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Die Kormorane von Ut-Röst


Norwegische Märchen


Übersetzt von Käthe Wolf-Feurer

J. CH. MELLINGER-VERLAG STUTTGART


Askeladden macht Wettessen mit dem Troll

Es war einmal ein Bauer, der hatte drei Söhne. Er selbst war arm und alt und schwach, und die Söhne wollten nichts tun. Zum Hof gehörte ein großer Wald, und der Vater wollte, daß die Jungen darin Bäume fällen sollten, und damit Schulden bezahlen.

Der Älteste sollte mit der Arbeit beginnen. Als er in den Wald hineingewandert war und damit begann, eine alte bärtige Tanne umzu



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hauen, kam doch plötzlich ein großer, häßlicher Troll zu ihm und schrie: »Weil du in meinem Walde Holz schlägst, werde ich dich töten.« Als der Junge das hörte, warf er die Axt weg und lief heim so schnell er konnte. Ganz außer Atem kam er zu Haus an und erzählte, was ihm geschehen war. Doch der Vater sagte: »Du bist ein Hasenherz! Mich haben die Trolle nie erschreckt, als ich jung war.«

Am nächsten Tage sollte der andere Sohn hinaus, und da ging es natürlich genau so zu. Eben hatte er begonnen, mit seiner Axt eine große Tanne umzuhauen, kam doch der Troll auch zu ihm und sagte: »Weil du in meinem Walde Holz schlägst, werde ich dich umbringen.« Der Junge wagte kaum ihn anzusehen, da warf er auch schon die Axt weg und brauchte seine Beine so schnell er konnte, genau wie sein Bruder. Als er heimkam, wurde der Vater böse und sagte, niemals habe ihn ein Troll erschreckt, als er jung war.

Am dritten Tage wollte Askeladden hinaus. »Ja, du«, sagten die beiden älteren Brüder, »du wirst was rechtes fertig bringen, du, der noch niemals vor der Tür war!« - Askeladden antwortete nicht groß darauf. Er bat nur um eine kräftige Wegzehrung. Die Mutter hatte weder Speck noch Fleisch, so hing sie den Kessel übers Feuer und kochte ihm aus einigen Resten einen Käse zusammen. Den bekam er in seine Wandertasche und verließ den Hof.

Als er eine Weile im Wald gearbeitet hatte, kam der Troll auch zu ihm und sagte: »Weil du in meinem Wald Holz schlägst, werde ich dich umbringen«! Aber der Junge war nicht faul, er sprang weg, holte seinen Käse, zerquetschte ihn, sodaß die Molke spritzte, und schrie den Troll an: »Schweigst du nicht still, so zerquetsche ich dich, wie ich jetzt Wasser aus diesem weißen Stein herausquetsche.« - »0 nein, verschone mich«, sagte der Troll, »ich will dir auch gern Holz schlagen helfen. «

Ja, unter dieser Bedingung wolle er ihn verschonen, meinte der Junge. Und der Troll war stark und tüchtig beim Holzschlagen, sodaß sie an diesem Tag einige Klafter geschlagenes Holz aufstellen konnten. Als der Abend sich neigte, sagte der Troll: »Nun kannst du mit heim zu mir kommen, es ist näher zu mir als zu dir.«Also gut, der Junge folgte ihm, und als sie zur Behausung des Trolles kamen, wollte er Feuer im Herd machen und der Junge sollte Wasser holen für den Grützetopf. Er sah aber dort zwei Eisenbottiche stehen, die waren so groß und schwer, daß er sie nicht einmal von der Stelle hätte heben können. Da sagte er: »Es lohnt sich nicht, diese Fingerhüte mitzunehmen, ich werde gleich den ganzen Brunnen herbringen.«



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»Nein, lieber Freund«, rief der Troll, »ich will nicht meinen Brunnen verlieren, mache du Feuer, ich hole selbst Wasser.«

Als der Troll mit dem Wasser zurückkam, kochten sie einen großen Topf voll Grütze.

»Das bleibt sich gleich«, sagte der Junge, »wenn du willst, machen wir Wettessen.«

»0 ja«, antwortete der Troll, denn er dachte immer, er würde die Wette gewinnen. Also gut, sie setzten sich zu Tische.

Aber der Junge band sich einen Fellsack vor den Bauch, ohne daß der Troll es merkte, und so löffelte er mehr in den Sack hinein, als daß er aß. Als der Sack voll war, nahm er ein Messer und ritzte ein Loch hinein. Der Troll sah das, sagte aber nichts.

Als sie noch eine Weile gegessen hatten, legte der Troll den Löffel weg. »Nein, nun kann ich überhaupt nicht mehr«, sagte er.

»Du sollst essen«, sagte der Junge, »ich bin noch nicht einmal halb satt. Mache es doch so wie ich und schneide dir ein Loch in den Bauch, so kannst du essen, so viel du willst.«

»Aber das tut wohl grausig weh?«fragte der Troll.

»Ach, nicht der Rede wert«, sagte der Junge.

So machte es der Troll, wie ihm der Junge geraten, und man kann sich ja denken, daß es ihn das Leben kostete.

Askeladden aber nahm alles Gold und Silber, das er in der Höhle des Trolles fand, mit nach Hause. Und damit konnte er schon einige Schulden los werden.


Copyright: arpa, 2015.

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