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Kapitel 

IWAN — JOHANNES


Dreißig der schönsten russischen Märchen

aus der Sammlung von

A. N. Afanasjev

Übertragen und durch eine Sinndeutung ergänzt von Friedel Lenz


WASSILISSA MIT DEN GOLDENEN FLECHTEN UND DEM UNBEDECKTEN HAUPTE UND JOHANNES AUS DER ERBSE



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Die Königstochter freute sich von Herzen. Sie sah aus dem goldvergitterten Fensterchen hinab in den grünen Garten, auf die bunten, blumigen Wiesen und wollte so gerne da unten lustwandeln. «Großmäditiger Vater, noch nie sah ich Gottes Welt, noch nie lief ich über Gras und Blumen, deinen herrlichen Hof habe ich nie gesehen. Laß mich mit Ammen und Wärterinnen im Freien lustwandeln!»

Der König gewährte es, und Wassilissa, die Herrliche, stieg aus dem hohen Turm hinab in den weiten Hof, die holzgezimmerten Tore öffneten sich, und sie stand auf grüner Wiese vor einem hohen Berge. Herrliche Bäume wuchsen auf diesem Berge, vielfarbige Blumen auf der Wiese. Die Königstochter pflückte sich blaue Blumen, arglos entfernte sie sich ein wenig von ihren Begleiterinnen, denn ein junges Herz kennt keine Vorsicht. Ihr Gesicht trug sie frei, unverhüllt war ihre Schönheit.

Da brach ein Sturm los, wie ihn die ältesten Leute noch nicht erlebt hatten. Keiner hatte je so etwas gesehen oder gehört. Alles wurde herumgewirbelt und zerbrach. Mit einem Male ergriff der Sturmwind auch die Königstochter und trug sie durch die Lüfte davon, er trug sie über weite Länder und tiefe Ströme, durch drei Reiche bis in das vierte Reich, in die Herrschaft des grausamen Drachen.

Die Ammen und Wärterinnen schrien, liefen überall hin und suchten an allen Orten, aber es war alles umsonst. Dann eilten sie in das Schloß zurück, warfen sich dem König weinend zu Füßen und riefen: «Hoher König, wir sind unschuldig an dem Unglück, wenn wir auch schuldig vor dir erscheinen. Sprich ein Wort der Gnade und lass' uns nicht strafen! Der Sturmwind entführte unsere Sonne, Wassilissa mit den goldenen Flechten, die Unvergleichlich-Schöne, und wir wissen nicht wohin.» Und sie erzählten, wie alles gekommen war. Der König war traurig und zürnte, aber er begnadigte die Armen.

Am anderen Morgen erschienen Fürsten und Königssöhne im Schloß. Als sie die Trauer und die Schwermut des Königs sahen, fragten sie, was geschehen sei.

«Oh, Jammer und Not», sprach der König, «der Sturmwind entführte mein teures Kind, Wassilissa mit den goldenen Flechten, und niemand weiß wohin», und er erzählte alles, was geschehen war. Da erhob sich ein Gemurmel unter den Gästen, ob der König nicht eine Ausrede gebrauche, damit er seine Tochter nicht hergeben müsse. Fürsten und Königssöhne stürzten in den Turm, doch sie fanden die Königstochter nicht. Der König schenkte den hohen Freiem von seinen Schätzen, gab ihnen ein ehrenvolles Geleit, sie stiegen zu Pferde und zogen wieder in ihr Land zurück.

Die beiden Königssöhne, Wassilissas mutige Brüder, sahen die Tränen von Vater und Mutter und baten: «Entläßt uns, großmächtiger Vater, segnet



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uns, gnädige Mutter, wir wollen eure Tochter, unser Schwesterchen, suchen!»

«Kinder meines Herzens, liebe Söhne», sprach der König traurig, «wohin wollt ihr ziehen?»

«Väterchen, wir reiten überall hin - wohin der Weg geht, wohin der Vogel fliegt, wohin die Augen schauen.»

Der König segnete sie, die Mutter bekleidete sie mit festlichem Gewand, und unter Tränen zogen sie von dannen.

