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Das blaue Band


Norwegische Märchen Band II

Übersetzt von Käthe Wolf-Feurer

J. CH. MELLINGER-VERLAG STUTTGART


Der Schiffer und Gamle-Erik, der Teufel

Es war einmal ein Schiffer, der war so unfaßbar erfolgreich und glücklich in allem, was er sich vornahm. Da war niemand, der solche Frachten bekam, und niemand, der solches Geld verdiente, denn es rollte gleichsam bei ihm rein. Und da war kaum jemand, der imstande war, solche Reisen zu machen wie er, denn wo er auch hinfuhr, der Wind war mit ihm, ja, man sagte, wenn er nur seinen Hut drehte, so wandte sich der Wind dahin, wo er ihn auch haben wollte.

So war er viele Jahre lang unterwegs mit Holzlastschiffen und auf China-Reisen und verdiente Geld wie Heu. Und so geschah es wieder



111 Das blaue Band Norw. Märchen Flip arpa

einmal, daß er über die Nordsee heimfuhr, mit vollen Segeln, als ob er Last und Schiff gestohlen hätte. Aber derjenige, welcher ihn ergreifen wollte, er fuhr noch schneller. Das war der Teufel selbst, der in Norwegen Gamle-Erik genannt wird. Denn mit ihm hatte der Schiffer einen Vertrag gemacht, wie man sich denken kann, und an diesem Tage war die Zeit um, er konnte jeden Augenblick darauf gefaßt sein, daß er kam und ihn holen wollte.

Ja, der Schiffer kam herauf an Deck, von der Kajüte, und sah nach dem Wetter. Dann rief er seinen Zimmermann und ein paar Matrosen dazu und sagte, sie sollten hinunter in den Laderaum gehen und zwei Löcher in den Boden des Schiffes hauen. Und als sie das gemacht hatten, sollten sie die Pumpe abheben vom Pumpensockel und sie dicht in die Löcher hineintreiben, sodaß das Wasser weit oben im Pumpenstock stand.

Die Leute wunderten sich darüber und meinten, das sei eine seltsame Arbeit, aber sie machten es wie der Schiffer gesagt hatte. Sie hieben zwei Löcher in den Boden und trieben die Pumpe hinein, so dicht, daß nicht ein einziger Wassertropfen in den Laderaum kommen konnte. Aber oben in der Pumpe stand die Nordsee sieben Fuß hoch.

Kaum hatten sie die Späne nach der Arbeit über Bord geworfen, so kam Gamle-Erik in einem Windstoß angebraust und packte den Schiffer beim Kragen. »Halt, Vater, das hat keine so große Eile«, sagte der Schiffer, und gleichzeitig löste er die Klauen, die der Teufel in ihn geschlagen hatte und verteidigte sich mit einem großen Schiffsnagel. »Hast du nicht mit mir einen Vertrag abgeschlossen, das Schiff immer trocken und dicht zu halten?« fragte der Schiffer. »Ja, du bist mir ein schöner Kerl! Schau die Pumpe an! Das Wasser steht sieben Fuß hoch oben im Rogr! Pump, Teufel, und pumpe das Schiff leer, so kannst du mich holen und mit mir machen, was du willst«, sagte er.

Gamle-Erik war nicht klug genug, also ließ er sich narren. Er arbeitete hart und schwitzte, und der Schweiß floß nur so in Bächen an ihm herunter, sodaß man leicht ein Mühlrad hätte treiben können entlang seinem Rücken. Aber er pumpte das Wasser der Nordsee herauf und ließ es wieder in die Nordsee fließen. Er arbeitete sich müde und matt, und als er nicht mehr konnte, fuhr er zurück in die Hölle in fliegender Eile zu seiner Großmutter und wollte nichts, als sich ausruhen.

Den Schiffer ließ er Schiffer sein, so lang er wollte. Und wenn er nicht gestorben ist, so fährt er wohl noch heute und segelt dahin, wo er will und wendet den Wind, wie er seinen Hut dreht.


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