vielleicht bald kommen, daß ich ihm zufalle. Jetzt sorge ich mich, ob ich vielleicht noch erlöst werden kann.« Da antwortete sie: »Auch wir drei Jungfrauen sind verflucht und in der Gewalt der Teufel. Ich werde deine Freundin sein und dir überall beistehen. Jetzt, Jonas, geh an diesem Strand entlang! Dann wirst du eine Schlucht finden. Da geh hindurch, und du wirst zu einer Tür kommen! Wenn du dann gegen die Tür schlägst, wird sie dir der Wächter des Hofes öffnen und fragen: >Wie kommst du hierher, Jonas?<Dann antworte ihm: >Ach was! Soll etwa der Teufel kommen, so daß ich nicht kommen kann?< Sei überall klug, damit du nicht umkommst!« Nach diesen Worten verwandelte sich die Jungfrau in einen Schwan, breitete die Flügel aus und flog davon.

Wie es Jonas gesagt war, so tat er auch. Er fand den Hof. Als er anklopfte, öffnete ein Teufel die Tür, und als er Jonas sah, fragte er gleichsam verwundert: »Wie kommst du hierher, Jonas?« —»Ach was? Soll etwa der Teufel kommen, so daß ich nicht kommen kann?« Der Teufel führte Jonas zu Luzifer. Der führte Jonas in drei Kammern und



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hieß ihn fünf Tage ausruhen. Am sechsten zeigte er ihm einen nicht fernen Wald. Dort in diesem Walde sollte er an einem Tage die Bäume abhauen, die Stämme ausroden, den Acker pflügen, Weizen säen, ihn aufwachsen lassen, ihn abmähen, ausdreschen, mahlen und Kuchen backen, so daß sie beide am siebenten Tage ein Stück davon zum Tee essen könnten. Als Jonas das hörte, standen ihm gleichsam die Haare zu Berge, und traurig ging er in die bezeichneten Zimmer, von denen ihm das dritte am besten gefiel, und dort ruhte er aus. Dabei weinte er; denn er glaubte nicht, daß er das vollbringen könnte. Wenn es ihm aber nicht gelänge, wollte ihn Luzifer den Teufeln der Hölle geben, damit sie ihn quälten. In der einen Nacht, als alles still war, tat sich Jonas' Stubentür auf, und der Schwan kam herein. Er verwandelte sich sofort in eine Jungfrau, tröstete den weinenden Jonas und sagte, alles würde gutgehen, wenn er nur ihren Befehl ausführte. Jonas versprach das. Denn er wollte nicht in die Krallen der Teufel fallen. Fünf Tage waren vergangen, und der sechste war angebrochen. Da führte Luzifer Jonas in den Wald und drohte ihm an, er müsse an einem Tage bis zum Morgen aus dem Walde einen Kuchen zum Imbiß gebacken haben. Alle Teufel sahen zu, wie Jonas das anfangen würde, aber schließlich wurden sie es überdrüssig und schleppten sich davon. Denn Jonas tat nichts. Er hatte sich nur hingelegt und ruhte. Gegen Abend, als ringsherum kein Teufel mehr zu sehen war, nahm Jonas ein Horn aus der Tasche und blies.

Im Nu war alles fertig, und sogleich standen zwei zierliche Weizenkuchen da, die Jonas nach Hause brachte und auf den Tisch setzte. Dann schlief er. Am Morgen kam Luzifer und fragte: »Ist alles fertig?«Jonas gab ihm die Kuchen, die sie dann zum Tee aßen. Darauf begannen Luzifer und allen andern Teufel die Füße bis zu den Knien zu verdorren, weil sie Jonas nicht bezwingen konnten.