Die Königssöhne ritten davon über Berg und Tal. Ob es kurz war oder lang, ob es nah war oder fern - sie wußten es beide nicht. Sie ritten ein Jahr und ein zweites und kamen durch drei große Reiche. Endlich schimmerten ferne Berge zwischen sandigen Steppen, das Land des grausamen Drachen. Die Königssöhne fragten alle, die vorüber gingen, nach Wassilissa mit den goldenen Flechten. «Hörtet ihr nicht, sahet ihr nicht, wo Wassilissa mit den goldenen Flechten ist?» Aber die Leute erwiderten: «Wir haben sie nie gekannt, wir haben nichts von ihr gehört», und gingen weiter.

Endlich kamen die Königssöhne zu einer großen Stadt. Am Tore stand ein gebrechlicher Greis, krumm und lahm, mit Krücke und Ranzen, und bettelte. Die Königssöhne hielten an, gaben ihm Silbergeld und fragten ihn nach ihrer Schwester, Wassilissa mit den goldenen Flechten und dem unbedeckten Haupte.

«Ach, Freunde, man merkt, daß ihr aus fremdem Lande seid. Unser Gebieter, der grausame Drache, hat aufs strengste verboten, mit Fremden zu reden. Hier darf niemand bei Strafe davon sprechen, wie der Sturmwind die schöne Königstochter an der Stadt vorüber trug.»

Da ahnten die Brüder, daß ihre Schwester nahe sei. Sie trieben ihre feurigen Pferde an und ritten zum Schloß des Drachen. Das Schloß war aus Gold und stand auf einer silbernen Säule. Das schirmende Dach bestand aus Edelgestein, die Stiegen waren aus Perlmutter und gingen wie Flügel auseinander.

Wassilissa sah gerade traurig aus ihrem goldvergitterten Fensterchen. Plötzlich schrie sie laut auf vor Freude, sie hatte von weitem die beiden Königssöhne gesehen, und das Herz sagte ihr, daß es die Brüder wären. Heimlich sandte sie ihnen einen Boten entgegen und ließ sie in das Schloß führen. Der Drache war nicht zu Hause. Wassilissa, die Herrliche, bangte darum, daß er die Brüder sähe. Aber kaum waren sie eingetreten, da stöhnte die silberne Säule, die perlmutternen Stiegen gingen wie Flügel auseinander, alle Edelsteindächer blitzten, und das ganze Schloß drehte und bewegte sich. Die Königstochter erschrak: «Das Schloß schwankt, der Drache kommt geflogen, verbergt euch, meine Brüder!»

Kaum hatte sie es gesagt, da flog der grausame Drache herbei, tat einen Pfiff und schrie mit lauter Stimme: «Wer ist hier, ein lebendiger Mensch?»



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«Wir sind es, grausamer Drache!» antworteten unverzagt die Königssöhne. Wir kommen aus der Heimat und suchen unsere Schwester.»

«Ach, ihr seid es, wacker. Burschen», schrie der Drache und schlug mit den Flügeln. «Freilich habt ihr die Schwester gefunden, und ihr seid auch tapfere Helden, aber doch nur kleine, euch habe ich schnell bezwungen!» Und er nahm den einen Bruder auf den Flügel und erschlug damit den andern. Dann pfiff und schrie er, die Schloßwache lief herbei, packte die beiden Toten und warf sie in eine tiefe Grube.

Wassilissa mit den goldenen Flechten weinte bittere Tränen. Sie aß nicht und trank nicht und verbarg sich vor dem Himmelslicht mit ihrem Gram. Es vergingen zwei Tage, es vergingen drei Tage - sie wäre am liebsten gestorben - aber ihrer Schönheit wegen beschloß sie zu leben. Und am dritten Tage aß sie. Dann überlegte sie, wie sie sich selber von dem Drachen befreien könne, und versuchte es mit kluger Schmeichelei: «Grausamer Drache, deine Kraft ist groß, dein Flug gewaltig. Ist dir kein Gegner gewachsen?»

«Noch ist die Zeit nicht gekommen. Bei meiner Geburt wurde mir geweissagt, mein Gegner heiße Johannes aus der Erbse und er würde aus der Erbse geboren.» Der Drache sagte es zum Scherz, denn er dachte an keinen Gegner. So verläßt sich der Starke auf seine Kraft, und doch wird aus Scherz oftmals bitterer Ernst.

