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Die Kormorane von Ut-Röst


Norwegische Märchen


Übersetzt von Käthe Wolf-Feurer

J. CH. MELLINGER-VERLAG STUTTGART


Der Sohn der Witwe

Es war einmal eine arme, arme Witwe, die hatte nur einen einzigen Sohn. Sie plagte sich damit, ihn groß zu ziehen, aber dann sagte sie zu ihm, nun könne sie nichts mehr für ihn tun, er solle hinausgehen und selbst sein Brot verdienen.

Der Junge wanderte also in die Welt hinaus, und als er das Tag für Tag getan hatte, traf er einen fremden Mann.

»Wo willst du hin?«fragte der Mann. »Ich bin in die Welt hinausgezogen und will versuchen, irgend einen Dienst zu bekommen.«

»Willst du bei mir dienen?« — »Ja ebensogut bei dir wie bei irgend einem anderen«, antwortete der Junge. »Dann sollst du es gut bei mir haben«, sagte der Mann, »du sollst mir nur Gesellschaft leisten, anderes hast du nicht zu tun.« Also blieb der Junge bei ihm, bekam gut zu essen und zu trinken, hatte wenig oder gar nichts zu tun, aber er erblickte niemals einen anderen Menschen bei dem Mann.

Eines Tages sagte der Mann zu ihm: »Ich muß acht Tage lang verreisen, in dieser Zeit wirst du allein sein, aber du darfst in keine dieser sieben Kammern eintreten. Tust du es, so nehme ich dir das Leben, wenn ich zurückkomme.«

»Nein«, sagte der Junge, »das will ich nicht.« Aber als der Mann drei oder vier Tage fort war, konnte der Junge sich nicht mehr beherrschen und ging in die erste Kammer. Er sah sich um, konnte aber nichts entdecken außer einem Loch über der Tür, und da lag eine Hagebuttenpeitsche. Deshalb brauchte er mir doch nicht so streng den Eintritt zu verbieten, dachte der Junge.

Als die acht Tage um waren, kam der Mann wieder. »Du bist doch in keiner dieser Kammern gewesen?« fragte der Mann. »Nein, das bin ich nicht«, sagte der Junge. »Das will ich erst einmal sehen«, sagte der Mann und damit ging er in den Raum, den der Knabe betreten hatte. »Ja, du warst doch darinnen«, sagte er, »und nun sollst du dein Leben verlieren.« Der Junge weinte und bat, bis ihm der Mann sein Leben schenkte; nur tüchtige Schläge bekam er. Aber als die überstanden waren, wurden sie wieder gute Freunde.

Eine Zeit danach reiste der Mann von neuem fort; diesmal wollte er vierzehn Tage wegbleiben. Aber vorher sagte er zum Knaben, daß er



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seinen Fuß nicht in die Kammern setzen solle, in denen er noch nicht war. Ja, und leider ging es genau so wie das vorige Mal, nur daß der Junge acht Tage brauchte, ehe er hineinging. In dieser Kammer sah er nichts anderes, als ein Loch über der Tür mit einem Felsenstein und einem Krug Wasser dazu. Darum brauchte man doch keine Angst zu haben, dachte der Junge wieder.

Als der Mann heimkam, fragte er wieder, ob er in einer der Kammern gewesen sei. Nein, log er, er sei nicht drin gewesen. »Ja, da muß ich erst mal nachsehen«, sagte der Mann, und als er sah, daß er doch drin gewesen war, sagte er: »Jetzt schone ich dich nicht länger, nun sollst du das Leben verlieren.« Aber der Junge weinte und bat, und so kam er diesmal auch mit Prügeln davon, nur bekam er diesmal so viel, wie er nur ertragen konnte. Aber als er sich davon erholt hatte, lebte er so gut wie vorher, und der Mann war wieder gut Freund mit ihm.

