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Märchen und Sagen


Mit 100 Bildern nach Aquarellen von Ruth Koser-Michaëls


Die Luftbrücke

Aus dem Ahrtale ragten stolz und kühn einst zwei stattliche Nachbarburgen einander gegenüber, zwischen beiden rauschte in der Taltiefe die Uhr, das waren die Schlösser Nuwenahr und Landskron, und hoch über dem Tale zog sich eine luftige Brücke, die beide Burgsitze miteinander verband. Die beiden Herren dieser Burgen, der Graf von Nwenahr und der Herr von Landskron, waren so traut befreundet, daß sie gemeinschaft lich diese Brücke bauten, mit unsäglicher Kunst gefügt, ohne Mittelstützen und doch dauerhaft, so daß die beiden Freunde zu jeder Stunde beisammen sein und doch auch jeder schnell wieder in seinem Hause sein konnte, während ein nachbarlicher Besuch durch Herabritt und Hinaufritt mehrere Stunden in Anspruch nahm.

Als diese Freunde verstorben waren kam die Brücke in Verfall die Elemente zerstörten sie, nur blieben an jeder Burg die Brückenpfeiler, die das Ganze mächtig gestützt harren, erhalten.

Da geschah es, daß ein Ritters ohn auf Landskron seine Nachbarin,



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eine junge Gräfin von Nwenahr, liebte, die waren eingedenk ihrer Vater Freundschaft und wünschten sich sehnend die Brücke zurück. Da band die Grafentochter an einen Armbrustpfeil ein Garnknäuel ganz lose gewickelt, dessen Endfaden sie befestigte, und schoß den Pfeil zur Nachbarburg hinüber. Nun waren durch den Faden die Burgen wieder verbunden, und an dem Faden lief noch eine dünnere Schnur mit einem Vorhangring, daran ließen sich Brieflein und Liebespfänder hin und her ziehen in der Dämmerstunde; den dünnen Faden, dessen Farbe nicht ganz hell und nicht ganz dunkel war, gewahrte man kaum oben und von unten gar nicht.

Als die Herzen beider Liebenden sich nun verständigt hatten, heirateten sie einander und bauten, wie die Sage meldete, die Brücke noch einmal neu, und dann ist sie wieder verfallen und nimmer wieder aufgebaut worden, und die Burgen sind verfallen, und Freundschaft und Liebe wohnen dort nicht mehr, ja Burg Nwenahr ist bis auf seine Ruinen aus der Gegenwart hinweggeschwunden.


Copyright: arpa, 2015.

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