Die Mutter der schönen Wassilissa trauerte. Nach der Königstochter waren auch die Söhne verschwunden. Einstmals erging sie sich mit den Bojarinnen im Garten. Der Tag war heiß, und sie verlangte zu trinken. Aus dem Hügel sprudelte eine Quelle, aufgefangen in einer Mulde aus weißem Marmelstein. Sie schöpfte mit goldener Kelle das tränenhelle Wasser und trank. Und wie sie so hastig trank, schluckte sie eine Erbse hinab. Die Erbse quoll, und der Königin wurde es sonderbar zumute. Die Erbse wuchs und wuchs, und die Königin trug schwer an der Frucht.

Als die Zeit gekommen war, gebar die Königin einen Sohn, der erhielt den Namen: Johannes aus der Erbse. Der Knabe wuchs nicht nach Jahren, sondern nach Stunden, schön glatt und rundlich. Erblickte umher und lachte, hüpfte und sprang, rollte über den Sand und war so voller Kraft, daß er mit zehn Jahren schon ein richtiger Held war. Einmal fragte er Vater und Mutter, ob er noch Geschwister gehabt habe, und da erfuhr er, daß die Schwester vom Wirbelwind davongetragen wäre und die beiden Brüder ausgezogen seien, um sie zu suchen.

«Vater, Mutter, gebt mir euren Segen, laßt mich ausziehen, meine Schwester und die Brüder zu suchen!»

«Aber Kind», riefen Vater und Mutter mit einer Stimme, «du bist noch so jung und grün, deine Brüder zogen aus und kamen um, dir wird es nicht besser ergehen!»



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«Mir geschieht nichts», sagte Johannes aus der Erbse, «ich will Brüder und Schwester suchen!» Vater und Mutter wollten ihren lieben Sohn zurückhalten, er aber bat unter Tränen, bis sie ihn zur Reise ausrüsteten.

Johannes aus der Erbse war nun frei und rollte in das freie Feld. Er ritt davon, ritt einen Tag und den andern Tag und kam des Nachts in einen finsteren Wald. Im Walde stand ein Hüttchen auf Hühnerfüßchen, das schwankte im Winde und drehte sich um sich selbst. Nach altem Brauch, wie es die Mutter gelehrt hat, blies der Königssohn das Hüttchen an und sprach: «Hüttchen, Hüttchen, dreh dich zu mir und dreh dem Wald den Rücken!»

Und sogleich drehte sich das Hüttchen Johannes zu. Aus dem Fensterchen sah eine grauhaarige Alte: «Wen hat Gott hierher geführt?»

Johannes verneigte sich und fragte: «Großmütterchen, sahst du den Wirbelwind fliegen, weißt du, wohin er die schönen Jungfrauen trägt?»

«Ach, wackrer Jüngling», antwortete die Alte, hustete und sah ihn an, «auch mich hat der Sturmwind erschreckt. Seit hundertzwanzig Jahren sitze ich in diesem Hüttchen und wage mich nicht vor die Tür, denn er könnte kommen und mich entführen. Es ist kein Sturmwind, es ist der grausame Drache!»

«Wie kann ich zu ihm gelangen?» fragte Johannes.

«Was willst du dort, mein Licht? Er wird dich bald verschlingen.»

«Nun, vielleicht wird er mich nicht verschlingen.»

«Oh, tapferer Held», flehte die Alte, «du kannst deinen Kopf nicht retten! Aber wenn du den Drachen bezwingst, so nimm aus seinem Hort das verjüngende Wasser. Wer sich damit besprengt, wird wieder jung», setzte sie hinzu, mit Mühe die Zähne bewegend.

«Mütterchen, mein Wort darauf, ich bringe dir das verjüngende Wasser!»

«Gerne glaube ich es. Gehe immer gradeaus und folge dem Lauf der Sonne. Übers Jahr kommst du zum Fuchsberg, dort frage wieder nach dem Weg ins Drachenreich!»

«Dank dir, Großmütterchen!»

«Nichts zu danken. wackrer Jüngling.»