Eine Weile später verreiste der Mann von neuem. Diesmal wollte er drei Wochen wegbleiben, deshalb sagte er zu dem Jungen, wenn er nun auch noch in die dritte verbotene Kammer eintrete, sei nicht daran zu denken, daß er am Leben bleiben würde. Als vierzehn Tage vergangen waren, konnte sich der Junge nicht mehr länger bezähmen. Er schlüpfte hinein, aber er sah nichts weiter außer einer Spalte im Fußboden. Als er sich darüber beugte und hineinschaute, stand da ein großer Kupferkessel, in dem es wallte und kochte da unten, aber er sah kein Feuer darunter. Ich möchte wissen, ob das warm ist, dachte der Junge, und streckte den Finger nieder. Als er ihn wieder heraufzog, war er über und über vergoldet. Der Junge wusch und schrubbte den Finger, aber die Vergoldung wollte nicht abgehen. Also band er einen Lappen darum, und als der Mann nach Hause kam und fragte, was seinem Finger fehlte, sagte der Junge, er hätte sich so schlimm geschnitten. Aber der Mann riß den Lappen ab und da sah er genug, was dem Finger fehlte. Erst wollte er den Jungen erschlagen, aber als er wieder so bat und weinte, schlug er ihn nur so sehr, daß er drei Tage zu Bett lag. Dann nahm er ein Horn von der Wand herab und schmierte den Jungen damit ein, sodaß er wieder gesund wurde.

Nach einer Weile reiste der Mann zum vierten Male fort, und diesmal wollte er nicht eher zurückkommen, bevor ein Monat um war. Zu dem Jungen sagte er, wenn er nun auch noch die vierte Kammer betreten würde, so solle er niemals denken, daß er sein Leben behalten könne. Drei Wochen lang hielt sich der Junge, aber dann konnte er sich nicht mehr beherrschen, er wollte und mußte in die Kammer, und



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als er hineinschlüpfte, sah er ein großes schwarzes Pferd drin stehen, in einem Verschlag angebunden mit einem Trog voll glühender Kohlen beim Kopf und einer Krippe voll Heu beim Schwanz. Das erschien dem Jungen unrichtig; er tauschte es um und setzte die Heukrippe zum Kopf.

Da sprach das Pferd: »Weil du so herzensgut warst und du mir zu fressen gegeben hast, werde ich dich befreien können. Wenn der Troll jetzt heimkommt und dich findet, wird er dich gewiß töten. Aber nun sollst du in diejenige Kammer gehen, die genau über dieser ist, und dir eine Rüstung nehmen von denen, die dort hängen. Aber nimm nicht eine von den blanken, sondern die am meisten verrostet ist, die sollst du nehmen, und Schwert und Sattel sollst du dir auf die gleiche Weise aussuchen.«

Das machte der Bursche auch; aber es war schwer, alles zusammen zu tragen. Als er zurückkam, sagte das Pferd, daß er sich nun auskleiden solle und in den Kessel untertauchen, der in der anderen Kammer koche, dort solle er sich gut reinigen. Ich werde wahrscheinlich häßlich davon, dachte der Junge, aber er tat es trotzdem. Als er sich gereinigt hatte, wurde er schön und blühend, rot und weiß wie Milch und Blut, und auch viel stärker als zuvor.

»Bemerkst du keine Veränderung?« fragte das Pferd. »Ja«, sagte der Junge. »Versuche mich aufzuheben«, sagte das Pferd. Siehe da, das konnte er und das Schwert konnte er schwingen wie gar nichts.

»Nun lege den Sattel auf mich«, sagte das Pferd, »lege die Rüstung an, nimm die Hagedornpeitsche und den Stein und den Wasserkrug und das Salbhorn, und dann reisen wir.«

Als der Junge das Pferd bestiegen hatte, sprang es davon, sodaß er nicht wußte, auf welche Weise er so schnell vorwärts kam.

Er ritt eine Weile, da sagte das Pferd: »Mir scheint, ich höre ein Geräusch. Schau dich um, kannst du nichts sehen?«

»Viele, viele kommen hinter uns her«, sagte der Junge. »Ja, das ist der Troll«, sagte das Pferd, »nun kommt er mit seinen Scharen«.

Sie ritten noch eine Weile, bis diejenigen, die sie verfolgten, näher kamen. »Wirf nun die Hagebuttenpeitsche über deine Achsel hinter dich«, sagte das Pferd, »aber wirf sie weit und gut von mir weg.«

Das tat der Junge und sogleich wuchs dort ein großer, dichter Hagedornwald. So ritt also der Junge wieder ein langes, langes Stück, aber die Trolle mußten wieder heim, denn sie konnten sich nicht durch den dichten Dornenwald hauen.

