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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSENDUNDEIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BÄNDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 4

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE VON DEM ALTEN GAUNER

Es lebte einmal ein alter Mann, der durch seine Gaunereien berühmt war. Der ging mit seinem Genossen auf einen der Märkte, und sie stahlen dort eine Menge von Stoffen. Dann trennten sie sich, und ein jeder von ihnen kehrte heim. Eine Weile darauf versammelte er eine Gesellschaft seiner Genossen, und als sie beim Trunke saßen, zog einer von ihnen ein kostbares Stück Tuch hervor und sprach: ,Ist einer unter euch, der es wagt, dies Tuch auf demselben Markte zu verkaufen, von dem es gestohlen ist, auf daß wir ihm den Preis der Schlauheit zuerkennen?' Der Alte rief: ,Ich!' Und die anderen sagten:



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,Wohlan denn, Allah der Erhabene lasse es gelingen!' Am nächsten Morgen nahm er das Stück und ging fort, bis er zu dem Markte kam, von dem es gestohlen war. Dort setzte er sich an den Laden, aus dem es weggenommen war und gab es dem Ausrufer. Als der es nun ausrief. erkannte es der frühere Besitzer und bot hoch darauf; dann schickte er zu dem Präfekten und der ließ den Mann, bei dem das Tuch war, festnehmen. Da er aber in ihm einen ehrbaren, gutgekleideten Mann von würdiger Erscheinung sah, so fragte er ihn: ,Woher hattest du das Tuch?' Jener antwortete: ,Von diesem Markte und aus diesem Laden, vor dem ich saß.' Weiter fragte der Präfekt: ,Hatte sein Eigentümer es dir verkauft?' ,Nein,' erwiderte der Alte, ,ich hatte es gestohlen, dies und noch anderes dazu.' Darauf sagte der Präfekt: ,Wie konntest du es denn wieder an die Stelle bringen, wo du es gestohlen hattest?' ,Ich will meine Geschichte nur dem Sultan erzählen; und ich habe einen guten Rat, den ich ihm geben möchte.' ,So nenne ihn!' ,Bist du der Sultan?' ,Nein!' ,Ich will ihn aber nur dem Sultan sagen.' Daraufnahm der Präfekt ihn mit sich und führte ihn zum Sultan; und der Alte sprach: ,Ich habe einen guten Rat für dich, o unser Gebieter!' Der Sultan fragte: ,Welches ist dein Rat?' Und der Gauner gab zur Antwort: ,Ich will bereuen und will euch alle Übeltäter ausliefern; und wen ich nicht zur Stelle schaffe, für den will ich bürgen.' Da rief der Sultan: ,Legt ihm ein Ehren gewand um und nehmt sein Reuebekenntnis an!' Nachdem der Alte zu seinen Genossen zurückgekehrt war und ihnen die Geschichte erzählt hatte, erkannten sie ihm den Preis der Schlauheit zu, und sie gaben ihm, was sie ihm versprochen hatten. Dann nahm er den Rest des gestohlenen Guts und brachte es dem Sultan. Wie der ihn erblickte, nahm er ihn mit hohen Ehren auf und befahl, ihm nichts abzunehmen. Als er



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dann fortgegangen war, dachte der König immer weniger und weniger an ihn, bis die ganze Sache in Vergessenheit geriet; und so rettete er die Beute für sich. « — * * *

Nachdem die Anwesenden ihre Verwunderung ausgesprochen hatten, trat der funfzehnte Hauptmann vor und sprach: ,Wisset, unter denen, die das Diebeshandwerk ausüben, gibt es auch solche, die Allah bei ihrem eigenen Zeugnisse wider sie selbst faßt.' Man fragte: ,Wie ist das?' Und da erzählte er


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