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J. K. A. Musäus

Volksmärchen der Deutschen


Herausgegeben von Dr. Karl Martin Schiller

Mit den Abbildungen der Holzschnitte nach Originalzeichnungen von


Ludwig Richter, A. Schrödter, R. Jordan und G. Osterwald und den 12 Titeblättem von Ludwig Richter

Leipzig F. W. Hendel Verlag 1926



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Stumme Liebe.



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Es war einmal ein reicher Kaufmann, Melchior von Bremen genannt; der sich immer hohnlächelnd den Bart strich, wenn vom reichen Mann im Evangelium gepredigt wurde, den er im Vergleich mit sich nur für einen kleinen Krämer schätzte. Er hatte des Geldes so viel, daß er seinen Speisesaal mit harten Talern pflastern ließ. In jenen frugalen Zeiten herrschte dennoch, so gut als in den unsrigen, ein gewisser Luxus, nur mit dem Unterschiede, daß er bei den Vätern mehr als bei den Enkeln aufs Solide gestellt war. Ob ihm diese Hoffart gleich von seinen Mitbürgern und Konsorten sehr verarget



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und für eine Prahlerei ausgedeutet wurde, so war's damit doch mehr auf kaufmännische Spekulation als Aufschneiderei angesehen. Der schlaue Bremer merkte wohl, daß die Neider und Tadler dieser scheinbaren Eitelkeit nur den Ruf seines Reichtums ausbreiten und seinen Kredit dadurch mehren würden. Er erreichte diese Absicht vollkommen; das tote Kapital von alten Talern, das so weislich im Speisesaal zur Schau ausgestellt war, brachte hundertfältige Zinsen durch die stillschweigende Bürgschaft; die es in allen Handelsgeschäften für die Valuta leistete; aber endlich wurde es doch eine Klippe, woran die Wohlfahrt des Hauses scheiterte.

Melchior von Bremen starb auf einen jähen Trunk bei einem Qabbenschmause, ohne daß er Zeit hatte, sein Haus zu bestellen, und hinterließ all sein Hab und Gut einem einzigen Sohne im blühenden Jünglingsalter, der eben die Jahre erreicht hatte, die väterliche Erbschaft gesetzmäßig anzutreten. Franz Melcherson war ein herrlicher Junge und hatte von der Natur die besten Anlagen empfangen. Sein Körper war regelmäßig gebaut; dabei fest und konsistent, seine Gemütsart heiter und jovialisch, als wenn geräuchert Ochsenfleisch und alter Franzwein auf seine Existenz Einfluß gehabt hätten. Auf seinen Wangen blühte Gesundheit, und aus den braunen Augen sah Behaglichkeit und froher Jugendsinn hervor. Er glich einer markigen Pflanze, die nur Wasser und ein mageres Erdreich bedarf, um wohl zu gedeihen, in allzu fettem Boden aber geilen Überwuchs treibt, ohne Frucht und Genuß. Der väterliche Nachlaß war, wie es oft der Fall ist, des Sohnes Verderben. Kaum hatte er das Vergnügen empfunden, Besitzer eines großen Vermögens zu sein und damit nach Belieben schalten zu können, so suchte er sich dessen, nicht anders als einer drückenden Bürde, zu entledigen, spielte den reichen Wann im Evangelium im Wortverstande und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Kein Gastmahl am Hofe des Bischofs kam den seinigen gleich an Pracht und Überfluß, und so lange die Stadt Bremen steht; wird solch ein Ochsenfest nicht wieder erlebt, als er jährlich zu begehen pflegte; an jeden Bürger in der Stadt spendete er einen Krüselbraten aus und ein Krüglein spanischen Wein. Davor ließ die ganze Stadt den Sohn des Alten hochleben *), und Franz war der Held des Tages.

Bei diesem fortwährenden Taumel von Schwelgerei wurde an keine Bilanzrechnung gedacht, die ehemals das Vademekum der Handelsleute war; jetzt aber immer mehr außer Brauch kommt, daher daz Zünglein der merkantilischen Wagt sich oft mit magnetischer Kraft zum Fallissement neiget. Einige Jahre verliefen, ohne daß der verschwenderische Gauch eine Abnahme seiner Renten spürte; denn bei des Vaters Hinscheiden waren Kisten und



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Kasten voll. Die gefräßige Schar der Tischfreunde; das luftige Völklein der lustigen Brüder die Spieler, Lungerer und alle, die von dem verlornen Sohn Nutzen und Gewinn hatten, sahen sich wohl vor, ihn zu einiger Besonnenheit kommen zu lassen; sie rissen ihn von einem Vergnügen zum andern fort und erhielten ihn immer in Atem, damit nicht ein nüchterner Augenblick die Vernunft aufwecken und ihren räuberischen Klauen die Beute entführen möchte.

Aber plötzlich versiegte das Brünnlein des Wohllebens, die Tonnen Goldes aus dem väterlichen Nachlaß waren abgezapft bis auf die Hefen. Franz kommandierte eines Tages eine große Zahlung, der Kassierer war außerstand, die Ordre seines Herrn zu honorieren, und gab sie mit Protest zurück . Das fuhr dem jungen Schlemmer mächtig vor die Stirn, doch fühlte er nur Verdruß und Unwillen über seinen widerspenstigen Diener, dem er allein, keineswegs aber seiner eignen übeln Wirtschaft, die Unordnung in seinen Finanzen beimaß. Er gab sich auch keine weitere Mühe, die Ursache davon zu ergründen, sondern nachdem er zu der gewöhnlichen Litanei des Unsinns seine Zuflucht genommen und einige Dutzend Flüche abgedonnert hatte, ließ er an den achselzuckenden Haushalter den lakonischen Befehl ergehen: Schaff Nat.

Die Geldmäkler, die Wucherer und Wechsler wurden nun in Tätigkeit gesetzt. Gegen hohe Zinsen flossen in kurzem wieder große Summen in die ledigen Kassen; der Saal, mit harten Talern gepflastert, galt damals in den Augen der Gläubiger mehr, als in unsern Tagen ein offener Kreditbrief des amerikanischen Generalkongresses oder aller dreizehn vereinigten Staaten. Das Palliativ leistete eine Zeitlang gute Dienste, doch unter der Hand breitete sich das Gerücht in der Stadt aus, das silberne Pflaster im Speisesaal sei in aller Stille aufgehoben und mit einem steinernen vertauscht worden. Die Sache wurde von Stund an auf Verlangen der Darleiher gerichtlich untersucht und in der Tat also befunden. Nun war nicht zu leugnen, daß ein Pflaster von buntfarbigem Marmor, à la mosaique sich in einem Speisesaal ungleich besser ausnahm als die verblichenen alten Taler; allein die Gläubiger respektierten den feinen Geschmack des Eigentümers so wenig, sie ohne Verzug ihre Zahlung forderten, und da diese nicht erfolgte, wurde der Konkursprozeß eröffnet; das väterliche Haus nebst allen annexis, Vorratshäusern, Gärten, Feldgütern, auch allen Mobilien bei brennender Kerze versteigert und der Besitzer, der sich zur Notwehr mit einigen rechtlichen Schikanen noch verbollwerkt hatte, judizialiter exmittiert.

Jetzt war's zu spät; über seine Unbesonnenheit zu philosophieren, da die vernünftigsten Betrachtungen nichts bessern und die heilsamsten Entschließungen den Schaden nicht mehr heilen konnten. Nach der Denkungsart unsers verfeinerten Zeitalters hätte nun der Held mit Würde von der Bühne abtreten, seine Existenz auf irgendeine Art vernichten, die große Reise in die



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weite Welt antreten oder sich entgurgeln müssen, da er in seiner Vaterstadt nicht mehr als ein Mann von Ehre leben konnte. Franz tat indessen weder das eine noch das andere. Das qu'en dira-t-on? *), welches die gallische Sittlichkeit als Zaum und Gebiß für Torheit und Unbesonnenheit erfunden hat; sie damit zu zähmen, war dem zügellosen Wicht bei seinem Wohlstande nicht eingefallen, und sein Gefühlssinn war noch nicht fein genug, die Schande seiner mutwilligen Verschwendung zu empfinden. Es war ihm wie einem berauschten Zecher zumute, der eben aus dem Weintaumel wieder erwacht und sich nicht zu besinnen weiß, was mit ihm vorgegangen ist. Er lebte nach der Weise verunglückter Verschwender, schämte sich nicht und grämte sich *) Was wird die Welt dazu sagen



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nicht. Zum Glück hatte er noch einige Reliquien aus dem Familienschmucke vom Schiffbruch geborgen, die ihn noch eine Zeitlang für drückenden Mangel schützten.

Er bezog ein Quartier in einem abgelegenen Gäßchen, m welches die Sonne das ganze Jahr nicht schien, außer in den längsten Tagen, wenn sie ein wenig über die hohen Dächer blickte. Hier fand er für seine jetzt sehr eingeschränkten Bedürfnisse alles, was er brauchte; die frugale Küche des Wirts schützte ihn für Hunger, der Ofen für Kälte, das Dach für den Regen, die vier Wände für den Wind; nur für die peinliche Langeweile wußte er weder Rat noch Zuflucht. Das lockere Gesindel der Schmarotzer war mit dem Wohlstande davon geflohen, und von seinen ehemaligen Freunden kannte ihn keiner mehr. Die Lektüre war damals noch kein Zeitbedürfnis, man verstund sich nicht auf die Kunst, mit den hirnlosen Spielen der Phantasie, die gewöhnlich in den seichtesten Köpfen der Nation spuken, die Zeit zu töten. Es gab keine empfindsamen, pädagogischen, psychologischen, komischen, Volks- und Hexenromane; keine Robinsonaden, keine Familien-noch Klostergeschichten, keine Plimplamplaokos, keine Kackerlaks, und die ganze fade Rosenthalsche Sippschaft hatte ihren Hökenweibermund noch nicht aufgetan, die Geduld des ehrsamen Publikums mit ihren Armseligkeiten zu ermüden. Aber doch tummelten sich die Ritter schon wacker auf der Stechbahn herum, Dietrich von Bern, Hildebrand, der gehörnte Seyfried, der starke Rennewart gingen auf die Drachen- und Lindwurmsjagd und erlegten Riesen und Zwerge von Zwölfmannsstärke. Der ehrwürdige Theuerdank war das höchste Ideal von deutscher Art und Kunst und damals daz neueste Produkt des vaterländischen Mitzes, doch nur für die schönen Geister, Dichter und Denker seines Jahrhunderts. Franz gehörte zu keiner von diesen Klassen, daher wußte er sich mit nichts zu beschäftigen, als daß er seine Laute stimmte und zuweilen drauf klimperte, hiernächst zur Abwechselung aus dem Fenster schauete und Wetterbeobachtungen anstellte, aus welchen sich gleichwohl so wenig ein Resultat ergab als aus der verlornen Mühe unserer windsüchtigen Meteorologen . Sein Beobachtungsgeist bekam indessen bald eine andere Nahrung, wodurch der leere Raum in Kopf und Herzen auf einmal ausgefüllt wurde.

In dem engen Gäßchen, seinem Fenster gerade gegenüber, wohnte eine ehrbare Matrone, die auf Hoffnung besserer Zeiten sich kümmerlich vom langen Faden nährte, den sie nebst einer wunderschönen Tochter durch die Spindel gewann, sie zogen tagtäglich denselben so lang aus, daß sie die ganze Stadt Bremen mit Wall und Graben und allen Vorstädten leicht damit hätten umspannen mögen. Sie beiden Spinnerinnen waren eigentlich nicht für die Spindel geboren, sie waren von gutem Herkommen und lebten ehedem im behaglichen Wohlstande. Der schönen Meta Vater hatte ein eignes Schiff auf der See, das erselbst befrachtete und damit jährlich nach Antwerpen



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fuhr; aber ein schwerer Sturm begrub das Schiff mit Mann und Maus und einer reichen Ladung in den Abgrund des Meeres, als Meta noch nicht ihre Kinderjahre zurückgelegt hatte. Die Mutter, eine verständige, gesetzte Frau, ertrug den Verlust ihres Gatten und des sämtlichen Vermögens mit weiter Standhaftigkeit, entschlug sich aus edlem Stolze bei ihrer Dürftigkeit aller Unterstützungen des wohltätigen Mitleids ihrer Freunde und Anverwandtschaft, die sie für schimpfliche Almosen hielt, so lange sie noch in ihrer eignen Tätigkeit Mittel zu finden glaubte, durch ihrer Hände Fleiß sich zu ernähren. Sie überließ ihr großes Haus und all das köstliche Geräte darin den harten Gläubigern ihres verunglückten Mannes, bezog eine Keine Wohnung im engen Gäßchen und spann vom frühen Morgen an bis in die späte Nacht, ob ihr dieser Broterwerb gleich schwer einging und sie den Faden oft mit heißen Tränen netzte. Dennoch erreichte sie durch diese Emsigkeit den Endzweck; von niemand abzuhängen und keinem Menschen einige Verbindlichkeit schuldig zu sein. In der Folge lehrte sie die heranwachsende Tochter zu gleicher Beschäftigung an und lebte so genau, daß sie von ihrem Erwerb noch einen Sparpfennig zurücklegte, den sie anwendete, nebenher einen kleinen Flachshandel zu treiben.

Sie vermeinte jedoch keineswegs in diesem dürftigen Zustande ihr Leben zu beschließen, vielmehr stärkte die wackere Frau ihren Mut mit günstigen Aussichten in die Zukunft, hoffte, dereinst wieder in eine behagliche Lage zu



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kommen und in dem Herbste des Lebens auch noch ihren Weibersommer zu genießen. Diese Hoffnung gründete sich nicht so ganz auf leere Träume der Phantasie, sondern auf eine planmäßige und vernünftige Erwartung. Sie sah ihre Tochter wie eine Frühlingsrose aufblühen, dabei war sie tugendlich und sittsam und mit so vielen Talenten des Geistes und Herzens begabt, daß die Mutter Freude und Trost an ihr empfand und sich den Bissen aus dem Munde absparte, um nichts an einer anständigen Erziehung mangeln zu lassen. Denn sie glaubte, wenn ein Mädchen der Skizze gleichkäme, welche Salomon, der weise Philogyn, von dem Ideal einer vollkommenen Gattin entworfen hat *), so könne es nicht fehlen, daß eine so köstliche Perl zum Hausschmuck eines rechtlichen Mannes werde aufgesucht und darum gehandelt werden; denn Schönheit und Tugend miteinander vereinbart galten zu Mutter Brigittens Zeiten gerade so viel in den Augen der Freier, als in unsern Tagen Sippschaft und Vermögen. Zudem gab es auch mehr Ehekompetenten: man hatte damals den Glauben, die Frau sei der wesentlichste nicht aber nach der verfeinerten ökonomischen Theorie der entbehrlichste Hausrat in der Wirtschaft. Die schöne Meta blühete zwar nur wie eine köstliche seltene Blume im Gewächshaus, nicht unter Gottes freiem Himmel; sie lebte unter mütterlicher Aufsicht und Gewahrsam höchst eingezogen und still, ließ sich auf keiner Promenade und in keiner Gesellschaft blicken, kam im ganzen Jahr kaum einmal vors Tor ihrer Vaterstadt, und das schien den Grundsätzen einer gesunden Mutterpolitik gerade entgegen. Die alte Frau E... in Memel verstund's weiland anders, schickte die reisende Sophie, wie klar am Tage liegt eigentlich nur auf Heiratospekulation von Memel nach Sachsen und erreichte ihre Absicht vollkommen; wie viel Herzen steckte die wandernde Nymphe in Brand, wie viel Kompetenten warben um siel Wenn sie als ein häusliches sittsames Mädchen daheim geblieben wäre, würde sie in der Klausur ihrer jungfräulichen Zelle vielleicht abgeblüht haben, ohne sogar an dem Magister Kübbuz eine Eroberung zu machen. Andere Zeiten, andere Sitten. Töchter sind bei uns ein Kapital, das in Umlauf muß gesetzt werden, wenn's rentieren soll; ehemals wurden sie wie Spargeld unter Schloß und Riegel aufbewahrt; aber die Wechsler wußten doch, wo der Schatz verborgen lag und wie ihm beizukommen sei. Mutter Brigitta steuerte sich auf einen wohlhabenden Eidam, der sie einst wieder aus dem babylonischen Gefängnis im engen Gäßchen in das Land des Überflusses, wo Milch und Honig innen fleußt, zurückführen würde, und vertrauete fest darauf, die Urne des Schicksals werde das Los ihrer Tochter mit keiner Niete zusammen paaren.

Eines Tages, als Nachbar Franz zum Fenster ausschauete, um Wetterbeobachtungen anzustellen, erblickte er die reizende Meta, welche mit der



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Mutter aus der Kirche zurückkam, wo sie täglich Messe zu hören nicht verfehlte . In seinem Glücke hatte der unstete Wüstling für das schöne Geschlecht keine Augen gehabt die feineren Gefühle schliefen noch in seiner Brust, und alle Sinnen waren von dem unaufhörlichen Rausche des Wohllebens gleichsam umnebelt . Jetzt hatten sich die stürmischen Wellen der Ausgelassenheit gelegt; und bei der großen Windstille wirkte das kleinste Lüftchen auf die Spiegelfläche seiner Seele. Er wurde oon dem Anblick der lieblichsten weiblichen Figur, die ihm jemals vorgeschwebt hatte, bezaubert, gab von Stund an das dürre meteorologische Studium auf und stellte nun ganz andere Beobachtungen an zu Beförderung der Menschenkunde, die weit unterhaltendere Beschäftigung gaben. Er zog bei seinem Wirt bald Kundschaft von der angenehmen Nachbarschaft ein und erfuhr das größtenteils, was wir bereits schon wissen. Jetzt fiel ihm der erste reuige Gedanke über seine unbesonnene Verschwendung auf, es regte sich ein geheimes Wohlwollen in seinem Herzen gegen die neue Bekanntschaft, und er wünschte nur um deswillen sein väterliches Erbgut wieder zurück, die liebenswürdige Meta damit auszusteuern. Das Quartier im engen Gäßchen war ihm jetzt so lieb, daß er's nicht mit dem Schudding **) würde vertauscht haben. Er kam den ganzen Tag nicht mehr vom Fenster hinweg, um die Gelegenheit zu erlauern, das liebe Mädchen zu beäugeln, und wenn sie sich sehen



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ließ fühlte er mehr Entzücken in seiner Seele, als der Beobachter Horockes zu Liverpool empfand, da er zum erstenmal die Venus durch die Sonne wandern sah.

Zum Unglück stellte die wachsame Mutter Gegenbeobachtungen an und merke bald, was der Lungerer gegenüber im Schilde führte, und weil er als ein Wüstling ohnehin bei ihr gar schlecht akkreditiert war, so entrüstete sie dieses tägliche Angaffen so sehr, daß sie ihr Fenster mit einer Schleierwolke verhüllte und die Vorhänge dicht zuzog. Meta erhielt strengen Befehl, sich nicht mehr am Fenster sehen zu lassen, und wenn die Mutter mit ihr in die Messe ging, hing sie ihr ein Regentuch übers Gesichte, vermummte sie wie eine Favoritin des Großherrn und sputete sich, daß sie mit ihr um die Ecke des Gäßleins herumkam, um dem Auflaurer aus den Augen zu gehen.

Franz stund eben nicht im Rufe, daß der Scharfsinn sein vorzüglichstes Talent sei; aber die Liebe weckt alle Fähigkeiten der Seele auf. Er merkte, daß er durch sein unbescheidenes Spähen sich verraten hatte und zog sich alsbald von seinem Fensterposten zurück; mit dem Entschluß, nicht wieder auszuschauen, wenn auch das Venerabile vorbeigetragen würde. Dagegen sann er auf einen Fund, seine Beobachtungen dennoch unbemerkt fortzusetzen, und das gelang seiner Erfindsamkeit ohne große Mühe.