Aber nach einer Weile sagte das Pferd wieder: »Schau zurück, siehst



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du etwas?« - »Ja, ich sehe viele«, sagte der Junge, »wie eine große Schar Kirchgänger.« »Das ist der Troll, er hat eine Menge Helfer bei sich. Wirf nun den Felsenstein, aber wirf ihn gut und weit von mir.« Als der Junge das tat, was das Pferd ihm gesagt hatte, entstand ein großer, großer Felsenberg hinter ihnen. Da mußten die Trolle heim, denn sie konnten sich nicht durch den Berg schlagen. Und während die Trolle umkehrten, ritt der Junge wieder ein gutes Stück.

Aber da bat das Pferd ihn, sich umzuschauen und da sah er es wimmeln wie ein ganzes Kriegsheer, das war so blank, daß es schillerte. »Ja«, sagte das Pferd, »das ist der Troll, nun hat er all die Seinigen mit sich. Nun leere den Wasserkrug hinter dich aus, aber gib acht, daß du nicht auch etwas auf mich schüttest.« Das machte der Junge; aber trotzdem kam doch ein Tropfen auf die Lenden des Pferdes. Sogleich entstand ein großes, großes Wasser, aber durch den Tropfen, den er auf die Lenden des Pferdes verloren hatte, stand das Pferd noch mitten im Wasser. Aber es konnte schnell ans Land schwimmen, und sie waren gerettet. Als die Trolle zum Wasser kamen, legten sie sich nieder, um es leer zu trinken, und sie schlürften sich so voll bis sie platzten.

»Nun sind wir sie los«, sagte das Pferd.

Lange, lange Zeit reisten sie weiter; schließlich kamen sie zu einer grünen Waldwiese. »Lege nun deine ganze Rüstung ab und kleide dich wieder in deine alten zerrissenen Kleider«, sagte das Pferd. »Nimm mir Sattel und Zaumzeug ab und hänge alles in die große alte hohle Linde hier. Dann mache dir eine Perücke aus Tannenzweigen und geh hinauf zum Königshof, der hier gleich dicht am Walde liegt. Dort sollst du um Dienste bitten. Solltest du mich einmal brauchen, so komm nur hierher, schüttele das Zaumzeug und ich werde sogleich bei dir sein.«

Ja, der Junge machte es genau so, wie das Pferd es ihm geraten hatte. Als er sich die Tannennadelperücke aufsetzte, war er so häßlich und bleich und zerzaust anzusehen, daß niemand ihn wiedererkannte. So kam er zum Königshof und bat zuerst um Küchendienste; er mußte nun Wasser und Holz zur Küche tragen. Doch das Küchenmädchen fragte ihn: »Warum hast du eine so häßliche Perücke, nimm sie ab, ich will niemanden so häßlichen hier drin haben.« - »Das kann ich nicht«, antwortete der Junge, »ich bin nicht recht rein am Kopfe.«

»Denkst du, ich will dich hier beim Essen haben, wenn es so mit dir steht«, sagte die Köchin; »geh hinab zum Stallmeister, du paßt besser dazu, im Stall zu arbeiten.« Aber als der Stallmeister ihn bat, die Perücke abzunehmen, bekam er dieselbe Antwort, und auch er wollte ihn nicht länger haben. »Du kannst zum Forstmeister gehen, du taugst



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dazu, in der Erde zu graben.« — Beim Forstmeister durfte er bleiben. Aber keiner von den anderen Dienern wollte in einem Haus mit ihm schlafen, deshalb mußte er allein unter der Treppe des Gartenhäuschens schlafen; das stand auf Pfosten und hatte eine hohe Treppe. Unter der bekam er etwas Moos als Lager, und da schlief er, so gut er konnte.

Als er eine Zeitlang auf dem Königshof gearbeitet hatte, geschah es eines Morgens, als die Sonne gerade aufging, daß der Junge seine häßliche Perücke abgenommen hatte und sich wusch; und da war er so schön, daß es eine Lust war ihn anzusehen.