Nach dem Mittagessen ließ Luzifer sich Jonas wieder drei Tage in sein Zimmer einschließen und ausruhen. Und nach drei Tagen sollte er durch einen breiten Fluß einen Damm aufschütten, den Weg mit Bäumen und die Ränder des Dammes mit Erdbeeren bepflanzen, so daß es am fünften Tage möglich wäre, auf dem Wege zu wandeln und von den Rändern Beeren zu pflücken. Jonas ruhte sich aus und hatte große



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Sorge; denn er vertraute nicht auf das Horn. Es kam die Nacht. Als alles still war, nahte ganz langsam der Schwan und ging zu Jonas ins Zimmer. Hier verwandelte er sich in eine Jungfrau, tröstete den traurigen Jonas, gab ihm einen kleinen Knochen und sagte: »Wenn du mit dem Knochen durch die Luft schlägst, so geschieht alles, wie Luzifer es will.« Es gingen vier Tage vorüber, am fünften rief Luzifer Jonas, und beide gingen hinaus auf den Weg. Alles geschah so, wie es Luzifer wollte. Sie gingen auf dem Weg über den Fluß, hatten ihre Freude daran und pflückten vom Rande die Erdbeeren. Darauf verdorrten Luzifern und den andern Teufeln die Füße bis zum Hintern. Luzifer ließ Jonas zwei Tage ausruhen. Danach sagte er: »Du wirst eine hundertjährige Stute erhalten, die sollst du zureiten.« Jonas dachte bei sich: »Was kannst du schwacher Mensch hier tun? Er wird dir irgendeine Hexe geben, und wer weiß, wie das ablaufen kann?«

Aber während er noch so überlegte, kam der Schwan angeflogen, verwandelte sich in eine Jungfrau, kam herein, tröstete Jonas und gab ihm drei Ruten, eine aus Silber, eine aus Gold und eine aus Edelstein. Sie hieß ihn, sich auf die Stute setzen und sie zuerst tüchtig mit der Rute aus Silber schlagen, dann mit der aus Gold und schließlich mit der aus Edelstein. Es kam der dritte Tag. Luzifer rief Jonas. Die Teufel führten eine uralte, abgemagerte Stute herbei, die nur aus Haut und Knochen bestand. Aber sie war noch wütender als eine Hexe und noch nicht zugeritten. Jonas setzte sich darauf, zog aus dem Stiefelschaft die silberne Rute hervor und schlug darauf los. Die Teufel stellten sich rings im Kreise auf und sahen zu, wie Jonas sie zureiten würde.

Trotzdem die Stute geschlagen wurde, lief sie nicht, sondern ging mit den Vorderfüßen in die Höhe. Alle Teufel wälzten sich vor lauter Lachen, obwohl ihre Füße schon bis zum Hintern verdorrt waren. Aber sie hofften, sie würden sich wieder erholen, wenn sie Jonas bezwängen. Jonas versteckte die silberne Rute und zog die goldene hervor. Als er mit dieser die Stute schlug, ward sie noch viel wütender, und alle Teufel lachten immer lauter. Da Jonas die Hexenstute nicht bändigen konnte, verbarg er die Rute aus Gold und zog die aus Edelsteinen hervor. Aber als er mit dieser zuschlug, machte die Stute bisweilen noch dumme Sätze, aber darauf war sie bald gebändigt und ging gut. So ritt



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Jonas vor den Augen aller Teufel die Hexenstute zu. Alle Teufel wurden sehr traurig und verdorrten bis zum Nabel.

Alle standen wie auf Stelzen. So schlichen sie niedergeschlagen durch die Hölle und sagten: »Was sollen wir hier mit Jonas tun, daß es uns möglich wäre, ihn zu ergreifen?« Und alle ersannen noch eine Sache. Sie ließen ihn einen Tag ausruhen. Dann sagten sie, er solle raten, wer von den drei Schwänen der jüngste sei. Jonas ruhte sich aus. Des Nachts kam der Schwan herbeigeflogen, verwandelte sich in eine Jungfrau und sagte zu Jonas: »Wenn du raten sollst, dann geh durch die Tür, und ich werde mit dem Fuße am Kopfe kratzen. Dann sag, daß ich die jüngste bin; so wirst du es erraten.« Es dauerte nicht lange, da wurde es Morgen. Die drei Schwäne mußten gegenüber der Tür auf einem Wandbrett Platz nehmen. Alle Teufel mit den verdorrten Hinterteilen kamen herbei, das Schauspiel sich anzusehen. Luzifer führte Jonas herbei und stellte ihn mitten auf den Estrich.