Er heuerte den größten Spiegel, der aufzutreiben war, und hing diesen in seiner Stube unter einer solchen Richtung auf, daß er durch denselben alles, was in der Wohnung seiner Nachbarinnen vorging, deutlich bemerken konnte. Da man in vielen Tagen nichts mehr von dem Lauerer wahrnahm, öffneten sich allmählich die Gardinen wieder, und der große Spiegel empfing zuweilen die Gestalt des herrlichen Mädchens und gab sie, zur großen Augenweide seines Inhabers, getreulich zurück. Je tiefer die Liebe in seinem Herzen Wurzel schlug *), desto mehr erweiterten sich seine Wünsche. Jetzt kam es darauf an, der schönen Meta seine Leidenschaft zu veroffenbaren und ihre gegenseitige Gesinnung zu erforschen. Der gewöhnliche und gangbarste Weg, den Verliebte unter einer solchen Konstellation ihrer Neigungen und Wünsche einzuschlagen pflegen, war ihm in seiner gegenwärtigen Lage ganz unzugänglich. . In jenem sittsamen Zeitalter hielt es überhaupt schwer für verliebte Paladins, sich bei den Töchtern vom Hause zu introduzieren; Toiletten-Besuche waren noch nicht Sitte, trauliche Zusammenkünfte unter vier Augen waren mit dem Verluste des guten Rufes von seiten der weiblichen Teilhaberschaft verpönt Promenaden, Esplanaden, Maskeraden, Pickeniks, Goutéts, Soupés und andere Erfindungen des neuern Witzes, die süße Minne zu begünstigen, gab es noch nicht, nur die verschwiegene Ehekammer gestattete die Konkurrenz beider Geschlechter zur Erörterung ihrer Herzens



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angelegenheiten. Demungeachtet gingen alle Dinge ihren Gang so gut wie bei uns. Gevatterschaften, Hochzeitschmause, Leichenmahle waren vornämlich in Reichsstädten privilegierte Vehikel, Liebschaften anzuspinnen und Ehetraktaten zu betreiben, darum sagt das alte Sprüchwort: Es wird keine Hochzeit vollbracht, es wird eine neue erdacht. Aber einen verarmten Schlemmer begehrte niemand in seine geistliche Verwandtschaft aufzunehmen, er wurde zu keinem Hochzeitmahl, zu keinem Leichenessen geladen. Der Schleifweg, durch die Zofe, durch die Jungemagd oder einen andern dienstbaren Geist von Unterhändlerin zu negoziieren, war hier versperrt; Mutter Brigitta hatte weder Magd noch Zofe, der Flachs- und Garnhandel ging allein durch ihre Hand, und sie verließ die Tochter so wenig als ihr Schatten.

Unter diesen Umständen war's unmöglich, daß Nachbar Franz der geliebten Meta sein Herz entweder mündlich oder schriftlich entdecken konnte. Er erfand aber bald ein Sprachidiom, das für die Darstellung der Leidenschaften ausdrücklich gemacht scheinet. Zwar gebühret ihm nicht die Ehre der ersten Erfindung; lange vor ihm hatten die empfindsamen Seladons in Welschland und Spanien schmelzende Harmonien bei ihren Serenaden die Sprache des Herzens unter dem Balkon ihrer Donna reden lassen, und dieses melodische Pathos soll in Liebesdeklarationen des Zwecks nicht leicht verfehlen und nach dem Geständnis der Damen herzanfassender und hinreißender sein als weiland die Wohlredenheit des ehrwürdigen Vaters Chrysostomus oder die Beredsamkeit des schulgerechten Cicero und Demosthenes . Aber davon hatte der schlichte Bremer nie ein Wort gehört, folglich war die Erfindung, seine Herzgefühle in musikalische Akkorde überzutragen und sie der geliebten Meta vor zu lautenieren, ganz die seinige.

In einer empfindsamen Stunde ergriff er sein Instrument, ließ es jedoch nicht wie sonst bei dem bloßen Stimmen bewenden, sondern lockte rührende Melodien aus den harmonischen Saiten hervor; und in minder als einem Monat schuf die Liebe den musikalischen Stümper zum neuen Amphion um. Die ersten Versuche schienen eben nicht bemerkt zu werden, aber bald wurde im engen Gäßchen alles Ohr, wenn der Virtuos einen Akkord anschlug, die Mütter schwiegen die Kinder, die Väter wehrten den lärmenden Knaben vor den Türen, und er hatte das Vergnügen, durch den Spiegel zu bemerken, daß Meta mit ihrer alabasternen Hand zuweilen das Fenster öffnete, wenn er anfing zu präludieren. War's im gelungen, sie herbei zu ziehen, daß sie ihm das Ohr lieh, so rauschten seine Phantasien im frohen Allegro oder hüpften in scherzenden Tanzmelodien daher; hielt sie aber der Umtrieb der Spindel oder die geschäftige Mutter ab, sich sehen zu lassen, so wälzte ein schwerfälliges Andante sich über den Steg der seufzenden Laute, welches in schmachtenden Modulationen ganz das Gefühl des Kummers ausdrückte; den Liebesqual in seine Seele goß.



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Meta war keine ungelehrige Schülerin und lernte bald, diese ausdrucksvolle Sprache verstehen. Sie machte verschiedene Versuche, zu prüfen, ob sie sich alles recht verdolmetscht hätte, und fand, daß sie nach ihrer Willkür die Virtuosenlaune des unsichtbaren Lautenschlägers regieren konnte; denn die



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stillen sittsamen Mädchen haben, wie bekannt, einen ungleich schärferen Gefühlsblick als die raschen flatterhaften Dirnen, die mit schmetterlingsartigem Leichtsinn von einem Gegenstande zum andern forteilen und an keinen ihre Aufmerksamkeit heften. Sie fand ihre weibliche Eitelkeit dadurch geschmeichelt, und es behagte ihr, durch eine geheime Zaubermacht die nachbarliche Laute bald in den Ton der Freude, bald in den wimmernden Klageton stimmen zu können. Mutter Brigitta aber hatte mit dem Erwerb im kleinen immer den Kopf so voll, daß sie nicht darauf achtete, und die schlaue Tochter hütete sich wohl, ihr die gemachte Entdeckung mitzuteilen, und dachte vielmehr darauf, eine Gelegenheit auszuspähen, diese harmonischen Apostrophen an ihr Herz, aus einem gewissen Wohlwollen gegen den girrenden Nachbar, oder aus Eitelkeit, um ihren hermeneutischen Scharfsinn zu veroffenbaren, durch eine symbolische Gegenrede zu erwidern. Sie äußerte ein Verlangen, Blumentöpfe vor dem Fenster zu haben, und dieses unschuldige Vergnügen ihr zu gestatten, fand bei der Mutter keine Schwierigkeit, die nichts mehr von dem lauersamen Nachbar fürchtete, nachdem sie ihn nicht mehr vor Augen sah.

Nun hatte Meta einen Beruf, ihre Blumen zu warten, zu begießen, für den Sturmwinden sie zu sichern und anzubinden, auch ihr Wachstum und Gedeihen zu beobachten. Mit unaussprechlichem Entzücken erklärte der glückliche Liebhaber diese Hieroglyphen ganz zu seinem Vorteil, und die beredte Laute ermangelte nicht, seine frohen Empfindungen in das horchsame Ohr der schönen Blumenfreundin über das enge Gäßchen hinüber zu modulieren. Das tat in dem zarten jungfräulichen Herzen Wunder. Es fing an, sie heimlich zu kränken, wenn Mutter Brigitta bei ihren weisen Tischreden, wo sie mit der Tochter zuweilen ein Stündchen zu kosen pflegte, den musikalischen Nachbar in die Zensur nahm, ihn einen Taugenichts und Lungerer schalt oder mit dem verlornen Sohne verglich. Sie nahm immer seine Partei, wälzte die Schuld seines Verderbens auf die leidige Verführung und legte ihm nichts zur Last, als daß er das goldene Sprüchlein nicht erwogen hätte: Junges Blut, spar' dein Gut! Indessen verteidigte sie ihn mit schlauer Vorsicht, daß



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es schien, es sei damit mehr auf die Unterhaltung des Gesprächs abgesehen, alg daß sie an der Sache selbst Anteil nähme.

Während daß Mutter Brigitta innerhalb ihrer vier Wände gegen den jungen Wildfang eiferte; hegte dieser für sie gleichwohl die besten Gesinnungen und machte die ernsthafteste Spekulation, wie er nach Vermögen ihre dürftigen Umstände verbessern und die wenige Habe, die ihm noch übrig war mit ihr teilen möchte, so daß es ihr doch gänzlich verborgen blieb daß ein Teil seines Eigentums in das ihrige übergegangen sei. Eigentlich war's mit dieser milden Spende freilich nicht auf die Mutter, sondern auf die Tochter abgesehen. Unter der Hand hatte er vernommen, daß der schönen Meta nach einem neuen Leibrock gelüste, welchen zu kaufen die Mutter abschlug unter dem Vorwand schwerer Zeiten. Er urteilte aber ganz recht; daß ein Geschenk oder ein Stück Zeug von unbekannter Hand wohl schwerlich dürfte angenommen werden oder die Tochter sich darein kleiden möchte, und daß er alles verderben würde, wofern er sich als der Geber zu der Spende legitimieren wollte. Unversehens führte der Zufall eine Gelegenheit herbei, diesen guten Willen auf die schicklichste Art zu realisieren.

Mutter Brigitta beklagte sich gegen eine Nachbarin, der Flachs sei nicht geraten und koste mehr im Einkauf; als die Abnehmer dafür bezahlen wollten, daher sei dieser Nahrungszweig vor der Hand nichts anders als ein dürrer Ast. Horcher Franz ließ sich das nicht zweimal sagen, er lief alsbald zum Goldschmied und vermäkelte die Ohrenspangen seiner Mutter, kaufte einige Steine Flachs ein und ließ sie durch eine Unterhändlerin, die er gewann, seiner Nachbarin für einen geringen Preis anbieten. Der Handel wurde geschlossen und wucherte so reichlich; daß die schöne Meta auf Allerheiligentag in einem neuen Leibrock prangte. Sie leuchtete in diesem Prunk dem spähenden Nachbar dergestalt in die Augen, daß er die heiligen eilf



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tausend Jungfrauen samt und sonders würde vorbeigegangen sein, wenn ihm vergönnt gewesen wäre, sich ein Herzgespiel darunter zu suchen, um die reizende Meta zu wählen.

Doch eben da er sich über den guten Erfolg seiner unschuldigen List in der Seele freuete, wurde das Geheimnis verraten. Mutter Brigitta wollte der Flachströdlerin, die ihr so reichlichen Erwerb eingebracht hatte, zur Vergeltung auch eine Güte tun und bewirtete sie mit einem wohlgezuckerten Reisbrei [*)] und einem Quartierchen spanischen Sekt. Diese Näscherei setzte nicht nur den zahnlosen Wund, sondern auch die geschwätzige Zunge der Alten in Bewegung, sie verhieß, den Flachshandel fortzusetzen, wenn ihr Kommittent sich ferner geneigt dazu finden ließe, wie sie aus guten Gründen vermute. Ein Wort gabs andere, Mutter Evens Töchter forschten mit der ihrem Geschlechte gewöhnlichen Neugier so lange nach, bis sie das morsche Siegel der weiblichen Verschwiegenheit auflösten. Meta erbleichte für Schrecken über diese Entdeckung, die sie würde entzückt haben, wenn nicht die Mutter Teilhaberin derselben gewesen wäre. Aber sie kannte ihre strengen Begriffe von Sittlichkeit und Anstand, und die machten ihr für den Verlust des neuen Leibrocks bange. Die ernste Frau geriet nicht minder in Bestürzung über diese Novelle und wünschte ihrerseits gleichfalls, daß sie allein Notiz von der eigentlichen Beschaffenheit ihres Flachshandels möchte erhalten haben, denn sie fürchtete, die nachbarliche Großmut möchte auf das Herz der Tochter einen Eindruck machen, der ihren ganzen Plan verrückte. Daher beschloß sie, den noch zarten Keim des Unkrautes auf frischer Tat aus dem jungfräulichen Herzen zu vertilgen. Der Leibrock wurde, aller Bitten und Tränen der lieblichen Besitzerin ungeachtet, vorerst in Beschlag genommen und des folgenden Tages auf den Trödelmarkt geschickt, das daraus gelöste Geld mit dem übrigens aufs gewissenhafteste berechneten Gewinn von Flachsnegoz zusammengepackt und als eine alte Schuld unter der Aufschrift: an Herrn Franz Melcherson, seßhaft in Bremen, durch Beihülfe des Hamburger Boten zurückspediert. Der Empfänger nahm auf guten Glauben das Päcktchen Geld als einen unvermuteten Segen an, wünschte, daß alle Schuldner seines Vaters in Abzahlung der alten Reste so gewissenhaft sein möchten als dieser biedre Unbekannte, und ahndete nichts von dem wahren Zusammenhange der Sache; die schwatzhafte Mäklerin hütete sich auch wohl, von ihrer Plauderei ihm Confidence zu machen, sie begnügte sich nur, ihm zu sagen, Mutter Brigitta habe den Flachshandel aufgegeben.



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Unterdessen belehrte ihn der Spiegel, daß gegenüber die Adspekten in einer Nacht sich gar sehr verändert hatten. Die Blumentöpfe waren insgesamt verschwunden, und die Schleierwolken bedeckten wieder den freundlichen Horizont der gegenseitigen Fenster. Meta war selten sichtbar, und wenn sie ja einmal auf einen Augenblick zum Vorschein kam, wie der Silbermond in einer stürmischen Nacht aus dem Gewölke, so erschien sie mit gar trübseligem Gesicht, das Feuer ihrer Augen war verloschen, und ihm bedünkte, sie zerdrücke zuweilen ein perlendes Tränlein mit dem Finger. Das griff ihm gewaltsam ans Herz, und die Laute ballete schwermutovolle Mitempfindung in weichen lydischen Tönen. Er quälte sich und sann, die Ursache des Trübsinns seiner Liebschaft zu erforschen, ohne mit seinem Dichten und Denken etwas zu enden. Nach Verlauf einiger Tage bemerkte er mit großer Bestürzung, daß sein liebster Hausrat; der große Spiegel, ihm völlig unbrauchbar sei. Er lagerte sich an einem heitern Morgen in den gewöhnlichen Hinterhalt und wurde gewahr, daß die Wolken gegenüber alle wie nächtliche Nebel verschwunden waren, welches er anfangs einer großen Wäsche zuschrieb, aber bald sah er, daß inwendig im Zimmer alles öde und ledig war; die angenehme Nachbarschaft war abends zuvor in aller Stille dekampieret und hatte das Quartier verändert.

Nun konnte er mit aller Muße und Bequemlichkeit wieder der freien Aussicht genießen, ohne zu befürchten, irgend jemand durch sein Ausschauen lästig zu fallen; allein für ihn war's ein peinlicher Verlust, des wonnigen Anblicks seiner platonischen Liebschaft entbehren zu müssen. Stumm und fühllos stund er da, wie ehemals sein Kunstgenosse, der harmonische Orpheus, als der geliebte Schatten seiner Eurydice wieder zum Orkus hinabschwand, und wenn zu seiner Zeit das Tollhäuslergefühl unserer Kraftmänner, die im abgewichenen Jahrzehend toseten, nun aber, wie die Hummeln beim ersten Froste, verschwunden sind, zur Existenz wäre gediehen gewesen, so würde diese Windstille in einen plötzlichen Orkan übergegangen sein. Das wenigste, was er hätte tun können, wäre gewesen, sich die Haare auszuraufen, auf der Erde sich herum zu wälzen oder den Kopf gegen die Wand zu rennen, den Ofen und die Fenster einzuschlagen und sich als ein Unsinniger zu gebärden. Alles das unterblieb aus dem ganz einleuchtenden Grunde, weil wahre Liebe nie Toren macht; sondern das Universale ist, kranke Gemüter von Torheit zu heilen, der Ausschweifung sanfte Fesseln anzulegen und jugendliche Unbesonnenheit von dem Wege des Verderbens auf die Bahn der Vernunft zu leiten; denn der Wüstling, welchen die Liebe nicht wieder zurechte bringt, ist unwiederbringlich verloren.

Sobald sich sein Geist wieder gesammelt hatte, stellte er über das unerwartete Phänomenon am nachbarlichen Horizont mancherlei lehrreiche Betrachtungen an. Er vermutete allerdings daß er der Hebel gewesen sein



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möchte, der die Bewegung im engen Gäßchen veranlaßt und die Auswanderung der weiblichen Kolonie bewirkt habe; der Geldempfang, der eingestellte Flachshandel und die darauf erfolgte Emigration dienten einander zu wechselseitigen Exponenten, ihm alles aufzuklären. Er merkte, daß Mutter Brigitta hinter seine Geheimnisse gekommen sei, und sah aus allen umständen, daß er nicht ihr Held war, und diese Entdeckung munterte eben seine Hoffnung nicht sehr auf. Die symbolische Rücksprache der schönen Meta hingegen, welche sie mittelst der Blumentöpfe auf seine harmonischen Liebesanträge mit ihm genommen hatte, ihr Trübsinn und die Zähre, die er kurz vor der Auswanderung aus dem engen Gäßchen in ihren schönen Augen bemerkt hatte, belebten seine Hoffnung wieder und erhielten ihn bei gutem Mute. Sein erstes Geschäft war, auf Kundschaft auszugehen und in Erfahrung zu bringen, wo Mutter Brigitta ihre Residenz hinverlegt habe, um das geheime Einverständnis mit der zärtlichen Tochter auf irgendeine Weise zu unterhalten . Es kostete ihn wenig Mühe, ihren Aufenthalt zu erfahren, gleichwohl war er zu bescheiden, ihr mit wesentlicher Wohnung zu folgen, und begnügte sich nur, die Kirche auszuspähen, wo sie nun Messe hörten, um sich das Vergnügen des Anblicks seiner Geliebten täglich einmal zu verschaffen. Er verfehlte nic, ihr auf dem Heimwege zu begegnen, bald da, bald dort in einem Laden oder in einer Haustür, wo sie vorüber gehen mußte, ihr aufzupassen und sie freundlich zu grüßen, welches so viel galt als ein Killed Sona und auch die nämliche Wirkung tat.

Wäre Meta nicht allzu klostermäßig erzogen und von der strengen Mutter wie ein Schatz vor den Augen eines Geizigen bewacht worden, so hätte Nachbar Franz mit seiner verborgenen Werbung auf ihr Herz ohne Zweifel wenig Eindruck gemacht. Aber sie war in dem kritischen Alter, wo Mutter Natur und Mutter Brigitta mit ihrer guten Lehre und Unterricht immer in Kollision kamen. Jene lehrte sie durch geheimen Instinkt Empfindungen kennen und pries ihr solche als die Panazee des Lebens an, für die sie keinen Namen hatte; diese warnte sie für den Überraschungen einer Leidenschaft, die sie nicht mit dem wahren Namen benennen wollte, die aber ihrer Sage nach für junge Mädchen schädlicher und verderblicher sein sollte als Blatterngift. Jene belebte im blühenden Lenz des Lebens nach Beschaffenheit der Jahreszeit ihr Herz mit wohltätiger Wärme; diese wollte, daß es immer so frostig und kalt als ein Eiskeller bleiben sollte. Dieses ganz entgegengesetzte pädagogische System zweier guten Mütter gab dem lenksamen Herzen der Tochter die Richtung eines Schiffes, das gegen den Wind gesteuert wird und weder dem Winde noch dem Ruder folgt, sondern ganz natürlich eine dritte Direktion nimmt. Sie behielt die Sittsamkeit und Tugend bei, die ihr durch die Erziehung von Jugend an war eingeprägt worden, und ihr Herz war aller zärtlichen Empfindungen empfänglich. Weil nun Nachbar Franz der erste Jüngling



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war der diese schlafenden Gefühle aufgeweckt hatte, so empfand sie ein gewisses Behagen an ihm, das sie sich kaum selbst gestand, das aber jedes minder unerfahrene Mädchen würde für Liebe erklärt haben. Darum ging ihr der Abschied aus dem engen Gäßchen so nahe, darum zitterte ein Tränlein vor ihren schönen Augen, darum dankte sie dem lauersamen Franz so freundlich, wenn er sie auf dem Kirchwege grüßte, und wurde rot dabei bio an die Ohren. Beide Liebenden hatten zwar nie ein Wort miteinander gesprochen, aber er verstand sie, sie verstand ihn so vollkommen, daß sie unter vier Augen sich gegeneinander nicht deutlicher würden haben erklären können, und beide Kontrahenten schworen, jeder Teil für sich im Herzen, unter dem Siegel der Verschwiegenheit dem andern den Bund der Treue.

