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Märchen aus Finnland und dem Baltikum


Illustrationen von Ingeborg Ullrich

Märchen europäischer Völker


Die Tiere und der Teufel

Es war einmal ein alter Mann, der drei Tiere besaß: eine Katze, einen Hahn und einen Ochsen. Als man nun einst beim Abendessen saß, sagte der Hauswirt zum Knecht:

»Morgen früh mußt du die Katze töten.«

Aber nach dem Essen gab der Knecht der Katze den Rat: »Flieh, sonst wirst du morgen früh geschlachtet!« Die Katze nahm sich die Warnung zu Herzen, und als man sie am frühen Morgen töten wollte, war das Opfer fort, von der Katze war nichts mehr zu sehen und zu hören. Am folgenden Abend sagte der Hauswirt wieder: »Morgen früh muß man unsern Hahn schlachten.« Diesen Befehl des Hausherrn hinterbrachte der Knecht auch dem Hahn, der schleunigst das Gehöft verließ. Auch an den Ochsen kam die Reihe zu fliehen, und alle drei fanden sich im Walde wieder zusammen. Sie wanderten unter den Bäumen dahin; da kam ihnen ein Wolf entgegen. »Wohin gehst du?«fragten sie diesen. »Ich suche die Herde dort auf«, antwortete der Wolf, »ich will sehen, ob ich nicht ein Lämmchen zum Imbiß erreichen kann.« —»Geh nicht hin!« warnten die andern. »Dort wird man dich töten; komm lieber mit uns.«

Der Wolf willigte ein, und sie gingen vier Mann hoch weiter. Da kam ihnen ein Bär entgegen. »Wohin gehst du?«fragten sie wiederum. »In die Nähe des Dorfes dort; ich will Hafer fressen«, antwortete der Bär.



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»Geh nicht hin, du könntest zu Schaden kommen«, sagten die andern, »komm lieber mit uns.«

Der Bär ging denn auch mit ihnen, und als sie zu fünfen ein Stück weitergewandert waren, begegneten sie einem Hasen. Den redeten sie ebenfalls an, und auch ihn gewannen sie zum Gefährten, worauf sie einem Dorfe zuschritten und sich anschickten, das Badehäuschen zu heizen. Vor dem Häuschen lag ein Hund, der die andern mit der Warnung empfing: »Geht nicht dort hinein, drinnen wohnen böse Geister.« Aber die andern gingen doch hinein. Der Bär legte sich an der Schwelle hin, der Wolf zwischen den Türpfosten, der Ochse suchte sich den Viehwinkel aus, der Hahn flog auf die Hühnerstiege, die Katze legte sich auf den Ofen, der Hase unter die Bank und der Hund mitten in die Stube.

Da kommt auch der Teufel an das Badehaus und öffnet die Tür. Im Nu beißt ihn der Wolf in die Wade, der Bär schlägt ihn mit der Tatze, der Ochse stößt ihn mit den Hörnern, der Hahn fängt an zu krähen und die Katze zu miauen, und der Hund rennt in der Stube herum. Vor Schrecken über so viel Wirrwarr fiel der Teufel rücklings hin, aber kaum hatte er sich aufgerafft und sich aus den Klauen seiner Feinde befreit, als er auch aus der Tür hinausflog und in eiliger Flucht dem Walde zurannte, wo er seinen Gefährten die Geschichte mit den Worten erzählte:

»Geht nicht mehr in das Badehaus: drinnen hausen Fremde, und gar gewaltige. Ein Schneider stach mich gleich an der Schwelle mit seinen Nadeln, ein rauhhaariger Mann packte mich mit seinen Fäusten an der Brust, ein Schuster schlug mich mit seinem Leistensack, daß ich rücklings hinfiel; einer auf dem Ofen schlug Feuer an, die Lehrbuben rannten in der Stube umher, sprangen mit glühenden Augen aus einer Ecke in die andre und suchten mich, um mich zu prügeln, konnten mich aber nicht finden. Einer schrie sogar den andern zu, als ich entfloh: >Greift den Kerl! Greift den Kerl!<«


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