Alle Teufel standen auf der Bank an der Wand um den Tisch auf Zehenspitzen und freuten sich, daß sie jetzt endlich Jonas bezwingen könnten. Jonas blickte eine Weile umher und sagte: »Ich muß hinausgehen und mir die Nase schnauben, darauf will ich es raten.«Jonas ging hinaus, und einige Teufel folgten. Die andern blieben in der Stube zurück und gaben acht, daß kein Betrug entstünde. Als Jonas von draußen in die Stube kam, kratzte sich der mittlere Schwan mit dem Fuß an dem Kopf. Jonas trat mitten auf den Estrich und zeigte auf den Schwan. Da merkten es auch die Teufel und sagten: »Ach, solche vertrauten Freunde seid ihr beide! Wartet, wir werden es euch zeigen!« Luzifer befahl sogleich den einen Teufel, ihn in sein Zimmer zu führen und ihn einzuschließen, die andern hieß er den großen Kessel, der voller Pech und Schwefel war, heizen und morgen Jonas und den jungen Schwan kochen. Um Mitternacht, als alle andern Teufel eingeschlafen waren, schlich der Schwan durch das Schlüsselloch, öffnete die Tür, beide gingen heraus und kamen in den Hof der Hölle. Dann öffneten sie einen Stall und zäumten ein Pferd auf, das mit einem Schritt fünfhundert Meilen zurücklegte. Der Schwan verwandelte sich wieder in eine Jungfrau und setzte sich mit Jonas auf das Roß. Um Mitternacht, als die ganze Hölle schlief, ritten sie davon.



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Früh am nächsten Morgen standen die Teufel auf, selbst Luzifer erwachte und heizte noch mehr unter dem Kessel an. Als Pech und Schwefel zu sieden begannen, gingen Luzifer und alle Teufel, die inzwischen bis zur Brust verdorrt waren, in das Zimmer, wo sie Jonas und den Schwan eingeschlossen hatten. Aber sie erstarrten fast, als sie die Tür öffneten und weder Jonas noch den Schwan fanden. Darauf suchten sie in allen Winkeln der Hölle, und ihr Schrecken ward noch größer, als sie im Staue das Pferd nicht mehr fanden, auf dem nur der Gehilfe Luzifers zu reiten pflegte. Aus Furcht verdorrten alle Teufel und selbst Luzifer bis zu den Achseln und wurden die reinsten Gespenster. Luzifer hatte ein Pferd, das mit einem Schritt tausend Meilen zurücklegen konnte. Das gab er einem der klügsten Teufel und hieß ihn beide verfolgen. Jonas und Gulbe hörten die Erde erzittern und spürten das Wehen eines kalten Windes. Da merkten sie, daß sie von den Verfolgern der Hölle eingeholt würden. Die Schwan-Jungfrau verwandelte das Roß in ein Kreuz, sie selbst verwandelte sich in ein Kruzifix und Jonas in einen zusammengefallenen Greis, der am Kreuze kniete und mit erhobenen Händen ein Vaterunser betete. Der Bote der Hölle sah das und sagte: »Alter, hast du niemand an dir vorbeireiten sehen?« —»Ja, es ritt einer vorbei, aber das ist schon fünf Jahre her.« Der Bote der Hölle wurde ärgerlich, machte kehrt und ritt nach Hause. Luzifer fragte ihn: »Warum bringst du nicht Jonas und Gulbe mit?« — »Wo kann ich die beiden finden? Ich sah nur einen Einsiedler an einem Kreuze ein Vaterunser beten. Den fragte ich, und der antwortete mir: >Vor fünf Jahren wären sie hier schon vorübergeritten.< Da habe ich die Verfolgung aufgegeben.« — »Du Maulaff, du hättest den Alten nehmen müssen. Das war wahrscheinlich Jonas«, schrie Luzifer, und er verdorrte bis zum Halse. »Reite so schnell wie möglich und verfolge beide Bösewichter! Entfliehen sie uns, so werden wir alle vertrocknen.« Luzifers Gehilfe ritt auf dem Pferde davon. Jonas und Gulbe hörten die Erde zittern, und ein kalter Wind wehte. Da merkten sie, daß ein anderer Höllenbote heranstob. Sie machten halt, verwandelten das Roß in Weizen, die Schwan-Jungfrau in einen Sperling und Jonas in einen Alten, der hin- und herlief und den Sperling schießen wollte.