In dem Viertel, wo Mutter Brigitta eingemietet hatte, gab's auch Nachbarschaften und unter diesen auch Mädchenspäher; denen die Wohlgestalt der reizenden Meta nicht verborgen bleiben konnte. Gerade ihrer Behausung gegenüber wohnte ein wohlhabender Brauherr, den die Scherztreiber, weil er sehr bei Mitteln war, nur den Hopfenkönig nannten. Er war ein junger flinker Witwer, dessen Trauerjahr eben zu Ende lief und der nun, ohne die Gesetze des Wohlstandes zu übertreten, berechtigt war, sich nach einer anderweiten Gehülfin in der Wirtschaft umzusehen. Er hatte gleich nach dem Hinscheiden der seligen Frau mit seinem Schutzpatron, dem heiligen Christoph, in aller Stille den Kontrakt gemacht; ihm eine Wachskerze zu opfern, so lang als eine Hopfenstange und so dick als ein Schürbaum, wenn er es ihm mit der zweiten Wahl nach dem Wunsche seines Herzens würde gelingen lassen. Saum hatte er die schlanke Meta erblickt; so träumte ihm, der heilige Christoph sehe im zweiten Geschoß des Hauses [*)] zum Fenster des Schlafgemachs herein und mahne seine Schuld ein. Das dünkte dem raschen Witwer ein himmlischer Beruf zu sein, unverzüglich das Netz auszuwerfen. Am frühen Morgen berief er die Mäkler der Stadt und gab ihnen Kommission auf gebleicht Wachs, darauf putzte er sich heraus wie ein Ratsherr, sein Heiratsgewerbe zu betreiben. Er hatte keine musikalischen Talente, und in der geheimen Symbolik der Liebe war er ein roher Idiot, aber er hatte ein reiches Brauererbe, ein bares Kapital auf der Stadtkämmerei, ein Schiff auf der Weser und einen Meierhof vor der Stadt. Unter diesen Empfehlungen hätte er auch wohl ohne Beistand des heiligen Christophels auf einen erwünschten Erfolg seiner Werbung rechnen können, besonders bei einer Braut ohne Heiratsgut.



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Er ging, dem alten Herkommen gemäß, gerade vor die rechte Schmiede und entdeckte der Mutter freundnachbarlich seine christliche Absicht auf ihre tugendliche und ehrsame Tochter. Keine Engelerscheinung hätte die gute Frau mehr entzücken können als diese frohe Botschaft. Sie sah jetzt die Frucht ihres klugen Planes und die Erfüllung ihrer Hoffnung reifen, aus der bisherigen Dürftigkeit zu ihrem ersten Wohlstand zurückzukehren, segnete den guten Gedanken, aus dem Winkelgäßchen weggezogen zu sein, und in der ersten Aufwallung der Freude da sich tausend heitere Ideen in ihrer Seele aneinander reiheten, dachte sie auch an den Nachbar Franz, der die Veranlassung dazu gegeben hatte. Ohngeachtet er eben nicht ihr Schoßjünger war, gelobte sie ihm doch, als dem zufälligen Werkzeuge ihres aufgehenden Glückssternes, eine heimliche Freude mit irgendeiner Spende zu machen und dadurch zugleich Abtrag für den wohlgemeinten Flachshandel zu leisten.

In dem mütterlichen Herzen waren die Heiratspräliminarien so gut als unterzeichnet, doch erlaubte der Wohlstand nicht, in einer so wichtigen Sache zu rasch zu Werke zu gehen, daher nahm sie den Antrag ad referendum, um nebst ihrer Tochter die Sache mit Gebet zu überlegen, und bestimmte eine achttägige Frist, nach deren Verlauf sie den ehrsamen Brautwerber, wie sie sagte, mit genüglicher Antwort zu kontentieren verhoffte, welches er sich als



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die gewöhnliche Prozedur gar gern gefallen ließ und sich empfahl. Kaum hatte er den Rücken gewendet, so wurden Spindel und Weife, Schwingstock und Hechel ohne Rücksicht auf ihre treugeleisteten Dienste und so unverschuldet als zuweilen die Pariser Parlementsherren ino Elend verwiesen und als unnütze Gerätschaften in die Rumpelkammer gestellt. Wie Meta aus der Messe zurückkam, erstaunte sie über die plötzliche Katastrophe in dem Wohnzimmer; es war alles aufgeputzt wie an einem von den drei hohen Festen im Jahr. Sie begriff nicht, wie die emsige Mutter an einem Werkeltage ihre tätige Hand so lässig in den Schoß legen konnte; doch ehe sie noch Zeit gewann, über diese Reform im Hause die freundlich lächelnde Mutter zu befragen, kam diese schon mit Aufklärung des Rätsels entgegen. Die Suada saß auf ihren Lippen, und es ergoß sich ein Strom von weiblicher Wohlredenheit aus ihrem Munde, das bevorstehende Glück mit den lebhaftesten Farben abzuschildern, die ihre Einbildungskraft nur immer auftreiben konnte. Sie erwartete von der keuschen Meta das sanfte Erröten der jungfräulichen Verschämtheit, welches das Noviziat in der Liebe ankündiget; und dann eine völlige Resignation in den mütterlichen Willen. Denn bei Heiratspropositionen waren ehedem die Töchter in dem Fall unserer Fürstentöchter, sie wurden nicht um ihre Neigung befragt und hatten keine Stimme bei der Wahl ihres legalen Herzgespiels, als das Jawort vor dem Altar.

Allein Mutter Brigitta irrte sich in diesem Punkte gar sehr; die schöne Meta wurde bei dieser unvermuteten Notifikation nicht rot wie eine Rose, sondern totenblaß wie eine Leiche. Ein hysterischer Schwindel umnebelte ihre Sinnen, und sie sank ohnmächtig in den mütterlichen Arm. Nachdem ihre Lebensgeister mit kaltem Wasser wieder waren aufgefrischt worden und sie sich in etwas erholt hatte, flossen ihre Augen von Tränen, als wenn ihr großes Unglück begegnet wäre. Daraus merkte die verständige Mutter bald ab, daß ihr das Heiratsgewerbe nicht zu Sinne sei, worüber sie sich denn höchlich verwunderte und weder Bitten noch Ermahnungen sparte, die Gelegenheit, durch eine gute Heirat ihr Glück zu machen, nicht aus Eigensinn und Widerspenstigkeit zu verscherzen. Aber Meta war nicht zu überreden, daß ihr Glück von einer Heirat abhinge wozu ihr Herz nicht seinen Assent gäbe. Die Debatten zwischen Mutter und Tochter dauerten verschiedene Tage vom frühen Morgen bis in die späte Nacht, der Termin zum Bescheid rückte heran, die gigantische Wachskerze für den heiligen Christoph, deren sich der König Og von Basan nicht würde geschämt haben, wenn sie als hochzeitliche Fackel bei seinem Beilager ihm vorgeleuchtet hätte, war auch bereits fertig und gar herrlich mit lebendigen Blumen bemalt wie ein buntes Licht, ob der Heilige sich gleich so untätig seinen Klienten die ganze Zeit über bewiesen hatte, daß diesem das Herz der schönen Meta verriegelt und verschlössert blieb.



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Indessen hatten sich die Augen ausgeweint, und die mütterliche Überredungskunst hatte so gewaltsam gewirkt, daß sie wie eine Blume von schwüler Sonnenhitze zusammenwelkte und sichtbarlich abzehrte. Geheimer Kummer nagte an ihrem Herzen, sie hatte sich ein strenges Fasten auferlegt und seit drei Tagen keinen Mundbissen genossen, auch mit keinem Tropfen Wasser ihre trocknen Sippen benetzt. des Nachts kam ihr kein Schlaf in die Augen, und darüber wurde sie zum Sterben krank, daß sie die letzte Oelung begehrte. Da die zärtliche Mutter die Stütze ihrer Hoffnung wanken sah und bedachte, daß sie Kapital und Zinsen auf einmal verlieren könnte, fand sie nach genauer Überlegung, daß es ratsamer sei, die letztern schwinden zu lassen, als beide zu entbehren, und bequemte sich nach der Tochter Willen mit freundlicher Nachgiebigkeit. Es kostete ihr zwar große Überwindung und manchen schweren Mampf eine so vorteilhafte Partie von der Hand zu weisen; doch gab sie sich endlich, wie es die Ordnung des Hausregiments mit sich bringt, ganz in den Willen ihres lieben Kindes und machte der Kranken deshalb weiter keine Vorwürfe. Da auf den bestimmten Tag der flinke Witwer sich anmeldete, in dem guten Vertrauen, daß sein himmlischer Geschäftsträger alles nach Wunsch zur Richtigkeit würde gebracht haben, erhielt er ganz gegen seine Erwartung abschlägige Antwort; die jedoch mit so vielem Glimpf versüßt war, daß sie ihm einging Wermuwein mit Zucker. Er fand sich indessen leicht in sein Schicksal und beunruhigte sich so wenig darüber, als wenn sich ein Malzhandel zerschlagen hätte. Im Grunde war auch keine Ursache vorhanden, warum er sich hätte kränken sollen; seine Vaterstadt hat nie Mangel gehabt an liebenswürdigen Töchtern, die der Salomonischen Skizze gleichen und sich zu vollkommenen Gattinnen qualifizieren; überdies verließ er sich ungeachtet der mißlungenen Ehewerbung mit festem Vertrauen auf seinen Schutzpatron, der ihn auch anderweit so gut bediente; daß er; ehe ein Monat verlief, mit großem Pomp die gelobte Kerze vor den Altar des Heiligen pflanzte.

Mutter Brigitta bequemte sich nun, die exilierte Spinngerätschaft aus



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der Rumpelkammer zurück zu berufen und wieder in Aktivität zu setzen. Alles ging wieder seinen gewöhnlichen Gang. Meta blühete bald von neuem auf, war tätig zur Arbeit und ging fleißig in die Messe, die Mutter hingegen konnte den heimlichen Gram über fehlgeschlagene Hoffnung und die Vernichtung ihres Lieblingsplanes nicht verbergen, sie war mürrisch, mißmutig und kleinlaut. Besonders quälte sie an dem Tage üble Laune, wo der Nachbar Hopfenkönig Hochzeit hielt. Als der Brautzug in die Kirche begann und
voraus von den Stadtpfeifern trommetet und schalmeiet wurde, wimmerte und erseufzete sie wie in der Unglücksstunde, da ihr die Hiobspost gebracht wurde, die wütige See habe ihren Mann mit Schiff und Gut verschlungen. Meta sah das Brautgepränge mit großer Gleichmütigkeit vorüberziehen, selbst der herrliche Schmuck, die Edelgesteine in der Myrtenkrone und die neun Reihen Zahlperlen um den Hals der Braut machten auf ihre Gemütsruhe keinen Eindruck, welches zu verwundern war, da eine neue Pariser haube oder sonst ein Meteor des modischen Flitterputzes doch so oft die Zufriedenheit und häusliche Glückseligkeit eines ganzen Kirchspiels störet. Nur der herznagende Kummer ihrer Mutter beunruhigte sie und umnebelte den heitern Blick ihrer Augen. Sie war bemüht; durch tausend Liebkosungen und kleine Aufmerksamkeiten sich ihr anzuschmeicheln; es gelang ihr damit nur insoweit; daß die gute Mutter doch wieder etwas gesprächig wurde.



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Auf den Abend, als der Brautreihen anhub, sprach sie: Ach Kind! diesen frohen Reihen könntest du jetzt anführen. Welche Wonne, wenn du die Mühe und Sorgen deiner Mutter mit dieser Freude belohnt hättest. Aber du hast dein Glück verschmähet, und nun erlebe ich's nimmer, dich zum Altar zu geleiten. Liebe Mutter, sprach Meta, ich vertraue dem Himmel, wenn's droben angeschrieben stehet, daß ich zum Altar geführt werden soll, so werdet Ihr mir den Kranz wohl schmücken; denn wenn der rechte Freier kommt, wird mein Herz bald ja sagen. —Kind, um Mädchen ohne Heirathsgut ist kein Drang, müssen kaufen, wer mit ihnen kaufen will. Die jungen Gesellen sind heutzutage gar kehrisch, freien, um glücklich zu werden, aber nicht, um glücklich zu machen. Zudem weissaget dir dein Planet nicht viel Gutes, du bist im April geboren. Laß sehen, wie steht im Kalender geschrieben? Ein Mägdlein, in diesem Monat geboren, ist holdseligen freundlichen Angesichts und schlanken Leibes, aber veränderlichen Gemüts, hat Belieben zum Mannsvolk. Mag Ehrkränzlein wohl in acht nehmen, und so ein lachender Freier kommt, mag sie Glück nicht verpassen. Das trifft zu aufs Haar! Der Freier ist da gewesen und kommt nicht wieder; du hast ihn verpaßt. —Ach Mutter, was der Planet sagt; laßt Euch nicht kümmern, mein herz sagt mir, daß ich den Mann, der mich zum ehelichen Gemahl begehrt, ehren und lieben soll, und wenn ich den nicht finde oder der mich nicht sucht, will ich mich nähren durch meiner Hände Arbeit bei heiterm Mute, Euch beistehen und Euer pflegen dereinst im Alter, als einer frommen Tochter ziemt. Kommt aber der Mann meines Herzens, so segnet meine Wahl, auf daß es Eurer Tochter wohlgehe auf Erden, und fraget nicht ob er sei vornehm, reich oder geehrt, sondern ob er sei gut und bieder, ob er liebe und geliebt werde. — Ach Tochter, die Liebe hat gar eine dürftige Küche und nährt nur kümmerlich bei Salz und Brot. — Aber doch wohnt Eintracht und Zufriedenheit gern bei ihr und würzet Salz und Brot mit fröhlichem Genuß des Lebens.

Die reichhaltige Materie von Salz und Brot wurde bis in die späte Nacht erörtert, so lange sich noch eine Geige auf dem Hochzeitgelage hören ließ, und die große Begnügsamkeit der bescheidenen Meta, die bei Schönheit und Jugend doch nur auf ein ganz eingeschränktes Glück Anspruch zu machen schien, nachdem sie eine sehr vorteilhafte Partie ausgeschlagen hatte, brachte die Mutter auf die Vermutung, daß sich der Plan zu einem solchen Salzhandel in ihrem jungfräulichen Herzen wohl schon möchte angesponnen haben. Sie erriet auch leicht den Handelskompagnon im engen Gäßchen, von dem sie nie geglaubt hatte, daß er der Baum sein würde, der in dem Herzen der liebenswürdigen Meta wurzeln würde. Sie hatte ihn nur als einen wilden Ranken betrachtet, der sich nach jedem nahegelegenen Stäudchen hinbreitet; Am sich daran hinauf zu stängeln. Diese Entdeckung machte ihr wenig Freude,



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sie liest sich gleichwohl nicht merken, daß sie solche gemacht habe. Nach ihrer strengen Moral aber verglich sie ein Mädchen, das vor der priesterlichen Einsegnung Liebe im Herzen hatte einnisten lassen, einem wurmstichigen Apfel, der nur fürs Auge tauge, nicht aber für den Genuß und den man irgendwo auf einen Schrank stelle, ohne seiner weiter zu achten; denn der schädliche Wurm zehre am innern Mark und sei nicht herauszubringen. Sie verzagte nun ganz daran, in ihrer Vaterstadt jemals wieder emporzukommen, ergab sich in ihr Geschick und ertrug schweigend, was sie meinte, das nicht mehr zu ändern stehe.

Unterdessen lief das Gerücht in der Stadt um, die stolze Meta habe dem reichen Hopfenkönig den Korb gegeben, und erscholl auch bis ins enge Gäßchen. Frana war außer sich vor Freuden, als er diese Sage bestätigen hörte, und die geheime Sorge, daß ein bemittelter Nebenbuhler ihn aus dem Herzen des lieben Mädchens verdrängen möchte, quälte nicht mehr. Er war nun seiner Sache gewiß und wußte sich das Rätsel, welches der ganzen Stadt ein unauflösliches Problem blieb, ganz leicht zu erklären. Die Liebe hatte zwar aus dem Wüstling einen Virtuosen gebildet; doch dieses Talent war für einen Brautwerber damals gerade die kleinste Empfehlung, welches in jenen rohen Zeiten weder so geehrt noch genährt wurde wie in unserm üppigen Jahrhundert. Die schönen Künste waren noch nicht Kinder des Überflusses, sondern des Mangels und der Dürftigkeit. Man wußte von keinen reisenden Virtuosen als den Prager Studenten, deren gellende Symphonien vor den Türen der Reichen um einen Zehrpfennig sollizitierten; die Aufopferung des lieben Mädchens war auch zu groß, um sie mit einer Serenade zu vergelten. Jetzt wurde das Gefühl seiner jugendlichen Unbesonnenheit ein Stachel in der Seele. Manch herziges Monodrama fing er mit einem O und Ach an, das seinen Unsinn beseufzete. Ach Meta, sprach er zu sich selbst, warum habe ich dich nicht früher gekannt! Du wärst mein Schutzengel gewesen und hättest mich vom Verderben errettet. Könnte ich meine verlorenen Jahre wieder zurückleben und sein, der ich war, so wäre mir jetzt die Welt Elysium, und dir wollte ich sie zu einem Eden machen! Edles Mädchen, du opferst dich einem Elenden, einem Bettler auf, der nichts im Besitz hat als ein Herz voll Liebe und Verzweiflung, daß er dir kein Glück, wie du es verdienest; anbieten kann. Unzähligemal schlug er sich bei den Anwandlungen solcher empfindsamen Launen voll Unmut vor die Stirn mit dem reuevollen Ausruf: O Unbesonnener! O Tor! Zu spät wirst du klug.

Die Liebe ließ indessen ihre Schöpfung nicht unvollendet sie hatte bereits in seinem Gemüte eine heilsame Gärung hervorgebracht, das Verlangen nämlich, Tätigkeit und Kräfte anzuwenden, sich aus seinem gegenwärtigen Nichts hervorzustreben; sie reizte ihn nun zum Versuch, diesen guten Willen auszuführen. Unter mancherlei Spekulationen, die er gemacht hatte, seinen



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zerrütteten Finanzen aufzuhelfen, war die vernünftigste, welche einen guten Erfolg zu verheißen schien, diese, daß er die Handelsbücher seines Vaters durchging und die Kaduzitäten, die als Verlust eingetragen waren, notierte. in der Absicht, das Land zu durchziehen und eine Aehrenlese anzustellen, um zu versuchen, ob aus diesen verlornen Halmen sich noch ein Maß Weizen sammeln ließ. Diesen Ertrag wollte er anlegen, einen Keinen Handel zu beginnen, welchen seine Einbildungskraft bald in alle Teile der Welt ausbreitete. Es dünkte ihn, er sähe schon Schiffe in der See, die mit seinem Eigentum befrachtet wären. Er ging rasch daran, sein Vorhaben auszuführen, machte das letzte goldne Nestei aus der Erbschaft, das Stundenei *) seines Vaters, zu Gelde und kaufte dafür einen Reitklepper der ihn als einen Bremer Kaufmann in die weite Welt tragen sollte.

Nur die Trennung von der schönen Meta ging ihm schwer ein. Was wird sie, sprach er zu sich, von dieser plötzlichen Verschwindung denken, wenn ich ihr nicht mehr auf dem Kirchweg begegne? Wird sie mich nicht für treulos halten uno aus ihrem Herzen verbannen? Dieser Gedanke beunruhigte ihn außerordentlich, und er wußte lange keinen Rat; wie er sie von seinem Vor haben verständigen sollte. Aber die erfindungsreiche Liebe gab ihm den glücklichen Einfall ein, von öffentlicher Kanzel seine Abwesenheit und deren Absicht ihr kund machen zu lassen. Er erkaufte deswegen in der Kirche, welche bisher



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das geheime Verständnis der Liebenden begünstiget hatte, eine Vorbitte für einen jungen Reisenden zu glücklicher Ausrichtung seiner Geschäfte, diese sollte so lange dauern, bis er den Groschen für die Danksagung erlegen würde.

Bei der letzten Begegnung hatte er sich reisefertig gekleidet und strich ganz nahe an seinem Liebchen vorbei, grüßte sie bedeutsam und mit minderer Vorsicht als sonst, daß sie darüber errötete und Mutter Brigitta zu mancherlei Randglossen Gelegenheit bekam, ihr Mißfallen über die Zudringlichkeit des unbesonnenen Laffen, der ihre Tochter noch ins Gerede bringen würde zu erkennen zu geben und letztere damit den lieben langen Tag eben nicht auf die angenehmste Weise zu unterhalten. Von der Zeit an wurde Franz in Bremen nicht mehr gesehen und von dem schönsten Augenpaar seiner Vaterstadt vergeblich gesucht. Oft hörte Meta die Vorbitte verlesen, aber sie achtete nicht darauf, denn sie war äußerst bekümmert, daß sich ihr Geliebter verunsichtbart hatte. Diese Verschwindung war ihr unerklärbar, und sie wußte nicht, was sie davon denken sollte. Nach Verlauf einiger Monate, da die Zeit ihren geheimen Unmut in etwas gemildert hatte und ihr Gemüte ruhiger seine Abwesenheit ertrug, fiel ihr einsmals, als ihr eben die letzte Erscheinung ihres Herzgespiels vorschwebte, die Vorbitte sonderbar auf. Sie reimte und erriet den Zusammenhang der Sache und die Absicht dieser Notifikation. Ob nun gleich kirchliche Bitte, Gebet und Vorbitte eben nicht im Geruch großer Wirksamkeit stehen und für die andächtigen Seelen, die sich darauf steuern, nur ein schwacher Stab sind, indem das Feuer der Andacht in der christlichen Gemeinde beim Schluß der Predigt zu verlöschen pflegt, so fachte bei der frommen Meta das Verlesen der Vorbitten solches erst recht an, und sie unterliess nie, den jungen Reisenden seinem Schutzengel bestens zu empfehlen.