Die Prinzessin oben am Fenster erblickte den schönen Waldjungen, und ihr schien es, sie hätte noch nie einen so schönen Menschen gesehen. Sie fragte den Forstmeister, warum er da draußen unter der Treppe liegen müsse. »Ach, keiner von den anderen Dienern will mit ihm zusammen liegen«, sagte der Forstmeister. »Laß ihn abends heraufkommen, er soll vor der Tür zu meiner Kammer liegen«, sagte die Prinzessin. Der Forstmeister sagte das dem Jungen. »Meinst du, ich würde das tun«, sagte der Junge, »jeder würde sagen, es bestünde ein Einvernehmen zwischen mir und der Prinzessin.« — »Ja, du hast Grund, das zu befürchten«, antwortete der Forstmeister, »wo du doch so häßlich bist.« - »Wenn du so sprichst, so werde ich es wohl tun können«, sagte der Junge.

Als er am Abend die Treppe hinaufstieg, trampelte und stampfte er so unterwegs, daß die Prinzessin ihn bitten mußte, sachte zu gehen, daß der König es nicht hören solle. Als er hinaufkam, legte er sich sogleich und begann zu schnarchen. Da sagte die Prinzessin zu ihrer Dienerin. »Schleich dich zu ihm und nimm ihm die häßliche Perücke ab«, und das tat sie auch, aber im selben Augenblick, als sie die wegzupfen wollte, hielt er ihre beiden Hände fest, und so bekam sie die nicht. Dann legte er sich und schnarchte weiter. Die Prinzessin gab der Dienerin wieder einen Wink, und diesmal konnte sie die Perücke wegzupfen; da lag der Junge, so hübsch und frisch, so rot und weiß wie ihn die Prinzessin in der Morgensonne erblickt hatte. Seitdem lag der Junge jede Nacht oben vor dem Zimmer der Prinzessin.

Es dauerte nicht lang, da merkte es der König, daß der Waldarbeiter jede Nacht bei der Kammer der Prinzessin schlief, da wurde er so bös, daß er dem Jungen beinah das Leben genommen hätte. Er tat es dann doch nicht, aber er sperrte ihn ein im Gefängnisturm, und seine eigene Tochter sperrte er in ihre Kammer ein und sie bekam keine Erlaubnis, herauszukommen, weder Tag noch Nacht. Sie weinte und bat für sich und den Jungen, aber das half alles nichts, der König wurde nur noch zorniger dadurch. 117



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Einige Zeit später kam Krieg über das Land, und der König mußte rüsten gegen einen anderen König, der ihm das Land nehmen wollte. Als der Junge das hörte, bat er den Gefängniswärter, für ihn zum König zu gehen und ihn um eine Rüstung zu bitten und um ein Schwert, um für ihn mit in den Krieg ziehen zu können. Alle anderen lachten, als der Gefängniswärter mit seinem Auftrag kam, und baten den König, ihn mit altem Gerümpel auszurüsten, so daß sie den Spaß hätten, so einen Armen mit in den Krieg zu nehmen. Das tat er und gab ihm einen alten ausgedienten Gaul, der hinkte auf drei Beinen, das vierte zog er nach.

So zogen sie also aus gegen den Feind, aber sie waren noch nicht lang vom Königshof fort, als der Junge mit seinem Gaul in einem Sumpf stecken blieb. Da saß er und hackte und zerrte: »Hei, willst du heraus! Hei, willst du heraus!« rief er seinem Gaul zu. Da hatten die anderen richtig ihren Spaß dran, sie lachten und verspotteten ihn, indem sie vorbeiritten. Aber kaum waren sie fort, sprang er zur Linde, legte seine Rüstung an und schüttelte den Zaum. Sofort kam das Pferd und sagte: »Tue du dein Bestes, so werde ich auch mein Bestes tun.«

Als der Junge anlangte, war die Schlacht schon im Gang und der König war in einer schlimmen Lage. Aber der Jüngling griff ein und jagte den Feind in die Flucht. Der König und seine Leute wunderten sich sehr, wer das wohl sei, der ihnen so plötzlich Hilfe brachte, aber keiner kam ihm so nahe, daß er mit ihm sprechen konnte, und als die Schlacht beendet war, da war er verschwunden. Als sie zurückritten, saß der Junge immer noch im Sumpf und hackte und nickte auf seinem dreibeinigen Gaul. Da lachten sie wieder: »Nein sieh doch, da sitzt er immer noch«, sagten sie.