Der Höllenbote ritt auf seinem Roß heran und fragte den Alten: »Lieber



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Alter, ritt hier nicht einer vorbei?« —»Ja, aber das wird schon zehn Jahre her sein.« Da wurde der Bote der Hölle böse, machte kehrt und ritt in die Hölle zurück. »Weshalb hast du sie nicht gebracht?«fragte Luzifer. Der Teufel erwiderte: »Ich fand nur einen Alten, der einen Sperling vom Weizen scheuchte. Den fragte ich, ob er keinen gesehen hatte, und er antwortete, der wäre schon vor zehn Jahren vorübergeritten.« «

»O du Maulaff, du Dummkopf, warum hast du den Alten nicht ergriffen? Denn das war sicher Jonas. Du hättest wenigstens von dem Weizen nehmen und davonlaufen sollen. Und jetzt, siehst du, verdorren schon unsere Ohren. Wie die Teufel sind wir schon geworden, und wir werden schließlich ganz verdorren. Dann können wir die Arbeiten der Hölle nicht mehr verrichten und können nicht mehr auf der Erde wandeln. Wie wird es uns armen Teufelsgeschöpfen dann ergehen?« Luzifer wartete nicht, er setzte sich selbst auf sein Roß, und wie ein Gespenst jagte er hinter Jonas und der Schwan-Jungfrau her. Sie waren beide schon nicht mehr weit von Jonas' Vaterhause. Da hörten sie ein furchtbares Erbeben der Erde, und ein heißer, stinkender Wind wehte. Jonas und die Schwan-Jungfrau fühlten richtig, daß wieder einer aus der Hölle sie einholte. Sie machten halt und verwandelten das Roß in einen Fluß. Die Schwan-Jungfrau selbst verwandelte sich in einen Kahn und Jonas in einen Fischer, der durch den Fluß fuhr, wie wenn er Fische finge.

Luzifer verstand alles, und ohne zu warten, legte er sich an die Erde, um das Wasser aus dem Fluß zu schlürfen. So lag er und schlürfte und schlürfte, und hatte bald das ganze Wasser ausgeschlürft. Nur der Kahn mit dem Alten blieb noch auf dem Grunde, und so gut er konnte, sperrte er seinen Mund auf, um den Kahn mit dem Alten zu verschlingen, ihn in die Hölle zu bringen und ihn in den Kessel zu speien, in dem Teer und Schwefel kochte. Aber sobald er den Mund einen Augenblick öffnete, um den Kahn mit dem Alten zu verschlingen, floß das ganze Wasser im Nu wieder heraus, und es entstand wieder ein breiter Fluß. Luzifer und alle anderen Teufel in der Hölle verdorrten wie Stroh.

Als er sah, daß er weder Jonas noch die Schwan-Jungfrau ergreifen



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könnte, ward er sehr böse und brach Schwefel. Dann setzte er sich auf sein Roß und ritt unter Dröhnen in die Hölle zurück. Dort kommt kein Teufel mehr heraus. Denn sie sind so furchtbar verdorrt und so schwach, daß sie nicht mehr imstande sind, aus der Hölle zu gehen. Jonas und die Schwan-Jungfrau kamen gesund und glücklich in Jonas' Vaterland. Was war das für den Vater und sie beide für eine Freude! Darauf hielten sie Hochzeit, und es fand ein großes Fest statt. Da bin ich auch dabei gewesen. Ich aß und trank. Das Fett troff mir durch den Bart. In dem Mund behielt ich nichts. Da ich ganz ausgehungert war, griff ich tüchtig zu, aß und trank mich satt. Trunken legte ich mich ins Werg und schlief ein. Es war Krieg. Sie probierten die Geschütze und stopften sie mit Werg. Dabei steckten sie auch mich mit hinein. Als sie schossen, flog ich hierher, und da habe ich euch jetzt diese Geschichte erzählt.


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