So ging Johannes aus der Erbse dem Lauf der Sonne nach. Schnell ist ein Märchen erzählt - nicht so schnell die Tat getan - er zog durch drei Königreiche, bis er in das Reich des Drachen kam. Vor den Toren der Stadt sah er einen Bettler stehen, einen lahmen, blinden Armen mit einer Krücke. Dem gab er ein Almosen und fragte, ob hier nicht Wassilissa mit den goldenen Flechten, die Unvergleichlich-Schöne, gefangen sei. «Ja, sie ist hier, aber es ist verboten, es zu sagen.»

Da wußte Johannes aus der Erbse, daß seine Schwester nahe sei. Der gute tapfere Jüngling ermannte sich und ritt zum Schloß des Drachen.

Wassilissa, die Herrliche, sah aus dem Fenster, ob nicht der Drache geflogen



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käme, und erblickte von weitem den jungen Helden. Gerne hätte sie gewußt, wer es war. Sie sandte ihm heimlich einen Boten entgegen, um zu erkunden, aus welchem Lande, von welchem Stamme er sei und ob er nicht von Vater und Mutter gesandt wäre. Als sie hörte, daß Johannes gekommen sei, der jüngste Bruder, lief sie ihm mit Tränen in den Augen entgegen: «Fliehe, fliehe, mein Brüderchen, gleich kommt der Drache, und wenn er dich erblickt, erschlägt er dich!»

«Das sollst du nicht sagen, das will ich nicht hören, Schwester, ich fürchte die Kraft des Drachen nicht!»

«Bist du vielleicht aus der Erbse?» fragte Wassilissa mit den goldenen Flechten, «dann könntest du ihn besiegen.»

«Warte nur, Schwesterherz, erst gib mir zu trinken, ich wanderte weit durch die glühende Sonne, bin müde vom Weg und durstig!»

«Was willst du trinken, Brüderchen?»

«Einen Eimer voll süßen Honigmet, liebes Schwesterchen.»

Wassilissa mit den goldenen Flechten ließ ihm einen Eimer mit süßem Honigmet bringen. Johannes aus der Erbse trank ihn aus mit einem Zug und bat um einen zweiten. Die Königstochter staunte und ließ einen anderen Eimer holen. «Bruder, ich kannte dich nicht, aber jetzt glaube ich, daß du Johannes aus der Erbse bist.»

«Bringe mir einen Stuhl, damit ich ein wenig ruhen kann!»

Wassilissa ließ einen kräftigen Stuhl herbeibringen, aber der Stuhl brach unter ihm zusammen. Man brachte einen anderen, mit Eisen beschlagen, aber auch dieser bog sich und krachte.

«Ach, Bruder», rief die Königstochter, «das war des Drachen Sitz!»

«Ei, da wiege ich schwerer als er», sagte Johannes aus der Erbse, lachte und ging in die Schmiede. Beim alten, weisen Hofschmied bestellte er einen Stab, fünfhundert Pud schwer. Die Schmiede machten sich sogleich an die Arbeit und schmiedeten das Eisen. Tag und Nacht dröhnten die Hämmer, und die Funken flogen. In vierzig Stunden war der Stab geschmiedet. Fünfzig Menschen schleppten ihn mühsam herbei. Johannes aus der Erbse nahm ihn mit einer Hand und warf ihn in die Höhe. Der Stab flog mit Donnergetöse bis über die Wolken und war nicht mehr zu sehen. Alles Volk lief voller Angst davon. Fiel der Stab zur Erde, so schlug er alle Mauern ein und zerschmetterte die Menschen, fiel er aber ins Meer, so gingen die Wasser über das Ufer und überschwemmten die Stadt. Johannes aus der Erbse gab den Befehl, zu melden, wann der Stab wieder geflogen käme. Dann ging er ruhig in das Schloß zurück. Das Volk verlief sich und schaute aus Fenstern und Türen nach dem Stabe aus. Sie warteten eine Stunde, eine zweite und dritte. Da erbebten sie, riefen und schrien, daß der Stab geflogen komme. Johannes aus der Erbse sprang auf den Platz hinaus, öffnete seine Hand und fing ihn



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im Fluge. Er selber beugte sich nicht, aber der Stab in seiner Hand wurde krumm. Er nahm den Stab, bog ihn über dem Knie wieder zurecht und kehrte in das Schloß zurück.