Unter dieser unsichtbaren Geleitschaft und den guten Wünschen seiner Geliebten setzte Franz die Reise nach Brabant fort; um in Antwerpen einige beträchtliche Summen einzumahnen. Eine Reise von Bremen nach Antwerpen war zu der Zeit, wo es noch Wegelagerungen gab und jeder Grundherr einen Reisenden, der keinen Geleitsbrief gelöset hatte, zu plündern und im Verlies seines Raubschlosses verschmachten zu lassen sich berechtigt hielt; mit mehr Gefahren und Schwierigkeiten verknüpft; als jetziger Zeit von Bremen bis nach Kamtschatka; denn der Landfriede, den Kaiser Maximilian hatte ausrufen lassen, galt durchs Reich zwar als Gesetz, an vielen Orten aber noch nicht als Observanz. Demungeachtet gelang es dem einsamen Reisigen, das Ziel seiner Wallfahrt zu erreichen, ohne daß ihm mehr als ein einziges Abenteuer aufstieß.

Tief in dem öden Westfalen ritt er an einem schwülen Tage bis in die sinkende Nacht, ohne eine Herberge zu erreichen. Es türmten sich gegen Abend Gewitterwolken auf, und ein heftiger Platzregen durchnäßte ihn bis auf



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die Haut. Das fiel dem Zärtling, der von Jugend an aller ersinnlichen Bequemlichkeiten gewohnt war, sehr beschwerlich, und er befand sich in großer Verlegenheit; wie er die Nacht in diesem Zustande hinbringen sollte. Zum Trost erblickte er, nachdem das Ungewitter vorüber gezogen war, ein Licht in der Ferne, und bald darauf langte er vor einer dürftigen Bauernhütte an, die M wenig Trost gewährte. Das Haus glich mehr einem Viehstalle als einer Menschenwohnung, und der unfreundliche Wirt versagte ihm Wasser und Feuer; wie einem Geächteten, denn er war eben im Begriff, neben seine Stiere sich auf die Streu zu wälzen, und zu träge, um des Fremdlings willen das Feuer auf dem Herde wieder anzufachen. Franz intonierte aus Unmut ein klägliches Miserere und verwünschte die westfälischen Steppen mit emphantischen Flüchen. Der Bauer ließ sich das wenig anfechten, blies mit großer Gelassenheit das Licht aus, ohne von dem Fremdling weiter Notiz zu nehmen, denn er war der Gesetze des Gastrechts ganz unkundig. Weil aber der Wandersmann vor der Tür nicht aufhörte, ihm mit seinen Lamenten Überlast zu machen, die ihn nicht einschlafen ließen, suchte er mit guter Art seiner los zu werden, bequemte sich zum Reden und sprach: Landsmann, so Ihr Euch wollt gütlich tun und Euer wohl pflegen, so findet hier nicht; was Ihr suchet. Aber reitet dort linker Hand durch den Busch, dahinter liegt die Burg des ehrenfesten Ritters Eberhard Bronkhorst; der herbergt jeden Landfahrer, wie ein Hospitalier die Pilger vom heiligen Grabe. Nur hat einen Tollwurm im Kopf; der ihn bisweilen zwickt und plagt, daß er keinen Wandersmann ungerauft von sich läßt. So Euch's nicht irret ob er Euch das Wams bleuet, wird's Euch bei baß behagen.



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Für eine Suppe und einen Schoppen Wein die Nippen einer Bastonade preiszugeben, ist freilich nicht jedermanns Ding, obwohl die Schmarotzer und Tellerlecker sich rupfen und zausen lassen und alle Kalamitäten der Übermütler willig dulden, wenn ihnen der Gaumen dafür gekitzelt wird. Franz bedachte sich eine Weile und war unschlüssig, was er tun sollte, endlich entschloß er sich, dennoch das Abenteuer zu bestehen. Was liegt daran, sprach er, ob mir hier auf einer elenden Streu der Rücken geradebrecht wird oder vom Ritter Bronkhorst? Die Friktion vertreibt wohl gar das Fieber, das im Anzuge ist und mich wacker schütteln wird, wofern ich die nassen Kleider nicht trocknen kann. Er gab dem Gaul die Sporen und langte bald vor der Pforte eines Schlosses von altgotischer Bauart an, klopfte ziemlich deutlich an das eiserne Tor, und ein ebenso vernehmliches Wer da? ballete ihm von innen entgegen. Dem frostigen Passagier kam das lästige Passagezeremoniell der Torwächterinquisition so ungelegen als unsern Reisenden, die mit Recht über Wächter- und Mautamtsdespotismus bei Toren und Schlagbäumen seufzen und fluchen. Gleichwohl mußte er sich dem Herkommen unterwerfen und duldsam abwarten, ob der Menschenfreund im Schlosse bei Laune sei, einen Gast zu prügeln, oder geruhen würde, ihm ein Nachtlager unter freiem Himmel anzuweisen.

Der Eigentümer der alten Burg hatte von Jugend an als ein rüstiger Kriegsmann im Heere des Kaisers unter dem wackern Georg von Fronsberg gedient und ein Fähnlein Fußvolk gegen die Venediger angeführt, sich nachher in Ruhe gesetzt und lebte auf seinen Gütern, wo er, die Sünden der ehemaligen Feldzüge abzubüßen, viel gute Werke verrichtete, die Hungerigen speiste, die Durstigen tränkte, die Pilger beherbergte und die Beherbergten wieder aus dem Hause prügelte. Denn er war ein roher wüster Kriegsmann, der des martialischen Tons sich nicht wieder entwöhnen konnte, ob er gleich seit vielen Jahren in stillem Frieden lebte. Der neue Ankömmling, der bereitwillig war, gegen gute Bewirtung sich der Sitte des Hauses zu unterwerfen, verzog nicht lange, so rasselten von innen die Riegeln und Schlösser am Tor, die keuchenden Türflügel taten sich auf, als wenn sie durch den Jammerton, den sie hören ließen, den eintretenden Fremdling warnten oder beseufzten. Dem bangen Reisigen überlief's mit einem kalten Schauer nach dem andern den Rücken herab, als er durch das Tor einritt, demungeachtet wurde er wohl empfangen, einige Bediente eilten herbei, ihm aug dem Sattel zu helfen, erzeigten sich geschäftig, das Gepäck abzuschnallen, den Rappen in den Stall zu ziehen und den Reiter zu ihrem Herrn in ein wohl erleuchtetes Zimmer einzuführen.

Das kriegerische Ansehen des athletischen Mannes, der seinem Gaste entgegen kam und im so nachdrücklich die Hand schüttelte, daß er hätte laut aufschreien mögen, auch ihn mit stentorischer Stimme willkommen hieß, als



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wenn der Fremdling taub gewesen wäre, übrigens ein Mann in seinen besten Jahren schien, voll Feuer und Tatkraft, setzte den scheuen Wanderer in Furcht und Schrecken, also daß er seine Zagheit nicht verbergen konnte und am ganzen Leibe erbebte. Was ist Euch, junger Gesell, frug der Ritter mit einer Donnerstimme; daß Ihr zittert wie ein Espenlaub und erbleichet als wolle Euch eben der Tod schütteln? Franz ermannete sich, und weil er bedachte, daß seine Schultern nun einmal die Zeche bezahlen müßten, ging seine Poltronerie in eine Art Dreistigkeit über. Herr antwortete er treulich Ihr seht, daß mich der Platzregen durchweicht hat; als sei ich durch die Weser geschwommen . Schaffet, daß ich meine Kleider mit trockenen wechseln kann, und lasset zum Imbiß ein wohlgewürztes Biermus auftragen, das den Fieberschauer vertreibe, der an meinen Nerven zuckt, so wird mir wohl umo Herz sein. Wohl! gegenredete der Ritter, heischt was Euch nottut; Ihr seid hier zu Hause.

Franz ließ sich bedienen wie ein Bassa, und weil er nichts anders als Padoggen zu erwarten hatte, so wollte er sie verdienen, foppte und neckte die Diener; die um ihn geschäftig waren, auf mancherlei Weise; es kommt, dachte er bei sich, doch alles auf eine Rechnung. Das Wams, sprach er, ist für einen Schmerbauch, bringt mir eins, das genauer auf den Leib paßt; dieser Pantoffel brennt wie Feuer auf dem Hühnerauge, schlagt ihn über den Leisten; diese Krause ist steif wie ein Brett und würgt mich wie ein Strick; schafft eine herbei, die mir sanfter tue und durch keinen Stärkebrei gezogen sei.

Der Hausherr ließ über diese bremische Freimütigkeit so wenig einen Unwillen spüren, daß er vielmehr seine Diener antrieb, hurtig auszurichten, was inen befohlen war, und sie Pinsel schalt, die keinen Fremden zu bedienen wüßten. Als der Tisch bereitet war, setzten sich Wirt und Gast und ließen sich beide das Biermus wohl behagen. Bald darauf frug jener: Begehrt Ihr auch etwas zur Nachkost? Dieser erwiderte: Laßt auftragen, was Ihr habt; daß ich sehe, ob Eure Küche wohlbestellt sei. Alsbald erschien der Koch und besetzte den Tisch mit einer herrlichen Wahlzeit; die kein Graf würde verschmäht haben. Franz langte fleißig zu und wartete nicht; bis er genötigt wurde. Als er sich gesättigt hatte, sprach er: Eure Küche, sehe ich, ist nicht übel bestellt, wenn's um den Keller auch so steht; so muß ich Eure Wirtschaft fast rühmen. Der Ritter winkte dem Kellner, dieser füllte flugs den Willkommen mit dem gewöhnlichen Tischwein und kredenzte ihn seinem Herrn, der ihn auf die Gesundheit des Gastes rein ausleerte. Drauf tat Franz dem Junker ehrlichen Bescheid, welcher sprach: Lieber, was saget Ihr zu diesem Weines Ich sage, daß er schlecht sei, antwortete Franz, wenn's vom besten ist, den Ihr auf dem Lager habt, und daß er gut sei, wenn's Eure geringste Nummer ist. Ihr seid ein Schmecker, entgegnete der Ritter, Kellner, zapf' uno



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aus dem Mutterfasse. Der Schenke brachte einen Schoppen zum Kostetrunk, und als ihn Franz versucht hatte, sprach er: Das ist echter Firnewein, dabei wollen wir bleiben.

Der Ritter befahl, einen großen Henkelkrug zu bringen, und trank sich mit seinem Gaste heiter und froh, fing an, von seinen Kriegszügen zu reden, wie er gegen die Venediger zu Felde gelegen, die feindliche Wagenburg durchbrochen uno die welschen Scharen wie die Schafe abgewürgt habe. Bei dieser Erzählung geriet er in einen solchen kriegerischen Enthusiasmus, daß er

Flaschen und Gläser niedersäbelte, das Tranchiermesser wie eine Lanze schwang und seinem Tischgenossen dabei so nahe auf den Leib rückte, daß diesem für Nase und Ohren bange war.

Es wurde spät in die Nacht, gleichwohl kam dem Ritter kein Schlaf in die Augen, er schien recht in seinem Elemente zu sein, wenn er auf den Kriegszug gegen die Venediger zu reden kam. Die Lebhaftigkeit der Erzählung mehrte sich mit jedem Becher; den er ausleerte, und Franz fürchtete, daß dieses der Prolog zu der Haupt- und Staatsaktion sein möchte, bei welcher er die interessanteste Rolle spielen sollte. Um zu erfahren, ob er innerhalb oder außerhalb des Schlosses pernoktieren werde, begehrte er einen vollen Becher zum Schlaftrunk. Nun, meinte er, werde man ihm den Wein einnötigen, und wenn er nicht Bescheid täte, ihn unter dem Scheine eines Weinzwistes nach der Sitte des Hauses mit dem gewöhnlichen Viatikum fortschicken. Gegen seine Erwartung wurde ihm ohne Widerrede gewillfahrt, der Ritter riß augenblicklich den Faden seiner Erzählung ab und sprach: Zeit hat Ehre, morgen mehr davon! Verzeihet Herr Ritter, antwortete Franz, morgen, wenn die Sonne aufgeht, bin ich über Berg und Tal, ich ziehe einen fernen Weg nach Brabant und kann hier nicht weilen. Darum beurlaubt mich heute, daß mein Abschied morgen Eure Ruhe nicht störe. Tut; was Euch gefällt;



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beschloß der Ritter; aber scheiden sollt Ihr nicht von hinnen, bio ich aus den Federn bin, daß ich Euch noch mit einem Bissen Brot und einem Schluck Danziger zum Imbiß labe, dann bis an die Tür geleite und nach Gewohnheit des Hauses verabschiede.

Franz bedurfte zu diesen Worten keiner Auslegung. So gern er drin Hauspatron die letzte Höflichkeit der Geleitschaft bio in die Haustür entlassen hätte, so wenig schien dieser geneigt, von dem eingeführten Ritual abzuweichen. Er befahl den Dienern, den Fremden auszukleiden und ino Gastbette zu legen, wo sich Franz wohl sein ließ und auf elastischen Schwanenfedern einer köstlichen Ruhe genoß, daß er sich, ehe ihn der Schlaf übermannte, selbst gestund, eine so herrliche Bewirtung sei um eine mäßige Bastonade nicht zu teuer erkauft. Bald umflatterten seine Phantasie angenehme Träume. Er fand die reizende Meta in einem Rosengehege, wo sie mit ihrer Mutter lustwandelte und Blumen pflückte. flugs verbarg er sich hinter eine dichtbelaubte Hecke, um von der strengen Domina nicht bemerkt zu werden; wiederum versetzte ihn die Einbildungskraft in das enge Gäßchen, wo er durch den Spiegel die schneeweiße Hand des lieben Mädchens, mit iren Blumen beschäftigt, sah; bald saß er neben ihr im Grase, wollte ihr seine heiße Liebe erklären, und der blöde Schäfer fand keine Worte dazu. Er würde bis an den hellen Mittag geträumt haben, wenn ihn nicht die sonore Stimme des Ritters und das Geklirr seiner Sporen aufgeweckt hätte, der bei Anbruch des Tages schon in Küche und Keller Revision hielt, ein gutes Frühstück zuzurichten befahl und jeden Diener auf den ihm zugeteilten Posten stellte, um bei Handen zu sein, wenn der Gast erwachen würde, ihn anzukleiden und zu bedienen.

Es kostete dem glücklichen Träumer viel Überwindung, sich von dem sichern gastfreundlichen Bett zu scheiden, er wälzte sich hin und her; doch die grelle Stimme des gestrengen Junkers engte ihm das Herz ein, und einmal mußte er in den sauern Apfel beißen. Also erhob er sich von den Federn, und sogleich waren ein Dutzend Hände geschäftig, ihn anzukleiden. Der Ritter führte ihn ins Speisegemach zu einer kleinen wohl zugeschickten Tafel; aber da es jetzt zum Abdrücken kam, fühlte der Reisende wenig Eßlust. Der Hauswirt ermunterte ihn: Warum langt Ihr nicht zu? Genießt etwas für den bösen Nebel. Herr Ritter, antwortete Franz, mein Magen ist noch zu voll von Eurem Abendmahl; aber meine Taschen sind leer, die mag ich wohl füllen für den künftigen Hunger. Er räumte nun wacker auf und bepackte sich mit dem Niedlichsten und Besten, was transportabel war, daß alle Taschen strotzten. Wie er sah, daß sein Gaul wohl gestriegelt und aufgezäumt vorgeführt wurde, trank er ein Gläslein Danziger zum Valet; in der Meinung, das werde die Losung sein, daß ihn der Wirt beim Kragen fassen und sein Hausrecht werde fühlen lassen.

Aber zu seiner Verwunderung schüttelte er ihm wie beim Empfang trau



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lich die Hand, wünschte ihm Glück auf die Reise, und die Riegeltür wurde aufgetan. Er säumte nun nicht; den Rappen anzustechen, und zak zak war er zum Tor hinaus, ohne daß ihm ein Haar gekrümmt wurde.

Jetzt fiel ihm ein schwerer Stein vom Herzen, da er sich in völliger Freiheit befand und sah, daß er so mit heiler Haut davon gekommen war, er konnte Sicht begreifen, warum ihm der Wirt die Rechnung kreditiert hatte; die seinem Bedünken nach hoch an die Kreide lief, und umfaßte nun den gastfreien Mann mit warmer Liebe, dessen faust- und kolbengerechten Arm er gefürchtet hatte, trug aber noch großes Verlangen, Grund oder Ungrund des ausgestreuten Gerüchtes an der Quelle selbst zu erforschen. Darum wendete er flugs den Gaul und trabte zurück. Der Ritter stand noch im Tor und glossierte mit seinen Dienern zu Beförderung der Pferdekunde, die sein Lieblingsstudium war, über Abkunft; Gestalt und Bau des Rappen und seines harten Traben, wähnte, der Fremdling vermisse etwas von seinem Reisegepäck, und sah die Diener wegen ihrer vermeinten unachtsamkeit scheel an. Wao gebricht Euch, junger Gesell, rief er dem Kommenden entgegen, daß Ihr umkehret; da Ihr wolltet förder ziehen? Ach, noch ein Wort; ehrenfester Ritter! antwortete der Reisige. Ein böses Gerücht, das Euch Glimpf und Namen bricht, sagt, daß Ihr jedes Fremdlings wohl pfleget, der bei Euch einspricht, um ihn, wenn er wieder davon scheidet, Eure starken Fäuste fühlen zu lassen. Dieser Sage habe ich vertraut und nichts gespart, die Zeche Euch abzuverdienen; ich gedachte bei mir, der Junker wird mir nichts schenken, so will ich ihm auch nichts schinken. Nun laßt Ihr mich in Frieden ziehen, sonder Strauß und Gefährde, daz nimmt mich wunder. Lieber, sagt mir darum, ist einiger Grund oder Schein an der Sache, oder soll ich das faule Geschwätz Lügen strafen? Der Ritter entgegnete: Das Gerücht hat Euch keineswegs mit Lügen berichtet; treibt sich keine Rede im Volk um, es liegt ein Körnlein Wahrheit darinnen. Vernehmet den eigentlichen Bericht, wie die Sache steht. Ich beherberge jeden Fremdling, der unter mein Dach eingeht, und teile meinen Mundbissen mit ihm um Gottes willen. Nun bin ich ein schlich



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ter deutscher Mann von alter Zucht und Sitte, rede, wie mir's ums Herz ist, und verlange, daß auch mein Gast herzig und zuversichtlich sei, mit mir genieße; was ich habe, und frei sage, was er bedarf. Aber da gibt's einen Schlag Leute, die mir mit allerlei Faren Verdruß tun, foppen und äffen mich mit Kniebeugen und Bücklingen, stellen alle ihre Worte auf Schrauben, machen viel Redens ohne Sinn und Salz, vermeinen mit glatten Worten mir zu hofieren, gebärden sich bei der Mahlzeit wie die Weiber beim Kindtaufschmause . Sage ich: Langt zu! so erwischen sie aus Reverenz ein Knös tein von der Schüssel, das ich meinem Hunde nicht böte; spreche ich: Tut Bescheid! so netzen sie kaum die Lippen aus dem vollen Becher; als wenn sie Gottes Gabe verschmäheten; lassen sich zu jedem Dinge lange nötigen, tät schier not, auch zum Stuhlgang. Wenn mir's nun das leidige Gesindel zu bunt und kraus macht und ich nimmer weiß, wie ich mit meinem Gaste dran bin, so werde ich endlich wild und brauche mein Hausrecht, fasse den Tropf beim Fell, balge ihn weidlich und werfe ihn zur Tür hinaus. Das ist bei mir so Sitte und Brauch, und so halte ich's mit jedem Gaste, der mir Überlast macht. — Aber ein Mann von Eurem Schlag ist mir stets willkommen; Ihr sagtet rund und deutsch heraus, was Euch zu Sinne war, wie's der Bremer Art ist. Sprecht getrost bei mir ein, wenn Euch der Weg wieder vorbei trägt. Damit Gott befohlen.

