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Märchen aus Finnland und dem Baltikum


Illustrationen von Ingeborg Ullrich

Märchen europäischer Völker


Wie der Kuckuck entstand

Eine Mutter züchtete sich in der Badestube eine Laus, die war so groß, daß die Mutter aus der Haut der Laus ihrer Tochter ein ganzes Paar Schuhe machen lassen konnte. Einmal war die Mutter mit ihrer Tochter zu einer Hochzeit eingeladen. Auf dem Hochzeitsgelage versprach die



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Mutter, ihre Tochter dem zur Frau zu geben, der erraten würde, aus was für einer Haut ihre Schuhe gemacht seien. Der eine und andre versuchte es zu erraten, aber umsonst. Da plötzlich steckte ein Molch seinen Kopf durch eine Dielenritze hervor und rief: »Die Schuhe sind aus einer Lausehaut!«

Nichts zu machen, sie mußte das Mädchen dem Molch zur Frau geben. Der Molch führte seine Frau in sein Schloß im Meere. Dort lebten sie eine lange Zeit. Da bekam die Frau eines Tages Lust, ihre Eltern wiederzusehen. Aber der Molch erlaubte es nicht, sie solle erst ihre eisernen Schuhe vertragen, dann werde er es erlauben. Gut. Nach sieben Jahren waren die eisernen Schuhe zerfetzt, da nahm die Frau ihre drei Kinder an die Hand, um die Eltern zu besuchen. Der Molch führte alle vier an den Meeresstrand, dann sagte er: »Wenn du zurückkehrst, so tritt ganz nahe an den Meeresstrand und rufe: >Molch, bist du am Leben, so laß einen Milchwirbel steigen; bist du tot, so laß einen Blutwirbel steigen.< Wenn ich das höre, werde ich euch gleich entgegenkommen.«

So trennten sie sich. Nachdem die Molchsfrau einige Zeit bei ihren Eltern gewesen war, bekam sie Heimweh. Die Eltern wollten sie nicht ziehen lassen. Aber die Molchsfrau rühmte, ihr und ihren Kindern gehe es im Meeresschlosse sehr gut, sie sollten sie doch gehenlassen. Nun wollten die Eltern dahinterkommen, wie sie sich denn in dem großen Wasser mit dem Molch treffen, wie sie das Schloß finden könne, aber das sagte sie nicht. Nun, wenn sie es nicht sagte, so müßte man es den kleinen, dummen Kindern entlocken. Sie fragte das älteste; das sagte es nicht; sie fragten das mittlere, das sagte auch nichts; sie fragten das jüngste, das sagte es.

Sobald der Vater es erfahren hatte, ging er ans Meer und rief: »Molch, bist du am Leben, so laß einen Milchwirbel steigen; bist du tot, so laß einen Blutwirbel steigen!« Der Molch ließ Milch aufwirbeln und kam an den Strand heraus, aber der Vater nahm ihn aufs Korn und schoß ihn tot. Am nächsten Morgen ging die Tochter mit ihren Kindern an den Strand und rief: »Molch, bist du am Leben, so laß einen Milchwirbel aufsteigen: bist du tot, so laß einen Blutwirbel steigen.«

Der Molch ließ Blut aufwirbeln. Da erschrak die Mutter und fragte die



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Kinder, welches von ihnen des Vaters Geheimnis ausgeplaudert habe. Das jüngste bekannte seine Tat. Da sprach die Mutter jedem sein Urteil und sagte: »Du, ältester, mein Söhnchen, sollst zu einer Eiche werden, damit jeder dich bewundere. Du, mittlere, mein Töchterchen, sollst zu einer frischen Linde werden, damit die Mädchen sich mit deinen Zweigen schmücken. Du, jüngster, Plappermäulchen, sollst zu einem Hümpel werden, der sogar eine große Fuhre zu Fall bringt. Ich selbst will ein Kuckuck werden und immer und ewig meinen Molch rufen.« Und so geschah es.


Copyright: arpa, 2015.

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