Plötzlich erhob sich ein furchtbares Pfeifen - der grausame Drache schoß herbei. Sein Pferd flog wie ein Pfeil, und Flammen schlugen aus seinen Nüstern. Er sah aus wie ein Held, hatte aber den Kopf eines Drachen. Wenn er auf zehn Werst herangeflogen war, begann der Hof zu schwanken und sich zu drehen. Heute aber blieb er ruhig und bewegte sich nicht von der Stelle. Offenbar war ein gewichtiger Gast im Hause. Der Drache stutzte, pfiff und schrie. Das Sturmpferd schüttelte die schwarze Mähne, schlug mit den großen Flügeln, lärmte und wieherte. Es flog zum Schloß, aber das Schloß rührte sich nicht. «Oho», brüllte der Drache, «mein Gegner ist da! Erbse, bist du mein Gast?»

Held Johannes erschien.

«Ich setze dich auf eine Hand, schlage mit der andern zu, und niemand findet deine Knochen!»

«Das werden wir sehen», sagte Johannes aus der Erbse und trat ihm mit dem Stabe entgegen.

«Erbschen, rolle nicht!» sprach der Drache höhnend vom Sturmpferd.

«Komme nur, grausamer Drache!» rief Johannes aus der Erbse und hob den Stab. Der Drache kam mit Macht und stieß mit seiner Lanze zu, aber er stach daneben, und Johannes sprang auf die Seite, ohne zu straucheln. «Jetzt schlage ich», rief er dröhnend und schleuderte den Stab gegen den Drachen. Der Drache wurde betäubt und in lauter Stücke zerrissen, und Johannes streute die Stücke umher. Der Stab drang in die Erde und ging durch zwei Reiche bis in das dritte.

Das Volk warf die Mützen in die Höhe und rief Johannes zum Könige aus. Johannes aber wies hin auf den weisen Schmied, der den Stab so schnell geschmiedet hatte, und sprach zu dem versammelten Volke: «Er ist euer Haupt, gehorcht ihm zum Guten, wie ihr früher dem Drachen zum Bösen gehorcht habt!»

Dann holte Johannes Wasser des Lebens und des Todes und besprengte damit die toten Brüder. Da standen die Jünglinge auf, neben ihre Augen und sprachen: «Wir schliefen lange, Gott weiß, was inzwischen geschah.»

«Ohne mich hättet ihr auf immer geschlafen, liebe Brüder», sagte Johannes aus der Erbse und drückte sie an sein stürmisches Herz. Er vergaß nicht, Drachenwasser mitzunehmen. Dann rüstete er ein Schiff und nahm Wassilissa mit den goldenen Flechten und die Brüder mit sich. Sie zogen auf dem Schwanenfluß in die Heimat - durch drei Reiche bis in das vierte Reich. Johannes aus der Erbse vergaß auch nicht die Alte im Hüttlein und brachte ihr das versprochene Wasser zum Waschen. Sie wusch sich damit, verwandelte



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sich und wurde wieder jung. Singend und tanzend lief sie hinter Johannes her und begleitete ihn auf dem Wege.

Vater und Mutter waren voller Freude, begrüßten den Königssohn mit großen Ehren und sandten Boten in alle Welt mit der Nachricht, daß Wassilissa mit den goldenen Flechten wieder zurückgekehrt sei.

Die Geschütze donnerten - in den Ohren schallte es, die Trompeten bliesen - in den Ohren hallte es, und die Glocken läuteten in der Stadt. Wassilissas stetes Ausharren wurde belohnt, sie fand den Bräutigam, und auch für den Königssohn Johannes fand sich eine Braut. Vier Brautkronen wurden bestellt, zwei Hochzeiten gehalten. Das war ein Fest -berghoch wuchs die Freude, Honigmet floß in Strömen. Die Großväter der Väter waren auch dabei und tranken Honigmet. Der Honigmet floß bis zu uns. Er floß über den Bart, aber er kam nicht in den Mund.

Gewiß ist, daß Johannes nach dem Tode des Vaters die Königskrone empfing. Er regierte ruhmvoll, und noch viele Geschlechter feierten seinen Namen: Johannes aus der Erbse.


Copyright: arpa, 2015.

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