Franz trabte nun mit heiterm, frohem Mute nach Antwerpen zu und wünschte allenthalben eine so gute Aufnahme zu finden, alg bei dem Ritter; Eberhard Bronkhorst genannt. Beim Einzug in die ehemalige Königin der flämischen Städte schwellte ein günstiger Wind das Segel seiner Hoffnung auf. In allen Straßen begegneten Reichtum und Überfluss, und es schien, als wenn Not und Mangel aus der betriebsamen Stadt Landes verwiesen sei. Wahrscheinlicherweise, dachte er bei sich, ist manes von den alten Schuldnern meines Vaters wieder empor gekommen und wird mir bereitwillig gute Zahlung leisten, wenn ich ihm meine rechtmäßige Forderung dokumentiere. Nachdem er sich von der Ermüdung der Reise erholt hatte, zog er in dem Gasthofe, wo er eingekehrt, vorläufige Nachricht von dem Zustande seiner Schuldleute ein. Wie steht's mit Peter Martens, frug er eines Tages seine Tischgenossenschaft bei der Mahlzeit, lebt er noch und macht er viel Geschäfte? —Peter Martens ist ein solider Mann, antwortete einer aus der Gesellschaft, treibt Speditionshandel und zieht viel reinen Gewinn davon. — Ist Fabian von Plurs noch in gutem Zustande? — O! der weiß seines Reichtums kein Ende, sitzt im Rate, und seine Wollmanufakturen geben reiche Ausbeute. — Hat Jonathan Frischkier guten Vertrieb mit seinem Gewerbe? — EI, der wäre jetzt ein Kapitalmann, wenn sich Kaiser Mar nicht hätte von den Franzosen die Braut weghaschen lassen *). Ihm war die



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Lieferung der Kanten zum Brautputz verdungen; aber der Kaiser hat den Kauf, wie ihm die Braut den Handel, aufgesagt. Wenn Ihr ein Liebchen habt, das Ihr mit den Kanten bedenken wollt; so verläßt er sie Euch umo halbe Geld. — Ist das Handelshaus op de Bütekant gesunken, oder hält sich's noch? — Dort hat's vor einigen Jahren im Gesparre geknackt; aber die spanischen Karavellen *) haben eine neue Strebemauer daran gesetzt, daß es nun wohl halten wird.

Franz erkundigte sich nach mehreren Handelsleuten, an die er Forderungen hatte, erfuhr, daß die meisten sich in blühenden Umständen befanden, die zu seines Vaters Lebzeiten bonis zediert hatten, und merkte daraus ab, daß ein verständiger Bankerott von jeher die Fundgrube zukünftigen Erwerbs gewesen sei. Diese Nachrichten heiterten sein Gemüt sehr auf, er säumte nicht; seine Papiere in Ordnung zu bringen und bei der Behörde die alten Schuldscheine zu produzieren. Aber es erging ihm mit den Antwerpnern, wie seinen peregrinierenden Landsleuten mit den Krämern in den deutschen Städten, sie genießen allenthalben einer freundlichen Aufnahme und werden an keinem Orte gern gesehen, wenn sie kommen, Schulden einzutreiben. Einige wollten von den alten Sünden nichts wissen und meinten, sie wären aus der Konkursmasse mit fünf Prozent judizialiter rein abgetan. Es sei des Gläubigers Schuld, daß er die Zahlung nicht akzeptiert hätte. Andere wußten sich keines Melchiors von Bremen zu entsinnen, schlugen ihre infallibeln Bücher auf, fanden keine Schuldpost diesen unbekannten Namen angemerkt; noch andere brachten eine starke Gegenrechnung zum Vorschein, und es vergingen keine drei Tage, so saß Franz im Schuldturm, um für den väterlichen Kredit zu haften, wo er nicht eher herauskommen sollte, bis er den letzten Heller bezahlen würde.

Das waren nicht die besten Adspekten für den jungen Mann, der .hoffnung und Vertrauen auf die Antwerpner Beförderer seines Glücks gesetzt hatte und nun die schöne Seifenblase verschwinden sah. Er befand sich in seinem engen Gewahrsam in dem qualvollen Zustande einer Seele im Fegfeuer, nachdem sein Schifflein auf den Strand gelaufen und mitten im Hafen, wo er gegen die Stürme Sicherheit zu finden vermeinte, gescheitert war. Jeder Gedanke an Meta war ihm ein Dorn im Herzen; es war kein Schatten von Möglichkeit mehr vorhanden, jemals aus dem Strudel, in welchen er versunken war, wieder empor zu kommen, um seine Hand nach ihr auszustrecken; und gesetzt; er hätte den Kopf auch wieder über Wasser gebracht, so war sie ihrerseits doch außerstande, ihn aufs Trockene zu heben. Er fiel in eine stumme Verzweiflung, hegte keinen Wunsch als den zu sterben, um mit einem Male der Marter abzukommen, und machte wirklich den Versuch,



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sich durch Hunger zu töten. Aber das ist eine Todesart; die nicht jedermann zu Gebot stehet, wie dem abgezehrten Pomponius Attilio, dem seine Verdauungswerkzeuge den Dienst bereits versagt hatten; ein gesunder rüstiger Magen ergibt sich nicht so leicht in die Beschlüsse des Kopfes und des Herzens . Nachdem der Sterbenslustige zwei Tage der Speise sich enthalten hatte, bemächtigte sich ein despotischer Heißhunger plötzlich der Herrschaft über den Willen, und verrichtete alle Operationen, die sonst der Seele zukommen; er gebot der Hand, in die Schüssel zu greifen, dem Munde; die Speise anzunehmen, den Kinnladen, sich in Bewegung zu setzen, und er selbst verrichtete die gewöhnliche Funktion der Verdauung ungeheißen. Also scheiterte auch dieser Entschluß an einer harten Brotrinde, der im siebenundzwanzigsten Lebensjahre in der Tat etwas Heroisches hat; daz im siebenundsiebenzigsten ganz daraus verschwunden ist.

Im Grunde war's der hartherzigen Antwerpner Meinung nicht; Geld von angeblichen Schuldner zu erpressen, sondern nur, keines an ihn zu bezahlen, da sie seine Forderungen nicht als liquid anerkannten. Es sei nun, daß die kirchliche Vorbitte in Bremen wirklich zu den Vorhöfen des Himmels gelangt war, oder daß die vermeinten Gläubiger nicht Lust hatten, einen überläsigen Kostgänger auf Lebenszeit zu verpflegen: genug, nach Verlauf von drei Monaten wurde Franz seiner Gefangenschaft unter dem Beding entlediget, innerhalb vierundzwanzig Stunden die Stadt zu räumen und der Antwerpner Grund und Boden nie wieder zu betreten. Zugleich empfing er fünf Gulden Reisegeld aus den getreuen Händen der Justiz, die sich seines Rappens und Gepäcks bemächtigt und den Ertrag des daraus gelösten Geldes für Gerichts- und Aetzungokosten gewissenhaft berechnet hatte. Mit schwermütigem Herzen verließ er mit dem Pilgerstabe in der Hand ganz demütig die reiche Stadt; in die er vor einiger Zeit voll hochfliegender Hoffnung eingeritten war. Mutlos und unschlüssig, was er nun beginnen sollte, oder vielmehr gedankenlos wankte er durch die Straßen zum nächsten Tor hinaus, ohne sich darum zu bekümmern, wo der Weg hinführe, den der Zufall ihn hatte nehmen lassen. Er grüßte keinen Wanderer und fragte nach keiner Herberge bis ihn Ermüdung oder Hunger nötigten, die Augen aufzuheben und sich nach einer Kirchturmspitze oder sonst einem Merkzeichen von Menschenwohnung umzusehen, wenn er von Menschen Beistand bedurfte. Viele Tage war er ohne Zweck und Ziel in der Irre herumgeschweift und ein verborgener Instinkt hatte ihn unvermerkt vermöge seiner gesunden Füße geraden Weges nach seiner Heimat hinwärts geführt; als er gleichsam aus einem schweren Traum erwachte und inne ward, auf welcher Straße er sich befand.

Er stand augenblicklich still, um zu überlegen, ob er förder gehen oder wieder umkehren sollte. Scham und Verwirrung bemächtigten sich seiner Seele, wenn er bedachte, daß er als ein Bettler, mit dem Stempel der Ver



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achtung gebrandmarkt, in seiner Vaterstadt herumgehen und die Wohltätigkeit seiner Mitbürger, denen er es ehedem an Reichtum und Wohlstand allen zuvor getan, nun in Anspruch nehmen sollte. Und wie konnte er der schönen Meta, ohne die Wahl ihres Herzens zu beschämen, in dieser Gestalt unter die Augen treten? Er ließ seiner Einbildungskraft nicht Zeit, dieses traurige Gemälde zu vollenden, sondern nahm den Rückweg mit solcher Eile, als wenn er schon vor dem hohen Tor in Bremen stünde und die Gassenbuben sich versammelten, ihn mit Hohn und Spott durch die Straßen zu begleiten. Sein Entschluß war gefaßt; er wollte einen Seehäfen in den Niederlanden zu erreichen suchen, Matrosendienste auf einem spanischen Schiffe nehmen, nach der Neuen Welt segeln und nicht eher nach seinem Vaterlande zurückkehren, bis er in dem goldreichen Peru die Reichtümer wieder erwerben würde, die er so unachtsam verschleudert hatte, ehe er den Wert des Geldes kannte. Bei Anlegung dieses neuen Planes kam die schöne Meta zwar weit im Hintergrunde zu stehen, daß sie auch dem schärfsten Seherauge nur als ein dämmernder Schatten in der Ferne vorschwebte; doch begnügte sich der wandernde Projektant damit, daß sie nun wieder in den Plan seines Lebens eingewebt war, und machte große Schritte, als wenn er durch diese Eilfertigkeit sie desto eher zu erreichen vermeinet hätte.

Schon befand er sich wieder an der niederländischen Grenze und langte unfern von Rheinberg bei Sonnenuntergang in einem kleinen Flecken an, Nummelsburg genannt welcher nachher im dreißigjährigen Kriege ganz ist zerstöret worden. Eine Karawane Lyker Fuhrleute hatten bereits das Wirtshaus angefüllt, also daß der Wirt keinen Platz hatte, ihn zu beherbergen; und ihn aufs nächste Dorf verwies, besonders weil er wegen seiner jetzigen Landstreicherphysiognomie zu ihm eben nicht das beste Vertrauen hegte und ihn für einen Diebesspion hielt, der auf das Lyker Fuhrmannsgut eine Absicht habe. Er mußte sich, der großen Ermüdung ungeachtet; zur weitern Wallfahrt rüsten und sein Reisebündel wieder auf den Rücken nehmen.

Indem er beim Abzuge einige bittere Klagen und Verwünschungen über die Hartherzigkeit des Wirtes zwischen den Zähnen hervormurmelte; schien dieser mit dem Zustande des Fremdlings einiges Mitleiden zu empfinden und rief im aus der Tür nach: Hört doch, junger Gesell, was ich Euch sagen mag; wenn Ihr hier zu rasten begehret; will ich Euch wohl unterbringen. Hier oben im Schlosse sind der ledigen Zimmer genug, wenn's Euch da nicht zu einsam ist; es wird nicht bewohnt, und ich habe die Schlüssel dazu. Franz



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nahm den Vorschlag mit Freuden an, rühmte ihn alg ein Werk der Bannherzigkeit, bat nur um Dach und Fach und um ein Abendbrot; sei's gleich in einem Schloß oder in einer Bauernhütte. Der Wirt war aber ein heimlicher Schalk, den's wurmte, daß der Fremdling einige halblaute Schmähungen gegen ihn sich hatte entfallen lassen, und wollte sich dafür durch einen Plagegeist rächen, der in der alten Bergfeste hauste und die Einwohner seit langen Jahren daraus vertrieben hatte.

Das Schloß lag nahe am Flecken auf einem schroffen Felsen, gerade dem Gasthof gegenüber; so daß es nur durch die Fahrstraße und einen kleinen Forellenbach davon geschieden wurde. Der angenehmen Lage halber wurde es noch immer im baulichen Stande erhalten, war auch mit allem Hausgeräte wohl versehen und diente dem Eigentümer zum Jagdschloß, der oft darin den Tag über bankettierte, aber sobald die Sterne am Himmel funkelten, mit seinem Hofgesinde davonzog, um den Insulten des Poltergeistes, der die Nacht über darin tosete, zu entweichen, denn am Tage ließ das Gespenst sich nicht vermerken. So unangenehm für den Grundherrn das Gespilde seines Schlosses mit dem nächtlichen Ungetüm war, so vorteilhaft war der Spukgeist in Rücksicht der großen Sicherheit für Diebe. Der Graf hätte keinen treuem und wachsamern Hüter des Schlosses bestellen können als eben das Nachtgespenst, das die verwegensten Diebesbanden in Respekt hielt. Daher wußte er keinen sicherern Ort zu Aufbewahrung seiner Kostbarkeiten als dieses alte Bergschloß, indem Flecken Rummeloburg bei Rheinberg gelegen.

Hinunter war der Sonnenschein, die finstere Nacht brach stark herein, als Franz mit einer Laterne in der Hand vor der Pfortentür des Schlosses unter Geleitschaft des Wirtes anlangte, der in einem Korbe Lebensmittel



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trug, nebst einer Flasche Wein, die, wie er sagte, nicht in Rechnung kommen sollte. Auch hatte er ein paar Leuchter und zwo Wachokerzen mitgenommen, denn im ganzen Schlosse war weder Licht noch Leuchter, weil man nie länger des Abends als bis zum Zwielichte daselbst verweilte. Unterwegs bemerkte Franz den knisternden schwer beladenen Korb und die Wachslichter, deren er nicht zu bedürfen und sie doch bezahlen zu müssen glaubte. Darum sprach er: Wozu dieser Überfluß und Unrat, als bei einem Gastmahl. Das Licht in der Leuchte ist hinreichend, dabei zu sehen, bis ich mich aufs Lager strecke, und wenn ich erwache, wird die Sonne hoch herauf sein, denn ich fühle große Ermüdung und werde auf beiden Ohren schlafen. Ich will Euch nicht verhehlen, antwortete der Wirt, daß sich ein Gerücht umtreibt; es gehe irre im Schlosse und wohne ein Spukgeist darin. Ihr dürft Euch das gleichwohl nicht irren lassen, wir sind, wie Ihr sehet, nahe genug, daß Ihr uns errufen könnt, wenn Euch etwas Unnatürliches zustoßen sollte; ich werde mit meinem Gesinde flugs bei der Hand sein, Euch Beistand zu leisten. Unten im Hause wird's die ganze Nacht nicht ruhig, und es bleibt immer jemand wach. Ich wohne nun seit dreißig Jahren hier im Orte, kann gleichwohl nicht sagen, daß ich je was gesehen hätte. Wenn's ja zuweilen in der Nacht Gepolter gibt, so sind's Katzen und Marder, die auf dem Kornboden rasaunen. Aus Vorsorge habe ich Euch mit Licht versehen, die Nacht ist doch keines Menschen Freund, und die Kerzen sind geweht, deren Schimmer die Gespenster, wenn welche im Schlosse vorhanden sind, gewiß scheuen werden.

Der Wirt sagte daran keine Unwahrheit; daß er nie von einem Gespenste im Schlosse was inne worden see bei Nacht hatte er sich wohl in acht genommen, jemals einen Fuß hineinzusetzen, und bei Tage ließ sich der Geist nicht sehen; auch jetzt wagte der Schalk sich nicht über die Grenze. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, reichte erdem Wanderer den Korb mit den Viktualien, wies ihn zurecht und wünschte gute Nacht. Franz trat ohne Furcht und Scheu in das Vorhaus, vermeinte, die Spukgeschichte sei leeres Geschwätz oder eine mißverstandene Tradition irgendeines wirklichen Ereignisses, woraus die Phantasie ein unnatürliches Abenteuer gebildet hätte. Er gedachte an die Sage von dem wackern Ritter Eberhard Bronkhorst; für dessen schive rem Arm im so bange war gemacht worden, und bei welchem er dennoch einer so gastfreien Aufnahme genoß. Darum hatte er sich's aus seinen Reiseerfahrungen zur Regel gemacht, von der gemeinen Sage gerade das Gegenteil zu glauben, und ließ das Körnlein Wahrheit, das nach der Meinung des weisen Junkers darin verborgen liegen sollte, ganz aus der Acht.

Nach Anweisung des Wirtz stieg er die steinerne Wendeltreppe hinauf und kam vor eine verschlossene Tür, die er mit dem Schlüssel öffnete. Eine lange düstre Galerie, wo sein Fußtritt widerhallete, führte ihn in einen großen Saal und aus diesem eine Seitentür in eine Reihe Gemächer, die mit



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allen Gerätschaften zur Zierde und Bequemlichkeit reichlich versehen waren. Er wählte sich eins darunter zum Schlafgemach, das ihm am freundlichsten schien, wo er ein wohlgepolstertes Ruhebette fand, und aus dessen Fenstern er gerade unter sich in den Gasthof sah, auch jedes laute Wort, das daselbst geredet wurde, vernehmen konnte. Er zündete die Wachskerze an, beschickte seine Tafel und speiste mit solcher Gemächlichkeit und Wohlgeschmack, als ein Nobili von Dtaheite. Die gehauchte Flasche ließ ihn dabei keinen Durst leiden. So lange die Zähne in voller Arbeit waren, hatte er nicht Zeit, an die angebliche Spukerei im Schlosse zu gedenken; wenn sich auch zuweilen etwas in der Ferne regte und ihm die Furchtsamkeit zurief: Horch aufl Horch aufl Jetzt kommt der Poltergeist, so antwortete die Herzhaftigkeit: Possen! Es sind Katzen und Marder, die sich beißen und balgen. Aber in dem Dauungsviertelstündchen nach der Mahlzeit, da der sechste Sinn, die Empfindung des Hungers und Durstes, die Seele nicht mehr beschäftigte, richtete sie ihre Aufmerksamkeit unter den fünf übrigen allein auf das Gehör, und da flüsterte die Furcht schon immer drei bängliche Gedanken dem Horcher ins Ohr, ehe die Herzhaftigkeit einmal darauf anwortete.

Vor den ersten Anlauf schloß er die Tür ab, schob den Nachtriegel vor und nahm seine Retirade auf den gemauerten Sitz des gewölbten Fensters. Er öffnete solches, sah, um sich in etwas zu zerstreuen, an den gestirnten Himmel, blickte in den genarbten Mond und zählte, wie oft sich die Sterne putzten Auf der Straße unter ihm wurde es öde, uno ungeachtet der ihm angerühmten nächtlichen Lebhaftigkeit im Gasthofe wurden die Türen verschlossen, die Lichter ausgetan, und es wurde darinnen so still als in einer Totengruft. Dagegen stieß der Nachtwächter ins



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In einer volkreichen Stadt mitten unter einer zahlreichen Hausgenossenschaft; wo des Getümmels so viel ist als in einem Bienenkörbe, mag's für den Denker eine angenehme Erholung sein, über die Einsamkeit zu philosophieren, sie als die lieblichste Gespielin des menschlichen Geistes zu gestalten, ihr alle vorteilhaften Seiten abzugewinnen und nach ihrem Genusse zu verlangen. Aber da, wo sie einheimisch ist, auf der Insel Juan Fernandez, wo ein einzelner dem Schiffbruch entronnener Eremit lange Jahre mit ihr verlebt, oder bei schauervoller Nacht in einem tiefen Walde oder in einem unbewohnten alten Schlosse, wo öde Mauern und Gewölbe Grausen erwecken und nichts Leben atmet, außer die traurige Eule in dem zerfallenen Turme, da ist sie in Wahrheit nicht die angenehmste Gesellschafterin für den scheuen Anachoreten, der darin übernachtet, besonders wenn er sich alle Augenblicke der Erscheinung eines Poltergeistes gewärtigen muß. Da kann's leicht der Fall sein, daß eine Unterredung mit dem Nachtwächter zum Fenster heraus eine bessere Unterhaltung gewährt für Geist und Herz als die anziehendste Lektüre eines Panegyrikus über die Einsamkeit. Wenn Freund Zimmermann in Freund Franzens Stelle sich befunden hätte, auf dem Schloß Rummelsburg an der westfälischen Grenze, so würde er ohne Zweifel in dieser Situation die Grundideen zu einer ebenso interessanten Schrift über die Geselligkeit ausgesponnen haben, als ihn allem Vermuten nach eine lästige Assemblee bestimmt hat, aus der Fülle des Herzens der Lobredner der Einsamkeit zu werden.