Als sie den nächsten Tag wieder auszogen, saß der Junge immer noch da, sie lachten und verspotteten ihn. Aber kaum waren sie vorbeigeritten, so sprang der Junge zur Linde und alles ging wie am vorigen Tage. Alle wunderten sich, was für ein fremder Kämpfer ihnen zu Hilfe eilte, aber keiner kam ihm so nahe, daß er mit ihm hätte sprechen können, und da war keiner, der den Jungen erkannte, versteht sich. - Als sie nun am Abend wieder heimzogen und den Jungen immer noch auf dem Gaul sitzen sahen, lachten sie ihn aus, und einer schoß einen Pfeil nach ihm und traf ihn am Bein. Er schrie und gebärdete sich, daß es häßlich anzuhören war. Da warf der König ihm sein Taschentuch zu, damit er es um die Wunde knüpfen könne.

Als sie am dritten Morgen wieder auszogen, saß der Junge wieder



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im Sumpf. »Hei, willst du raus, hei, willst du raus!«schrie er zum Gaul.

»Nein, nein, er wird noch so lange dort sitzen, bis er sich tot gehungert hat«, sagte das Volk des Königs, während sie vorbeiritten. Sie lachten über ihn, daß sie beinah von den Pferden fielen.

Kaum waren sie vorbei, so sprang er wieder zur Linde und kam gerade noch zur rechten Zeit zur Schlacht. An diesem Tage erschlug er den anderen König, und so war auf einmal Schluß mit dem Krieg. Als sie heimritten, bekam der König sein Taschentuch zurück, das der fremde Kämpfer ums Bein gebunden hatte, und da war es leicht, ihn zu erkennen. So nahmen sie ihn zwischen sich mit bis zum Königshof. Die Prinzessin sah ihn oben von ihrem Fenster aus und wurde so froh, wie du es dir gar nicht denken kannst. »Da kommt auch mein Liebster!« sagte sie. Er zog das Horn heraus, rieb zuerst sich selbst das Bein ein, und danach alle verwundeten Krieger, und sie wurden im Augenblick heil und gesund.

Da bekam er die Königstochter zur Ehe. Aber als er an dem Tage, als die Hochzeit stattfinden sollte, in den Stall hinunter kam zu seinem Pferd, stand es so traurig da, ließ seine Ohren hängen und wollte nicht fressen. Als der junge König -denn er war inzwischen König geworden und hatte das halbe Reich bekommen - mit ihm sprach und es fragte, was ihm fehle, sagte das Pferd: »Nun sollst du dein Schwert nehmen und mir den Kopf abschlagen!«

»Nein, das will ich nicht tun«, sagte der neue König, »aber du kannst alles haben, was du willst.« Aber das Pferd bat ihn wieder so sehr, sodaß der junge König es doch tun mußte; aber als er das Schwert erhob und zuschlagen sollte, wurde ihm so weh, daß er das Gesicht wegdrehen mußte, denn er vermochte nicht zuzuschauen, wie er schlug. Aber kaum hatte er den Kopf abgeschlagen, da stand der schönste Prinz an der Stelle, wo das Pferd gestanden hatte.

»Wo in aller Welt kommst du her?«fragte der König.

»Ich war das Pferd«, antwortete der Prinz. »Vorher war ich König in demselben Land, dessen König du erschlagen hast in der Schlacht. Er warf die Verzauberung über mich und verkaufte mich an den Troll. Seit er erschlagen ist, habe ich mein Reich zurückbekommen, und du und ich, wir sind jetzt Nachbarkönige. Aber wir wollen niemals Krieg miteinander führen.«

Und das taten sie auch nicht. Sie blieben Freunde, so lange sie lebten, und der eine König besuchte oft den anderen.


Copyright: arpa, 2015.

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