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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSENDUNDEIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BÄNDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 6

IM INSEL-VERLAG


5. HUMORESKEN

Auf humorvolle Schilderungen in Geschichten verschiedener Art aus 1001 Nacht ist schon mehrfach hingewiesen. Sie kommen besonders in den Erzählungen aus Ägypten vor, wie ja heute noch die Kairiner im arabischen Orient als die besten Humoristen gelten; aber auch die Bewohner Arabiens, Syriens und Mesopotamiens waren und sind durchaus nicht ohne Humor, und die drei Geschichten aus 1001 Nacht, die am ehesten als Humoresken bezeichnet werden können, stammen wahrscheinlich noch aus der Baghdader Zeit. Die Geschichte von Abu el-Hasan oder dem erwachten Schläfer (III, 454) spielt zur Zeit Harûns. Gleich zu Anfang erzählt der Held schon dem Kaufen die lustige Anekdote von dem Strolch und dem Koch (S. 456). Dann veranlaßt der Kalif, daß Abu el-Hasan betäubt in den Palast gebracht wird und dort als Kalif erwacht. Darauf wird er wiederum betäubt und in sein Haus zurückgetragen, hält sich für den Kalifen Kalifen und wird schließlich ins lrrenhaus gebracht. Das alles wird mit großer Komik erzählt. Er wird noch ein zweites Mal in den Palast gebracht, und nachdem er dort erwacht ist, macht ihn der Kalif zu seinem Tischgenossen. Dann spielt er mit seiner Frau dem Kalifen und seiner Gemahlin noch einen lustigen Streich, indem beide sich tot stellen. Diese Geschichte wird meist als ein Teil des großen 'Omar-Romans überliefert; sie wird daher auch in Baghdad entstanden sein.

Eine andere lustige Geschichte vom Kaufen und seinem »Doppelgänger«ist die von dem Fischer Chalîfa (V, 503). Im Deutschen wirkt die Geschichte nicht mehr ganz so komisch, da der Titel Chalife von den neueren Orthographen zu Kalif gemacht ist. Im Arabischen lautet der Personenname Chalîfa aber genau so wie der Titel des Beherrschers der Gläubigen;



1000-und-1_Vol-06-725 Flip arpa

auch bei uns gibt es viele einfache Leute, die Kaiser, König, Prinz oder Fürst heißen. Der Kernpunkt der Geschichte ist denn auch, wieder Fischer Chalîfa mit dem wirklichen Kalifen zusammentrifft, ihn das Fischen lehrt, dann mit dem Kaufenmantel abzieht und schließlich in den Palast des Kaufen kommt. Vorher geht eine Einleitung, die mehrere komische Szenen enthält; der Fischer fängt nur Affen, die ja als Unglückstiere oder Teufelstiere gelten, kommt dann zu einem Juden, bei dem ein Mißverständnis zu einer Prügelei führt, und wird schließlich um seine hundert Dinare besorgt, was mit grotesker Komik geschildert wird. Zum Schlusse wird die Geschichte des Fischers Chalîfa mit der von der Sklavin Kût el-Kulûb verquickt, die wir aus der Geschichte von Ghânim ibn Aijûb kennen (oben S. 705).

Auch die Geschichte von Dscha'far dem Barmekiden und dem alten Beduinen (III, sio) spielt in der Nähe von Baghdad. Sie ist von so derber Komik, daß »Harûn er-Raschîd lachte, bis er auf den Rücken fiel«.

Eine echte Lügengeschichte, die zur Erheiterung dienen soll, ist die Geschichte von 'All dem Perser (III, iss) mit seinem Sack und dem Kurden. Sie wird baghdadisch sein. Lügengeschichten sind heute noch im Orient sehr beliebt, und Lügenmärchen sind auch im Abendlande nicht unbekannt. Die Geschichte von 'All dem Perser ist mit großer Sprachgewandtheit erzählt. —Über die Märchenhumoreske von Ma'rûf ist schon oben S. 693 gesprochen. Die Geschichte des Buckligen ist ein großer Zyklus von meist humoristischen Anekdoten.


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