Mitternacht heißt die Stunde, wo die intellektuelle Welt Leben und Tätigkeit gewinnt, wenn die vergröberte animalische Natur in tiefem Schlummer begraben liegt. Franz wünschte um deswillen lieber diese bedenkliche Stunde zu verschlafen als zu durchwachen, darum tat er das Fenster zu, ging nochmals die Runde im Zimmer, durchspähete Winkel und Ecken, zu sehen, ob alles geheuer sei, schneuzte die Lichter, daß sie heller brennten, und streckte sich flugs aufs Ruhebette, welches seinem ermüdeten Körper gar sanft tat. Dennoch konnte er nicht so bald, als er wünschte, in Schlaf kommen. Ein kleines Herzpochen, welches er einer Wallung im Blute von der Hitze des Tages zuschrieb, erhielt ihn noch eine Zeitlang wach, und er unterließ nicht; diese Frist zu benutzen und einen so kräftigen Abendsegen zu beten, als er seit vielen Jahren nicht gebetet hatte, dieser tat die gewöhnliche Wirkung, daß er sanft dabei einschlief. Nach Verlauf einer Stunde, seinem Bedünken nach, erwachte er mit einem plötzlichen Schreck, welches bei einem unruhigen Blute eben nichts Ungewöhnliches ist. Dadurch wurde er ganz munter; horchte, ob alles ruhig sei, und hörte nichts als die Glocke, die eben zwölf schlug, welche Neuigkeit der Nachtwächter bald darauf im ganzen Flecken mit lautem Gesange ankündigte. Franz lauschte noch eine Weile, legte sich aufs andere Ohr und war eben im Begriff wieder einzuschlafen, da war's



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ihm, als knarre von ferne eine Tür, und gleich darauf schlug sie mit dumpfem Getöse zu. O wehe! wehe! raunte die Furcht ihm ino Ohr das ist fürwahr der Poltergeist! Es ist der Wind und weiter nichts, tröstete die Herzhaftigkeit. Doch bald kam's näher, immer näher, wie ein schwerer Mannestritt. Geklingel hier, Geklingel dort, als rasselte ein Delinquent mit schweren Ketten oder als ging der Pförtner mit seinem Schlüsselbund im Schloß umher. Das war kein Windesspiel, die herzhaftigkeit verstummte; die bange Furcht trieb alles Blut dem Herzen zu, daß es pochte wie ein Schmiedehammer.

Jetzt war die Sache äußerm Spaß. Wofern die Furcht die Herzhaftigkeit noch einmal hätte lassen zum Worte kommen, so würde diese den Verzagten an den Subsidien-Traktat mit dem Wirte erinnert und ihn angetrieben haben, die stipulierte Hülfe laut aus dem Fenster zu reklamieren; aber da gebrach's an Entschließung. Der ängstlich sagende nahm seine Zuflucht zur Matratze, der letzten Schutzwehr der Furchtsamen, und zog sie dicht übern Kopf, wie Vogel Strauß das Haupt hinter ein Sträuchlein birgt, wenn er dem Jäger nicht mehr entrinnen kann. Draußen ging's Tür auf, Tür zu, mit gräßlichem Gepolter, und nun kam's auch ans Schlafgemach. Es drehte rasch am Schloß, versuchte viele Schlüssel, bio es den rechten fand; doch hielt der Riegel noch die Tür fest, bis sie ein harter Schlag gleich einem Donnerschlag eröffnete; daß Niet und Riegel sprang. Da trat herein ein langer hagerer Mann mit einem schwarzen Barte, in alter Tracht und finsterm Angesicht; die Augenbrauen senkten sich zu tiefem Ernste von der Stirn herab. Um seine linke Schulter schlug er einen Scharlachmantel, und auf dem Haupt trug er einen spitzen Hut. Er zog mit schwerem Tritt dreimal das Zimmer schweigend auf und ab, besah die geweihten Kerzen und putzte sie, damit sie heller leuchteten. Darauf ließ er seinen Mantel fallen, schnürte einen Schersack auf, den er darunter barg, und kramte ein Barbierzeug aus, strich flugs ein blankes Schermesser auf dem breiten Riemen, den er am Gürtel trug.

Franz schwitzte Judasschweiß unter der Matratze, befahl sich in den Schutz der heiligen Jungfrau und spekulierte ängstlich, was dies Manöver sollte, wußte nicht, ob's damit auf die Gurgel oder auf den Bart gemeinet sei. Zu seiner Beruhigung goß das Gespenst aus einer silbernen Flasche Wasser in ein silbernes Becken und schlug mit beinerner Hand die Seife zu leichtem



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Schaum, rückte einen Stuhl zurechte und winkte mit ernster Miene den angstvollen Lauerer aus seinem Hinterhalt hervor.

Gegen diesen bedeutsamen Wink galt so wenig eine Einwendung als gegen die strengen Befehle des Großherrn, wenn er einem exilierten Vezier den Engel des Todes, den Capidchi Baschi, mit der seidenen Schnur nachschickt seinen Kopf in Empfang zu nehmen. Das Vernünftigste, was sich in diesem kritischen Falle tun läßt, ist, der Notwendigkeit nachzugeben, zum bösen Spiel gute Miene zu machen und sich mit stoischer Gelassenheit die Kehle gemachsam zuschnüren zu lassen. Franz honorierte die empfangene Ordre, die Matratze begann sich zu heben, er sprang rasch vom Bette auf und nahm den ihm angewiesenen Platz auf dem Schemel ein. So wundersam auch dieser schnelle Übergang von der äußersten Verzagtheit zur kühnsten Entschlossenheit scheinen mag, so natürlich wird dennoch das psychologische Journal uns diese Erscheinung zu erklären wissen.

Der spukende Barbier band seinem zitternden Bartkunden alsbald das Schertüchlein vor, ergriff darauf Kamm und Schere, beschnitt ihm Haar und Bart. Dann seifte er ihn kunstmäßig ein, zuerst den Bart, hernach die Augenbrauen, zuletzt die Schläfe, Scheitel und das Hinterhaupt; und schor ihn von der Gurgel bio zum Nacken so glatt und kahl wie einen Totenkopf. Als er mit dieser Operation zustande war, wusch er das Haupt; trocknete es säuberlich, machte seinen Reverenz und schnürte den Schersack zu, hüllte sich in den Scharlachmantel und schickte sich zum Rückzug an. Die gewesten Kerzen brannten vortrefflich hell bei der ganzen Verhandlung, und Franz sah vermöge ihres Schimmers im Spiegel, daß ihn der Scherer in einen chinesischen Pagoden verwandelt hatte. Er bedauerte herzlich den Verlust der schönen braunen Locken, gleichwohl schöpfte er nun wieder frischen Atem, da er merkte, es sei mit diesem Opfer alles abgetan und der Geist habe weiter keine Macht an ihm.

So verhielt sich's auch in der Tat der Rotmantel ging nach der Tür, stillschweigend, wie er gekommen war, ohne Gruß und Valet, und schien ganz das Widerspiel seiner geschwätzigen Professionsverwandten. Kaum war er aber drei Schritte zurück, so stund er still, sah sich mit trauriger Gebärdung nach seinem wohlbedienten Kunden um und strich mit der flachen Hand über den schwarzen Bart. Eben das tat er zum andern Male und nochmals, als er eben zur Tür hinaus schreiten wollte. Franz geriet dadurch auf die Vermutung, daß das Gespenst etwas verlange, und durch eine schnelle Kombination der Ideen riet er darauf, daß es vielleicht den nämlichen Dienst von ihm erwarte, den es ihm vorher geleistet habe, und er traf's damit glücklicher, als weiland Geisterseher Oder; der das renommierte Braunschweiger Gespenst inquirierte wie ein Amtmann den Delinquenten, ohne daß er es zum Geständnis brachte, was es eigentlich mit seiner frivolen Erscheinung wolle.



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Da der Geist ungeachtet seines trübsinnigen Anblicks mehr zu Schimpf als Ernst aufgelegt schien und seinen Gast geschabernackt; nicht aber gemißhandelt hatte, so war bei diesem jetzt fast alle Furcht verschwunden. Also wagte er den Versuch und winkte dem Geist, sich auf den Schemel zu setzen; welchen er eben verlassen hatte. Sogleich gehorchte daz Gespenst, warf den roten Mantel ab, legte das Barbierzeug auf den Tisch und setzte sich auf den Stuhl in die Stellung eines Menschen, der sich will den Bart abnehmen lassen. Franz beobachtete sorgfältig die nämliche Prozedur, die der Geist zuvor mit ihm vorgenommen hatte, stutzte den Bart mit der Schere; schnitt ihm das Haar ab, seifte ihm den ganzen Kopf ein, und das Gespenst hielt still wie ein Haubenstock. Der ungeschickte Gesell wußte das Messer schlecht zu regieren, hatte noch nie eins in der Hand gehabt, schor den Bart gerade gegen den Strich; wobei der Geist ebenso seltsame Grimassen machte wie der Affe des Erasmus, indem er das Bartputzen seines Herrn nachahmte. Dabei wurde dem unkundigen Pfuscher doch nicht wohl zumute er dachte mehr als einmal an die sinnreiche Sentenz: Was deines Amtes nicht ist, davon laß deinen Vorwitz, indessen zog er sich, so gut er konnte aus der Affäre und schor das Gespenst so kahl, als er selbst war.

Bisher war die Szene zwischen dem Geiste und dem Wanderer pantomimisch abgehandelt worden, jetzt wurde die Handlung dramatisch. Fremdling, sprach jener mit freundlicher Gebärde, habe Dank für den Dienst; den du mir



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geleistet hast; durch dich bin ich der langen Gefangenschaft nun ledig, die mich dreihundert Jahre in diese Mauern gekerkert hat, und zu welcher meine abgeschiedene Seele so lange einer Übeltat halber verdammt ward, bis ein Sterblicher das Vergeltungsrecht an mir üben und tun würde, was ich bei meinen Lebzeiten andern tat.

Wisse, daß hier ehemals ein frecher Übermütter wohnte, der sein Gespött mit Pfaffen und mit Laien trieb. Graf Hartmann hieß sein Name, war keines Menschen Freund, erkannte kein Gesetz und keinen Oberherrn, übte eitel Mutwillen und Schälkerei und schändete des Gastrechts Heiligkeit. Den Fremdling, der unter sein Dach einging, den Dürftigen, der ihn um eine milde Gabe bat, entließ er nie, ohne einen bösen Tück ihm zu beweisen. Ich war sein Schloßbarbier, trieb Liebedienerei und tat, was ihm gefiel. So manchen frommen Pilger, der vorüber ging, lockte ich mit Freundlichkeit ins Schloß, bereitete das Bad für ihn, und wenn er meinte; seiner wohl zu pflegen, schor ich ihn glatt und kahl und wies mit Hohn und Spott ihn guo der Tür. Da schauete Graf Hartmann aus dem Fenster und sah mit Lust, wie sich die Otternzucht der Knaben aus dem Flecken versammelt hatte, den Geschändeten zu höhnen, und über ihn, wie über den Propheten einst die freche Knabenrotte; Kahlkopf! Kahlkopf! schrie. des freute sich der Schadenfroh und lachte teuflisch darüber, daß er den Speckwanst hielt und ihm die Augen tränten.

Einst kam ein heiliger Mann aus fernen Landen, er trug gleich einem Büssenden ein schweres Kreuz auf seiner Schulter und hatte sich fünf Nägelmale an Händen, Füßen und der Seite aus Andacht eingenarbt; auf seinem Haupte stund ein Kranz von Haaren, gleich der Dornenkrone. Er sprach hier an, begehrte Wasser, seine Füße zu waschen, und einen Bissen Brot. flugs brachte ich ihn ins Bad, um ihn nach meiner Weise zu bedienen, und respektierte nicht die heilige Glatze, schor ihm die Krone rein vom Haupte weg. Da sprach der fromme Pilger einen schweren Bannfluch über mich: Verruchter, wisse; daß nach dem Tode der Himmel und die Hölle und des Fegefeuer eherne Pforte deiner armen Seele verschlossen ist. Sie soll als Plagegeist so lange in diesen Mauern tosen, bis ungefordert, ungeheißen ein Wanderer das Vergeltungsrecht an dir verüben wird.

Von Stund an wurde ich siech, das Mark in den Gebeinen vertrocknete; und ich verging gleich wie ein Schatten. Mein Geist verließ den abgezehrten Leichnam und blieb an diesem Ort gebannt; wie ihm vom heiligen Mann ward auferlegt. Vergebens harrte ich der Erlösung aus diesen qualvollen Fesseln, die mich noch an die Erde ketteten; denn du sollst wissen, daß, wenn die Seele von dem Körper scheidet, sie nach dem Ort der Ruhe verlangt; und diese heiße Sehnsucht macht ihr die Jahre zu Aonen, so lange sie in einem fremden Elemente schmachtet. Zu eigner Mal setzte ich das traurige Geschäft



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fort; das ich bei Leibesleben trieb. Ach, bald verödete mein Tosen dieses Haus! Nuc sparsam kam ein Pilger, hier zu übernachten. Ob ich gleich allen tat wie dir, so wollte keiner dennoch mich verstehen und mir wie du den Dienst erweisen, der meinen Geist aug dieser Sklaverei befreite. Hinfort wird sich kein Poltergeist in diesem Schloß mehr regen, ich gehe nun zur langgewünschten Ruhe ein. Nun, junger Fremdling, nochmals meinen Dank, daß du mich nun erlöset hast. Wäre ich der Hüter tiefverborgener Schätze, sie wären alle dein; doch Reichtum war im Leben nie mein Los, es liegt in diesem Schlosse auch kein Schatz vergraben. Höre aber guten Rat. Verweile hier, bio Bart und Haupthaar Kinn und Glatze wieder decken, dann ziehe heim in deine Vaterstadt und harre auf der Weserbrücke daselbst zur Zeit; wenn Tag und Nacht im Herbst sich gleichen, auf einen Freund, der dir begegnen wird, der wird dir sagen, was du tun sollst, daß dir's wohl ergehe auf Erden. Wenn aus dem güldnen Horn des Überflusses dir Segen und Gedeihen quillt, alsdann sei meiner eingedenk und lasse, so oft der Jahrestag wiederkehret; an welchem du mich des Verwünschungsfluches entbandest; zu meiner Seelenruhe mir jedesmal drei Messen lesen. —Nun fahre wohl, ich scheide jetzt davon.

Wit diesen Worten verschwand der Geist, nachdem er durch seine Geschwätzigkeit seine ehemalige Existenz als Hofbarbier im Schlosse Rummelsburg sattsam dokumentieret hatte, und ließ seinen Befreier voll Verwunderung über das seltsame Abenteuer. Er stund lange unbeweglich und war zweifel haft, ob sich die ganze Geschichte wirklich begeben oder ob ihn nur ein schwerer Traum getäuscht habe, allein sein kahl geschorener Kopf überzeugte ihn bald von der Wahrheit der Begebenheit. Er legte sich darauf zur Ruhe und schlief auf das überstandene Schrecken bis in die Mittagsstunde. Der betrügliche Wirt hatte schon von frühem Morgen an gelauert, wenn der Wanderer mit der Glatze zum Vorschein kommen würde, um ihn mit heimlichem Hohngelächter unter dem Anschein der Verwunderung über das nächtliche Abenteuer, zu empfangen. Da dieser aber zu lange zögerte und schon der Mittag herannahete, wurde ihm die Sache bedenklich, und er fing an zu fürchten, das Gespenst möchte etwas unsanft mit dem fremden Gaste gefahren sein, ihn erdrosselt oder in so übermäßige Furcht versetzt haben, daß er vor Entsetzen gestorben sei; und seine mutwillige Rache so weit zu treiben, war gleichwohl seine Absicht nicht. Er schellete dem Gesinde, lief mit Knecht und Magd in aller Eile auf die Burg und kam vor das Zimmer, in welchem er des Abends Licht bemerkt hatte. Er fand einen unbekannten Schlüssel an der Tür, aber diese war von innen verriegelt; denn nach der Verschwindung des Geistes hatte Franz sie wieder verwahret. Er pochte mit ängstlicher Heftigkeit an, daß die heiligen Siebenschläfer von dem Getöse würden aufgewacht sein. Franz wurde munter und meinte in der ersten Bestürzung, der Geist stünde



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wieder vor der Tür und habe ihm einen nochmaligen Besuch zugedacht. Da er aber des Wirts Stimme vernahm, der nichts mehr verlangte, als daß sein Gast ein Zeichen des Lebens von sich geben sollte, raffte er sich auf und öffnete das Gemach.

Mit scheinbarem Entsetzen sprach der Wirt, indem er die Hände zusammenschlug: Bei Gott und allen Heiligen! Oer Rotmantel ist hier gewesen (unter diesem Namen war das Gespenst den Einwohnern bekannt) und hat Euch zum Kahlkopf geschoren, nun ist's vor Augen, daß die alte Sage kein Märchen ist. Aber berichtet mich, wie sah der Poltergeist guo, was hat er geredet und wie hat er getan? Franz, der den Frager vollkommen ausgemerkt
hatte, antwortete: Der Geist glich einem Mann in einem roten Mantel, wie er getan hat, ist Euch nicht verborgen, und was er sprach, des bin ich wohl eingedenk. Fremdling, sprach er, trau keinem Wirte, der den Schalk im Schilde führt; was dir begegnen sollte, war ihm wohl bewußt. Gehab dich wohl, ich ziehe fort aus diesem alten Aufenthalte, denn meine Zeit ist aus. Hinfort wird hier kein Poltergeist mehr spuken, ich werde nun zum stillen Alp, will baß den Gastwirt plagen, ihn kneipen, zwicken, drücken, wofern er seine Schuld nicht büßt, dir Dach und Fach und freie Zehrung gibt, bis um dein Haupt sich wieder braune Locken krümmen.

Der Wirt erbebte bei diesen Worten, schlug ein großes Kreuz vor sich und gelobte bei der heiligen Jungfrau dem Abenteurer freie Zeche, so lange er bei ihm verharren wollte, führte ihn in sein Haus und bediente ihn aufs beste. Es fehlte wenig, daß der Fremdling nicht in den Ruf eines Geisterbanners kam, da sich das Gespenst von nun an nicht mehr sehen ließ. Er



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übernachtete oft in der alten Burg, und ein Wagehals aus dem Orte hatte den Mut, ihm Gesellschaft zu leisten, ohne daß er zum Kahlkopf geschoren wurde. Da der Gutsherr erfuhr, daß der fürchterliche Notmantel nicht mehr in Rummeloburg spuke, ward er darüber sehr froh und erteilte Befehl, des Fremdlings wohl zu pflegen, der ihn seiner Meinung nach weggebannt habe.

Um die Zeit; als sich der Wein färbte und der herannahende Herbst die Apfel an den Bäumen rötete, kräuselten sich die braunen Locken wieder, der Wanderer schnürte sein Reisebündel, seine Sinnen und Gedanken waren auf die Weserbrücke gerichtet, um den Freund aufzusuchen, der ihm nach der Verheißung des nächtlichen Barbiers Anweisung geben sollte, wie er sein Glück machen könnte. Indem er sich vom Wirt verabschiedete, zog dieser ein Pferd mit Sattel und Zeug aus dem Stalle, womit der Gutsherr aus Dankbarkeit beschenkte, daß er sein Schloß wieder wohnbar gemacht hätte; auch ließ er ihm einen nachhaltigen Zehrpfennig reichen, und so kam Franz flink und wohlgemut in seine Vaterstadt wieder angeritten, wie er vor Jahresfrist daraus gezogen war. Er suchte sein altes Quartier im engen Gäßchen auf, hielt sich aber gar still und eingezogen und forschte nur unter der Hand, wie's mit der schönen Meta stünde, ob sie noch lebe und unvermählt sei. Auf diese Frage erhielt er eine befriedigende Antwort und begnügte sich vor der Hand daran; denn er wagte es nicht ehe sein Schicksal entschieden wäre, ihr unter die Augen zu treten oder seine Ankunft in Bremen ihr vermerken zu lassen.

Mit heißer Sehnsucht erwartete er die Tag- und Nachtgleiche, seine Ungeduld machte ihm bis dahin jeden Tag zu einem Jahre. Endlich erschien der langgewünschte Termin. Die Nacht vorher konnte er vor Erwartung der Dinge, die da kommen sollten, kein Auge zutun; das Blut wallte und pochte in den Adern wie im Schlosse Rummeloburg, er des Besuchs von einem Poltergeiste sich versah. Um den unbekannten Freund nicht zu verfehlen, stand er schon vor Tagesanbruch auf und begab sich in der ersten Morgendämmerung auf die Weserbrücke, die noch leer und ledig von Passanten war. Er ging verschiedene Male einsam darauf hin und wider, mit einem Vorgefühl freudiger Ahndung, das den eigentlichen Genuß aller irdischen Glückseligkeit in sich faßt, denn nicht die erreichten Wünsche, sondern die unbezweifelte Hoffnung, sie zu erreichen, gewähret dem menschlichen Geiste das volle Maß des höchsten und innigsten Vergnügens. Er machte eine Menge Entwürfe, er sich im Besitz seines zu erwartenden Glückes bei der geliebten Meta produzieren wollte; ob es ratsamer sei, sich ihr in vollem Glanze zu zeigen oder nur im ersten Schimmer des Morgenlichtes guo seiner bisherigen Dunkelheit hervor zu gehen und sie nach und nach die glückliche Veränderung seiner Lage wahrnehmen zu lassen. Die Neugierde tat bei dieser Gelegenheit tausend Fragen an den Verstand: Wer mag der



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Freund sein, der mir auf der Weserbrücke begegnen soll? Ob's wohl einer meiner alten Bekannten ist, bei denen ich seit meinem Verfall ganz vergessen bin? Wie wird er mir den Weg zum Glücke bahnen? Und wird dieser Weg kurz oder lang, bequem oder mühsam sein? Auf alles das wußte der Verstand, seines Sinnens und Spekulierens ungeachtet; keine Antwort.

Nach Verlauf einer Stunde fing's an, auf der Brücke lebhaft zu werden, wurde darüber geritten, gefahren und gegangen, auch viel Kaufmannsgut hin und her gebracht. Die gewöhnliche Tagwache von Bettlern und preßhaften Personen besetzte nach und nach diesen zu ihrem Gewerbe wohlgelegenen Posten, um die Wohltätigkeit der Vorübergehenden in Kontribution zu setzen; an Armenanstalten und Arbeitshäuser hatte die weise Polizei damals noch nicht gedacht. Der erste von der zerfetzten Kohorte, der den jovialischen Spaziergänger, welchem frohe Hoffnung aus den Augen lachte, um eine milde Gabe ansprach, war ein verabschiedeter Kriegsmann, oer mit dem militärischen Ehrenzeichen eines hölzernen Stelzfußes versehen war, das ihm, als er weiland für's Vaterland focht, zum Lohn seiner Tapferkeit verliehen wurde mit der Gerechtsame, zu betteln, wo er wollte, uno der nun als Physiognomist das Studium der Menschenkunde auf der Weserbrücke mit so gutem Erfolg trieb, daß er selten eine Fehlbitte um ein Almosen tat. Auch diesmal irrte sich sein Beschauungbblick keineswegs, indem ihm Franz in der Freudigkeit seines Herzens einen blanken Engelgroschen *) in den Hut warf.

Zur Zeit der ersten Morgenstunden, wo nur der arbeitsame Handwerker tätig ist, der vornehmere Städter aber noch der trägen Ruhe pfleget erwartete er die Erscheinung des verheißenen Freundes eigentlich noch nicht; er suchte ihn nicht in den niedrigsten Volksklassen und nahm daher von den Passanten nur wenig Notiz. Um die Stunde der Gerichtozeit aber, als die Proceres von Bremen in stattlichen Amtskleidern zu Rate fuhren, und um die Börsenzeit war er ganz Auge und Ohr, spähete die Kommenden von ferne, und wenn ein rechtlicher Wann über die Brücke kam, geriet sein Blut in Bewegung, und er vermeinte an ihm den Schöpfer seines Glückes zu finden. Es verging indessen eine Stunde nach der andern, die Sonne rückte hoch herauf, bald machte die Mittagszeit einen Stillstand in den Geschäften, das Getümmel verlor sich, und der erwartete Freund zögerte noch immer mit seiner Ankunft. Franz promenierte jetzt ganz allein die Brücke auf und nieder; hatte keine andere Gesellschaft neben sich als die Bettler; die sich ihre kalte Küche servierten, ohne den Platz zu verlassen. Er trug ebenfalls Bedenken, dieses zu tun, und weil er nicht mit Lebensmitteln versehen war; kaufte er einiges Obst und nahm sein Mittagsmahl ambulando ein.

*) Eine Münze, die im Erzgebirge ausgeprägt wurde, aber überall im deutschen Reiche Kurs hatte, an Wert ungefähr vier Groschen.



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Dem ganzen Klub, der auf der Weserbrücke tafelte, fiel der junge Mann auf, der vom frühen Morgen an bis an den Mittag hier gelauert hatte, ohne mit jemand unterredung zu pflegen oder ein Geschäft auszurichten. Sic
hielten ihn für einen Müßiggänger, und ungeachtet sie alle seine Mildtätigkeit erfahren hatten, entging er ihrem Spotte doch nicht; sie nannten ihn scherzweise den Brückenvogt. Der Physiognomist mit dem Stelzfuße aber



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bemerkte; daß seine Miene nicht mehr so heiter war als in der Morgenstunde, er schien einer Sache ernstlich nachzudenken, hatte den Hut tief ins Gesichte gedrückt; seine Bewegung war langsam und bedächtlich, er nagte lange Zeit an einem Apfelkröbse, ohne daß er dieses selbst zu wissen schien. Aus dieser Beobachtung vermeinte der Menschenspäher Vorteil zu ziehen, darum setzte er sein natürliches und sein hölzernes Bein in Bewegung, begab sich an das andere Ende der Brücke und lauerte dem Denker auf; um unter dem Anscheine eines neuen Ankömmlings ihn nochmals um eine Beisteuer anzugehen, und dieser Fund gelang ihm aufs beste. Der tiefsinnige Philosoph richtete keine Aufmerksamkeit auf den Bettler, griff mechanisch in die Tasche und warf ihm ein Sechsgrotstück in den Hut, um seiner los zu werden.

Nach der Mittagszeit kamen wieder tausend neue Gesichter zum Vorschein, der Harrende war nun des Verzugs seines unbekannten Freundes müde, demungeachtet hielt die Hoffnung noch immer seine Aufmerksamkeit gespannt; er trat jedem Vorübergehenden unter die Augen, hoffte, daß ihn einer freundschaftlich umarmen sollte, aber alle gingen kaltsinnig ihres Weges, die mehrsten bemerkten ihn gar nicht, und wenige erwiderten seinen Gruß mit einem Keinen Kopfnicken. Die Sonne neigte sich bereits zum Untergange, die Schatten wurden länger, die Frequenz auf der Brücke nahm ab, und das Bettlerpiket zog nach und nach heim in seine Kasernen auf der Mattenburg. Eine tiefe Schwermut überfiel den Hoffnungolosen, da er seine Erwartung getäuscht und die herrliche Aussicht, die er des Morgens vor Augen hatte, am Abend nun verschwinden sah. Er geriet in eine Art mißmutiger Verzweiflung, war nahe dabei, über Bord zu springen und sich von der Brücke herab in die Weser stürzen. Aber ein Gedanke an Meta hielt ihn zurück und bewog ihn, dieses Vorhaben so lange aufzuschieben, bio er sie noch einmal gesehen hätte; er beschloß, den folgenden Tag sie zu belauschen, wenn sie gehen würde; Messe zu hören, zum letztenmal anz ihrem reizenden Anblick Wonne zu trinken und dann flugs die heiße Liebe in dem kalten Weserstrom auf ewig abzukühlen.

Indem er sich anschickte, die Brücke zu verlassen, begegnete ihm der verabschiedete Lanzknecht mit dem Stelzfuß, der mancherlei Spekulationen zum Zeitvertreib gemacht hatte, was des jungen Mannes Intent sei, daß er vom frühen Morgen bis zum Abend die Brücke bewacht hätte. Er hatte um seinetwillen länger als gewöhnlich verzogen, um ihn auszuharren. Weil er's ihm aber zu lange machte, reizte ihn die Neugierde, sich an ihn selbst zu wenden und ihn darum zu befragen. Nichts vor ungut, lieber Herr, redete er ihn an, vergönnt mir eine Frage. Franz, der eben nicht bei gesprächiger Laune war und die Ansprache, die er von einem Freunde so sehnlich erwartet hatte, nun aus dem Munde eines Krüppels vernahm, antwortete etwas mürrisch: Nun, was ist's? Alter Graubart, redel Wir zwei beide, fuhr jener



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fort, sind heute die ersten auf dieser Brücke gewesen und sind nun auch die letzten. Wao mich und andere meines Gelichters betrifft, uns führt der Beruf hierher; Almosen einzusammeln; aber Ihr seid doch warlich nicht von unserer Gilde und habt gleichwohl hier den ganzen Tag gelauert. Lieber, sagt mir, wenn's kein Geheimnis ist, welche Ursache bringt Euch hierher, oder welcher Stein liegt Euch auf dem Herzen, den Ihr hier abwälzen wolltet? Was kann's frommen, Alter sprach Franz launisch, ob du weißt, wo mich der Schuh drückt oder welch Anliegen ich auf dem Herzen habe, dich wird's wenig kümmern. —Herr, ich will Euch wohl, darum, daß Ihr Eure Hand gegen mich aufgetan und mir zweimal Almosen gegeben habt; das Euch Gott belohne! Aber Euer Angesicht war am Abend nicht so heiter wie am Morgen, und das frißt mir's Herz. — Diese gutmütige Teilnehmung des alten Kiegsknechtes gefiel dem Misanthropen, daß er nun das Gespräch gern unterhielt. EI nun, antwortete er, wenn dir daran gelegen ist, zu erfahren, warum ich mich hier die Langeweile habe plagen lassen, so wisse, daß ich einen Freund suchte, der mich hieher beschied und nun vergeblich auf sich warten läßt. Mit Verlaub, entgegnete der Stelzfuß, daß ich frei reden mag, Euer Freund, sei er auch, wer er sei, ist ein Schurke, daß er Euch so am Narrenseile führt. Tät er mir das, so sollte er wahrlich meine Krücken fühlen, wo er mir unter die Augen träte. War er verhindert; Wort zu halten; sollte er es kund tun und Euch nicht wie einen Knaben äffen. Ich kann entschuldigte Franz, sein Ausbleiben gleichwohl nicht verargen, er hat mir nichts versprochen; es war nur ein Traum, der mir verhieß, hier meinen Freund zu treffen. — Die Gespenstergeschichte war ihm zu erzählen zu weitläuftig, darum hüllte er sie in einen Traum. — Das ist ein anderes, sprach der Alte, wenn Ihr auf Träume baut, so wundert's mich nicht, daß Euch Eure Hoffnung betrügt. Mich hat in meinem Leben viel tolles Zeug geträumt, aber ich bin nie ein solcher Tor gewesen, darauf zu achten. Hätte ich alle die Schätze, die mir im Traume sind beschert gewesen, die Stadt Bremen wollte ich damit kaufen, wo sie feil geboten würde. Aber ich habe nie an Träume geglaubt, auch weder Hand noch Fuß geregt; ihren Wert oder Unwert zu prüfen, ich wußte wohl, daß vergebene Mühe damit sei. Hal Ich muß Euch ins Gesicht lachen, daß Ihr um eines leeren Traumes willen einen schönen Lebenstag verschleudert, den Ihr bei einem fröhlichen Gelag besser zugebracht hättet. — Der Erfolg beweist, daß du recht hast Alter und daß Träume öfters trügen. Aber, verteidigte sich Franz, ich träumte so lebhaft und umständlich vor länger als drei Monden, daß ich an eben diesem Tage und an diesem Orte einen Freund antreffen sollte, der mir Dinge von großer Wichtigkeit zu sagen habe, daß es wohl der Mühe lohnte, zu erfahren, ob der Traum zutreffen würde. —D, versetzte der Stelzfuß, niemand träumt lebhafter als ich! Einen Traum vergeß ich doch in



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meinem Leben nicht. Träumte mich, weiß nicht vor wie viel Jahren, mein Schutzengel stünde an meinem Bette in Gestalt eines Jünglings mit goldgelockten Haaren und zwei silberfarbenen Fittichen auf dem Rücken und sprach zu mir: Berthold, vernimm die Worte meiner Rede, daß keins verloren gehe aus deinem Herzen. Es ist dir ein Schatz beschieden, den du heben sollst, um dir davon gütlich zu tun die übrige Zeit deines Lebens. Morgen abend, wenn die Sonne zum Untergang sich neiget, nimm Schippe und Spaten auf deine Schulter, gehe aus von der Mattenburg über die Tieber; rechter Hand nach der Balgenbrücke; an dem Johanniskloster hin bis zum großen Roland. Dann nimm deinen Weg über den Domhof durch den Schlüsselkorb, daß du gelangest außer oer Stadt an einen Garten, der das Merkzeichen hat; daß eine Steige von vier steinernen Stufen von der Straße hinunter zu dessen Eingang fähret. Harre hier abseits im Verborgenen, bio die Mondsichel dir leuchtet, dann stemme dich mit Manneskraft gegen die leicht verwahrte Tür, die dir nur schwach widerstehen wird. Tritt getrost ein in den Garten und wende dich nach dem Traubengeländer das den Bogengang beschattet, hinter demselben linker Hand überragt ein hoher Apfelbaum das niedrige Gebüsch tritt an den Stamm dieses Baumes, das Angesicht gerade gegen den Mond gekehrt, schaue drei Ellen breit vor dich auf die Erde; so wirst du zwei Zimtrosensträuche erblicken, dort schlage ein und grabe drei Spannen tief, bis du eine steinerne Platte findest; darunter liegt der Schatz begraben in einer eisernen Truhe voll Gold unb Geldeswert. Ob sie wohl schwer und unbehülflich ist; so scheue doch die Arbeit nicht sie aus der Gruft zu heben, sie wird deiner Mühe wohl lohnen, wenn du den Schlüssel suchest, der unter der Truhe verwahrt ist.

Vor Verwunderung starrte und staunte Franz den Träumer an über das, was er hörte, und würde seine Verwirrung nicht haben verbergen können, wo nicht die nächtliche Dämmerung ihm zustatten gekommen wäre. Er erkannte aus allen angegebenen Merkzeichen seinen eignen vom Vater ererbten Garten, der des guten Mannes Steckenpferd bei seinem Lebm gewesen war, um deswillen aber dem Sohne nicht behagte, vermöge der Erfahrungsregel, daß selten Vater und Sohn in einer Lieblingsneigung, wenn sie kein Laster ist, sympathisieren; denn im letztem Fall fällt der Apfel, wie man spricht, selten weit vom Stamme. Vater Melchior hatte den Garten ganz in seinem eignen Geschmacke angelegt, so bunt und seltsam wie sein Urenkelssohn, der sein Elysium durch eine originelle Beschreibung verewigt hat *). Er hatte zwar keine gemalte Menagerie darin zur Schau ausgestellt, aber er unterhielt gleichwohl eine sehr zahlreiche daselbst von springenden Rossen, geflügelten Löwen, Adlern, Greifen, Einhörnern und andern Wundertieren,

*) In Hirschfelds Gartenkalender vom Jahr 1783, auf der 126. S. u. f.



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allesamt von reinem Gold geprägt; die er aber für jedermanns Augen sorgfältig verhehlte und unter die Erde verbarg. Dieses väterliche Tempe hatte der verschwenderische Sohn zur Zeit seiner Wildfangsepoche um ein Spottgeld verschleudert.

Jetzt wurde ihm der Stelzfuß auf einmal höchst interessant, da er merkte, daß eben dieser der Freund war, an den ihn das Nachtgespenst im Schlosse Rummelsburg adressiert hatte. Gern hätte er ihn umarmen und im ersten Entzücken Freund und Vater nennen mögen, doch hielt er sich zurück und fand ratsamer, sich gegen ihn über die mitgeteilte Nachricht nicht weiter auszulassen. Darum sprach er: Das ich mir einen umständlichen Traum sein! Aber; Alter, was tatest du am Morgen beim Erwachen? Befolgtest du nicht, wozu der Schutzengel dich anmahnte? EI, wie sollte ich, antwortete der Träumer, vergebene Arbeit tun? Es ja nichts als ein leidiger Traum. Wenn mir mein Schutzengel erscheinen wollte, so habe ich der schlaflosen Nächte in meinem Leben gar viele gehabt, wo er mich wachend hätte finden können; aber er hat sich wohl nie sehr um mich bekümmert, sonst würde ich nicht zu seiner Schande auf diesem Stelzfuß hinken. Franz zog sein letztes Silberstück hervor das er bei sich trug. Nimm, sprach er, alter Vater; diese Gabe noch von mir zu einem Schoppen Wein für den Abendtrunk, dein Gespräch hat meine üble Laune verscheucht. Verabsäume nicht; dich fleißig auf dieser Brücke einzufinden, wir sprechen, hoffe ich, uno hier wieder. Der lahme Greis hatte seit langer Zeit kein so reiches Almosen eingeerntet als an diesem Tag, er segnete dafür seinen Wohltäter; krückte sich in ein Wirtshaus und tat sich eine Güte; Franz aber eilte, von neuer Hoffnung belebt, seiner Wohnung im engen Gäßchen zu.

Am folgenden Tage setzte er alles in Bereitschaft was zum Schatzgraben erforderlich ist. Die außerwesentlichen Requisita, Beschwörungsformeln, Zaubersegen, Zaubergürtel, hieroglyphische Charaktere und dergleichen mangelten ihm gänzlich; sie sind aber auch entbehrlich, wenn nur die drei Haupterfordernisse nicht fehlen, Schippe, Spaten und vor allen Dingen der Schatz unter der Erde. Das nötige Arbeitszeug schaffte er kurz vor Sonnenuntergang an Ort und Stelle und verbarg es einsweils in eine Hecke; was aber den Schatz selbst betraf, so hatte er den festen Glauben, daß der Geist im Schlosse und der Freund auf der Brücke an ihm nicht würden zu Lügnern werden. Mit sehnlichem Verlangen erwartete er nun den Aufgang des Mondes, und als dieser seine Silberhörner durchs Gebüsch streckte, begab er sich frisch an die Arbeit, beobachtete alles genau, was ihm der alte Invalid gelehrt hatte, und hob den Schatz glücklich, ohne ein Abenteuer dabei zu bestehen, ohne daß ihn ein schwarzer Hund erschreckt oder ein blaues Flämmlein dazu geleuchtet hätte.

Vater Melchior, der aus weiser Vorsicht diesen Notpfennig hier ver



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grub, batte keineswegs die Absicht; seinem Sohne diesen beträchtlichen Teil der Erbschaft zu entziehen, der Verstoß lag nur darin, daß Freund Hein auf eine andere Manier den Erblasser aus der Welt geleitete, als dieser ver mutet hatte. Er war gänzlich überzeugt, daß er alt und lebenssatt, mit allen Formalitäten eines ordentlichen Krankenlagers, das Zeitliche gesegnen würde, wie ihm in der Jugend war prophezeit worden. Da wollte er nun, wenn er nach Kirchengebrauch die letzte Ölung empfangen hätte, seinen geliebten Sohn ans Sterbebette zu sich rufen, nachdem er alle Umstehenden zuvor entlassen hätte, ihm den väterlichen Segen erteilen und zum Valet den im Garten vergrabenen Schatz nachweisen. Es wäre auch alles in seiner Ordnung gegangen, wenn das Lebenslicht des guten Alten ausgelöscht wäre wie ein brennender Docht, dem es an Öl gebricht; da es aber der Tod hinterlistigerweise auf einem Gastmahl ausputzte, so nahm er wider Willen sein Mammonsgeheimnis mit ins Grab, und es waren beinahe so viel glückliche Konkurrenzen erforderlich, ehe das verscharrte Patrimonium an den rechten Erben kam, als wenn es durch die Hand der Gerechtigkeit an die Behörde wäre befördert worden.

Mit unermeßlicher Freude nahm er die unförmlichen spanischen Matten in Empfang, die der eiserne Kasten nebst einer großen Anzahl anderer Sorten von feinerm Gepräge getreulich verwahrt hatte. Nachdem der Taumel der ersten Wonnetrunkenheit etwas verraucht war, überlegte er, wie der Schah unbemerkt und sicher ino enge Gäßchen zu transportieren sein möchte. Die Bürde war zu schwer; sie ohne Gehülfen fortzubringen, daher wachten mit dem Besitz des Reichtums auch alle damit verknüpften Sorgen auf. Der nene Krösus wußte sich nicht anders zu raten, als sein Kapital einem hohlen Baume, der hinterm Garten auf einer Wiese stund, auf Treu und Glauben anzuvertrauen; den ausgeleerten Kasten vergrub er wieder in das Rosengebüsch und ebnete den Platz, so gut er konnte. In Zeit von drei Tagen war der Schatz aus dem hohlen Baume wohlbehalten ins enge Gäßchen eingelotset, und nun glaubte der Inhaber mit Ehren sein strenges Inkognito ablegen zu können. Er kleidete sich aufs beste, ließ die Vorbitte in der .Kirche abstellen und begehrte dagegen eine christliche Danksagung für einen Rei



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senden bei der Wiederkehr in seine Vaterstadt nach glücklicher Ausrichtung seiner Geschäfte. Er verbarg sich in der Kirche in einen Winkel, wo er unbemerkt die schöne Meta beobachten konnte, verwendete von ihr kein Auge und trank aus ihrem Anblick alles das Entzücken, dessen Vorempfindung ihn von dem Hallorensprunge von der Weserbrücke zurückhielt. Wie's an die Danksagung kam, blickte frohe Teilnehmung aus allen ihren Gesichtszügen, und die jungfräulichen Wangen glüheten vor Freude. Die gewöhnliche Begegnung auf dem Heimwege war so sprechend, daß sie auch dem dritten Wann, der darauf gemerkt hätte, wäre verständlich gewesen.

Franz erschien nun wieder auf der Börse, fing ein Gewerbe an, das in wenig Wochen schon ins Große ging, und da sein Wohlstand täglich mehr in die Augen fiel, urteilte Freund Neidhard, der Lästerzüngler; er müsse bei Einkassierung der alten Schulden mehr Glück als Verstand gehabt haben. Er mietete ein großes Haus dem Roland gegenüber auf dem Markte, nahm Buchhalter und Handelsdiener an und trieb seine Geschäfte unverdrossen.

Da handhabte das leidige Völklein der Schmarotzer wieder fleißig die Klingel an der Tür, kamen zu Haufen und erdrückten ihn schier mit Freundschafts



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versicherungen und Glückwünschen zu erneuertem Wohlergehen, vermeinten ihn wieder mit ihren räuberischen Klauen zu erfassen. Aber er war durch Erfahrung klug geworden, bezahlte sie mit ihrer eigenen Münze, speiste ihre falsche Freundlichkeit mit glatten Worten ab und ließ sie mit leerem Magen abziehen, welches souveräne Mittel das lästige Geschmeiß der Gutschmecker und Schranzen zu vertreiben die beabsichtigte Wirkung tat; daß sie wegblieben.

In Bremen war der neu emporschwebende Franz das Märchen des Tages, die Fortune, die er auf eine unbegreifliche Art in der Fremde, wie man glaubte, gemacht hatte, war der Inhalt aller Gespräche auf Ehrengelagen, vor den Gerichtsschranken und auf der Börse. Doch in dem Maße, wie der Ruf von seinem Glück und Wohlstand wuchs, nahm die Zufriedenheit und Gemütsruhe der schönen Meta ab. Der Freund in getto war ihrer Meinung nach Setzt wohl dazu qualifiziert ein lautes Wort zu sprechen. Demungeachtet blieb seine Liebe noch immer stumm, und außer der Begegnung auf dem Kirchwege ließ er nichts von sich hören. Selbst diese Art von Aufwartung wurde sparsamer, und dergleichen Adspekten deuteten nicht auf warme, sondern auf kalte Witterung in der Liebe. Die traurige Harpyie Eeläno Eifersucht umflatterte zur Nachtzeit ihr Kämmerlein und girrte, wenn der goldene Schlaf ihr kaum die blauen Augen zugedrückt hatte, manche hange Ahndung der Erwachenden ins Ohr. "Laß die süße Hoffnung schwinden, einen Unbeständigen zu fesseln, der als ein leichter Ball von jedem Winde umgetrieben wird. Er liebte dich und war dir treu, so lange sein Glück dem deinigen die Wage hielt, nur gleich und gleich gesellt sich. Jetzt hebt ein günstiger Los den Wankelmütigen weit über dich empor. Ach! Nun verschmähet er die reinsten Triebe im dürftigen Gewand, da Prunk und Pracht und Reichtum wieder um ihn braust, und buhlt wer weiß um welche stolze Schöne, die ihn verstieß, als er im Staube lag, und mit Sirenenruf nun wieder zu sich lockt. Vielleicht hat ihn des Schmeichlers Stimme von dir abgewendet; der zu ihm mit verführerischen Worten sprach: Dir blüht der Garten Gottes in deiner Vaterstadt; Freund, du hast jetzt die Wahl von allen Mädchen, drum wähle mit Verstand, nicht mit den Augen nur. Es gibt der Mädchen viel und viel der Väter, die heimlich auf dich lauern; dir weigert keiner seine Lieblingstochter. Nimm Glück und Ehre mit der Schönsten, auch Sippschaft und Vermögen hin. Die Ratsherrnwürde kann dir nicht entgehen, wo der Gefreundschaft Stimme viel in der Stadt vermag.

Diese Eingebungen der Eifersucht beunruhigten und quälten ihr Herz unablässig, sic musterte ihre schönen Zeitgenossinnen in Bremen durch und maß den großen Abstand so vieler glänzenden Partien gegen sich und ihre Verhältnisse, und da fiel das Resultat nicht für sie günstig aus. Die erste Nachricht von der Glücksveränderung ihres Geliebten hatte sie im geheim



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entzückt, nicht in der eigennützigen Absicht, Teilhaberin eines großen Vermögens zu werden, sondern um der guten Mutter Freude zu machen, die auf alles Erdenglück Verzicht getan, nachdem die Heirat mit dem Nachbar Hopfenkönig sich zerschlagen hatte. Jetzt wünschte Meta, der Himmel möchte die kirchliche Vorbitte nicht erhört und den Verrichtungen des Reisenden keinen so glücklichen Erfolg verliehen, sondern ihn vielmehr bei Salz und Brot erhalten haben, welches er gern mit ihr teilen würde. Die schöne Hälfte der Menschheit ist ganz und gar nicht geschickt, ein geheimes Anliegen zu verhehlen; Mutter Brigitta merkte bald den Trübsinn ihrer Tochter und erriet auch, ohne eben eines Scharfblicks dazu benötigt zu sein, dessen Grund und Ursache vollkommen. Das Gerücht von dem wieder aufgegangenen Glücksstern ihres ehemaligen Flachsspediteurs, der jetzt als ein Muster eines ordentlichen, verständigen und tätigen Handelsmannes gepriesen wurde, war ihr ebensowenig als die Gesinnung der holden Meta gegen ihn verborgen, und sie urteilte, wenn es mit seiner Liebe auf Ernst gemeint sei, so wär's unnötig, so lange zu zaudern, ohne sich deutlich zu erklären. Doch zu Schonung ihrer Tochter erwähnte sie nie etwas davon, bis dieser endlich das Herz so voll war, daß sie die gute Mutter zur Vertrauten ihres Kummers machte und ihr die wahre Ursache desselben offenbarte. Die kluge Frau erfuhr dadurch wenig mehr, als sie bereits schon wußte. Aber dieses freie Geständnis gab Gelegenheit daß sich Mutter und Tochter gegeneinander über diese Herzensangelegenheit expektorierten. Jene machte dieser diesfalls keine Vorwürfe weiter, sie glaubte, zu geschehenen Dingen müsse man das Beste reden; sie wendete vielmehr alle ihre Beredsamkeit an, die Niedergeschlagene zu trösten und anzumahnen, fehlgeschlagene Hoffnung mit standhaftem Mut zu ertragen.

In dieser Absicht buchstabierte sie ihr das sehr vernünftige moralische Abc vor. Kind, du hast a gesagt, sprach sie, nun mußt du auch b sagen; du hast dein Glück verschmäht, da es dich suchte, nun mußt du dich auch drein ergeben, wenn es dir nicht wieder begegnet. Die Erfahrung hat mich gelehrt, daß die zuversichtlichste Hoffnung am ersten trügt. Darum folge meinem Beispiele, entsage der schönen Gleisnerin, so wird sie deine Zufriedenheit nicht stören. Rechne nicht auf eine Verbesserung deines Schicksals, so wirst du dich mit deinem Zustande begnügen. Ehre die Spindel, die dich nährt was kümmern dich Glück und Reichtum, wenn du ihrer entraten kannst? Auf diese herzige Oration folgte eine rauschende Symphonie der Schnappweife und des Spinnrades, um die durch das Gespräch verlorne Zeit wieder beizubringen. Mutter Brigitta philosophierte in der Tat aus dem Herzen heraus; sie hatte den Plan ihres Lebens, nachdem sich die Anlage zu Wiederherstellung ihres ehemaligen Wohlstandes verschoben hatte, so vereinfacht, daß das Schicksal darin nichts mehr verwirren konnte; aber Meta



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war noch weit von diesem philosophischen Ruhepunkte entfernt. Daher wirkten diese Lehre, Vermahnung und Trost ganz anders, als sie gemeint waren; die gewissenhafte Tochter betrachtete sich jetzt als die Zerstörerin der süßen mütterlichen Hoffnung und machte sich tausend Vorwürfe deswegen. Ob sie gleich den mütterlichen Heiratsplan nie adoptieret und nur auf Salz und Brot in der zukünftigen Ehe gerechnet hatte, so waren ihre Küchenprojekte, nachdem sie von der wieder aufblühenden Handlung und dem Reichtum ihres Herzgespiels Kundschaft erhalten hatte, schon auf sechs Schüsseln gestiegen, und es war für sie ein entzückender Gedanke, durch ihre Wahl den Wunsch der guten Mutter dennoch zu realisieren und sie wieder in den ehemaligen Wohlstand versetzt zu sehen.

Dieser schöne Traum verschwand nun allgemach, da Franz nichts mehr von sich hören ließ, dazu kam noch eine Sage, die in der ganzen Stadt umlief er lasse sein Haus zu seiner bevorstehenden Vermählung mit einer reichen Antwerperin aufs herrlichste ausschmücken, und die Braut sei schon im Anzuge . Diese Hiobspost brachte das liebevolle Mädchen ganz aus der Fassung; sie sprach von Stund andern Abtrünnigen das Verbannungsurteil aus ihrem Herzen, gelobte sich, nicht mehr an ihn zu denken, und netzte dabei den ausgezogenen Faden mit Tränen. In einer der schwermuthsvollen Stunden, wo sie dies Gelübde brach und wider Willen an den Treulosen dachte, — denn sie hatte eben einen angelegten Rocken abgesponnen, und von der Mutter war ihr ehemals ein Sprüchlein gelehrt, zu Fleiß und Arbeit sie zu ermuntern, das lautete:

Spinn, Töchterlein, spinn,
Der Freier sitzt drin! —

an dieses Sprüchlein dachte sie, so oft sie einen Rocken aufgesponnen hatte, und dabei mußte ihr notwendig der Wankelmütige einfallen — in einer solchen schwermutsvollen Stunde pochte ein Finger gar zierlich an die Tür. Mutter Brigitta sah hinaus, da stund der Freier davor. —Und wer war's? — Wer anders als Freund Franz aus dem engen Gäßchen? Er hatte sich mit einem prächtigen Feierkleide herausgeputzt, und seine wohlgekämmten lichtbraunen Locken dufteten Wohlgeruch. Dieser stattliche Aufzug ominierte allerdings eine andere Absicht als ein Flachsnegoz; Mutter Brigitta bestürzte; sie wollte reden, aber die Worte versagten ihr. Meta erhob sich beklommen



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vom Sessel, glühete wie eine Purpurrose und schwieg. Franz aber war der Sprache mächtig, legte dem zärtlichen Adagio, das er ihr ehemals vorlauteniert hatte, nun einen schicklichen Tert unter und erklärte ihr seine stumme Liebe mit deutlichen Worten. Hierauf tat er um sie bei der Mutter feierliche Anwerbung und legitimierte sich dadurch, daß die Zubereitungen in seinem Saus zum Empfange einer Braut auf die reizvolle Meta wären gemeinet gewesen.

Die umständliche Frau wollte, nachdem sie ihre Sensationen wieder ins Gleichgewicht gestellt hatte, den Antrag nach Gewohnheit in achttägige Überlegung ziehen, ob ihr gleich die Freudentränen über die Wangen rollten, die auf kein Hindernis ihrerseits, sondern vielmehr auf beifällige Resolution deuteten. Franz war aber so dringend in seinem Gewerbe, daß sie zwischen dem mütterlichen Kostüm und dem Verlangen des Freiwerbers einen Mittelweg suchte und die holde Meta bevollmächtigte, das Dezisum in der Sache nach ihrem Gutbefinden zu fällen. In dem jungfräulichen Herzen hatte sich seit Franzens Eintritt ins Zimmer eine merkliche Revolution ereignet. Seine Erscheinung war der redendste Beweis seiner Unschuld, und da sich während der Unterredung deutlich ergab, daß der scheinbare Kaltsinn nichts anders als Eifer und Betriebsamkeit gewesen war, teils Handelsgeschäfte in Gang zu bringen, teils das Nötige zur bevorstehenden Eheverbindung zu veranstalten so lag der geheimen Wiederaussöhnung kein Stein des Anstoßes im Wege. Sie verfuhr mit dem Verbannten wie Mutter Brigitta mit der außer Aktivität gesetzten Spinngerätschaft oder der erstgeborne Sohn der Kirche mit einem exilierten Parlement berief ihn mit Ehren in ihr hochklopfendes Herz zurück und verlieh ihm darin alle vormalige Gerechtsame. Das entscheidende bilitteralische Wörtlein, daß das Glück der Liebe bestätiget; gleitete mit unaussprechlicher Anmut von ihren sanften Lippen, daß der erhörte Liebhaber sich nicht enthalten konnte, solches mit einem feurigen Kusse aufzufangen.

Das zärtliche Paar hatte nun Zeit und Gelegenheit; alle Hieroglyphen ihrer geheimnisvollen Liebe zu entziffern und zu paraphrasieren, welches die angenehmste Unterhaltung gab, die jemals zwei Liebende miteinander gepflogen haben. Sie fanden, was sich unsere Exegeten wünschen sollten, daß sie den Grundtext immer richtig verstanden und interpretieret hatten, ohne jemals den wahren Sinn ihrer wechselseitigen Unterhandlungen zu verfehlen. Es kostete dem entzückten Bräutigam beinahe ebensoviel Überwindung, sich von der reizenden Braut zu scheiden, als an dem Tage, da er seinen Kreuzzug nach Antwerpen antrat. Er hatte aber noch einen notwendigen Gans zu tun, den er in Person zu verrichten sich nicht entbrechen wollte, daher wurde es endlich Zeit, sich zu beurlauben.

Dieser Gang war auf die Weserbrücke gerichtet zum Freund Stelzfuß, der ihm noch unvergessen war, ob er gleich lange verzogen hatte, demselben



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Wort zu halten. So scharf der spähende Graukopf seit der Entrevue mit dem freigebigen Pflastertreter alle Passanten aufs physiognomische Korn genommen hatte, so wenig konnte er seiner doch wieder ansichtig werden, ob er ihm gleich einen anderweiten Besuch verheißen hatte. Seine Gestalt war ihm indessen noch nicht aus dem Gedächtnis verschwunden. Sobald er den schöngeputzten Mann von fern erblickte, kam er auf ihn zu und bewillkommte ihn freundlich. Franz erwiderte des Alten Gruß und sprach: Freund, kannst du mit mir wohl einen Gang in die Neustadt tun, um ein Gewerbe auszurichten? Deine Mühe soll nicht unvergolten bleiben. — Warum das nicht? antwortete der Altvater, ob ich gleich ein hölzernes Bein habe, so kann ich doch damit so rüstig schreiten als der lahme Zwerg, der die Stadtflur umkrochen hat; *) denn der hölzerne Fuß, sollt Ihr wissen, hat die Eigenschaft daß er niemals ermüdet. Aber verzieht noch kurze Zeit, bis das Grauröcklein vorüber ist, das zwischen Tag und Nacht nicht verfehlt, über die Brücke zu wandeln. — Was ist's mit dem Grauröcklein? frug Franz, laß mich wissen



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welche Beschaffenheit es damit habe? — Das Grauröcklein bringt mir täglich einen Silbergroschen um die Abendzeit weiß nicht, von wannen. Es frommet auch nicht; jedem Dinge viel nachzugrübeln, darum laß ich's bleiben. Fällt mir bisweilen ein, das Grauröcklein sei gar der Teufel, der meine Seele mit dem Geld erkaufen wolle. Doch sei er's, oder sei er's nicht was kümmert's mich? Ich bin den Kauf nicht eingegangen, so kann er auch nicht gelten. — Ich denke wohl, sprach Franz mit lachendem Munde, dem Grauröcklein läuft der Schalk hinterdrein. Folge du mir, der Silbergroschen soll dir darum nicht fehlen.

Der Stelzfuß machte sich auf, hinkte seinem Geleitsmanne nach, und dieser führte ihn Straß' auf Straß' ab in eine entlegene Gegend der Stadt nahe am Walle, blieb vor einem kleinen neuerbauten Hause stehen und klopfte an die Tür. Da solche aufgetan wurde, sprach er: Freund, du hast mir einen heitern Abend im Leben gemacht, es ist billig, daß ich dir den Abend deines Lebens auch heiter mache. Dieses Haus mit allem Zubehör und dem Garten, worauf es stehet, ist dein Eigentum, Küche und Keller ist gefüllt, ein Aufwärter bestellt, dein zu pflegen, und den Silbergroschen obendrein wirst du jeden Mittag unter deinem Teller finden. Es soll dir daneben unverhalten bleiben, daß das Grauröcklein mein Diener ist; den ich sandte, dir täglich ein ehrliches Almosen zu reichen, bis ich diese Wohnung für dich zubereiten ließ. Willst du, so magst du mich für deinen guten Engel halten, weil's dein Schutzengel dir nicht zu Dank gemacht hat.

Er führte den Alten darauf in seine Wohnung ein, wo der Tisch bereitet und alles zu seiner Bequemlichkeit und Leibespflege angeordnet war. Der Graukopf war von seinem Glück so überrascht, daß er's nicht fassen konnte. Es war ihm unbegreiflich, wie ein Reicher des Armen sich also erbarmen sollte, und es fehlte wenig, daß er nicht die ganze Begebenheit für Blendwerk hielt; Frans aber benahm ihm allen Zweifel. Ein Strom dankbarer



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Zähren floß von des Greises Angesicht, und sein Wohltäter begnügte sich daran, ohne abzuwarten, daß sich dieser von seiner Bestürzung erholte, um ihm mit Worten zu danken, schwand nach dieser ausgerichteten Engelboschaft dem Altvater aus den Augen, wie die Engel pflegen, und überließ ihm, die Sache zu reimen, wie er konnte.

Am folgenden Morgen war's in der Wohnung der lieblichen Braut wie Jahrmarkt. Franz schickte Kaufleute, Juweliere, Putzmacherinnen, Spitzenhändler, Schneider, Schuster und Nähterinnen zu teils, allerlei Waren, teils, ihre guten Dienste ihr anzubieten. Sie brachte den ganzen Tag damit zu, Stoffe, Spitzen und andere Erfordernisse zum Brautstaat auszuwählen und sich das Maß zu neuen Kleidungsstücken nehmen zu lassen. Ihr niedlicher Fuß, der schöngestaltete Ann und die schlanke Taille wurden so oft und so sorgfältig ausgemessen, als wenn ein kunstreicher Bildner das Modell zu einer Liebesgöttin von ihr hätte nehmen sollen. Der Bräutigam ging indessen, das Aufgebot zu bestellen, und ehe drei Wochen verliefen, führte er die Braut zum Altare, mit einer Feierlichkeit; die das glänzende Hochzeitgepränge des reichen Hopfenkönigs verdunkelte. Mutter Brigitta genoß die Wonne, der tugendsamen Meta den Brautkranz aufzuschmücken, erreichte den Wunsch vollkommen, ihren Weibersommer bei gutem Wohlstand zu verleben, und verdiente diese Zufriedenheit als eine Belohnung um einer lobenswürdigen Eigenschaft willen, die sie besaß: sie war die leidlichste Schwiegermutter die jemals ist erfunden worden.



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